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MORTICIAN (A)-Headline

Um eventuelle Verwirrungen aus der Welt zu schaffen, sei hier von Beginn an klargestellt, daß es im folgenden Text keineswegs um die US-ame­ri­ka­ni­schen "Holzhacker" MORTICIAN geht, sondern um die österreichische Band gleichen Namens, deren Geschichte vor knapp 30 Jahren ihren Ursprung hat. Zu Beginn der 80er Jahre fanden sich vier damals blutjunge Burschen in Vorarlberg zusammen, um - wie unzählige andere Jungs in diesem Alter auch - unter dem Einfluß ihrer Lieblinge KISS, AC/DC und JUDAS PRIEST eine eigene Band zu gründen. Mit jeder Menge Feuer unter dem Allerwertesten legten MORTICIAN - wie das Unternehmen getauft wurde - los und gaben im Jahr 1984 ihr erstes Konzert. Zwar hatten MORTICIAN zu Beginn der Karriere mit gewissen Line-up-Schwankungen zu kämpfen, doch nicht einmal davon hat sich die Truppe unterkriegen lassen. Eher im Gegenteil, denn 1987 folgten die ersten Studioaufnahmen, für die man nach Stuttgart gondelte, um mit dem Demo »Street Warrior« in der Tasche aus dem Schwabenlande heimzukehren. Die Motivation schien dadurch noch um ein Vielfaches verstärkt worden zu sein, denn die zu jenem Zeitpunkt aus Thomas Metzler (Gitarre), Patrik Lercher (Baß), Rene Bickel (Drums) und Siegfried Burn (Gesang) bestehende Formation opferte all ihre Ersparnisse, um noch im selben Jahr mit der ersten (und leider auch einzigen) EP »No War« an den Start gehen zu können.

MORTICIAN [A]-Bandphoto [1987]

Die Kritiken darauf waren durchaus ansprechend, und MORTICIAN absolvierten selbstredend auch jede Menge Gigs in der Alpenrepublik. Aber auch international schien die Band durchzustarten, so kam von EBONY RECORDS ein Offert ins Haus geflattert, um an einem Sampler mitzuwirken, doch leider konnten die Aufnahmetermine - bedingt durch eine Armverletzung von Drummer Rene - niemals wahrgenommen werden. Die Jungs blieben aber dennoch am Ball und folgten einer Einladung zu einem nationalen Bandwettbewerb in die Bundeshauptstadt Wien. Bei besagtem Gig - dem hierzulande legendären - "Metal Battle" wurde auch ein Sampler mitgeschnitten, wobei MORTICIAN den Titelsong ihrer EP dafür beisteuerten.
Danach schien aber ein wenig Sand ins Getriebe geraten zu sein, denn zunächst waren abermals Line-up-Wechsel angesagt und erst nachdem der Posten am Mikro mit Thomas Cassan wieder besetzt werden konnte, sollte sich die Lage einigermaßen beruhigen. Im fernen Wien war man aber immer noch angetan von der Qualität der Vorarlberger, weshalb man die Jungs auch als Opener für die Show von SODOM und SEPULTURA im legendären "Rockhaus" (R.I.P. - der Verf.) engagierte. 1989 wurde ein weiteres Demo mit dem Titel »Break The Rules« eingespielt, doch der Erfolg der '87er EP konnte damit nicht mehr erreicht werden, weshalb Thomas Metzler im Jahr 1990 nach eingehender Suche nach einem neuen Bassist das Handtuch warf und das Kapitel MORTICIAN für beendet erklärte.

MORTICIAN [A]-Bandphoto [2009]

Zum Glück blieb der gute Mann der Metalszene sehr wohl erhalten und formierte einige Zeit später ART OF FEAR. Stilistisch deutlich heftiger, aber keineswegs in irgendeiner Form einem Trend hinterherhechelnd, lieferte Thomas mit ART OF FEAR insgesamt vier Alben und zwei EPs ab, die allesamt heftigen Power Metal anzubieten hatten, der im Verlauf der Jahre aber mit einer stärker auftretenden Thrash-Schlagseite versehen war. Trotz durchaus positiver Resonanz seitens der Presse konnte diese Band bis zu ihrem Ende aber leider niemals jenen Erfolg verbuchen, den sie verdient hätte, weshalb der Chef im vergangenen Jahr nach der letzen Scheibe »Powertrip« einen Schlußstrich zog. Während sich eine überschaubare, aber treue Fanschar deshalb die Taschentücher reichen mußte, verdichteten sich Gerüchte, wonach Thomas Metzler zusammen mit seinem langjährigen Kumpel Patrik Lercher erneut MORTICIAN an den Start bringen wollte. Und tatsächlich, seit 2009 haben wir diese Band wieder, wofür sich Thomas und Patrik mit Daniel Khan (der auch schon auf »Powertrip« zu hören war) und Schlagzeuger Antee (Andreas Peter) zusammengetan haben. Doch nicht bloß, um eventuell nur einige Shows zu spielen, darüber hinaus ist die Band auch wieder dabei, neue Songs zu komponieren. Bevor es diese jedoch zu bejubeln gibt, darf sich der Metaller erst einmal erneut an »No War« ergötzen. Die Herrschaften von PURE STEEL RECORDS haben sich der Sache nämlich angenommen und die EP unter dem Titel »No War & More« neu aufgelegt. Wie der Titel schon verheißt, gibt es neben den (selbstredend neu abgemischten) Tracks der EP darauf auch die beiden Demos in CD-Format und zum Abschluß den Titelsong als Live-Version zu vernehmen. Grund genug also, den Bandleader Thomas mit Fragen zu konfrontierten, die er in Windeseile zu beantworten wußte.

Zunächst einmal möchte ich mich im Namen aller Metalfans für die Idee bedanken, ein "Comeback" unter dem Banner MORTICIAN zu wagen.

Ich freue mich ebenfalls sehr, daß wir wieder mit MORTICIAN am Start sind.

MORTICIAN [A]-Singleshot: Daniel Khan

Allerdings wirft diese Tatsache für mich auch gleich die erste Frage auf: Ist denn das Comeback als unabhängig zu betrachten, oder handelt es sich eher um eine Art "Ersatz" für ART OF FEAR?

Nein, MORTICIAN ist kein Ersatz für ART OF FEAR, sondern etwas völlig Eigenständiges. Zuletzt waren wir mit ART OF FEAR doch ziemlich Thrash-lastig unterwegs, während MORTICIAN für 100 Prozent puren Heavy Metal stehen.

Was hat Euch/Dich überhaupt dazu getrieben, ART OF FEAR aufzugeben und MORTICIAN wieder an den Start zu bringen?

Obwohl ART OF FEAR fast 15 Jahre existiert haben und wir sechs Scheiben aufgenommen haben, hat es nie zu einem guten Plattenvertrag gereicht. Dadurch war einfach die Motivation nicht mehr in dem Ausmaß vorhanden, wie es hätte sein müssen, um die Sache weiterhin durchzuziehen. Außerdem kamen immer wieder businesstechnische Schwierigkeiten dazu, die es nicht einfacher gemacht haben. Einmal wurden wir dermaßen verarscht, daß wir Tausende von Euros für Nichts in den Sand gesetzt haben. Als dann noch unser damaliger Schlagzeuger Joe Künz seinen Ausstieg bekanntgegeben hat, war mir ziemlich schnell klar, daß wir schweren Herzens aufgeben werden müssen.

Das Kapitel ART OF FEAR wurde mit »Powertrip« zumindest auf beeindruckende Weise abgeschlossen. Woran denkst Du hat es gelegen, daß sich Erfolg nicht einstellen hat wollen? An der Qualität der Musik mit Sicherheit nicht!

Schwer zu sagen, warum unser Power Metal nicht zum Ziel geführt hat. Die Voraussetzungen wären eigentlich da gewesen, doch es hat nicht sein sollen und das trotz fast ausnahmslos guter Reviews, die wir nicht nur für »Powertrip«, sondern schon zuvor, wie beispielsweise für »Master Of Pain« erhalten haben. Dazu kommt wohl aber auch noch, daß wir als österreichische Band ja nicht gerade mit Vorteilen auf internationalem Terrain gesegnet sind.

Inwiefern ist denn die Neuauflage von »No War«, genauer gesagt »No War & More«, mit dem Comeback in Zusammenhang zu bringen? Oder anders gefragt: Wäre das Album auch ohne das Comeback erschienen?

Das lief zwar fast zeitgleich, aber dennoch unabhängig voneinander. Nach dem Ende von ART OF FEAR habe ich zunächst kurz ernsthaft überlegt, wie es weitergehen soll und was ich machen werde. Da Patrik sofort und zu 100 Prozent sein Interesse bekundet hat, war für mich klar, es nochmals unter dem Namen MORTICIAN zu versuchen. Die Wiederveröffentlichung des alten Materials stand diesbezüglich ohnehin schon im Raum, und mit Patrik bin ich über all die Jahre auch ständig in freundschaftlichem Kontakt geblieben. Den Kontakt zu PURE STEEL RECORDS hat Heinz Konzett (ehemaliger Schreiberkollege beim SNAKEPIT - Red.) hergestellt. Er hat die Herrschaften des Labels bei einem "Keep it True"-Festival darauf angesprochen und offenbar auch von uns überzeugen können. So kam der Stein ins Rollen.

MORTICIAN [A]-Singleshot: Thomas Metzler

Wie sind denn die Kritiken darauf bislang generell ausgefallen?

Ein paar Reviews waren echt super, und die meisten Schreiberlinge haben wirklich sehr positiv über die CD und die Wiederveröffentlichung geschrieben. Es gab aber sehr wohl auch einige negative Reviews. Zumeist ging es dabei jedoch bloß darum, daß die Musik "nur" nach 22 Jahren erneut veröffentlicht wurde und der Sound dabei nicht dem Stand von 2009 entspricht. Aber was soll's, ich bin dennoch voll zufrieden damit.

Außerdem haben "Re-Releases" ja auch nicht unbedingt die Pflicht, zeitgemäß klingen zu müssen. Aber egal, gab es denn im Vergleich zu den Kritiken der ursprünglichen Veröffentlichung anderslautende Meinungen?

Die EP ist zwar offenbar zu einem Kult-Exemplar geworden, aber dennoch haben wir diesmal wesentlich mehr Reviews als damals erhalten. Die Scheibe ist zwar schon 1987 gut angekommen, zu einem Deal hat es damals aber dennoch nicht gereicht. Unterschiedliche Ansichten und Meinungen gab es vor allem zu den Songs der Demos »Street Warrior« und »Break The Rules«, die ja damals nicht auf der EP waren.

Seid ihr selbst eigentlich mit einer bestimmten Erwartungshaltung an die Neuauflage herangegangen?

Nicht wirklich. Wir haben uns zunächst riesig gefreut, daß die CD über PURE STEEL überhaupt auf den Markt gekommen ist. Das Teil wurde richtig gut gemastert, und auch das Booklet ist mehr als nur beachtlich geworden, weshalb wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden sind. Unsere Erwartung ist zwar bescheiden, zumindest aber so hoch, daß wir hoffen, dadurch wieder ins Gespräch zu kommen und somit Interesse und Neugier in der Szene für unser neues Material wecken. Weiters hoffe ich auch, daß sich die CD gut verkauft und wir bei PURE STEEL eventuell sogar noch eine Vinylversion rausbringen können. [lacht]

MORTICIAN [A]-Singleshot: Patrick Lercher

Gutes Stichwort. Ihr seid ja momentan damit beschäftigt, neues Material zu schreiben. Darf man denn in Bälde mit neuem Stoff - in welcher Form auch immer - rechnen?

Ja! Wir sind über die erste Phase sogar schon hinaus und bereits dabei, die ersten Songs fertigzustellen. Wenn wir fünf Stücke komplettiert haben, werden wir wohl erstmal ein Demo produzieren und die Aufnahmen dann dem Label zukommen lassen. Die weitere Planung sieht dann so aus, daß wir vorhaben, im nächsten Jahr eine neue CD auf den Markt bringen zu können.

Sehr fein. Was dürfen wir denn erwarten?

Die bislang fertiggestellten drei Songs sind zwar recht unterschiedlich und haben von schnellen Riffs bis hin zu Stampf-Passagen alles Mögliche intus, jedoch durch die Bank ausschließlich echten Banger-Stoff, der auch sehr gut zu unseren alten Songs paßt. Also keine Angst Leute, bei MORTICIAN gibt es auch in Zukunft nichts anderes als puren, unverfälschten Heavy Metal!

Fein, und besten Dank dafür. Gab es denn eine bestimmte Intention hinsichtlich der Musik als Ihr die Band aus der Taufe gehoben beziehungsweise reanimiert habt?

Klar doch! Die Musik muß zu 100 Prozent Metal sein und bleiben! Und genau so wird es auch bleiben, damit die Fans auf uns bauen können!

Ein Mann, ein Wort! Welche Bands waren und sind zu nennen, wenn wir über "Inspirationsquellen" sprechen?

Nicht unbedingt bestimmte Bands, als vielmehr die Ausrichtung. Uns ist es wichtiger, daß wir voll hinter unseren eigenen Songs stehen können, ganz egal in welche Richtung sie tendieren, als daß wir uns an einem großen Namen orientieren. Meine persönlichen Favoriten sind immer noch SAXON und JUDAS PRIEST, und sollte davon etwas abfärben, ist es auch in Ordnung.

Wird denn das zukünftige Material Fans beider Bands ansprechen können, zumal ja die prägnante Stimme von Daniel der zuletzt bei ART OF FEAR war, nun bei MORTICIAN zu hören ist?

Die MORTICIAN-Songs sind lange nicht so Thrash-lastig, und auch der Gesang von Daniel unterscheidet sich doch etwas, so daß nicht wirklich großartige Parallelitäten zu vernehmen sind. Aber ich kenne sehr wohl einige Fans, die auf die Musik von beiden Bands stehen. Von daher sehe ich da überhaupt kein Problem auf uns zukommen.

MORTICIAN [A]-Singleshot: Andreas ''Antee'' Peter

Für die Texte waren bis jetzt immer die Sänger zuständig. Ich denke grundsätzlich nicht, daß wir uns diesbezüglich großartig von anderen Bands unterscheiden. Unser verstorbener Originalsänger Sigi, dem wir die CD gewidmet haben, war in der Vergangenheit etwas spezifischer und hat, vor allem auf »No War« sehr wohl auch private Gefühlsstimmungen, Visionen und Erlebnisse in seinen Texten verarbeitet. Jetzt kümmert sich Daniel um den Großteil der Texte und macht das für meinen Geschmack auch gut. Zu erwähnen ist noch, daß auch Patrik ist ein talentierter Schreiberling ist

Woher kamen (und kommen) denn die Inspirationen für die Texte?

Wie schon angesprochen, sind die Themen zum Großteil "klassisch" und auch eindeutig der Musikrichtung zuzuordnen. Aber wir werden - nicht zuletzt durch unser fortgeschrittenes Alter und unsere Lebenserfahrung - wohl vermehrt auf Lyrics aus dem alltäglichen Leben zurückgreifen, die auch durchaus zum Nachdenken anregen sollen.

Da es bis zum Album noch ein wenig dauert, wollen wir nochmals ein bißchen über die Vergangenheit plaudern: Was waren denn die größten Erfolge von und mit MORTICIAN?

Mit MORTICIAN haben wir einige wirklich gute Gigs gespielt. Der Gig mit SEPULTURA und SODOM beispielsweise war schon eine sehr feine Sache. Wir haben aber auch mit MAGNUM und anderen namhaften Bands gespielt und sind durchweg gut angekommen. Super war natürlich auch, daß wir 1988 bei MTV London zu Gast sein durften. Aber auch mit ART OF FEAR hatten wir einige tolle Gigs, unter anderem mit EXODUS, THIN LIZZY, DEMON und LEATHERWOLF. Auch auf Festivals konnten wir auftreten, so zum Beispiel einmal als Opener für IN FLAMES, wo wirklich großer Besucherandrang herrschte. Zumindest zu Teilerfolgen brachten wir es also mit ART OF FEAR schon.

Und wie sieht es in Zukunft an der Live-Front aus?

Am 5. März spielen wir in Athen beim "Up The Hammers"-Festival, unter anderem mit SAVAGE GRACE, das wird sicher eine super Sache! Für den Juli haben wir noch was Größeres in Planung, doch dazu kann ich noch nichts Genaues sagen. Wir hoffen aber natürlich, daß wir auch in Deutschland spielen können...

Die letzten Worte sollen nun die Deinen sein, aber natürlich nicht bevor Du uns noch einen kurzen Ausblick in Eure Zukunft gegeben hast.

Gute Songs schreiben, tolle Gigs spielen und im nächsten Jahr eine CD veröffentlichen! Mehr ist es an sich gar nicht. Ich möchte mich auch noch bei allen Leuten bedanken, die sich über die Reunion gefreut, uns unterstützt und die CD gekauft haben. Vielen Dank außerdem auch für das Interview. Metal Forever!

MORTICIAN [A]-Bandphoto [2009]

Dem gibt es nichts hinzuzufügen, außer Thomas für die Zeit, um meine Fragen zu beantworten, zu danken und natürlich, um MORTICIAN viel Erfolg für die Zukunft zu wünschen!

http://myspace.com/morticianaustria

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

MORTICIAN (A) im Überblick:
MORTICIAN (A) – Mortician (Rundling-Review von 2011 aus Online Empire 49)
MORTICIAN (A) – Online Empire 42-Interview (aus dem Jahr 2010)
MORTICIAN (A) – Online Empire 97-Special (aus dem Jahr 2023)
MORTICIAN (A) – News vom 02.09.2009
MORTICIAN (A) – News vom 22.04.2010
MORTICIAN (A) – News vom 20.06.2014
MORTICIAN (A) – News vom 21.10.2014
MORTICIAN (A) – News vom 22.07.2018
Soundcheck: MORTICIAN (A)-Album »Mortician« im "Soundcheck Heavy 138" auf Platz 20
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