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Ostern ist Vergangenheit, und bis Weihnachten ziehen auch noch mehrere Wochen ins Land, dennoch ist es Zeit, wieder einmal in eine Kirche zu gehen.
Gründe dafür, unsere metallische Kirchengemeinde aufzusuchen, gibt es ohnehin permanent, vor allem aber die Tatsache, daß mit »This Present Wasteland« ein brandneues, anbetungswürdiges Werk vorliegt, sollte zu einem erneuten Kirchgang animieren. Nähere Information zu diesem Album gab "Abt" Kurdt Vanderhoof, der sich einmal mehr sehr entspannter, bestens gelaunter, aber auch eloquenter Gesprächspartner präsentierte:

Es gilt ja nicht nur, ein aktuelles Album zu würdigen, zudem darf auch ein neues Mitglied in der METAL CHURCH begrüßt werden.

Ja, mit Ricky van Zandt steht einmal mehr ein neuer Gitarrist an meiner Seite. Auch wenn es vielleicht den Eindruck erwecken mag, daß METAL CHURCH zu einer Art "Vanderhoof-Soloprojekt" geworden ist, handelt es sich trotz allem noch immer um eine demokratisch geführte Band. Im Moment ist das Line-up aber nicht nur erneuert, sondern in der derzeitigen Form mit Ricky, Jeff Plate (Schlagzeug), Steve Unger (Baß), Ronny Munroe (Gesang) und meiner Wenigkeit mit Sicherheit auch musikalisch ansprechend und mittlerweile schon gefestigt. Ronny war es, der Ricky ins Spiel brachte, schließlich kennen sich diese beiden Herren lange genug, und Ricky war ja ebenfalls Mitglied bei ROTTWEILLER, der ehemaligen Band von Ronny.

Diese Besetzung weiß zu überzeugen, keine Frage. »This Present Wasteland« stellt unter Beweis, daß in Eurer "Kirche" immer noch Metal vom Feinsten geschmiedet wird, auch wenn die Band weder an der erste Phase ihrer Karriere, auch nicht an jene, wohl kommerziell erfolgreichste Zeit mit Mike Howe am Mikro, erinnert.

Das mag stimmen, allerdings hatte ich niemals, etwaige "Höhepunkte" mit Gewalt nochmals zu erreichen versucht und deshalb irgendwelche Songs der Vergangenheit als Inspiration herangezogen, geschweige denn in unserem Backkatalog geforscht, um bei uns selbst zu kopieren. Das Songwriting ging sehr locker von der Hand und das Ergebnis entspricht meiner Meinung nach völlig dem, was man unter traditionellem Heavy Metal versteht.

Auch das kann man blind unterschreiben, allerdings klingt Ihr mittlerweile wesentlich europäischer als man es von einer klassischen US-Metal-Truppe annehmen darf.

Ich weiß, worauf Du hinaus willst. Vor allem Ronny wird immer wieder nachgesagt, er würde wie Biff Byford singen. Aber damit kann er, und auch wir, gut leben. Mit dieser Band verglichen zu werden, ist bestimmt keine Schande. Im Gegenteil würde ich sogar meinen, denn SAXON waren und sind ungemein wichtig für die gesamte Metal-Szene und sind auch nach unzähligen Jahren noch immer erfolgreich im Geschäft, also werden sie wohl auch alles richtig gemacht haben. Im Prinzip ist die Heimat einer Band vollkommen egal, Hauptsache die Musik stimmt. und diesbezüglich nehme ich doch an, daß »This Present Wasteland« die Fans zufriedenstellen kann.

Das wird mit Sicherheit so sein. Das Material der neuen Scheibe stammt ja zum Großteil aus Deiner Feder, und demnach kann ich Deinen Worten voll und ganz Glauben schenken. Wie ging denn das Songwriting für die Scheibe von sich?

Da ich im Laufe der letzen Monate wirklich jede Menge an Ideen für Songs hatte, begann ich diese so vorzubereiten, daß ich den Kollegen diese bereits zur Fertigstellung vorlegen konnte. Vor allem Ronny hat sich sehr intensiv ins Songwriting eingebracht und war ungemein arbeitseifrig und motiviert. Ich mußte ihm im Prinzip lediglich die ersten Vorschläge übermitteln, und er konnte bereits nach kurzer Zeit mit Gesangsmelodien und Texten dazu aufwarten. Alles ging wirklich sehr zügig voran und schon nach wenigen Monaten konnten wir mit der Vorproduktion beginnen.

METAL CHURCH-Bandphoto 1

Was genau verbirgt sich denn hinter dem Titel »This Present Wasteland«?

Damit ist die derzeitige Situation des amerikanischen Musikmarktes gemeint. Ich weiß nicht, ob ihr in Europa das ebenso empfindet, aber hier bei uns geht es überhaupt nicht mehr um qualitativ hochwertige Produkte, sondern ausschließlich um Marketing, wenn von "Musik" die Rede ist. Ich weiß, das hiesige Business war zwar auch in der Vergangenheit unterschiedlich zum europäischen, aber dermaßen viele Ungereimtheiten, wie man sie heutzutage vorfindet, gab es nie zuvor. Diese Situation ist vor allem für traditionellen Metal sehr unbefriedigend, da man versucht, die Bands mit Gewalt im Underground zu halten, auch wenn es bestimmt locker möglich wäre, mit derlei Sounds wieder ganz gute Verkaufszahlen zu erzielen ,und das trotz dem ewigen Gesuder von wegen "das Internet macht den Markt kaputt". Vielmehr stecken da die großen Plattenfirmen dahinter und manipulieren vor allem die jungen Fans, denen quasi vorgekaut wird, was man heutzutage hören muß.

Ich kann deinen Unmut gut verstehen und habe wohl auch das Cover richtig verstanden. Der Schatten jener Gitarre, die einst Euer Debutalbum geziert hat, stellt wohl einen klaren Verweis auf die "gute, alte Zeit" dar.

In gewisser Weise schon, allerdings muß man sehr wohl erwähnen, daß jene Klampfe regelrecht symbolisch für uns geworden ist und seit den Anfängen als Motiv immer wieder aufgegriffen wurde, sei es für T-Shirts oder Plakate. Von daher betrachten wir sie fast wie unser "Erkennungszeichen" und haben sie auch bewußt erneut verwendet.

Nicht nur im Titel kommt euer momentaner Unmut zum Vorschein, die Texte erwecken generell einen sehr nachdenklichen Eindruck. Wird denn die Band auf ihre alten Tage noch zu wirklichen "Predigern"?

Nein, keineswegs. Wir erlauben uns nur, auf gewisse Mißstände hinzuweisen. Es liegt jedoch uns fern, irgendjemand unsere Meinung aufzuzwingen. Was die Einflüsse auf die Texte betrifft, für die an sich Ronny zuständig ist, brauchen wir aber nicht großartig philosophische Theorien ins Spiel zu bringen. Die Welt da draußen gibt dermaßen viel her, daß unser tägliches Leben ausreicht, um zu derartigen Lyrics zu kommen. Wann auch immer du dich in den Medien über das Geschehen auf der Erde erkundigen möchtest, die Themen und Beiträge wiederholen sich ständig und leider nur ganz selten mit positivem Ausgang. Egal, ob du dich eher mit politischen, religiösen, oder auch ökologischen Themen beschäftigst, die Beiträge dazu handeln leider fast durchweg von negativen Ereignissen. Diese Tatsache sollte der Menschheit an sich zu denken geben, tut es aber leider nicht. Ronny hat zwar auch durchaus positive Ansätze in seinen Texten verewigt, damit die Sache nicht zu sehr in einer depressive Ausführung mündet, doch der Grundtenor ist in der Tat nicht gerade freudestrahlend.

Trotz allem gibt es aber dennoch Grund zum Jubeln, schließlich wird eure "Gemeinde" nicht nur an diesem Album erneut ihre Freude haben, sondern darf sich wohl jetzt schon über anstehende Tour-Aktivitäten freuen.

Aber sicher doch! Live-Auftritte gehören zum Heavy Metal einfach dazu. Erst vor ein paar Wochen haben wir zusammen mit QUEENSRŸCHE in Puerto Rico gespielt, das war ein wahrhaftig sensationelles Erlebnis für alle Beteiligten!
Auch wenn noch keine Tourdaten für Europa bestätigt sind, bin ich sicher, daß sich im Laufe des nächsten Jahres zumindest ein Abstecher, vielleicht aber sogar eine durchgehende Tour bei Euch ergeben wird. Sinn macht eine solche immer und Spaß obendrein. Unsere Fanbase in Europa ist immer noch gewaltig, und zudem durfte ich im Laufe der Jahre im Business einfach erfahren, daß europäische Fans wesentlich loyaler sind als die Musikkonsumenten hier in den Staaten.

Es ist aber nicht so, daß Kurdt Vanderhoof nun lediglich der Dinge harren muß, bis sich ein Tourneeangebot für METAL CHURCH ergibt, oder?

Keineswegs! Ich habe das Glück, ausschließlich von der Musik leben zu können, auch wenn das nur mit METAL CHURCH allein mit Sicherheit längst nicht mehr ausreichen würde. Demnächst steht erst einmal die Veröffentlichung eines weiteren PRESTO BALLET-Albums an. Auf »The Lost Art Of Time Travel« konnte ich einmal mehr sämtliche Ideen, die überhaupt nicht zu METAL CHURCH gepaßt hätten, unterbringen. Seid gespannt auf eine satte Ladung 70er Jahre-inspirierten Rock mit fetter Prog-Schlagseite!

Fein, aber der Wohlstand wird wohl auch damit nicht ausbrechen können. Betreibst Du eigentlich auch noch dein Studio?

Klar doch. Dadurch bin ich ja erst finanziell unabhängig geworden. Da es nicht so ist, daß ich durch Plattenverkäufe und Tourneen Unsummen verdienen kann, bringt dieses weitere Standbein einiges an finanziellen Mitteln, und zudem erspart es meinen musikalischen Betätigungsfeldern erhebliche Kosten für Studioaufenthalte. Aber auch andere Musiker kommen immer wieder gerne darauf zurück und scheinen darüber hinaus auch mit meiner Arbeit als Produzent zufrieden zu sein. In den nächsten Monaten werde ich allerdings keinerlei Tätigkeiten im Studio ausführen können, da ich noch in diesem Jahr mit dem TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA unterwegs sein.

Interessant, welche Funktion darfst Du denn einnehmen?

Ich werde als Toningenieur mit von der Partie sein. Da auch Jeff in die Sache involviert ist, kam die Connection nicht zuletzt über ihn zustande. Allerdings ist Jon Oliva ohnehin so etwas wie langjähriger Szene-Begleiter, von daher dauerte es wirklich nicht sehr lange, ehe ich meine Beteiligung zusagte.

Da eine Rückkehr von SAVATAGE auf die Bühnen dieser Welt, wohl trotz aller Gerüchte, vorerst eher auf Eis gelegt worden sein dürfte, wäre doch eine gemeinsame Tournee von JON OLIVA's PAIN und METAL CHURCH keine allzu schwierig zu organisierende Angelegenheit.

Das wäre sogar eine verdammt coole Sache, denn jene Gastspielreise, die ich mit VANDERHOOF zusammen mit SAVATAGE bei euch durchführen konnte, war schlichtweg phantastisch und wird mir ewig in Erinnerung bleiben.

Wem nicht, Kurdt? Und selbst wenn sämtliche Aktivitäten von METAL CHURCH hierzulande im Moment wohl eher darauf beschränkt sind zu versuchen, die Fans mit »This Present Wasteland« zufriedenzustellen, darf von derlei Tour-Packages zumindest geträumt werden. Angeblich soll ja der Glaube Berge versetzen können und Beten dabei helfen, weshalb wir zum Abschluß abermals in der "Kirche" angelangt wären. Welches Gotteshaus es zu besuchen gilt, hat sich als Frage hoffentlich erledigt. Die Band selbst erfreut sich ja ohnehin schon seit Jahren daran, uns ebendort auf Knien rutschend zu wissen. Und jetzt alle:

We watch the children pray,
Save us God today,
Come whatever may.

http://www.metalchurchmusic.com/

kat@metalchurchmusic.com

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

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