DELAIN – April Rain
ROADRUNNER RECORDS/WARNER MUSIC
Mit dem 2006er-Debut »Lucidity« konnte sich das als Projekt gestartete Unternehmen DELAIN mit einem Schlag aus dem Nichts in der Welt des "Female Fronted Metal" etablieren und konnte vor allem in den Niederlanden, der Heimat von Initiator Martijn Westerholt, der durch seine Tätigkeit als Keyboarder bei WITHIN TEMPATION am durchschlagenden Erfolg dieser Formation beteiligt war, mächtig Staub aufwirbeln. Trotz des Umstandes, daß sich auf besagtem Erstlingswerk unzählige Gäste die Klinke in die Hand gegeben haben, um das Album auch zu veredeln, war es vor allem die damals noch gänzlich unbekannte junge Sängerin Charlotte Wessels, die mit ihrem elfenhaften Gesang die Karriere von DELAIN regelrecht vorantreiben sollte. Da »Lucidity« aufgrund der unterschiedlichen Charaktere und Musiker im Endeffekt von einer immensen Vielschichtigkeit gelebt hat, die den Erfolg ausgemacht hat, war die Vorgabe, die sich Mastermind Westerholt selbst auferlegen mußte, natürlich eine gewaltige, zumal die nunmehr als Band agierende Formation - zu der neben Martijn und Charlotte, Gitarrist Ronald Landa, Bassist Rob van der Loo (ex-SUN CAGED, FREAK NEIL INC.) und Drummer Sander Zoer zählen - völlig unabhängig von der zu erwartenden Qualität eines Nachfolgewerkes, immerzu am durchschlagenden Erfolg von »Lucidity« gemessen werden würde.
Die diesbezügliche Herangehensweise der Band ist auf »April Rain« ganz klar zu erkennen und auch nachzuvollziehen. Die Songs klingen - logischerweise - regelrecht auf die Stimme von Charlotte zugeschnitten, und die Dame vermag erneut mit ihrer verzaubernden Stimme das Maximum an Qualität aus den Kompositionen herauszuholen. Fernab von jeglichem Klischee, das man vielleicht aufgrund der Konstellation (aber wohl auch aufgrund der Herkunft der Formation) erwarten dürfte, kredenzen uns DELAIN ein sehr üppiges Klangbild, das neben den geradezu logischen Anleihen aus dem melodischen und bombastischem Metal im hübschen Gothic-Kleidchen, sehr wohl auch in Richtung Pop tendierendes Liedgut enthält. Gerade dabei ist es den NiederländerInnen aber erfreulicherweise geglückt, die Kitschschublade mit Bravour verschlossen zu halten. Hinsichtlich der Produktion kommt »April Rain« sogar ein wenig heftiger aus den Boxen als das Debut, vor allem Gitarrist Ronald scheint amtlich Gas gegeben zu haben (dürfen) und läßt das nötige Quantum an Heftigkeit zu keiner Sekunde vermissen, selbst wenn die Tracks in Summe mitunter teilweise sogar sanfter, in jedem Fall aber noch zugänglicher und auch "ohrwurmstichiger" ausgefallen sind als auf »Lucidity«.
Zwar haben sich DELAIN für die Arbeiten zu ihrem aktuellen Werk in erster Linie auf sich selbst verlassen, ganz ohne fremde Hilfe wollte Martijn aber wohl dennoch nicht auskommen. Für ›Control The Storm‹ bat er erneut NIGHTWISH-Bassisten Marco Hietala ins Studio, um Charlotte bei ihrem Sangesvortrag zu unterstützen. Das Ergebnis davon - ein sehr intensiver Bombast-Melodic-Metal-Track mit amtlicher Chartbreaker-Qualität - zählt für mich, neben dem eröffnendem Titelsong, der einen Ohrwurm der Sonderklasse darstellt, der Gänsehaut-Komposition ›Start Swimming‹, in der Charlotte unter Beweis stellt, daß sie mit ihrer Stimme näher an Tori Amos liegt, als an sämtlichen "Opern-Metal"-Damen dieser Welt, und dem fulminanten Finale ›Nothing Left‹, mit dem DELAIN nicht nur der Konkurrenz in der Heimat die Latte für weitere Veröffentlichungen sehr hoch legen, mit zu den Höhepunkten dieses Albums. DELAIN haben mit »April Rain« eindrucksvoll bewiesen, daß es auch im mittlerweile etwas klischeebehafteten "Female Fronted Metal" noch immer ausreichend Raum zur Entfaltung von eigenständigen Sounds gibt und werden damit ihre Erfolgsgeschichte fraglos fortsetzen können.
gut | 11 |