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"Bang Your Head!!!"-Festival 2016

Balingen, Messegelände & Messehalle

13.-16.07.2016

Da sich das Konzept der dreitägigen Veranstaltung bei der Jubiläumsshow im letzten Jahr offenbar bewährt hat, ist Veranstalter Horst Franz dabei geblieben. Den Fans scheint es auf jeden Fall erneut getaugt zu haben, weshalb man auch in nächster Zukunft dabei bleiben wird. Durchaus auch zur Freude des regionalen Fremdenverkehrs, wie auch die gesamte Infrastruktur der Region auch in diesem Jahr erneut davon profitiert haben dürfte. Kurzum, der zusätzliche Tag entpuppt sich definitiv als Gewinn für alle Beteiligten!

Trotz dreier Festivaltage wird jedoch auf die schon seit Jahren zu einem Fixpunkt im Programm zählende Warm-up-Show nicht verzichtet, weshalb sich bereits am Mittwochabend zahlreiche Musikliebhaber in der Volksbank-Messehalle einfinden, um die Nackenmuskulatur entsprechend in Form zu bringen. Loslegen dürfen in diesem Jahr die NITROGODS, deren Drummer Klaus Sperling im Vorjahr kurz vor dem Festival mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte, weshalb der Auftritt logischerweise gecancelt wurde. Durch meine etwas verlängerte Anreise (ich bedanke mich nachträglich ganz herzlich bei den Grenzwachebeamten für eine der verlorensten Stunden meines Lebens!) kann ich diesen aber leider ebensowenig mitverfolgen, wie mir auch der danach folgende, offenbar auf "Old School" getrimmte Auftritt von PRO-PAIN entgeht. Gary Meskil und Co. stapfen bei meinem Eintreffen in die bereits ganz gut gefüllte Messehalle nämlich gerade von den Brettern und geben die Bühne frei für die nächsten Acts.

PRO-PAIN-Liveshot

Nach einer verhältnismäßig kurzen Umbaupause legen die seit geraumer Zeit, genauer gesagt seit der Veröffentlichung ihres aktuellen Drehers »The Devil Strikes Again« wieder in Topform agierenden RAGE mit dem Titelsong davon los. Der Sound klingt durchaus passabel, die Stimmung in der Hütte ist bestens und die Spielfreude der drei Herren wohl nur sehr schwer zu übertreffen. Kurzum, es sollte ein voller Erfolg für alle Beteiligten sein, Peavy und seine neuen Mitstreiter zu verpflichten. Und es stimmt tatsächlich alles! Begonnen bei der überaus ausgewogenen Setlist, in der sich neben brandneuen Songs wie ›My Way‹ und ›Spirits Of The Night‹ Klassiker nahezu aller Epochen - unter anderem gibt es ›Days Of December‹, ›End Of All Days‹ und ›Don't Fear The Winter‹ zu hören - finden lassen, über die im Verlauf der Spielzeit stetig ansteigende Stimmung, die in lautstarken "RAGE"-Sprechchören kulminiert, die bis weit hinaus zu hören sind, bis hin zu einer mehr als nur imposanten kurzen Improvisationseinlage des Trios im gefeierten, hingebungsvoll mitgesungenen Finale ›Higher Than The Sky‹, in das zunächst Peavy ›Sweet Home Alabama‹ integriert, ehe sich Gitarrist Marcos auch als überaus kompetenter Sänger entpuppt und mit seiner Version von ›Holy Diver‹ mehr als nur Sympathiepunkte einheimst. Kurz: RAGE können in allen Belangen überzeugen und werden noch einige Zeit nach dem Ende der Show begeistert gefeiert. Thumbs up!

RAGE [D]-Liveshot

Die Stimmung in der Halle sollte auch weiterhin verdammt gut sein, denn selbst wenn während und nach der Show von OVERKILL so mancher Zuseher die Meinung vertritt, man hätte die Band auch schon mal in besserer Form erlebt, sind solche Aussagen allenfalls in die Kategorie "Jammern auf höchstem Niveau" einzuordnen. Schließlich begeistert das Quintett einmal mehr mörderische Energie frei und immenser Spielfreude und weiß, mit neuem Stoff wie dem fulminanten Opener ›Amorist‹ ebenso zu überzeugen wie mit klassischem Liedgut à la ›Rotten To The Core‹, ›Feel The Fire‹ oder ›Hello From The Gutter‹. Die Gitarristen Dave Linsk und Derek Tailer haben in den letzten Jahren enorm an Selbstvertrauen zugelegt und jenes Verständnis füreinander entwickelt, das es benötigt, um sich die Riffs gegenseitig zuspielen zu können, wie das ansonsten nur von den ganz großen Namen der Szene bekannt ist. Mit ›Elimination‹ und dem obligatorischen ›Fuck You‹ beenden die US-Amerikaner einen umjubelten Auftritt, der auch die Temperatur in der Halle gewaltig ansteigen läßt. Gut so, denn im Freien herrschen nach einer guten Woche Schlechtwetter fast schon herbstliche Verhältnisse, die auch die ersten beiden Festivaltage prägen sollten.

OVERKILL [US, NY]-Liveshot

Dazu aber später mehr, denn zuvor steht noch der Schlußpunkt der Warm-up-Show auf dem Programm. Den setzen SODOM, deren Crew jedoch leider nicht ganz bei der Sache zu sein scheint. Das hat eine knapp 40-minütige Umbaupause zur Folge, und zudem ist es ab dem Einstieg ›In War And Pieces‹ sowie dem danach runtergeholzten ›Sodomy And Lust‹ schlichtweg viel zu laut in der Messehalle. Schade, denn vor allem die zuletzt sehr akzentuiert eingesetzten Drum-Fills von Markus Freiwald gehen im sehr Baß-lastigen Soundbrei verloren. Doch noch nicht einmal das ändert etwas an der Tatsache, daß Angelripper und seine Mitstreiter nach allen Regeln der Kunst abgefeiert werden. Tom hat mit seinen teils spaßigen, mitunter aber auch etwas sarkastischen Ansagen die Meute fest im Griff und nicht zuletzt deshalb erweisen sich SODOM auch als idealer Abschluß einer Show, die ihrem Namen vollends gerecht wird.

SODOM [D, Gelsenkirchen]-Liveshot

Das "Bang Your Head!!!"-Festival 2016 wurde also einmal gebührend eröffnet und nach einer kurzen Nachtruhe sollte es wenige Stunden später auch auf der großen Bühne endlich zur Sache gehen.

Den Auftakt zum eigentlichen Open Air liefern bei leider nicht wirklich feinen Witterungsbedingungen die zu den Stammgästen des Festival zählenden Jungs von STALLION. Sänger Pauly bedankt sich artig beim Veranstalter, der Crew und den Fans und gleich mehrmals für die Chance, nach zehnmaligem Besuch auf dem Festival nun erstmals auch auf der Bühne stehen zu dürfen. Der Fünfer weiß diese Chance auch zu nutzen und gibt von Beginn an Vollgas. Mit seinem Outfit (SKULL FIST-Kutte, Hose im "Rising Sun"-Design) ist Pauly auch ein Hingucker, nicht minder beachtenswert ist aber auch das Stageacting der restlichen Formation, die sämtliche Posen des Rock'n'Roll-Entertainments draufhat. Doch was würde das nützen, wenn nicht auch die Musik passen würde? Nicht viel, doch davor sind STALLION gefeit, schließlich wissen die Baden-Württemberger mit ihren tief in den Achtzigern verwurzelten, zum Teil recht hurtig dargebotenen Nummern das Publikum zu begeistern. Neben dem der sogenannten "Szene" gewidmeten ›Stigmatized‹ stechen vor allem der Titeltrack ihres ersten Langeisens »Rise And Ride« und ›Wild Stallions‹, sowie das Tribut an die Kollegen aus dem Ahorn-Land mit dem unmißverständlichen Titel ›Canadian Steele‹ hervor. Kurzum, die Burschen erweisen sich als gute Wahl für die Opener-Position und sorgen für ein gepflegtes Aufwärm- und Aufwachprogramm. Logisch, daß sie von der stetig anwachsenden Anzahl an Zusehern mit entsprechendem Applaus dafür honoriert werden. Thumbs up!

STALLION [D, Überlingen]-Liveshot

Danach steht die US-Metal-Legende LEATHERWOLF mit Zeremonienmeister Michael Olivieri auf den Brettern und begeistert bei feinsten Sound-Verhältnissen nicht nur die treuesten Fans. Die Triple-Axe-Attack ist ebenso blendend disponiert wie der zuständige Soundtechniker und nicht zuletzt deshalb verfehlen melodische US-Metal-Granaten wie ›Gypsies And Thieves‹, ›Wicked Ways‹, ›Kill And Kill Again‹ oder ›Rise Or Fall‹ ihre Wirkung auch nicht und werden entsprechend gefeiert. Keine Frage, hier ist schon zur Mittagszeit ein erstes Highlight zu sehen! Offenbar auch für Petrus, läßt er doch zum ersten Mal die Sonne durch die dichte Wolkendecke blinzeln.

LEATHERWOLF-Liveshot

Überraschend kam für viele Fans die Verpflichtung der Kalifornier BABYLON A.D., die zwar schon seit zwei Jahren wieder in der früheren Besetzung aktiv sind, bis dato aber noch nicht in Europa präsent waren. Ihre Hits aus den späten 80ern wie ›Back In Babylon‹, ›Hammer Swings Down‹, ›Bang Go The Bells‹ oder ›The Kid Goes Wild‹ funktionieren aber immer noch einwandfrei, weshalb die Herren rund um den überaus aktiven und stimmtechnisch in guter Form befindlichen Frontmann Derek Davis auch entsprechend gefeiert werden. Da die Herrschaften mit einem rasanten Tempo und Feuereifer zur Sache gehen, bleibt am Ende sogar noch Zeit, einen zusätzlichen Song darzubieten. Die kurze Frage: "Do you like Michael Schenker?" quittiert die Fanschar mit tosendem Applaus, erst recht die fulminante Version von UFOs ›Lights Out‹, mit der BABYLON A.D. ihr Set beenden. Yezz!

BABYLON A.D.-Liveshot

Danach kommt es zur ersten "Völkerwanderung" vor der Bühne, denn die eher reiferen Semester, die sich nach dem eben erfolgten US-Doppelschlag von dannen machen, um sich gegebenenfalls ein wenig Ruhe zu gönnen, geben ihre Plätze an vorderster Front an die etwas jüngere Generation an Metallern ab. Logisch also, daß als nächste mit BATTLE BEAST eine eher dem Zeitgeist entsprechende Truppe die Bretter entert. Zwar fällt klangtechnisch das überpräsente, quäkende Keyboard negativ auf, im Verlauf des Sets kann sich der sein Arbeitsgerät in tragbarer Form ähnlich wie die Saitenfraktion malträtierende Kollege Janne Björkroth jedoch sehr wohl in Szene setzen und für Showakzente sorgen. Dennoch bleibt auch er im Schatten von Frontamazone Noora Louhimo, die mit ihrem Auftreten sowie ihrer kratzigen Stimme die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Zwar wirkt das Gehabe ein wenig überzogen aggressiv und ihre Stimme in den langgezogenen Tönen etwas angeschlagen, der Stimmung vor der Bühne tut dies aber keinen Abbruch, weshalb die Meute zu Nummern wie ›Enter The Metal World‹ und vor allem ›Fight, Kill, Die‹ auch gehörig steilgeht. Den Vorschußlorbeeren für ihre Verpflichtung auf der großen Bühne nach dem furiosen Gig beim letztjährigen Warm-up können die Finnen also auf jeden Fall gerecht werden.

BATTLE BEAST-Liveshot

Danach geht es wieder mit traditionellem Hard Rock weiter, und das noch dazu in Form einer der momentan wohl heißesten Feger in diesem Genre. Das seit geraumer Zeit erneut umbesetzte "Allstar-Ensemble" THE DEAD DAISIES läßt es sich selbstredend nicht nehmen, erste Auszüge ihres im August erscheinenden dritten Albums vorstellig zu machen, bläst dem Auditorium jedoch zunächst einmal ›Midnight Moses‹ als Einstieg um die Ohren. Was das Posing betrifft, wird das komplette Rockstarprogramm geboten. Doch nicht nur das, auch die in der alten Rockschule fundamentierten Songs kommen grandios rüber und lassen die Qualität dieses Fünfers erkennen. An vorderster Front wuselt der kurzeitige MÖTLEY CRÜE- und frühere THE SCREAM-Fronter John Corabi in bester Steven Tyler-Manier über die Bretter, während Bandgründer David Lowy an der Gitarre eher den Ruhepol der Formation darstellt. Imposant auch Bassist Marco Mendoza, der nicht nur für einen satten Groove im Hintergrund sorgt, sondern es auch schafft, seinen Kaugummi (der den Kaubewegungen nach zu schließen von der Dimension eines Knödels gewesen sein muß) in den Momenten, in denen er zu den Backing Vocals antreten muß, in irgendeiner Ecke seines Rachens zu verstecken und seinen Job tadellos erledigt. Mit Neuzugang Doug Aldrich hat die Truppe neuerdings einen wahren Poser-Gott in ihren Reihen, weshalb für das Auge wahrlich ausreichend gesorgt ist. Dennoch ist es selbstredend seine Fingerfertigkeit, die für Furore sorgt und sowohl die bandeigenen Nummern - wie etwa den schwer nach QUIET RIOT tönenden Titelsong des kommenden Albums »Make Some Noise«, oder das von Drummer Brian Tichy, der offenbar an den Hocker geschnallt werden mußte, um nicht ebenso ständig in Bewegung zu sein wie seine Kollegen, geschriebene ›The Last Time I Saw The Sun‹ - wie auch die Fremdkompositionen prägt. Nach der Show wird zwar eifrig diskutiert, ob es denn wirklich nötig ist gleich drei Covertracks in das Set zu integrieren, doch die Auswahl und erst recht die Darbietung sollte den "DAISIES" absolut recht geben. Sowohl ›All Right Now‹, als auch der ebenso auf dem kommenden Dreher verewigte CCR-Klassiker ›Fortunate Son‹ und das Finale in Form einer zwingenden Version von ›Helter Skelter‹ machen klar, daß Gute-Laune-Hard Rock nicht nur zeitlos ist, sondern in einer solchen Darbietung einfach immer und überall perfekt funktioniert. Und genau das muß man THE DEAD DAISIES auch attestieren, denn dieser Auftritt war schlichtweg in die Kategorie "Großes Rock-Entertainment" einzuordnen!

THE DEAD DAISIES-Liveshot

Wem es beim traditionellen, im Blues verankerten Hard Rock der Herrschaften zu langsam zur Sache ging, kommt danach auf seine Kosten, steht doch das High-Speed-Melodie-Geschwader DRAGONFORCE auf den Brettern. Die mögen zwar immer noch polarisieren und mitunter gar belächelt werden, an der Tatsache, daß die Jungs mit ihren pfiffigen und pfeilschnellen Nummern sowie ihrem freudestrahlenden Auftreten nicht nur ihre eingeschworene Fans beglücken, gibt es ebenso so wenig zu ändern, wie am Umstand, daß das Schmunzelkollektiv längst sämtliche Posen draufhat und nicht zuletzt deshalb auch mit zu den angesagtesten Bands der Gegenwart überhaupt zu zählen ist. Neben dem mächtigen Finale ›Through The Fire And Flames‹ erweist sich heute vor allem das längst als programmatisch zu betrachtende ›Heroes Of Our Time‹ als Abräumer vor dem Herrn und sorgt für prächtige Stimmung. Respekt!

DRAGONFORCE-Liveshot

Das Programm in der Messehalle dürfen DEBAUCHERY VS. BLOOD GOD mit ihrer "Doppel-Veranstaltung" eröffnen, wobei ihnen zahlreiche Fans folgen, denen vorwiegend etwas für das Auge geboten wird. Die Monster-Kostüm-Show wirkt wie ein gemeinsamer Auftritt von LORDI und GWAR und weiß ebenso für Unterhaltung zu sorgen, wie die zwar eher simplen gestrickten, aber ungemein effektiven und für Stimmung sorgenden Tracks der Formation(en). Zwar nicht von allen Zusehern als zwingend notwendig empfunden, aber durchaus unterhaltsam.

DEBAUCHERY VS. BLOOD GOD-Liveshot

Ganz im Gegensatz dazu erweist sich die folgende Band auf der großen Bühne als absolute Pflicht für ALLE. Einzig Petrus scheint wenig von CANDLEMASS zu halten, denn während im Laufe des Tages immer wieder die Sonne die dichten Wolken durchbrechen konnte, zeigt sich der alte Knacker während des Gigs der Schweden von seiner wenig charmanten Seite, so daß es mitten im Set der Doom-Kings zu schütten beginnt. Das jedoch ist kein Problem für den sehr agilen und stimmlich topfitten Mats Leven, den weder das Sauwetter selbst, noch die dadurch entstandene plötzliche Flucht der Zuseher vor dem Regen aus der Ruhe bringen kann. Mit einem lapidaren "We are CANDLEMASS, we play Doom Metal, so who needs the sun?" kommentiert er die Lage ebenso kurz wie bündig, während das Quintett - das immer noch auf Leif Edling verzichten muß, dessen Burn Out-Syndrom-Behandlung noch immer nicht abgeschlossen ist - einen mehr als nur amtlichen Auftritt auf die Bretter legt. Die Setlist erweist sich als überaus ausgewogen und beinhaltet neben dem eröffnenden Hammer ›Mirror, Mirror‹ zur allgemeinen Überraschung auch das aus der Ära mit Thomas Vikström am Mikro stammende ›The Dying Illusion‹, ansonsten jedoch vorwiegend Klassiker der Kategorie ›Demons Gate‹ und ›At The Gallows End‹. Der eher schlaksig anmutende Mats Leven mag zwar über nicht das Charisma eines Messiah Marcolin verfügen, an der Tatsache, daß CANDLEMASS mit ihm einen absoluten Top-Frontmann in den Reihen haben, gibt es jedoch ebensowenig Zweifel, wie am Umstand mit den Schweden eines der Tages-Highlights gesehen zu haben. Doom as Doom can!

CANDLEMASS-Liveshot

Inwiefern es dem zu jenem Zeitpunkt offenbar mächtig angepissten Petrus zuzuschreiben ist, daß aufgrund der eher instabil wirkenden Wetterlage in den frühen Abendstunden des ersten Festivaltages einige Zuseher mehr in die Halle strömen als erwartet, ist zwar schwer nachvollziehbar, würde aber ohnehin nichts am Umstand ändern, daß sich die Verpflichtung von Jean Beauvoir und seinem Gefolge als Gewinn für das Veranstalterteam entpuppen sollte. Das Interesse an der erst vor kurzer Zeit reanimierten Melodic Rock-Legende VOODOO X ist nämlich auch so gewaltig und wird von der Formation mit entsprechender Spielfreude und einer überaus tighten Performance quittiert. Da auch die Eingängigkeit des Songmaterials immer noch gegeben ist, sieht (beziehungsweise hört) man schon bald nicht nur jene Zeitgenossen lauthals mitsingen, die bereits zur ersten Blütephase des Unternehmens in den 80ern mit dabei waren, sondern auch den überraschend zahlreich vertretenen Nachwuchs. Generell fällt nämlich - und zwar nicht nur bei VOODOO X, sondern auch bei anderen, der "plüschigeren" Abteilung zuzuordnenden Fraktion zählendenden Acts wie DARE oder TYKETTO - beim diesjährigen Festival auf, daß offenbar eine neue Generation Fans für diese Kost herangewachsen ist. Und diese hat nicht nur die Heldentaten ihrer Idole bereits intus, sondern versteht es auch schon, ganz im Stile der "Väter-Generation" Bands entsprechend abzufeiern. Nicht zuletzt dadurch ist die Stimmung in der Halle am Siedepunkt, als die Truppe mit Tracks wie ›I'm On Fire‹ oder ›Happy Birthday‹ das legendäre VOODOO X-Debut »The Awakening« zitiert. Songs wie diese verursachen nämlich immer noch mächtige Fanchöre, die mindestens ebenso beeindruckend sind, wie die gewöhnungsbedürftige Haarpracht des Band-Oberhaupts. Kurzum: ein überaus gelungenes Comeback!

VOODOO X-Liveshot

Wer sich als Kontrastprogramm zu so viel Melodie lieber heftigsten Stoff um die Ohren ballern lassen mag, begibt sich abermals vor die Open Air-Bühne. Über die Co-Headliner-Rolle von CARCASS ist zwar im Vorfeld viel diskutiert worden, als die vier Herrschaften jedoch vor ihrem Backdrop, das durchaus auch in der medizinischen Fakultät der Uni seine Berechtigung hätte, loslegen, ist von einem Stimmungsabfall nicht viel zu bemerken. Im Gegenteil, mit Fortdauer des Gigs verfolgen immer mehr den von einem bestens gelaunten Jeff Walker auf typisch britische Manier mit Charme und Humor geleiteten Abriß, der unter anderem Kracher wie ›Corporal Jigsore Quandary‹ oder ›Incarnated Solvent Abuse‹ enthält. Neben Jeff ist Bill Steer für die Show zuständig, ist er doch ständig in Bewegung und gibt permanent Vollgas. Kein Wunder also, daß die Herrschaften nach dem vielumjubelten ›Heartwork‹ schweißgebadet und ganz offensichtlich hochzufrieden die Bühne verlassen und ein zwar geplättetes, aber auch rundum zufriedenes Auditorium hinterlassen.

CARCASS-Liveshot

Auf der Indoor-Stage gibt es derweil abermals höchst melodische Klänge zu bestaunen, die beim Publikum auf reges Interesse stoßen. Nachvollziehbar, schließlich steht mit DARE eine Band auf der Bühne, die man äußerst selten zu Gesicht bekommt. Intensiviert wird die Neugierde wohl auch durch die Tatsache, daß die Formation nach langer Pause endlich wieder einmal ein neues Album veröffentlichen wird. Zwar kommt »Sacred Ground« erst einen Tag nach diesem Auftritt auf den Markt, für Darren Wharton und seine Mannschaft bietet sich jedoch die ideale Möglichkeit, ihr neues Material der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das wird auch entsprechend getan, und da sich der Stoff fein in den Vortrag des älteren Materials einfügt, wird kein Zuseher enttäuscht. Im Gegenteil, man darf durchaus von einer Melodic Rock/AOR-Vollbedienung sprechen, die hier geboten wird, wobei allen voran der bestens gelaunte und auch stimmtechnisch in Topform agierende Darren Applaus erhält. Aber auch sein langjähriger Mitstreiter Vinny Burns wirkt bestens disponiert und überaus spielfreudig und hat die Meute fest im Griff. Zwar klingt die im späteren Verlauf des Sets eingeflochtene Interpretation von ›Emerald‹ ein wenig gewöhnungsbedürftig, ansonsten aber gibt es am Auftritt von DARE wahrlich nichts zu meckern.

DARE-Liveshot

Draußen steht inzwischen der Topact des Tages auf dem Programm, über dessen Headlinerposition es keine Debatte gab und gibt. Weshalb, wird spätestens nach dem Einstieg von SLAYER mit den Doppelschlag ›Repentless‹/›Disciple‹ einmal mehr offenkundig. Was braucht es mehr als einen verdunkelten Himmel (Danke Petrus, stimmungsvoller kann man diese Herrschaften nicht inszenieren!), diabolisches Licht und vier Männer auf den Brettern, die unterstützt von einem drückenden Sound ein Programm fahren, das einem Abriß der Sonderklasse gleichkommt. Während Kerry King auf der - von der Band aus gesehen - linken Bühnenseite in seiner unnachahmlichen Art die Saiten malträtiert, gibt Tom Araya einmal mehr den Ruhepol in der Mitte der Bühne. Er mag sich zwar nur wenig bewegen, doch allein seine Ausstrahlung und Bühnenpräsenz reichen aus, um die Tracks noch ein wenig brutaler wirken zu lassen als auf Konserve. Eigenwillig mag für so machen Zuseher zwar immer noch das krasse Gegenteil davon am rechten Bühnenrand wirken, doch etwas Besseres als der unglaublich bewegungsfreudige und ständig quer über Bretter tobende Gary Holt hätte SLAYER nach dem tragischen Tod von Jeff Hanneman wahrlich nicht passieren können. Und zwar in jeder Weise, denn die Songs kommen nicht nur akustisch perfekt rüber, auch visuell paßt alles zusammen. Egal, ob mit getragener Langsamkeit, die an Intensität nicht zu überbieten ist (›When The Stillness Comes‹ entwickelt sich immer mehr zu einer echten Abrißbirne!), gediegener Brachialität (einmal mehr zum Hinknien: ›Dead Skin Mask‹), oder doch mit den ultra-heftigen Nackenbrechern der Frühzeit (›Raining Blood‹, ›Angel Of Death‹), das Publikum darf einmal mehr an einer wahren Machtdemonstration teilhaben. Und wenn, wie bei ›South Of Heaven‹, auch noch dunkle Wolken einen gespenstischen Kontrast zum blutroten Licht auf der Bühne entstehen lassen, ist das einfach nur ganz, ganz großes Kino!

SLAYER [US, CA]-Liveshot

Wer danach noch stehen kann, begibt sich abermals hurtig in die Messehalle. Bis weit nach Mitternacht darf sich dort zunächst das Pagan-Volk an EQUILIBRIUM ergötzen. Deren aktuelle Tracks kommen zwar deutlich epischer und atmosphärischer aus den Boxen als man es von der Formation gewohnt ist, der Großteil der dargebotenen Songs animiert die Meute aber dennoch vorwiegend zum gemeinsamen Hopsen. Ohne meine Anwesenheit (Ihr wißt, ja, wie das ist mit dem Alter...) gibt sich danach für die Groove-Fraktion bei EKTOMORF auch noch einen Test für die Belastbarkeit der Sprunggelenke. Keine Ahnung, wie gut besucht der Set der Magyaren tatsächlich war, einige wenige Anwesende zeigen sich am nächsten Tag jedenfalls davon gehörig angetan, vor allem von Frontmann Zoli, der es offenbar einmal mehr eindrucksvoll zustande brachte, alles und jeden zum Mitmachen zu animieren.

Der zweite Festivaltag, von vielen Fans im Vorfeld bereits als "Super-Friday" bezeichnet, scheint in der Tat dieser Bezeichnung gerechtzuwerden und hat gleich zu Beginn einen Geheimtip zu bieten. Trotz der Tatsache, daß NIGHT DEMON aus dem kalifornischen Ventura erst seit fünf Jahren existieren und das Trio bis dato lediglich eine selbstbetitelte EP sowie den Longplayer »Curse Of The Damned« vorzuweisen hat, ist der Andrang schon zur Mittagszeit überraschend groß. Selten zuvor konnte sich ein Opener beim "Bang Your Head!!!"-Festival über ein solches Gefolge freuen, ein eindeutiges Zeichen dafür, daß bislang alles richtig gemacht wurde. Mit spürbarer Freude an der Arbeit legen Bassist/Sänger Jarvis Leatherby, Saitendehner Armand John Anthony sowie Drummer Dusty Squires auch entsprechend los und liefern mit dem markanten ›Full Speed Ahead‹ nicht nur einen fulminanten Einstieg nach einer feinen Instrumental-Einleitung, sondern legen damit auch unmißverständlich das Motto ihrer Darbietung offen. Schon nach kurzer Zeit wird klar, daß man sich bei diesem Trio keinerlei Gedanken darüber zu machen braucht, ob denn die Open Air-Bühne nicht doch etwas zu überdimensioniert ausgefallen wäre. Jarvis und Armand rennen nämlich wie von der Tarantel gestochen über die Bretter und wissen auch den Laufsteg ins Publikum gut zu nutzen. Immer wieder posen sie im Duett (im Verlauf des Konzertes gar zu dritt, als nämlich der "Tod" persönlich auf die Bretter steigt, um mit den Burschen zu trinken...) und vergessen auch zu keiner Sekunde den direkten Kontakt zum Publikum. Diesem wiederum fällt es auch nicht schwer mitzumachen, schließlich steht der tief in der NWoBHM verwurzelte Stil der US-Amerikaner wohl bei zahlreichen Headbangern auch im "Alltag" auf dem Frühstücksplan. Mit Nummern wie ›Night Demon‹, ›Screams In The Night‹ oder ›Curse Of The Damned‹ liefern NIGHT DEMON perfekte Kost für einen Festival-Einstieg, mit ›Heavy Metal Heat‹ zudem einen Ohrwurm der besonderen Art. Dadurch dürfen sich die Amerikaner nach 45 Minuten auch als "Arbeitssieger" fühlen, schließlich ist das - zu Beginn witterungsbedingt zum Teil gar mit Jacken ausgestattete - Publikum mehr als nur zufrieden und obendrein gehörig aufgewärmt. Die Band hat sich den Applaus auch redlich verdient, so ist Jarvis dermaßen schweißnass, daß von seinem Arbeitsgerät das Wasser tropft.

NIGHT DEMON-Liveshot

Die von den US-Amerikanern zuvor erzeugte Stimmung bleibt nicht nur aufrecht, sie erreicht im Anschluß an die angenehm kurze Umbaupause sogar einen ersten Höhepunkt. Die Franken FREEDOM CALL wissen nämlich längst wie Rock-Entertainment funktioniert und laden die Zuschauer zu einer gepflegten Party mit ihrem "Happy Metal" ein. Die Songs der Burschen rund um Frontmann und Sprachrohr Chris Bay funktionieren selbstredend immer wieder, und von daher ist es nur wenig verwunderlich, daß bei ›Tears Of Babylon‹ die Tausendschaft vor der Bühne ekstatisch mitgeht, mithüpft sowie ohne zu zögern, auf Aufforderung die Hände im Rhythmus hin- und her bewegt. Da die Fans der Band sprichwörtlich aus der Hand fressen, erweist sich selbst die Livepremiere der neuen Single ›Hammer Of The Gods‹ als überaus erfolgreich. Chris weist aber nicht nur auf diese hin, er läßt uns obendrein auch noch wissen, daß die Band deshalb so erfreut über diesen Gig ist, weil man zuletzt lange Zeit "frierend im bandeigenen Keller" verbracht hatte, um das demnächst erscheinende neue Album »Master Of Light« fertigzustellen. Nach den Reaktionen auf den ersten Vorgeschmack steht fest, daß die Fans abermals Riesenfreude damit haben werden, während sich der "Rest" der Welt einmal mehr echauffieren wird, wie nahe FREEDOM CALL eigentlich am Schlager sind und wie oft man die Grenze zum Kitsch überschritten hätte. Der Band selbst - und noch vielmehr ihrem treuen Gefolge - wird das dagegen völlig egal sein. Den Fans vorwiegend deshalb, da es wohl auch darauf Material zu finden geben wird, das sich bei späteren Konzerten als ebenso dienlich erweist wie das den Set beendete, lautstark mitgegröhlte ›Warriors‹.

FREEDOM CALL-Liveshot

Wieviele Zuseher es tatsächlich waren, die bereits den ersten Auftritt der Epic Metaller MANILLA ROAD vor 16 Jahren an Ort und Stelle mitgefeiert haben, läßt sich nicht mehr wirklich nachvollziehen. Den Publikumsreaktionen nach der Danksagung dafür von Gitarrist Mark Shelton zu schließen, muß es aber eine gewaltige Menge gewesen sein. Seit diesem Gig hat sich aber viel verändert. So wurde nicht nur das Line-up der Metal-Legende aus Wichita, Kansas mehrfach umgekrempelt, auch Veröffentlichungen gab es einige zu vermelden. Nachvollziehbar daher, daß der Vierer (der seit nun mehr gut fünf Jahren über ein stabiles Line-up verfügt, das neben Mastemind Shelton aus Bryan "Hellroadie" Patrick am Mikro, Bassist Josh Castillo sowie der deutschen Drum-Ikone Andreas "Neudi" Neuderth besteht, wobei letztgenannter vom Publikum gesondert mit Sprechchören gefeiert wird) einen Querschnitt durch sämtliche Schaffensperioden liefert und neben Früh-80er-Kultmaterial wie ›Necropolis‹ oder ›Crystal Logic‹ auch ›Truth In The Ash‹ von »The Blessed Curse« aus dem Vorjahr zum Zug kommt. Mit dem programmatischen ›Heavy Metal To The World‹, bei dem sich Mark und "Hellroadie" geradezu brüderlich die Gesangspassagen teilen, beendet die von unzähligen Anwesenden seit Jahren kultisch verehrte Band ihre Vorstellung, die jedoch nur bedingt für "Party-Feeling" sorgt und wohl in der Halle noch reizvoller gewesen wäre. An der Tatsache, daß MANILLA ROAD eine der intensivsten Shows des gesamten Wochenendes liefern und daher nicht nur in einschlägigen Fankreisen entsprechend bejubelt werden, ändert das aber selbstredend ebensowenig, wie am Umstand, daß die vier Musiker durch ihre unkomplizierte Art und ihre Fannähe im weiteren Verlauf des Festivals zusätzlich viele weitere Sympathiepunkte einheimsen können.

MANILLA ROAD-Liveshot

Mit kultigen Klängen geht es weiter, auch wenn es knapp fünf Minuten länger dauert als eigentlich geplant, bevor IMPELLITTERI auf die Bühne gehen. Es ist wohl der Meister persönlich, der bis kurz vor Beginn des Auftritts die Gitarre von Chris Impellitteri eigenwillig "kostümiert" (Arbeitsoverall und Mundschutz?!?) stimmt. Doch Outfit während des Umbaus hin- oder her, als die Formation zu Carl Orffs ›Oh Fortuna‹ die Bretter entert und mit ›The King Is Rising‹ loslegt, wird kein Fan des Gitarrenhelden mehr darüber nachdenken. Doch nicht nur Chris zeigt sich von seiner besten Seite, auch Rob Rock liefert einmal mehr den Beweis dafür, weshalb er mit zu den ganz großen Namen seines Faches zählt, und auch weshalb der Sympathikus inzwischen zu den "Dauerkarten-Besitzern" in Balingen zählt, wird einmal mehr schnell klar. Allerdings wird mit Fortdauer der Spielzeit auch offenkundig, daß Rob leider kein Entertainer ist, sondern "nur" ein Spitzensänger. So genial Nummern wie ›Warrior‹, ›Speed Demon‹ oder das vom aktuellen Album »Venom« stammende ›We Own The Night‹ (kommt allerdings irgendwie komisch an einem Nachmittag...) auch klingen, zwischen den Tracks flaut die Stimmung nicht zuletzt aufgrund der Stille und Einkehr auf der Bühne merklich ab. Da nützt selbst das immer wieder gelungene Einflechten von Riffs diverser All-Time-Hits nicht viel. Als gelungen kann die Deutschlandpremiere (!) von IMPELLITTERI aber dennoch gewertet werden.

IMPELLITTERI-Liveshot

Der "Super-Friday" geht mit einer weiteren Legende weiter. Zwar verzichten SACRED REICH nach wie vor darauf, neues Material zu schreiben oder zu präsentieren, an der Livefront hat sich die Formation in den letzten Jahren jedoch als überaus präsent erwiesen, und daher ist auch der enorme Andrang an vorderster Front nicht weiter verwunderlich. Überraschungen bleiben zwar aus, das ausgewogene "Best Of"-Programm wird aber dennoch mehr als nur positiv aufgenommen. Angeführt von einem dauergrinsenden Phil Rind ackert das Quartett förmlich durch das Programm, das neben Knallern aus eigener Feder wie ›The American Way‹ oder ›Death Squad‹ selbstredend auch das längst zu einem Eigengewächs mutierte ›War Pigs‹ enthält. Phil ist blendend gelaunt und weist darauf hin, daß die Band zwar keine neuen Song mitgebracht hätte, dafür aber immerhin Gitarrist Jason Rainey eine brandneue Klampfe und sein Kompagnon Wiley Arnett eine neue, schwarze Jeans. Er selbst betrachtet sich als immer noch ausreichend "sexy", um seiner Frau zu gefallen, die ihn entsprechend "Mr. Sexy" ruft, selbst wenn er ein wenig "overeaten" aussieht. So macht man sich Freunde! Auch als "Sieger der Herzen" geht der Vierer an diesem Nachmittag hervor, weil es Phil schafft, mit einer völlig untypischen Einlage für Erheiterung des Thrash Metal-Volkes zu sorgen: Der Kerl ruft zur allgemeine Umarmung im Publikum auf - und es funktioniert! Alte, junge, weibliche, männliche und sonstige Fans liegen einander in den Armen! Bei so viel Liebe nimmt man es ihm auch gar nicht übel, daß er den Text von ›Who's To Blame‹ vergißt und die Band daraufhin breit grinsend den Auftritt unterbricht. Nach entschuldigenden Worten für sein Alter läßt sich der Kerl aber nicht mehr aus der Fassung bringen, und prompt geht es mit ›Free‹ weiter im Programm. Mit ›Independent‹ (das Götz K. gewidmet ist) und ›Surf Nicaragua‹ findet die furiose Show ein leider frühes, jedoch frenetisch umjubeltes Ende. Super!

SACRED REICH-Liveshot

Dennoch sollte der Gig der Arizona-Thrasher nicht das absolute Highlight darstellen. Für dieses sorgen nämlich die erst seit einigen Monaten wieder in der aktuellen Besetzung rockenden Herrschaften rund um Kurdt Vanderhoof. Speziell der von einem beträchtlichen Teil der Fans durchaus mit Skepsis betrachtete Wiedereinstieg von Mike Howe sollte METAL CHURCH zu jener Strahlkraft verhelfen, für die man das Unternehmen seinerzeit geliebt hat. Mikes Stimme hat in all den Jahren seiner Szeneabsenz nämlich nicht nur ihre Ausdrucksstärke locker beibehalten können, der Kerl erweist sich zudem auch als wahre Frischzellenkur, ist permanent in Bewegung und gibt zudem einen bemerkenswerten Animateur. Letzteres wäre an sich zwar nicht zwingend nötig, denn Tracks wie ›Fake Healer‹ (welch ein Opener!), ›Gods Of A Second Chance‹, ›Date With Poverty‹ oder auch ›Start The Fire‹ würden selbst dann noch funktionieren, wenn die Band regungslos auf den Brettern rumstehen würde. Das aber ist nicht mal ansatzweise der Fall, weshalb die Stimmung auch bald den Siedepunkt erreicht und auch bei ›No Tomorrow‹ sowie ›Killing Your Time‹, den zwischendrin plazierten Tracks des neuen Albums »XI« nicht abebbt. Neben Mike sticht Bassist Steve Unger optisch hervor, der in bester Gene Simmons-Manier post wie ein Weltmeister, während Kurdt Vanderhoff und Rick Van Zandt an ihren Arbeitsgerät brillante Arbeit verrichten und mit feinen Solopassagen für Entzücken sorgen. Daß die beiden showtechnisch eher als Ruhepole zu betrachten sind, macht Howe mit einer Extraportion "Vollgas" locker wett. Mit ›Badlands‹ und ›The Human Factor‹ beenden die Herren einen wahrlich imposanten Auftritt, der von einigen Zusehern gar in die Kategorie "legendär" eingeordnet wird.

METAL CHURCH-Liveshot

Da zeitgleich zum Start der Show der Hair-Spray-Ikonen TIGERTAILZ noch METAL CHURCH über die Open Air-Bühne fegen, wird das Quartett in der Messehalle zunächst von einer eher überschaubaren Menschenmenge begrüßt. Doch schon binnen weniger Minuten finden sich nach und nach immer mehr Schaulustige in der Halle ein, um das Treiben des Vierers mitzuverfolgen. Zwar wirkt die Tatsache, daß Frontmann und Vince Neil-Lookalike Rob Wylde das "UK" als Herkunft des Vierers angibt, tagespolitisch irgendwie eigenwillig, doch "Brexit" und ähnliches scheinen überhaupt keine Themen für diese vier Herren aus "Bale-s" zu sein. Warum auch, die vier Poser-Könige stehen seit jeher für nichts anderes als pures Rock'n'Roll-Entertainment, und daran hat sich selbstredend nichts geändert. Ebensowenig am Unterhaltungswert ihrer Hits wie ›Hollywood Killer‹ oder ›Shoot To Kill‹. Doch auch auf den erst vor wenigen Monaten aufgelegten Dreher »Blaster« greift der bunte und wild gestylte Haufen zurück und präsentiert daraus unter anderem das auf Anhieb zündende Hook-Monster ›All The Girls In The World‹. Da auch diese Nummer überaus positiv von den Fans aufgenommen wird, läßt sich als Fazit festhalten, daß die Formation - allen Unkenrufen sowie sämtlichen Tragöden in den letzten Jahren zum Trotz - auch anno 2016 noch für ausgiebige Unterhaltung zu sorgen versteht, selbst wenn man aktuell wohl auf eher billigere Haarsprays zurückgreifen dürfte, wie man an den im Laufe der Zeit doch etwas ramponiert wirkenden "Gebilden" auf den Häuptern der Saitenfraktion feststellen muß.

TIGERTAILZ-Liveshot

Wem es weniger nach Hairspray-Legenden gelüstet, sondern sich auch weiterhin bevorzugt an eher herber Metal-Kost erquickt, kommt bei ANNIHILATOR auf der Open Air-Bühne auf seine Rechnung. Jeff Waters und seine (einmal mehr runderneuerte, rein optisch im Vergleich zu ihrem Chef deutlich jüngere) Mannschaft zeigen sich in bester Spiellaune und haben auch ein überaus gelungenes Programm einstudiert. Angeführt vom überaus quirligen und bewegungsfreudigen Meister, kredenzt die Truppe einen gelungenen Querschnitt des bisherigen Schaffens, wobei Jeff auch stimmtechnisch gut in Form ist und zudem mit seinen Ansagen immer wieder für Unterhaltung sorgt. Das tut logischerweise auch das "Best Of"-Programm der Formation, in das mit ›No Way Out‹ und ›Creepin' Again‹ aber auch Tracks des aktuellen Drehers »Suicide Society« eingeflochten werden. Ansonsten gibt es die für Waters üblichen Klassiker zu hören, begonnen bei ›King Of The Kill‹ bis hin zum Finale ›Alison Hell‹. Der Applaus, der Jeff und seinen Jungs entgegenprasselt, ist absolut verdient! Mit Songs wie ›Set The World On Fire‹, ›W.T.Y.D.‹ oder ›Never, Neverland‹ im Programm, hat man zwar ohnehin schon halb gewonnen, durch die immense Hingabe bekommen die Nummern hier und heute aber eine Extra-Portion Intensität verabreichet, allen voran mein persönliches Highlight des Sets: ›Phantasmagoria‹! Bleibt bloß noch zu hoffen, daß uns die Truppe in dieser Besetzung einige Zeit erhalten bleibt!

ANNIHILATOR-Liveshot

Während überaus agile und ambitionierte Stagehands für ein nahezu exaktes Einhalten des Zeitplans sorgen und von daher auch im Verlauf des gesamten Festivals kaum Verzögerungen zu vermelden sind, stellt die Bühnencrew der schottischen Urgesteine NAZARETH den negativen Ausreißer dar. Die Kollegen sorgen durch unnötig übertriebenes Ausdehnen des Soundchecks (von etwaigen technischen Problemen war zumindest im Auditorium nichts zu bemerken) sowie im Schneckentempo ausgeführtes Vorbereiten diverser Bühnenutensilien (gut, daß Wasser nicht so schnell sauer werden kann...) für eine Verzögerungszeit von gut 30 Minuten, ehe die Formation endlich die Bretter entert. Dadurch wird es jenem Teil der Zuseherschaft nahezu unmöglich gemacht, im avisierten "Parallelslalom" sowohl etwas von den Classic Rockern und von TESTAMENT mitzubekommen. Sollte Kalkül hinter dieser Verzögerungstaktik gestanden haben, ist der Plan aufgegangen, denn noch ehe NAZARETH loslegen, ist die Halle zum Bersten voll. Und zwar dermaßen, daß man im Endeffekt durchaus auf den Gedanken kommen durfte, hier wäre ein Platz auf der Open Air-Bühne angebracht gewesen. Diese Idee relativiert sich allerdings recht rasch, denn das seit geraumer Zeit von Carl Sentance am Mikro vervollständigte Quartett wirkt nur wenig spielfreudig und ebensowenig motiviert. Keine Ahnung, weshalb, aber durch die nun wirklich nicht vorhandene Performance sowie den auch eher lustlos wirkenden Vortrag des ansonsten für ausnahmslos überzeugende Darbietung bekannten Neo-Sängers, hat die Vorstellung etwas von einer durchschnittlichen Coverband, die sich an diversen jüngeren Tracks sowie den Klassikern von NAZARETH versucht. Schade drum... Und jetzt schnell raus hier.

Zwar entgehen mir die ersten Tracks von TESTAMENT, doch die Herrschaften sollten mich binnen Sekunden dermaßen dafür entschädigen, daß ich mich so schnell wie nur irgendwie möglich wieder an die vorderste Front begebe, um mich von einem mächtig röhrenden Chuck Billy und seiner mit einem Hammersound gesegneten Band vom Fleck weg ins Thrash-Paradise beamen zu lassen. Das Bühnenbild wirkt stimmig und gewaltig und paßt perfekt zum nicht minder imposanten Vortrag, mit dem sich die Band wohl endgültig für das von ihrer Crew verschuldete Desaster von 2004 rehabilitieren kann (Zur Erinnerung: TESTAMENT mußte vom Veranstalter beim damaligen Festival aufgrund eines vermasselten Soundchecks, der ihnen im Endeffekt gut 25 Minuten Spielzeit kostete, nach dem Ende der vereinbarten Spielzeit mittendrin der Strom abgedreht werden, um nicht weiter in Verzug zu geraten). Von derlei Ungereimtheiten ist heute zum Glück nichts zu bemerken. Im Gegenteil, alles paßt perfekt! Songs wie ›Practice What You Preach‹, ›The New Order‹, ›Dark Roots Of Earth‹ oder ›Into The Pit‹ (eine intensivere Atmosphäre vor einer Bühne erlebt man nur selten!) kommen genauso grandios beim Zuhörer an, wie sie dargeboten werden. Das Publikum äußert seine Begeisterung auch entsprechend lautstark, die "TESTAMENT"-Sprechchöre sind wohl bis weit ins Stadtinnere zu vernehmen! Man darf durchaus behaupten, daß die Thrasher nicht nur ihre persönliche Wiedergutmachung mit dem Festival zelebrieren können, sondern stellen ebenso eindrucksvoll ihren Platz am Firmament der Szene unter Beweis. Ihr für Herbst angekündigtes, neues Album wird wohl sehnsüchtiger als jedes andere erwartet... Thumbs, fists (and everything else) up!

TESTAMENT [US]-Liveshot

Die Arschkarte im Billing haben in diesem Jahr definitiv GRAVE gezogen, denn wer zeitgleich mit dem Headliner auf die Bretter in der Halle muß, hat es ohnehin schon verdammt schwer. Da zudem aber auch noch die Abschiedsshow von TWISTED SISTER auf dem Programm steht, verwundert es nicht wirklich, daß die Schweden vor einer mehr als nur überschaubaren Kulisse loslegen müssen. Doch - und genau das macht diese Truppe ebenso sympathisch wie authentisch - man hätte durchaus auch denken können, GRAVE wären der eigentliche Headliner und zigtausende Fans würden ihnen zujubeln! Keine Frage, die Mannen um Ola Lindgren legen sich immer hingebungsvoll und ohne Rücksicht auf Verluste ins Zeug. Ob es am Umstand liegt, daß es im Verlauf der Spielzeit bei Dee Snider und Co. fast schon ungemütlich eng vor der Bühne wird, oder ob sich die Intensität der Death Metal-Beschallung (ganz groß: ›Soulless‹, tödlich: ›Into The Grave‹...) rumgesprochen hatte, kann zwar nicht in Erfahrung gebracht werden, am Umstand, daß die Herrschaften im Verlauf der Spielzeit doch noch eine gehörige Menschenmenge vor sich haben, ändert das aber ebensowenig wie an der Tatsache, daß ihr Set von jedem einzelnen Zuseher am nächsten Tag geradezu überschwenglich gelobt wird.

GRAVE [S, Stockholm]-Liveshot

Balingen und TWISTED SISTER gehören offenbar zusammen wie der Eiffelturm und Paris. Daran wird sich auf ewigen Zeiten nichts ändern. Dennoch ist in diesem Jahr die Vorfreude besonders groß, als die Herren als Headliner bestätigt werden. Logo, die "Schwestern" haben entschieden, sich von ihren Fans nach 40 "Dienstjahren" in aller Ehre zu verabschieden. Dadurch ist bei aller Jubelstimmung zwar auch ein gewisser Hauch Melancholie zu verspüren, als die Mannen nach der AC/DC-Leihgabe ›It's Long Way To The Top‹ als Intro mit ›What You Don't Know (Sure Can Hurt You)‹ die Bretter entern, dem Jubel tut aber auch das keinen Abbruch. Das Programm selbst enthält klarerweise alles, was das Fanherz begehrt, und auch Dee erweist sich einmal mehr als einer der allergrößten Entertainer der Rockgeschichte, wodurch die Stimmung vielleicht sogar noch einen Zacken intensiver gerät, als man es sich erwartet hatte. Es gibt wohl KEINEN einzigen Zuseher auf dem, zu diesem Zeitpunkt bis in die hintersten Winkel bevölkerten Messegelände, der nicht zu legendären Tracks wie ›The Kids Are Back‹, ›Burn In Hell‹ oder ›Destroyer‹ mitgeht und lauthals mitgrölt. ›You Can't Stop Rock'n'Roll‹ wird irgendwie zum Programm, wirkt im Konsens der Abschiedsgala aber zu früh intoniert. Aber wen kümmert so etwas schon? Die Fans liegen sich in den Armen, Dee hätte locker auf einige Drinks gehen und den Gesang komplett "outsourcen" können - die Show hätte dennoch perfekt funktioniert. Kurz: Hier wird Rock'n'Roll zelebriert! Da der Frontmann ohnehin noch nie ein Mann der wenigen Worte war, gibt es noch Huldigungen und Danksagungen an Dees Götter, Veranstalter Horst und den Rest der Welt. Kurzum, eindrucksvoller kann eine Abschiedsgala - die mit ›It's Only Rock'n'Roll (But I Like It)‹ sowie den ohne etwaigen Anzeichen von Schwäche seitens des Publikums gefeierten Zugaben ›Come Out And Play‹, ›Under The Blade‹ und ›S.M.F ‹ nicht inszeniert werden. Danke für dieses Konzert, und nochmals Danke für 40 Jahre Rock'n'Roll!

TWISTED SISTER-Liveshot

An sich wäre es längst Zeit gewesen, sich zur Nachtruhe zu begeben, um all die Eindrücke des dem Wort "Super-Friday" absolut gerechtwerdenden zweiten Festivaltages zu verarbeiten. Doch ganz so einfach wird es den Metalfans nicht gemacht, schließlich gibt es quasi als Zugabe beziehungsweise Betthupferl noch SATAN in der Halle zu bestaunen. Die scheinen jedoch ein wenig übermotiviert und legen bereits einige Minuten vor der eigentlich angekündigten Beginnzeit los. Dadurch wirkt es wohl auch für die Band selbst ein wenig befremdend, daß sich die Zuhörer erst im Verlauf des Sets in die Halle begeben. Das wiederum motiviert den Fünfer auf den Brettern erheblich, und die Truppe geht mit noch mehr Gas an die Arbeit als zu Beginn. Der den Zeremonienmeister gebende Brian Ross scheint besonders erfreut über die in weiterer Folge verdammt gut gefüllte Halle sowie die entsprechende Stimmung, weshalb sich der an sich nicht wirklich als Freund der großen Reden bekannte Sänger sogar mehrfach zu Anekdoten hinreißen läßt. Währenddessen stellt das ständig grinsende und sich bravourös die Riffs zuspielende Duo Russ Tippins und Steve Ramsey einmal mehr eindrucksvoll seine Klasse an den Gitarren unter Beweis. Ein besseres "Gute Nacht-Progamm" als diese Vollbedienung hätte man uns nicht liefern können! Schade lediglich für die US-Rocker KILLCODE, denn diverse nicht mehr ganz so knackig-frische Körper müssen vor deren Auftritt nun endgültig w.o. geben... (Für alle, die nicht ganz so sportaffin sind: Der Ausdruck "w.o. geben" kann frei mit "aufgeben" übersetzt werden - sg)

Der dritte Festivaltag startet mit einer Überraschung: Nach der doch eher durchwachsenen Witterung an den Tagen zuvor, meinte es der Wettergott am Samstag gut mit uns und läßt seine gelbe Adjutantin den ganzen Tag über strahlen. Nicht zuletzt daher ist auch der Platz vor der Open Air-Bühne bereits zur spät vormittäglichen Stunde recht gut gefüllt. Das dürfte aber auch der ersten Attraktion zuzuschreiben sein, denn das schwedische Quintett BLACK TRIP wird geradezu euphorisch willkommen geheißen. Da die Jungs bereits mit den beiden Scheibletten »Goin' Under« und »Shadowline« gehörig Staub in der Szene aufwirbeln konnten und Presse und Fans sich selten so einig darüber waren, in BLACK TRIP einen der heißesten Newcomer der letzten Jahre zu Gehör bekommen zu haben, läßt sich der Empfang durchaus erklären. Mit Vorschußlorbeeren wie diesen muß eine Formation zwar erst einmal fertigwerden, hält man sich jedoch vor Augen, daß hier ohnehin altgediente Recken im Line-up zu finden sind, ist die Überraschung ob der auch auf der Bühne dargebotenen Leistung nicht mehr ganz so gewaltig. Allen voran der ständig in Bewegung befindliche Sänger Joseph Tholl (ansonsten als Gitarrist bei ENFORCER aktiv) weiß, mit seiner sympathischen Art die Zuseher auf seine Seite zu ziehen. Zugegeben, besonders schwierig ist dieses Unterfangen auch nicht, Songs wie ›Die With Me‹, ›Berlin Model 32‹ oder ›Shadowline‹ kämen auch ohne jedwede "Animation" gut zur Geltung. Das tun die Nummern selbstredend auch hier und heute. Mehr noch, das Publikum scheint regelrecht gierig auf die Tracks der Sverige-Boys, die in der Live-Umsetzung sogar noch ein wenig intensiver grooven und nicht zuletzt durch die permanent vorhandene THIN LIZZY-Schlagseite noch besser reinflutschen. Jede Wette, daß BLACK TRIP nicht nur ihre Fans überaus zufriedengestellt haben, sondern mit dieser Vorstellung erneut zahlreiche Classic Rock-Liebhaber mehr zu ihrer Klientel zählen dürfen. Starke Leistung!

BLACK TRIP-Liveshot

Während die Schulen in und um Balingen von Samstagmittag bis Montag geschlossen bleiben, gibt sich am frühen Samstagnachmittag auf der Open Air-Bühne die berühmteste aller "Schulorganisationen" im Rock-Biz die Ehre und eröffnet mit ›Demolition‹ ihr vorwiegend auf Klassikern basierendes Set. Ihre Spielfreude ist GIRLSCHOOL nicht nur ab den ersten Takten anzumerken, sie wirkt förmlich ansteckend, denn der Platz vor den Brettern füllt sich im Verlauf der Spielzeit zusehends. Wenig verwunderlich, denn wer Hämmer wie ›C'mon Let's Got‹, ›Hit And Run‹ oder ›Emergency‹ im Gepäck hat, ist in Balingen immer willkommen. Da Kim McAuliffe auch noch auf überaus ehrenvolle Manier sowohl Ronnie James Dio (dem das von ihm geschriebene und gemeinsam mit der Band auf dem 2008er Album »Legacy« intonierte ›I Spy‹ gewidmet ist) sowie logischerweise auch Lemmy (zu dessen Ehren man ›Take It Like A Band‹ darbietet) zu würdigen weiß, gewinnt das Quartett obendrein auch noch Sympathiepunkt bei den Fans, die den Damen für diesen gelungenen Auftritt entsprechend Applaus spenden.

GIRLSCHOOL-Liveshot

Mit Damengesang geht es auch weiter, jedoch in deutlich weniger rockender Manier. Den NiederländerInnen DELAIN wird erstmals die Ehre zuteil, das Festival auch von der Open Air-Bühne aus zu beschallen, und diese Chance will die Truppe auch entsprechend nutzen. Zwar sorgt der symphonische Bombastsound (inklusive einem fast schon aufdringlich in den Vordergrund gemischtem Keyboard) der Formation wie auch der Gesang von Charlotte Wessels für geteilte Meinungen, die Reaktionen eines Großteils der Zuseher auf die pompöse Show geben den Veranstaltern aber recht, denn die Stimmung in der "Frontrow" ist überaus gut. Die Band läßt sich auch nicht lumpen und kredenzt neben diversen Hits mit ›The Glory And The Scum‹ auch bereits einen Auszug aus dem demnächst erscheinenden neuen Studioalbum. Mit Bomben und Granaten (genauer gesagt einer Explosion und anschließendem einem Konfetti- und Papierschlangenregen) endet die Vorstellung der Truppe, deren Frontdame trotz drückender Hitze ihr Fell(?)-Jäckchen bis zum Ende anbehält. Ihren Fans gegenüber wirkt Charlotte dagegen alles andere als "unterkühlt", sondern so als ob sie jeden einzelnen gerne persönlich umarmen würde. Kurzum, ein gelungener Auftritt, nach dem man vor und auf der Bühne ausnahmslos erfreute Gesichter erblickt.

DELAIN-Liveshot

Mehr als nur zufriedene und selbstredend auch bestens unterhaltene Zuseher hinterlassen danach einmal mehr die Frankfurter Thrasher TANKARD. Einen ganz besonders spaßigen Tag scheint Gerre erwischt zu haben, denn der Kerl treibt permanent Schabernack und hat logischerweise die Meute schon nach dem eröffnenden ›Zombie Attack‹ fest im Griff. Besonders angetan hat es der Sänger offensichtlich einer, immer wieder lautstark ihre Freude über den Gig kundtuenden Dame in den ersten Reihen. Gerre verspricht ihr darauf nicht nur das offenbar geforderte Kind, er ist sich auch schon darüber im Klaren, daß es sich um ein Mädel handeln wird, das auf den Namen ›Cerveza‹ getauft werden soll. Aber nicht nur damit sorgt der, in ein schickes "Sauf jetzt!"-Shirt seiner Eintracht gekleidete Derwisch für Lacher, auch so mancher Photograf kann sich wohl nur schwer halten, wenn der gute Gerre seine Wampe entblößt und sie unmittelbar an das Objektiv drückt. Auch Veranstalter Horst und seine Crew wissen, für Entertainment zu sorgen und plazieren sich im Laufe des Sets mirnichtsdirnichts mit Stehtischen im hinteren Bühnenbereich. Wirklich irritiert wirkt Gerre aber erst, als Horst ihm ein Bierchen anbietet und dafür eine vermeintliche Marshall-Box öffnet und ihm ein offenbar gut gekühltes Blondes in die Pranke drückt. Kühlschränke in diesem Design könnten durchaus zu einem Verkaufsschlager werden. Zumindest aber zu einem Kultobjekt, wie es auch das TANKARD-Debut ist, dessen Signature-Tune ›Empty Tankard‹ einmal mehr den Schlußpunkt unter einen überaus gelungenen Auftritt der Frankfurter Schluckspechte setzt und - wie es sich geziemt - entsprechend mitgegrölt wird. Prost!

TANKARD-Liveshot

Das Nachmittagsbierchen mundet bei den hochsommerlichen Temperaturen zwar auch ohne Animationsprogramm, sorgt aber auf jeden Fall für gut geölte Kehlen. Die sind auch bei den folgenden GREAT WHITE vonnöten, um deren Programm entsprechend mitzufeiern. Das Quintett erweist sich als gelungene Abwechslung zwischen dem Thrash der Frankfurter und der folgenden Teutonen-Stahl-Institution GRAVE DIGGER. Angeführt von Terry Ilous, der stimmlich absolut auf der Höhe ist und sich selbst von einem für ihn über sein Ear-Plug-System entstandenes, offenbar sehr schmerzvolles Soundproblem zu Beginn des Sets nicht aus der Ruhe bringen läßt, kredenzen die Herrschaften aus den Staaten eine gediegene Hard Rock-Vorstellung, inklusive der immer schon einen festen Bestandteil ihres Klangbildes ausmachenden, urwüchsigen Blues-Klänge. Von daher ist das in der Mitte des Sets positionierte ›House Of Broken Love‹ ebenso logisch wie für Abkühlung sorgend. Auch, daß Mark Kendall und sein Arbeitsgerät für den Betrachter eher den Eindruck erwecken, im Hintergrund zu agieren, erscheint nachvollziehbar. Dabei ist es gerade dieses "Team", das den Stil von GREAT WHITE prägt und zudem, was den Sound betrifft, die uneingeschränkte Führungsposition innehat. Auch wenn sowohl die Rhythmusabteilung, wie auch der zweite Gitarrist und Keyboarder Michael Lardie satt grooven und posen wie die Weltmeister, bleiben der an sich bei XYZ aktive Sänger und der einstige Bandgründer an der Sechssaitigen die auffälligsten in Reihen der US-Recken. Der Sound kommt ausgewogen aus den Boxen, und auch die Setlist kann sich sehen und hören lassen und enthält erlesene US-Hard Rock-Perlen wie ›Desert Moon‹, ›Mista Bone‹ und ›Lady Red Light‹. Zum Schluß wird dann noch das für die Band obligatorische Cover ›One Bitten Twice Shy‹ intoniert, mit dem die Band einen beschwingten wie gelungenen und abwechslungsreichen Auftritt beendet, bei dem die größten Dichte an Weibchen an vorderster Front zu verzeichnen ist.

GREAT WHITE-Liveshot

Geradezu einem Stilbruch kommt der daran anschließende harsche Teutonen Metal von GRAVE DIGGER gleich, der Publikumszustrom indes bleibt trotz bemerkbarer Wanderung unverändert. Da Chris Boltendahl und seine Mannschaft längst zu den lebenden Legenden zählen, verwundert das auch keineswegs, und wer mit einem unsterblichen Klassiker wie ›Headbanging Man‹ ins Geschehen einsteigen kann, hat ohnehin leichtes Spiel bei diesem Festival-Publikum. Doch nicht nur uralte Kamellen werden ausgepackt, selbstredend gibt es auch Exzerpte späterer Scheiben zu hören. Besonders imposant kommt das knochentrockene ›The Round Table (Forever)‹ zur Geltung, in dem auch Chris seine Stärken ausspielen kann. Die Stimme und auch das Auftreten des "Chefs" waren und sind ja noch immer das Thema schlechthin für Fans und Kritiker der Band. Freilich, man muß seine Röhre nicht zwingend gut finden, seine Art der Darbietung paßt aber einfach perfekt zu dieser Art von Heavy Metal. Und auch die Hingabe, mit der dieser Mann schon seit langen Jahren die Songs mit jeder Faser seines Körpers förmlich zelebriert, muß man einfach honorieren. Mehr Metal geht nicht! Das denken auch unzählige eingeschworene Fans vor der Bühne, die GRAVE DIGGER lautstark unterstützen. Besonders imposant: der vom Publikum in ohrenbetäubender Lautstarke intonierte Chor bei ›Rebellion (The Clans Are Marching)‹. Nicht minder begeistert aufgenommen wird auch das Finale ›Heavy Metal Breakdown‹, mit dem die Herrschaften ihre rundum gelungene, auch optisch gut in Szene gesetzte Show beenden und nichts als glückliche Gesichter vor der Bühne hinterlassen.

GRAVE DIGGER-Liveshot

In der Halle gibt es inzwischen eine Art "Wiedersehen mit alten Freunden" zu feiern. Die reaktivierte Formation WARPATH aus dem hohen Norden Deutschlands hatte ihre erfolgreichste Zeit Anfang bis Mitte der 90er, als ein herber Mix wie ihrer, aus Groove, Thrash und reichlich Hardcore als "up-to-date" galt. Als "heißer Scheiß" wird der "Crossover" der Nordlichter zwar nicht mehr durchgehen, die vom in Bälde aufgelegten neuesten Dreher »Bullets For A Desert Session« stammenden Tracks wie der auf Anhieb für lautstarkes Gegröle sorgende Stampfer ›I Don't Care‹, lassen aber auf jeden Fall einiges erwarten. Doch auch das Material aus der Frühzeit der Band verfehlt seine Wirkung nicht, schließlich wird es immer noch auf jene brachial groovende Weise dargeboten wie früher, und sorgt auch immer noch für akuten Mitmachalarm. Auch die Mimik und Gestik von Sänger Dirk "Dicker" Weiss (der diesen Spitznamen inzwischen völlig ungerechtfertigter Weise trägt) hat nichts an Faszination eingebüßt. Es wirkt immer noch beängstigend, wie dieser Kerl seine Augen nach oben rollen kann und man als Beobachter den Eindruck gewinnt, Dirk hätte nichts als das "Weiße" in den Augenhöhlen. Kurz, ein echtes Bühnenvieh! Aber auch seine neuen Mitstreiter Sören (Baß) und Flint (Gitarre) wissen, was 'ne Harke ist, und brettern unterstützt von ihrem satt groovenden Drumkollegen amtlich durch die Songs. Wirklich massentauglich ist das massive Gebräu zwar nicht, weshalb sich die Anzahl an Zuschauer in der Halle auch in Grenzen hält, nichtsdestotrotz liefert die Truppe aber eine begeisternde Show, die im lautstark bejubelten Klassiker ›In Rage‹ einen überaus gediegenen Abschluß findet.

WARPATH-Liveshot

Der erfolgt nahezu zeitgleich mit der mächtig intonierten Einleitung von ›Gypsy‹, mit dem die britischen Rock-Urgesteine URIAH HEEP ihr Set eröffnen. Phil Lanzon bearbeitet seine Orgel in Manier eines Eisenbiegers und drischt dem Augenschein nach in die Tasten. Die dabei erzeugten Klänge lassen jedoch sehr wohl das Feingefühl der Keyboarduntermalung zu Mick Boxs unsterblichen Riffs dieser Nummer erkennen. Und spätestens als der nicht nur optisch, sondern auch von den Gesten her an Ronnie Atkins erinnernde, Bernie Shaw dem Publikum auf imposante Weise unter Beweis stellt, daß er in seiner Liga immer noch mit zu den besten zählt, hat die Band fast schon gewonnen. Es sollte generell ein leichtes Spiel für die Herren werden, denn wer danach mit ›Look At Yourself‹ einen weiteren unsterblichen Rockklassiker servieren kann, hat Balingen logischerweise sofort erobert. Der Triumphzug findet aber auch durch das Einflechten neuer, vom lässigen 2014er-Opus »Outsider« stammenden Tracks kein Ende, und als man im späteren Verlauf des Sets auch noch ›Sunrise‹, ›Stealin'‹ und ›July Morning‹ (klingt zwar irgendwie eigenwillig an diesem immer noch heißen Frühabend, aber immerhin trifft man monatsmäßig in die Vollen...) kredenzt, steht das Auditorium nahezu vollends Kopf. Nicht zuletzt dieser Vorarbeit ist es auch zu verdanken, daß man die NICHT mit in den Refrain einsteigenden Zuseher beim finalen ›Lady In Black‹ (auch wenn der Mitsingpart vielleicht doch ein wenig zu üppig geraten ist) an einer Hand abzählen kann. So muß Rock'n'Roll!

URIAH HEEP-Liveshot

Währenddessen ist die Spannung förmlich zu spüren, wenn man am späteren Samstagnachmittag die Halle betritt. Klar, die Melodic-Fraktion bekommt mit TYKETTO schließlich einen weiteren ganz besonderen Happen serviert, auf den sie lange Zeit geduldig warten mußte. Die Kernfrage dabei lautet, ob es Danny Vaughn und seine Mannen nach dem umjubelten Comebackalbum »Dig In Deep« auch auf der Bühne in ähnlich quicklebendiger Form zu sehen geben würde. Und ja, das tut es, und in welch' beeindruckender Form auch noch! Zwar bedarf es aufgrund einiger Terminkollisionen einmal mehr des berüchtigten Balinger "Parallelslaloms", um etwas mitzubekommen, die Ordnertruppe bei Ein- beziehungsweise Auslaß aus der Messehalle hat die Sache aber gut unter Kontrolle, weshalb es kein Problem darstellt, immer wieder zwischen HEEP und der Halle hin- und herzupendeln. Das muß einfach sein, schließlich steht mit TYKETTO eine Band auf den Brettern, von der man lange keine Gigs mehr sehen konnte. Klar, daß die Formation wie verlorene Söhne empfangen wird. Schon beim Betreten der Bühne zeigt sich, daß auch die Band verdammt gut drauf sein muß, und als es dann tatsächlich losgeht, wird klar, daß der am Tag darauf seinen 55. Geburtstag feiernde Frontmann nicht nur mit Spaß und Feuereifer bei der Sache ist, sondern zudem weder etwas von seinem Charisma, noch von seiner Ausstrahlung und schon gar nichts von seiner Stimmgewalt eingebüßt hat. Doch nicht nur Danny, auch seine Mitstreiter agieren mit einer bemerkenswerter Spielfreude und lassen von Beginn an keinen Zweifel daran aufkommen, daß beim Comeback von TYKETTO finanzielle Gründe wohl nur eine ganz leises Nebengeräusch gewesen sein können. Danny weiß nicht nur, die Massen zu dirigieren und gemeinsam mit dem Publikum das zu feiernde Album »Don't Come Easy«, das vor 25 Jahren veröffentlicht wurde, stimmlich fein darzubieten, der Kerl erweist sich auch als überaus unterhaltsamer Zeitgenosse. So weist er unter anderem darauf hin, kurz vor der Show endlich einmal Udo Dirkschneider, einem seiner Jugendidole seit »Metal Heart«, persönlich begegnet zu sein. Klarerweise hätte er gerade deshalb auch sein Outfit entsprechend auf Heavy Metal getrimmt - und weist auf den Fisch auf seinem T-Shirt, von dem er behauptet, daß es sich um ein ganz besonders gefährliches Exemplar handeln würde. Charme und Entertainment zählen also auch immer noch zu den Stärken dieses Mannes, der aber dennoch in erster Linie als Sänger brilliert, und so gedeiht das zu Beginn dargebotene ›Sail Away‹ (das an sich das Finale des "Jubiläumsalbums" darstellt) ebenso zu einem schlicht wunderbaren Melodie-Ereignis, wie auch ›Nothing But Love‹ oder der Album-Opener ›Forever Young‹, der ein grandioses Finale darstellt. Aber auch nicht vom erwähnten Dreher stammende Edelperlen wie ›The Last Sunset‹ (Gänsehaut!) oder ›Rescue Me‹ (beide vom 1994er »Strength In Numbers«) sind perfekter Stoff für diese, leider viel zu kurze Melodic-Rock-Vollbedienung. Auf das bereits eingespielte, von Mister Vaughn im Laufe der Spielzeit für den kommenden Oktober zur Veröffentlichung angekündigte neue Album »Reach«, freut sich die Zielgruppe jedenfalls schon jetzt!

TYKETTO-Liveshot

Dem erwähnten "Parallelslalom" ist es geschuldet, daß es mir nicht möglich ist, den gesamten Auftritt von DIRKSCHNEIDER mitzuerleben. Das tut zwar ein wenig weh, zumal es die letzte Tournee ist, auf der Udo Dirkschneider ACCEPT-Klassiker zum besten gibt, doch alles kann man bekanntlich nicht haben. Auf jeden Fall entschädigt das Gebotene mehr als ordentlich, die Band agiert nämlich überaus engagiert und wirkt auch spielerisch auf höchstem Niveau. Welche Reaktionen ein Auftritt, der ausnahmslos aus deutschen Metal-Klassikern besteht, beim Publikum in Balingen entfacht, braucht wohl nicht gesondert erwähnt werden, oder? Eben. Man muß es einfach in dieser Deutlichkeit sagen: Was sich hier vor der Bühne abspielt, würde problemlos auch einem Headliner-Set gerecht, und diesen hätte der Großmeister des deutschen Heavy Metal mit diesem Programm auch locker verdient. Vielleicht liegt es ja auch am Umstand, daß man - wie auch TWISTED SISTER - dieses Programm in solcher Form nie wieder geboten bekommt, den Reaktionen des Publikums nach zu schließen ist das den Leuten auch voll bewußt, und so ist bei DIRKSCHNEIDER eine ähnliche Euphorie mitzuerleben wie bei Dee und den "Sisters". Ganz egal, ob zu Beginn, als es nach ›Starlight‹ und ›Livin' For Tonite‹ bei ›London Leatherboys‹ erstmals einen Publikumschor von unfaßbarer Lautstärke zu hören gibt, oder auch später im Programm, hier besteht keinerlei Zweifel daran, daß die Verpflichtung von "Uns Udo" einen vollen Erfolg für alle Beteiligten darstellt. Mehr noch, was sich beispielsweise bei ›Princess Of The Dawn‹ oder ›Restless And Wild‹ abspielt, fällt schlicht in die Kategorie "sensationell" - mehr geht wirklich nicht! Davon ist auch der Meister selbst überaus angetan und stachelt die Meute, aber auch seine Band, zu weiteren Höchstleistungen an. Zwar muß man sehr wohl auch festhalten, daß etwa bei ›Metal Heart‹ die Gitarren nicht mit der Genialität eines Wolf Hoffmann aus den Boxen kommen, allerdings wirkt selbst diese, eigen(willig)e Interpretation des Soloteils durchaus gelungen. Ein klein wenig Wehmut ist zwar gegen Ende der Vorstellung auch festzustellen, die Freude der letztmaligen Chance, Udo dabei zuzuhören - besser gesagt dabei mitzuerleben - wie er mit seiner unnachahmlichen Röhre ›Balls To Wall‹ intoniert, ist aber dennoch deutlich größer. Keine Frage, der Auftritt von DIRKSCHNEIDER wäre eine Headlinershow wert gewesen, in Anbetracht der Vorzeichen, ist aber auch die Entscheidung des Veranstalters durchaus nachvollziehbar. Hammergig! Schade, daß es so etwas in dieser Form nie wieder geben wird.

DIRKSCHNEIDER-Liveshot

Doch das sollte es längst nicht gewesen sein. Zwischen drinnen gilt es einen abermaligen Besuch in der Halle abzustatten, in der THRESHOLD die undankbare Aufgaben haben, etwa die Hälfe ihres Gigs zeitlich mit DIRKSCHNEIDER absolvieren zu müssen. Der Band selbst scheint das nichts auszumachen, im Gegenteil die Herren wirken bis in die Haarspitzen motiviert und legen mit einer fulminanten Version von ›Slipstream‹ mächtig los. Allen voran der fast schon hyperaktiv wirkende Damian Wilson zieht die Blicke auf sich und weiß, bei aller Komplexität des Materials im weiteren Verlauf des Sets immer wieder unter Beweis zu stellen, daß er in den letzten Jahren zu einem echten Entertainer herangewachsen ist. So versucht er sich in späterer Folge bei ›Pilot In The Sky Of Dreams‹ als "Moses", teilt das Publikum so, wie dieser einst des Meeres Wellen unter seine Macht gebracht hatte, und setzt seine Gesangsvorstellung wahlweise im von ihm installierten "Mittelgang", oder aber direkt im Publikum fort. Prog-Metal kann also durchaus auch amtliches Rock-Entertainment sein! Alle Achtung! Selbstredend stehen ihm seine Mitstreiter in nichts nach, unter anderem kann man beobachten wie Karl Groom und Pete Morten während einer Instrumentalpassage mit der Griffhand den Gitarrenhals des anderen bearbeiten. Sieht nicht nur lässig aus, die Chose kommt auch technisch ohne etwaige "Ausrutscher" daher. Respekt! Schade zwar, daß es nach einem abermaligen Besuch bei DIRKSCHNEIDER danach nur noch ein ausgedehntes ›Watchtower On The Moon‹ sowie ›Ashes‹ zu hören gibt, da die Hallenuhr inzwischen langsam aber sicher das Ende der Show anzeigt, eine überaus imposante Vorstellung kann man den Briten aber auf jeden Fall attestieren. Mehr noch, eine solch' furiose Umsetzung ihrer Tracks hätte wohl kaum jemand von THRESHOLD erwartet. Durchaus möglich also, daß auch die Briten bei einem der nächsten Festivals auf die Hauptbühne dürfen.

THRESHOLD [GB]-Liveshot

Vor dieser machen sich inzwischen die Zuseher für ICED EARTH bereit, den eigentlichen Tages-Headliner. Zwar ist die Menschenansammlung im Vergleich zur TWISTED SISTER-Sause am Vortag deutlich geringer, man hat aber auch schon wesentlich weniger Schaulustige zu dieser Tageszeit in Balingen miterleben können. Da die Band an sich gerade im Studio ist, um ihr kommendes Album fertigzustellen, erwartet man keine großartig einstudierte Show, sondern begnügt sich in erster Linie mit einem einwandfrei dargebotenen "Best Of"-Set, zur Auswahl steht Jon Schaffer und seiner Mannschaft ja wahrlich eine ganze Menge. Einiges davon darf durchaus als Klassiker betrachtet werden, allen voran das »Dark Saga«-Album, mit dessen Titeltrack die Formation vor ihrem Monster-Backdrop auch ins Geschehen einsteigt. Der Sound ist okay, das Stageacting ebenso, einzig Stu Block wirkt einmal mehr leider etwas übermotiviert und scheint mit Gewalt den "Barlow" geben zu wollen. Wesentlich besser wirkt seine Vorstellung im unmittelbar danach gespielten ›Plagues Of Babylon‹. Klar, diese Nummer ist ihm auf den Leib geschneidert worden. Sein Animationsprogramm kommt aber auch hier ein wenig überkandidelt rüber, nichtsdestotrotz kann er die getreue Schar an Bangern vor der Bühne voll auf seine beziehungsweise auf die Seite der Band ziehen. Dennoch muß man festhalten, daß stimmungstechnisch bei DIRKSCHNEIDER deutlich mehr los gewesen ist. Alles in allem geht die Vorstellung von ICED EARTH aber auf jeden Fall in Ordnung. Die Setlist weiß durchaus zu gefallen, selbst wenn man zu sehr auf Nummer Sicher geht und nicht wie erhofft, einen Vorgeschmack auf das kommende Album liefert, sondern ausschließlich auf Klassiker setzt. Verdammt intensiv kommt an diesem Abend ›Venegance Is Mine‹ aus den Boxen, aber auch der Uralt-Track ›Pure Evil‹ vermag, mächtig mitzureißen. Diskussionen, inwiefern die Setlist anders gestalten hätte werden können, gibt es im Publikum schon während des Konzerts. Was soll's, wer eine derartige Fülle an Songperlen geschrieben hat, kann es eben nicht jedem recht machen. Der überwiegende Teil der Zuseher ist mit der Darbietung auch hochzufrieden, weshalb die Band nach dem umjubelten ›My Own Savior‹ auch lautstark auf die Bretter zurückgeholt wird, um dem Publikum den Gnadenstoß in Form von ›Dystopia‹ (einmal mehr ein - Achtung - absoluter Block-Buster), ›The Hunter‹ und ›Watching Over Me‹ zu verabreichen. Und wie lange auch immer man im Nachhinein über diverse verbesserungswürdige Details dieses Auftritt im Sinne von "hätte, wäre..." philosophiert haben mag - an der Tatsache, daß die Herren ihren Fans einen überaus gelungenen Abend besorgt haben und das Festival mit Anstand beendet haben, gibt es nichts zu diskutieren.

ICED EARTH-Liveshot

Der Großteil der Zuseher verläßt danach zwar relativ rasch das Open Air-Gelände, in der Halle dagegen herrscht nach wie vor Betrieb. Die während der ICED EARTH-Vorstellung zur Death Metal-Vollbedienung ladenden UNLEASHED lassen einmal mehr nichts anbrennen und kredenzen ein üppiges Set. In der für die Formation bekannten Agilität läßt das Quartett bei brüllend lautem, aber durchaus ausgewogenem Sound ein Hammerset vom Stapel. Dieses macht einmal mehr klar, weshalb die "alten Schweden" immer noch zur absoluten Speerspitze des Genres zu zählen sind. Fronthüne Johnny Hedlund erweist sich einmal mehr als ebenso redselig wie sympathisch und leitet auf seine charmante Art durch das Programm. Neben seinen obligatorischen, die Inhalte der Tracks kurz erläuternden Ansagen gibt es heute sogar einige Gedanken zum aktuellen Weltgeschehen zu vernehmen, aber auch eine Huldigung an Lemmy, dem der Nackenbrecher ›To Asgard We Fly‹ gewidmet wird. Was könnte diesen Auftritt idealer beenden, als ein von allen Anwesenden lautstark mitgegröltes ›Death Metal Victory‹? Eben, nichts.

UNLEASHED-Liveshot

An sich wären danach zwar noch CREMATORY auf dem Programm, die allerdings scheinen nach den vier zurückliegenden, ereignis- und höhepunktreichen Tagen nur noch ihre eingeschworene Klientel in die Halle gelockt haben. Auch meine Wenigkeit zieht nun endgültig von dannen und wird auch von diesem Festival Erinnerungen an zahlreiche verdammt gelungene Auftritte auf ewig in sich tragen.

Die abermals unvergleichliche Atmosphäre, sowie die bereits jetzt feststehenden Verpflichtungen für 2017 werden mich wohl auch im nächsten Jahr wieder auf die schwäbische Alb gondeln lassen, denn dem Festivalmotto "Bang Your Head!!!" bei VICIOUS RUMORS und Vince Neil (den man schon mit MÖTLEY CRÜE mehrfach verpflichten wollte, jedoch an den Gehaltsvorstellungen scheiterte), der ein "Best Of"-Programm seines Schaffens präsentieren wird, nachkommen zu dürfen, kann man sich einfach nicht entgehen lassen!


Walter Scheurer

Photos: Walter Scheurer [STALLION [D, Überlingen], DEBAUCHERY VS. BLOOD GOD, VOODOO X, DARE, NIGHT DEMON, TIGERTAILZ, GRAVE, WARPATH, THRESHOLD [GB], UNLEASHED], Mark Gromen [Rest]


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