UNDERGROUND EMPIRE 7-Datasheet |
Contents: Tori Amos-Rundling-Review: »Under The Pink« |
Date: 23.03.1994 (created), 09.12.2021 (revisited), 22.01.2022 (updated) |
Origin: UNDERGROUND EMPIRE 7 |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Availability: original printed issue sold out! Several earlier issues still available; find details here! |
Comment: Praktischerweise hatte Holger damals keine Note abgegeben, denn wenn ich heute "i.V." eine Bewertung abgeben müßte, dann würde sie deutlich geringer ausfallen, da ich mit Frau Amos nie sonderlich warmgeworden bin. |
Supervisor: i.V. Stefan Glas |
Tori Amos – Under The Pink
EAST WEST
Die kleinen Erdbeben sind kaum verebbt, da läßt Tori Amos die Zeiger der emotionalen Richterskala wieder abrupt die Zwölfermarke überschreiten. Sanft, fast zerbrechlich, eröffnet ›Pretty Good Year‹ das neue Album und vermittelt unwillkürlich den vom Cover schon suggerierten Eindruck, man habe es bei Tori Amos mit einem schüchternen Elfenwesen zu tun, so kommt nach zwei Minuten der emotionale Überraschungsmoment. Plötzlich wird die Elfe zur mächtigen Zauberin, beschwörend und allgegenwärtig. Daß Tori nicht unbedingt eine Gottesanbeterin ist, unterlegt sie im nachfolgenden ›God‹, welchem sie vorwirft "sometimes you just don't come through". Allerdings findet sie des Rätsels Lösung darin begründet, daß der alte Herr wohl "crazy" sein dürfte und sie deshalb Verständnis für sein Fehlverhalten aufbringen kann. Die schrägen Gitarrenparts unterlegen die Aussage dieser blasphemischen Message ganz ausdrücklich. Das lediglich von leisen Glockenklängen instrumentierte ›Bells For Her‹ drückt das Feeling eines schmerzlichen Verlustes aus. Was nun folgt ist kaum mehr in Worte zu fassen. ›Past The Mission‹ ist prädestiniert, ein absoluter Hit zu werden. Dieser Song besticht durch eine gefühlvolle Melodie, ist eingängig und vor allem wegen der interessanten Benutzung der irischklingen Hintergrundpipes extrem hörenswert. Es folgen mit ›Baker, Baker‹ und ›The Wrong Band‹ zwei Nummern, wobei vor allem zweiteres Tori wieder fröhlicher klingen läßt. Dieses emotionale Hoch wird aber vom düsteren ›The Waitress‹ kompensiert. Warum sie aber diese "waitress" unbedingt umbringen möchte, ist zwar schleierhaft, kommt aber derart überzeugend, daß man es mit der Angst zu tun bekommt. ›Cornflake Girl‹ dürfte Euch als Single ja bereits bekannt sein. Mit den fast schon verträumten ›Icicle‹ und ›Cloud On My Tongue‹ öffnet Tori dann wieder die Pforten in die Welt der Elfen, bevor sie mit ›Space Dog‹ dann ein weiteres Highlight in puncto abgedrehter Eingängigkeit nachschiebt. Das zehnminütige ›Yes, Anastasia‹ ist dann eine verschachtelte Pianonummer, bei der die teils recht bombastische Orchesterbegleitung gewaltig und pompös erscheint. Aber all diese Instrumente wirken so verschwindend unwichtig, betrachtet man ihre Stimme, die vor allem während der sentimental-ruhigen Passagen einfühlsam unter die Haut geht, um bei den teils recht wütendenden Nummern mal laut und drohend, dann wieder gefährlich leise wispernd, mit einem Auge zwinkernde Lyrics zu verbreiten. Hier ist die Höchstwertung die einzig logische Konsequenz, wobei ich mich ernsthaft frage, ob wir bei der nächsten Veröffentlichung gezwungen sein werden, unseren Bewertungsrahmen zu erweitern.