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Gute zehn Jahre lang sollte der Name FM für besten AOR und Melodic Rock stehen, die gerade mit ihren ersten beiden Alben echte Genreklassiker ge­prägt haben, doch Mitte der Neunziger wurde das Radio dann ab­ge­schal­tet. Nach fast 15 Jahren Sendepause kehren die Briten nun mit einem gelungenen neuen Album zurück.
Unser geheimer Plan sah vor, daß wir uns bis zu den Wurzeln der einzelnen Musiker vorgraben wollten. Dankenswerterweise standen alle aktuellen FM-Musiker, die altgedienten Recken Steve Overland (v, g), Merv Goldsworthy (b), Jem Davis (k) und Pete Jupp (d), sowie Neuzugang Jim Kirkpatrick (g), für dieses Unterfangen zur Verfügung.

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Wenn ich mir das Cover Eurer Comeback-CD »Metropolis« anschaue, dann kann ich mich nicht gegen den Eindruck wehren, daß FM sich derzeit wie Batman und Superman in einer Person fühlen: Metropolis ist bekanntlich die Stadt, in der Superman bevorzugt seine Runden drehte, und zudem sieht man auf dem Cover über der Skyline der Stadt ein Signallicht, das so aussieht wie jenes, mit der die Polizei von Gotham immer Batman zu seinen Einsätzen gerufen hatte. Ist es wirklich so? Braucht die Szene die Melodic-Superhelden FM?

Pete: Wir haben schon einige Fragen bezüglich des Covers erhalten. Letztendlich kamen wir auf den Titel »Metropolis« nachdem wir in dem berühmten Londoner Studio gleichen Namen einige Aufnahmen für die Platte gemacht hatten. Wir dachten, daß es ein guter Titel sei, fanden das entsprechende Bild und fügten das FM-Fledermaus-Logo hinzu. Ich persönlich stehe nicht auf Comics, und ich glaube, daß auch sonst keiner in der Band ein entsprechendes Faible hat. Um ehrlich zu sein, gab es keinerlei Hintergedanken, sondern es sollte einfach ein gutaussehendes Cover sein.

Nach der Veröffentlichung des 3-CD-Packages »Long Time No See« im Jahr 2003 war schon mal ein FM-Comeback angekündigt gewesen, das jedoch nicht stattgefunden hat. 2007 seid Ihr dann beim britischen Melodic-Festival "Firefest" aufgetreten, aber es sollten noch drei Jahre ins Land ziehen, bevor Euer neues Album nun erhältlich ist. Warum hat es jetzt erst geklappt und nicht schon früher?

Pete: Kieran, einer der "Firefest"-Organisatoren, hatte uns schon unzählige Male gefragt, ob wir nicht bei ihnen spielen wollen, aber wir haben immer abgelehnt. Ende 2006 fragte er uns wieder, und wir sagten mit einem "Jetzt oder nie!"-Gefühl zu. Wir dachten damals, daß es super wäre, wenn vielleicht 400 Leute kommen würden, so daß Du Dir unsere Überraschung vorstellen kannst, als wir uns 1.500 Fans aus aller Welt gegenüber sahen, die noch jede Textzeile kannten. Es war ein sehr emotionales Erlebnis, und ich muß zugeben, daß ich mehr als einmal eine Träne im Auge hatte. Die Liebe, die uns die Fans nach all' den Jahren entgegenbrachten, war einfach unbeschreiblich, so daß wir jeden Augenblick in vollen Zügen genossen. Nach dem "Firefest"-Auftritt im Jahr 2007 fiel die Entscheidung, daß es ein neues Album geben würde, denn wir hatten das Gefühl, daß wir es den Fans wegen ihrer Loyalität schuldig seien. Doch wir wollten nicht einfach nur zehn Songs schreiben und sie veröffentlichen, sondern wir wollten ein großartiges Comebackalbum auf die Beine stellen. Daher haben wir uns die nötige Zeit genommen, um sicher sein zu können, daß wir die richtige Songauswahl haben. Wir schrieben mehr als 20 Songs, von denen wir dann die besten fürs Album aussuchten.

Welche Aufmerksamkeit meßt Ihr FM bei? Gerade Steve hat in den letzten Jahren eine Menge verschiedener Projekte bestritten. Gilt nun Euer aller Hauptaugenmerk FM?

Pete: Wir stecken alle eine Menge Zeit und Energie in FM. Die Reaktionen auf das neue Album waren bislang phantastisch, und demzufolge wäre es blöd, wenn wir das nicht tun würden. Wir haben zwar weiterhin unsere anderen Projekte, denn wir sind professionelle Musiker und brauchen sie, um unseren Lebensunterhalt verdienen zu können, aber FM ist eindeutig die Priorität für uns.

Wie hat sich die Wichtigkeit von FM in Eurem Leben gegenüber früher gewandelt, als Ihr noch aufstrebende Musiker wart, die versucht haben, mit der Band den Durchbruch zu schaffen. Heutzutage muß doch gerade das Privatleben einen ganz anderen Stellenwert haben.

Pete: Wir haben bis dato noch keinen roten Heller mit FM verdient. Das gesamte Geld, das wir mit FM verdient haben, wurde stets in die Aufnahmen und die Promotion des nächsten Albums gesteckt. Wir sind aber heute in der glücklichen Situation, daß wir unser tägliches Brot mit anderen Beschäftigungen in der Musik verdienen können. Natürlich haben wir alle Familien, die uns sehr wichtig sind.

Im Vergleich zu den ganz frühen Tagen klingt das neue Album doch deutlich härter und rauher; es gibt weniger Keyboard, keine supersüßen Melodien. Habt Ihr den neuen FM-Sound geplant oder alles einfach auf Euch zukommen gelassen?

Steve: Wir schrieben einfach Songs und hatten keinen Plan, nach dem wir vorgehen wollten. Dennoch war es uns ein Anliegen, Elemente von unseren besten Alben einzufangen. Es sollte nach FM klingen, aber eben ein wenig modern aufbereitet sein.

Pete: Exakt! Der FM-Sound sollte eine gewisse Frischzellenkur verpaßt bekommen. Es sind fast 15 Jahre vergangen, seit wir ein neues Studioalbum veröffentlicht haben, und ich denke, es ist unmöglich, von der modernen Musik komplett unbeleckt zu bleiben. Wir wollten ein "klassisches" FM-Album, das aber zugleich zum heutigen Musikmarkt paßt.

Jim: Ein Teil der Songs war schon geschrieben, als ich hinzustieß, doch ich konnte glücklicherweise noch ein wenig dazu beitragen und ein, zwei weitere Songs zu Großteil selbst komponieren. Der Hauptgedanke bei der Platte war, daß sie mit dem besten mithalten konnte, was die Band in der Vergangenheit getan hatte, und ich denke, daß wir das geschafft haben. Ein FM-Album aus dem Jahr 2010 kann nie und nimmer wie ein FM-Album von 1986 klingen, denn niemand von uns ist mehr 20 Jahre alt, und zudem haben sich die stilistischen Vorstellungen und vor allem die Aufnahmetechniken grundlegend geändert. Dennoch denke ich, daß wir hier viele klassische FM-Elemente vorfinden: große Harmonien, viele doppelte Leadgitarren, melodische Soli. Auf dem Neuling gibt es schätzungsweise mehr Harmonien als auf jedem anderen FM-Album.

Eine Sache, die sich mit Sicherheit geändert hat, sind die Texte: Früher gab es da sehr häufig die typischen "Junge trifft Mädchen"-Texte, was Euch heutzutage nicht mehr so wirklich gut zu Gesicht stehen würde. Wovon erzählt Ihr uns auf »Metropolis«?

Pete: Nun, ›Still The Fight Goes On‹ könnte gewissermaßen als eine Autobiographie mit besten Grüßen von FM angesehen werden. Ganz anders bei ›Flamingo Road‹, wo Merv sein Faible für Las Vegas zum Ausdruck bringt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch heute noch eine Menge Liebe zu gewinnen und zu verlieren. ›The Extra Mile‹ handelt beispielsweise davon, wenn zwei verheiratete Menschen eine Affäre miteinander haben; der Text thematisiert die Auswirkungen, die dies auf sie und ihre Familien hat, und die Überlegungen, ob sie ihre Partner verlassen oder die Affäre beenden sollen.

Was sollten wir über Jim Kirkpatrick wissen, bei dem es sich um den einzigen neuen Musiker bei FM handelt?

Pete: Steve hat mit Jim bei einigen Projekten zusammengearbeitet und dachte, daß er die Idealbesetzung sei. Jim ist ein phantastischer Gitarrist, und er liebt zudem den Gitarrenstil von Chris Overland, unserem ersten Gitarristen, so daß er froh ist, seine Soli nachzuspielen. Andy Barnett, der Nachfolger von Chris, hatte sich im Gegensatz dazu geweigert, einige der Songs von den frühen Alben zu spielen.

Jim: Ich arbeite derzeit mit Bernie Marsden und spiele außerdem mit einigen Musikern von Rory Gallaghers Band in einem Tributeprojekt an ihn zusammen. Wir haben eine Platte aufgenommen und im April einige Shows gespielt. Früher hatte ich eine eigene Band, mit der ich einige Alben veröffentlicht hatte. Zusätzlich zur Zusammenarbeit mit Steve Overland spielte ich einige Jahre mit der britischen Folk/Americana-Sängerin und Songwriterin Thea Gilmore zusammen. Wir dachten, wir würden berühmt. [lacht] Wir tourten ausgiebig in Amerika und England und hatten einige Top 40-Platten.

Warum ist Andy Barnett eigentlich nicht bei der FM-Reunion an Bord? Hatte stattdessen sein Vorgänger Chris Overland, der Bruder von Steve, zur Diskussion gestanden?

Pete: Andy hatte einen enormen Spaß bei dem "Firefest"-Auftritt, aber als es dann ans Songwriting ging, schien er nur widerwillig neue Ideen rauszurücken. Es machte den Eindruck, daß er sie lieber für andere Projekte aufsparen wolle. Zudem war sein Privatleben etwas konfus, und er war sich nicht sicher, ob er vielleicht nach Kanada, in die USA oder nach Malta auswandern würde. Er schien einfach nicht mit ganzem Herzen dabeizusein, so daß wir es respektierten, als er seinen Abschied verkündete. Chris hat absolut keinen Drang, nochmal bei FM oder irgendeiner anderen Band mitzumischen. Er ist sehr mit seinem jetzigen Leben zufrieden. Wir würden es gerne sehen, daß er mal bei einem Song als Gast zu uns auf die Bühne kommt, aber selbst das hat er abgelehnt. Wir werden ihn aber weiterhin nerven, in der Hoffnung, daß er eines Tages nachgeben wird.

Jim: Für mich war es ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist, als ich gefragt wurde, ob ich bei FM einsteigen wolle. Ich war seit jeher ein Fan von Chris Overland. Daher würde ich mich auch freuen, wenn er mit uns mal auf die Bühne gehen würde, aber seinen Job kriegt er nicht zurück! Bevor Steve mich bat vorbeizukommen und für FM vorzuspielen, sagte ich ihm, daß er versuche solle, seinen Bruder wieder in die Band zu kriegen. Doch Chris hat - glücklicherweise für mich - abgelehnt.

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Wie seht Ihr die momentane Situation für die Melodic Rock/AOR-Szene? Die Neunziger waren ein einziges Tal der Tränen für diese Musik, doch dann wurde es so langsam aber sicher wieder etwas besser. Dennoch ist die heutige Situation noch meilenweit von jener in den Achtzigern entfernt. Glaubt Ihr, daß es zu einem echten, großen "Melodic-Comeback" kommen wird?

Pete: Nun, JOURNEY hatten gerade eine Top Ten-Single hier in England mit ›Don't Stop Believing‹. Zugegeben, es hatte sehr viel mit Simon Cowell und der TV-Sendung "The X Factor" (die britische Version von "Deutschland sucht den Superstar" - Red.), aber dennoch zeigt es, daß jüngere Menschen dieses Musikgenre mögen, wenn sie es zu hören bekommen. Die meisten denken jetzt, daß JOURNEY eine neue Band sind, was ich einfach todwitzig finde. Auf alle Fälle mag meine sechsjährige Tochter ›Days Gone By‹ von unserem neuen Album, so daß meine Antwort lautet: Ja - wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, diese Musik zu hören.

Momentan besteht diese Szene aber zum Großteil aus Musikern, die ihrem Handwerk schon sehr lange nachgehen. Was wird passieren, wenn die Dinosaurier alle abgetreten sind? Seht Ihr irgendwelche neuen Talent am Horizont aufziehen?

Pete: Unglücklicherweise zeichnet sich meines Erachtens keine Blutauffrischung für die Szene ab, aber es mag in diesem Moment, in dem wir uns unterhalten, irgendwo eine junge, vielversprechende Band gerade proben. Solange müssen wir "Dinosaurier" eben die Flagge hochhalten.

Euer erstes Album kam 1986 heraus. Ihr wart also noch früh genug dran gewesen, hattet einen Majordeal mit der CBS, Euer Stil hat zum Zeitgeist gepaßt, Ihr hattet einige echte Hits auf Lager, aber der Durchbruch sollte nicht kommen. Was ist damals schiefgegangen?

Pete: Wir standen bei der britischen CBS unter Vertrag, die immer nach dem Schema verfuhren: erst mal ein Hit in England, und dann folgt das restliche Europa. Daher war der Großteil unserer Promotion und Touren auf England konzentriert. Doch wir hatten das Problem, daß das nationale Radio die Songs nicht spielte. Unsere Singles gingen zwar in die Top 50, aber wir hätten Sender wie "Radio 1" gebraucht, um sie in die Top 20 zu kriegen. Man sagte uns damals immer, daß wir locker in die Top 20 kommen würden, wenn man in den Charts nur das Gebiet von Birmingham nordwärts berücksichtigen würde. Der Norden Englands war schon immer die Hochburg für Rockmusik, was bis heute zutrifft. »Tough It Out« stieg damals in Schweden in die Top 30 ein, aber wir taten dort rein gar nichts, was wir damals schon für bekloppt hielten. Wir haben auch nie eine einzige Show in Amerika gespielt. EPIC, das amerikanische Tochterlabel der CBS, wollte damals die A&R-Pflichten für uns übernehmen, aber die englische Abteilung untersagte es. Wir waren also in Businessgeschichten gefangen.

Komischerweise hattet Ihr Euch durch die fiesen Grunge-Jahre hindurchgekämpft, doch dann 1996 löste sich die Band auf - also zu einem Zeitpunkt als es für melodische Musik ganz allmählich wieder besser wurde.

Pete: Das musikalische Klima hatte sich so sehr verändert, daß das Weitermachen sehr schwierig gewesen war. Wir waren damals an dem Punkt angekommen, wo das Geld verdammt knapp wurde und es nahezu unmöglich wurde, die Band in finanzieller Hinsicht am Leben zu erhalten. Daher beschlossen wir, daß wir lieber mit dem Erreichten zufrieden sein sollte und lösten die Band auf. Daher trennten wir uns als gute Freunde, was wir bis heute sind.

Wird es nach »Long Time No See« noch weitere FM-Re-Releases geben? Mit Ausnahme von »Dead Man's Shoes«, Eurer letzten, 1995 erschienenen, Scheibe vor der Auflösung, sind die anderen FM-Werke heute nicht mehr so einfach zu kriegen.

Pete: KRESCENDO RECORDS hatten »Takin' It To The Streets« (Original von 1991), »Aphrodisiac« (Original von 1992) und »No Electricity Required« (das Livealbum von 1993, das großteils Coverversionen enthält) wiederveröffentlicht, so daß sie über den Shop auf unserer Webseite zu erstehen sind. »Indiscreet« und »Tough It Out« (die beiden AOR-Meisterwerke von 1986 und '89) wurden vor ein paar Jahren von einem französischen Label neu aufgelegt, aber ich glaube, daß im Falle von »Tough It Out« auch eine Wiederveröffentlichung mit Bonussongs bei unserem jetzigen Label AOR HEAVEN ansteht.

Jem, Du warst früher ein Mitglied von TOBRUK, die in »Wild On The Run« eines meiner Alltime-Lieblingsalben veröffentlicht hatten. Die Kombination von New Wave of British Heavy Metal-Elementen mit sehr melodischen Refrains und einem deutlichen Keyboardgewicht machte die Band einzigartig! Könnten wir bei TOBRUK vielleicht auf eine Reunion hoffen?

Jem: Ich bin immer noch in Kontakt mit TOBRUK-Drummer Eddie Fincher, aber leider gibt es keine Chance für eine Reunion, denn Sänger Snake starb 2006, und Bassist Mike Brown verlor leider 2009 seinen Kampf gegen Krebs. Es war eine tolle Band, und wir sind stolz auf das, was wir erreicht haben. Daher freut es mich um so mehr, daß Dir »Wild On The Run« gefällt!

Das sind in der Tat traurige Nachrichten, die sich zumindest bis zu mir noch nicht herumgesprochen hatten.
Was ist denn eigentlich mit MIDNIGHT BLUE und CHAIN passiert, den beiden Projekten, in denen Du zusammen mit Doogie White warst? Beide haben ein hörenswertes Album veröffentlicht, sind dann aber verschwunden.

Jem: Es waren beides exzellente Bands, aber sie hatten ein ganz mieses Timing, was das Musikbusiness betrifft. Eventuell werde ich die CDs zu einem späteren Zeitpunkt wiederveröffentlichen. Ich habe immer noch intensiven Kontakt zu Doogie, der bei unserer Album-Releaseparty im Februar im "Roadhouse" in London vorbeigeschaut hat. Mit Doogie bin ich übrigens auch auf den SACK TRICK-Alben zu hören - den zugehörigen Stammbaum der Band solltest Du Dir mal anschauen...

Du hattest auch bei den "True Brits"/"English Steel"-Projekten mitgemacht, die Lea Hart von FASTWAY ins Leben gerufen hatte. Welche Erinnerungen hast Du daran, und hast Du eine Erklärung dafür, daß die zugehörigen Scheiben in Deutschland von einem absoluten Ramschlabel veröffentlicht wurden, so daß die CDs nahezu ausschließlich in Wühlkisten beim Supermarkt um die Ecke zu finden waren? Musikalisch waren die Scheiben nämlich über weite Strecken amtlich ausgefallen.

Jem: Ich habe Lea Hart getroffen, als ich 1991 von PRAYING MANTIS gebeten wurde, mit ihnen die Japantour zu bestreiten. Lea bat mich, bei diesen Projekten mitzuwirken, und ich brachte dann auch die anderen FM-Jungs und Doogie dafür ins Gespräch. Diese Projekte waren toll, und Lea ist ein super Typ, der fürs Musikbusiness lebt. Wie ich zuvor schon gesagt habe: Letztendlich hängt alles vom Timing ab und die von Dir beschriebenen Umstände spiegeln in keinster Weise die Qualität unserer Arbeit wider.

Steve, Du hattest auf dem dritten "True Brits"-Album gesungen, wo nur noch ein paar Musiker anstelle einer ganzen Legion wie noch zuvor mitgemacht hatten.

Steve: Genau, ich war einer der Sänger auf diesem Album. Es hat mir eine Menge Spaß gemacht, bei diesem Projekt mitzumischen!

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Pete und Merv, Ihr hattet beide bei SAMSON gespielt. Pete, Du warst 1982 für »Before The Storm«, dem ersten Album ohne Bruce Dickinson, hinzugekommen und hattest Thunderstick abgelöst, während Du, Merv, erst für das '85er Livealbum »Thank You And Goodnight« dazugekommen warst. Warum blieben SAMSON immer ein Insidertip, obgleich sie als "Ex-Band des neuen IRON MAIDEN-Sängers" zusätzliche Aufmerksamkeit erhielten und »Before The Storm« ebenso wie »Don't Get Mad, Get Even« wirklich tolle Alben waren? Warum seid Ihr bei SAMSON ausgestiegen? Zudem habe ich gerüchteweise gehört, daß Du, Pete, 2001 nochmal kurzzeitig bei SAMSON mitgemischt hattest. Ist das richtig? Das müßte dann nach dem 2000er SAMSON-Auftritt in "Wacken" gewesen sein, bei dem aber Thunderstick die Schießbude bedient hatte.

Pete: Sowohl »Before The Storm« als auch »Don't Get Mad, Get Even« waren erstklassige Rockalben, die nicht die Aufmerksamkeit erhielten, die sie verdient hatten. Der Grund war letzten Endes auch hier der Mangel an Airplay. Wir konnten nämlich auf eine ordentliche Fanschar bauen, spielten großartige Supportshows für Acts wie BLACKFOOT, WHITESNAKE oder Gary Moore. Doch Merv und ich beschlossen, daß wir unsere Karriere in melodischerem Fahrwasser fortsetzen wollten. Daher stiegen wir bei SAMSON aus und gründeten FM. Und: Nein, ich wurde nie gebeten, wieder bei SAMSON einzusteigen, so daß jene Quelle, die das behauptet hat, garantiert falsch informiert war. [grinst]

Merv: Ich verließ SAMSON nachdem wir von Irland zurückgekehrt waren, wo wir mit Gary Moore und MAMA'S BOYS getourt hatten. Auf der Fähre eröffnete Pete mir, daß er die Band verlassen würde, um eine eigene Band zu gründen. Kurze Zeit später stand fest, daß wir gemeinsame Sache machen würden, und der Rest ist Geschickte. Auch wenn Nicky Moore, der Nachfolger von Bruce bei SAMSON, und Paul großartige Jungs waren, mit denen man super arbeiten konnte, und mit denen ich viel gemeinsam hatte, waren unsere musikalischen Geschmäcker doch etwas anders. Daher trennten wir uns, aber es gab kein böses Blut, sondern wir blieben dicke Kumpel. Ich kann mich noch entsinnen, daß wir mit Nicky an dem Song ›Inside Out‹ von »Aphrodisiac«-Album gearbeitet hatten und daß er auch zusammen mit Robin Beck und Terry Brock die Backing Vocals auf »Tough It Out« sang.

Paul starb 2002, und Chris Aylmer, der während Petes Zeiten bei SAMSON den Baß bediente, dann jedoch Platz für Merv machte, ging 2007 von uns. Welche Erinnerungen habt Ihr an sie?

Pete: Paul war einer der witzigsten Typen, die ich je getroffen habe. Er war ein brillanter Gitarrist und sehr leidenschaftlich, was seine Musik betraf. Er hatte auch sehr starke Prinzipien, wie die Band klingen sollte, und in welche Richtung sie sich weiterentwickeln sollte. Er hätte nie einem Ausverkauf in Richtung Kommerz zugestimmt. Ich habe ihn dafür sehr bewundert. Chris war immer der Ruhepol der Band. Er kannte und arbeitete mit Paul schon seit vielen Jahren und konnte immer sehr klar seine Meinung rüberbringen. Zwei sehr unterschiedliche, aber gleich wundervolle Menschen, die ich sehr vermisse.

Merv, vor SAMSON warst Du bei DIAMOND HEAD. Kannst Du uns einen Rückblick auf diese Tage geben? Warum ist die Band nach dem '83er »Canterbury«-Album auseinandergebrochen? Sicherlich ist »Canterbury«, auf dem Du mitgespielt hast, nicht das urtypische DIAMOND HEAD-Album, aber dennoch warst Du ein Teil dieser Legende.

Merv: DIAMOND HEAD ist für mich heute ein Name aus längst vergangenen Tagen. Ich kann mich noch erinnern, daß wir damals mit BLACK SABBATH auf Europatour gingen und die Gigs echt riesig waren. Das Stageset von BLACK SABBATH war Stonehenge nachempfunden, so daß alles ein wenig SPINAL TAP-mäßig war. Es war meine erste große Tour, und meine erste Englandshow mit der Band fand beim '83er "Monsters Of Rock" in Castle Donington statt - vor 72.000 Leuten. Das waren großartige Zeiten! DIAMOND HEAD haben es leider nie geschafft, selbst groß zu werden, aber sie hatten einen großen Einfluß auf METALLICA, die einige ihrer Songs gecovert hatten.

Laß uns doch noch ein Stück weiter zurückgehen: Zuvor warst Du bei STREETFIGHTER, die wohl Deine erste Band gewesen sein müßten, in der ein junger Gitarrist namens John Sykes mitmachte. Der Trommler von STREETFIGHTER war Gary Taylor, der auch bei BUFFALO und TANK spielen sollte. Kannst Du Dich noch an diese Zeit erinnern? Hattest Du damals den Eindruck, daß John das Potential habe, um später bei solchen Bands wie THIN LIZZY oder WHITESNAKE zu landen?

Merv: John Sykes hatte damals aufgehört, Gitarre zu spielen und besaß noch nicht mal mehr ein Instrument. Im Mai 1978 fuhr ich die knapp 50 Kilometer zu ihm nach Hause und redete vier Stunden lang auf ihn ein, um ihn davon zu überzeugen, daß er wieder anfangen müsse, Gitarre zu spielen und bei meiner Band einzusteigen... Es hat geklappt - und immer, wenn ich John treffe, gibt er mir das Gefühl, daß er mir nie vergessen wird, was ich damals für ihn getan habe.
Gary ist immer noch ein enger Freund von mir, den ich bei jedem Besuch in Los Angeles treffe. Momentan ist er Mitglied bei den L.A.-Rockern DRAGSTRIP.

Steve, schließlich und endlich noch zu dem Thema WILDLIFE. Besteht die Chance, das die einzige Platte irgendwann wiederveröffentlicht wird? Wie kam es überhaupt dazu, daß Du und Dein Bruder Chris als weitgehend unbekannte Musiker in die Band von Simon Kirke kamen, der als Trommler der damals gerade aufgelösten BAD COMPANY ein bekannter Musiker war? WILDLIFE war ja doch ein eher kurzes Vergnügen, dem nur diese eine Platte entsprang. Sind die Musiker, zu denen ja auch Phil Soussan zählte, der später für Ozzy spielte, dennoch über die Jahre in Kontakt geblieben?

Steve: Das WILDLIFE-Album wurde unlängst von dem amerikanischen Label WOUNDED BIRD RECORDS wiederveröffentlicht. Das Label SWAN SONG hatte damals Demos von Chris und mir gehört und brachte uns in Kontakt mit Simon Kirke. So landeten wir dann bei WILDLIFE. Ich habe Simon seit Jahren nicht mehr gesehen, aber bei unserer Show im "Roadhouse" in London war sein BAD COMPANY-Kollege Mick Ralphs anwesend und hat mit uns gejammt. Bei dieser Gelegenheit haben wir Telephonnummern ausgetauscht. Daher hoffe ich, daß ich bei der kommenden BAD COMPANY-Tour vorbeischauen und Simon mal wieder treffen kann. Ich kann mir allerdings keinen Grund vorstellen, warum ich Phil Soussan nochmal wiedersehen wollte, denn wir sind nicht gerade im Guten auseinandergegangen.

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Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

FM (GB) im Überblick:
FM (GB) – Atomic Generation (Rundling-Review von 2019 aus Online Empire 78)
FM (GB) – Dead Man's Shoes (Rundling-Review von 1996 aus Y-Files)
FM (GB) – Heroes And Villains (Rundling-Review von 2015 aus Online Empire 63)
FM (GB) – Indiscreet 30 (Rundling-Review von 2016 aus Online Empire 69)
FM (GB) – Long Time No See (Re-Release-Review von 2003 aus Online Empire 16)
FM (GB) – Synchronized (Rundling-Review von 2020 aus Online Empire 83)
FM (GB) – Heavy 128-Interview (aus dem Jahr 2010)
FM (GB) – Online Empire 44-Interview (aus dem Jahr 2010)
FM (GB) – News vom 27.01.2010
Soundcheck: FM (GB)-Album »Metropolis« im "Soundcheck Heavy 128" auf Platz 31
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