Trotz respektabler Verkaufszahlen und vereinzelter Chartplatzierungen ihrer Singles, hat der Großteil der Fans die dänischen Rocker D-A-D in erster Linie als brillante und überaus unterhaltsame Liveband liebgewonnen. Sänger und Gitarrist Jesper Binzer kann damit nicht nur verdammt gut leben, diese Tatsache war ihm und seiner Kollegenschaft auch seit jeher wichtiger als alles andere. Daran hat sich auch nach 40 Jahren nichts geändert, wie uns der blendend gelaunte Bandgründer beim Interview wissen hat lassen. Grund für unser Gespräch war das demnächst zur Veröffentlichung anstehende neue Studioalbum »Speed Of Darkness«, auf das er besonders stolz ist.
War für Euch dieses Mal irgendetwas anders, als ihr mit den Aufnahmen begonnen habt? Schließlich kam der Vorgänger »A Prayer For The Loud« 2019 auf den Markt, und was danach geschah, hat nicht nur die Rockwelt auf den Kopf gestellt...
Nun, wir haben das beste Album in unserer Bandgeschichte aufgenommen. Das meine ich jetzt aber nicht ironisch, sondern tatsächlich so, wie ich es gesagt habe. Immerhin hatten wir jede Menge Zeit und auch keinerlei Streß. Ein Album auf den Markt zu bringen, das wir aus den bekannten Gründen nicht auf der Bühne präsentieren durften, kam für uns nicht in Frage. Deshalb hatten wir zu jenem Zeitpunkt, als wir intern beschlossen, die Geschichte zu einem Ende zu bringen, gut 40 Songs zur Verfügung. Aber nicht bloß nur Riffs oder Teile, nein, vollends durchkomponierte und arrangierte Tracks!
Und ich dachte, Du meinst "nur" die 14 Songs, die nun als Doppel-Album auf die Menschheit losgelassen werden.Die Auswahl dürfte nicht einfach gewesen sein, oder?
Das dachten wir zunächst auch, aber da wir uns nun doch schon seit geraumer Zeit kennen, und wissen, wer welche Nummern weniger mögen wird, war das verhältnismäßig rasch erledigt.
Mit Erfolg, ganz offenbar. Ich zum Beispiel würde keine der Nummern vermissen wollen. Zum einen, weil Ihr sämtliche Trademarks implizieren konntet, und zum anderen, weil auch die Texte wieder einmal sehr gelungen sind. Waren die Lyrics denn immer schon ein dermaßen wesentlicher Bestandteil Eurer Songs?
Auf jeden Fall! Auch wenn sich in den vergangenen Jahrzehnten auch auf diesem Sektor viel verändert hat. Zu Beginn hatten wir häufig ironisch und sarkastisch angelegte Texte, wodurch wir mancherorts als "Spaßband" abgestempelt wurden. Davon ist mittlerweile nicht mehr viel übrig. Klar haben wir immer noch unseren Spaß, die Texte sind aber mittlerweile deutlich ernster geworden. Als Prediger oder Politologen sehen wir uns aber noch immer nicht. [lacht]
Wobei politische Statements bei Euch immer wieder zu vernehmen waren, und es immer noch sind.
Definitiv! Ich sehe mich als Künstler dazu verpflichtet, mich mit dem Weltgeschehen zu beschäftigen und meine Meinung kundtun. Allerdings würde ich mich niemals dazu verleiten lassen, mich von Politikern als "Promo-Artikel" zur Verfügung zu stellen. Seine Meinung kundzutun, sehe ich als Pflicht jedes einzelnen Menschen. Die Verantwortung dafür geradezustehen, ebenfalls. Daß der Spaß in den Lyrics dadurch ein wenig reduziert wurde, nimmt man uns hoffentlich nicht übel. Andererseits hat sich ja auch unser Alltag nicht zwingend zum Besseren verändert.
In manchen Dingen schon! Wer kann schließlich von sich behaupten, Teil einer Museumsausstellung zu sein?
Okay, überzeugt. Damit haben wir echt nicht gerechnet, daher sind wir darauf auch besonders stolz. Wenn mich vor 20 Jahren jemand gefragt hätte, ob ich mir das einmal vorstellen könnte, hätte ich ihn wahrscheinlich ausgelacht. Heute ist das natürlich anders, obwohl ich es noch immer nicht fassen kann, wie sehr uns Dänemark liebt.
Photos: Per Morten Abrahamsen