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  UE-Home → History → Online Empire 37 → Editorial last update: 27.03.2024, 15:23:21  

Schweigsame Stars!

Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie nichts von Euch wissen wollen, die großen Rockstars. Sonderlich mitteilsam gebärdet sich so manche Band, die es "gepackt" hat und demzufolge nicht mehr nach der Aufmerksamkeit der Presse hecheln muß, in letzter Zeit nämlich nicht.

Es begann damit, daß MÖTLEY CRÜE selbst den großen deutschen Metalmagazinen sämtliche Interviews verwehrte; inoffizielle Begründung, die freilich nur hinter vorgehaltener Hand getuschelt werden durfte: Die Poserbuben wollen lieber in VOGUE & Co. gefeaturet werden anstatt bei der Fachjournalie zum Small Talk anzutreten. Daß im zweiten Anlauf dann die Metalmagazine doch mit auskunftswilligen MÖTLEY-Muckern konfrontiert wurden, könnte ein Ergebnis der Tatsache sein, daß die Lifestyle-Magazine beim Anblick der alternden Rocker dankend abgewunken haben. Ob diese, durchaus nicht abwegige Vermutung richtig ist, könnt Ihr ja überprüfen, falls Eure Freudin solche Gazetten liest...

Weiter ging's mit SLIPKNOT, die ebenfalls kein Interesse verspürten, mit dem deutschen Journalistenpack zu reden, denn die geplanten Interviews wurden im Bündel abgesagt. Als sich dann Drummer Joey Jordison unpraktischerweise den Knöchel brach, so daß man eine ganze Latte Shows absagen mußte, schien es so, als sollten die SLIPKNOT-Fans doch noch druckfrische Neuigkeiten von ihren Lieblingen erhalten - aber nur wenige Tage lang, denn dann fielen alle neuangesetzten Interviewtermine erneut dem Rotstift zum Opfer; und zudem war die mögliche Ausrede "Tourstreß" gestorben, so daß nun allenfalls noch Lustlosigkeit oder Desinteresse als Grund auf der Liste stehen konnten. Dabei wäre es doch durchaus ein "mitteilungsfähiges" Thema gewesen, daß SLIPKNOT erstmals versucht haben, richtige Songs zu schreiben, statt desorganisierten Chaotenkrach in die Weltgeschichte zu plärren... Aber dann jammern, wenn die Fans genauso teilnahmslos sind und die neue Platte im Laden stehen lassen oder - noch schlimmer - aus dem Internet saugen...

Die Krone der Kommunikationsschöpfung waren indes die Herren von METALLICA: Auch hier wurden alle Interviews kategorisch abgelehnt, und lediglich die beiden Marktführer unter den Metalmagazinen durften sich die Musiker persönlich zur Brust nehmen. Pluralität in Sachen Meinungsbildung ist wohl was anderes... Für die restliche Presse wurde in Berlin eine Pressekonferenz mit anschließendem Photocall abgehalten, bei dem hauptsächlich die Tagespresse mit ihren himmelschreiend dämlichen Fragen zum Zug kam - na ja, wie soll jemand, der in seinem nächsten Artikel über den Hühnerzüchterverein Berlin-Kreuzberg schreiben wird, auch gehaltvolle Fragen an eine Metalband stellen..? Es gibt im Internet übrigens ein Video von der Pressekonferenz, das gut und gerne als Musterbeispiel für miesen Journalismus genommen werden kann. Natürlich ist es klar, daß eine Band wie METALLICA nicht jede Interviewanfrage wahrnehmen kann, doch gerade in Zeiten, da die Band sich musikalisch wieder ihrer Wurzeln erinnern will, sollte sie doch auch daran denken, wo sie herkommen und warum sie so groß werden konnten, wie sie heute sind; so daß sich nicht nur die Fachmagazine, sondern auch der SPIEGEL, PLAYBOY oder eben jene Tageszeitungen mit ihren besonders kompetenten Mitarbeitern um die Band schlagen - etwas, das komplett undenkbar gewesen war als METALLICA angefangen hatten! Die ersten Schritte der Band, die meist die schwersten sind, wurden durch eine gutfunktionierende Tapetraderszene unterstützt, die die ersten Demoaufnahmen in Windeseile rund um die Welt verbreiteten, obgleich METALLICA nie offiziell ein Demo veröffentlicht hatten. Zudem waren es die damals existierenden Fanzines, die die Band abfeierten und ihr zu immer mehr Aufmerksamkeit verhalfen. Daher wäre doch eine Handvoll Interviews nicht zu viel verlangt - ganz gleich ob die Band schon seit etwa eineinhalb Jahrzehnten ein Selbstläufer sondersgleichen ist. Andere Bands geben zu einem neuen Release auch Hunderte Interviews!

Leider scheinen diese Beispiele keine Ausnahmen darzustellen, denn auch bei AC/DC zeichnet sich ab, daß zum neuen Album, das Mitte des Monats erscheinen wird, keine Interviews stattfinden werden.

...[Totenstille]...

Stefan Glas

P.S.: Für die aktuelle Ausgabe konnten wir dankenswerterweise die Dienste von Michael Schindler für uns in Anspruch nehmen. Michael ist schon seit vielen Jahren in der Szene aktiv und hat unter anderem die CDs von Bands wie BRAINSTORM, MORIFADE, HOLY MOSES, MYSTIC CIRCLE, FRETERNIA, X-WILD oder WYTCHFYNDE geschmückt. Auf seiner "Dragon Design"-Homepage könnt Ihr sowohl diese Cover sehen als auch Artworks, die noch auf ihre "Bestimmungsband" warten.

 
 
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