Wenn ein Pyromane zum Freak wird, kann das doch nur heißen, daß der Glas gerade mal wieder anfangen will rumzuspinnen, oder daß dies die Eröffnung des Interviews mit Frankreichs bester Band sein soll. Letzteres ist richtig, obwohl auch ersteres einer gewissen sachlichen Grundlage nicht entbehrt, und der gitarrierende Sänger Olivier Eck stand Rede und Antwort:

Ihr habt Euch von PYROMANIA in THE FREAKS umbenannt. Erläutere mal, wie Ihr zu den beiden Namen gekommen seid!

Wir wählten den Namen PYROMANIA, als mein Bruder und ich vor sieben Jahren die Band gründeten. Wir waren eine Metal-Band, und der Name klang gut. Aufgrund der musikalischen Evolution der Band in die progressive Richtung erzeugte der Name einen falschen Eindruck von der Band und ihrer Musik. Für viele Leute sind wir immer noch eine Heavy Metal-Band, aber es ist eine Tatsache, daß wir sehr progressiv sind, und so entschlossen wir uns, einen Namen zu suchen, der mehr zu unserer Musik und unserem Charakter als Menschen paßt. Daher wählten wir den Namen THE FREAKS. Ein weiterer Grund ist, daß mein Bruder David die Band verlassen hat und wir in Hakim Bongluara (ex-ZONIX) einen neuen Drummer haben.

Als ich die ersten Minuten des »The Awakening«-Demos hörte, so erinnerte mich die Eröffnung des ersten Songs an den Film "Highlander". Eine unbewußte Assoziation, oder hattet Ihr etwas ähnliches im Sinn?

Ja, ich mag Fantasy-Filme, aber ich weiß nicht, ob dieser Track durch das Thema von "Highlander" beeinflußt ist. Es ist allerdings wahr, daß wir versuchen, Atmosphären zu kreieren - das ist die progressive Seite von PYROMANIA bzw. jetzt von THE FREAKS. »The Awakening« war nur ein Schritt für uns, und jetzt schreiten wir weiter vorwärts in unseren musikalischen Entwicklung. Grundsätzlich kann man unsere Musik als eine Kreuzung zwischen Rock und progressivem Pop bezeichnen. Wir lassen die metallische Seite von PYROMANIA zugunsten einer ausgefeilteren Musik fallen. Die Songs sind ebenso kürzer, aber das Feeling ist immer noch vorhanden. Ich bin mir sicher, daß Dich unsere neuen Songs ›Forever In Spaces‹ oder ›Crazy Zapping‹ zu einer Reise in Deiner Phantasie veranlassen werden...

Warum habt Ihr Euer Demo »The Awakening« genannt? Er wurde nämlich schon von anderen Bands diesen Titel benutzt!

Wir nannten das Demo »The Awakening«, weil es für uns ein echter Start war und der Beginn einer Entwicklung, die wir nun unter dem Namen THE FREAKS fortsetzen werden. Vor »The Awakening« veröffentlichten wir drei Demos, die aber zu schlecht sind, um darüber zu reden.

Der Inhalt Euerer Texte ist nur schwer zu entschlüsseln. Erzähle uns etwas zu ihnen!

Unsere Texte sind Reflektionen unserer Visionen der Welt - gleich einem Spiegel. Auf »The Awakening« gab es das Konzept, über den Zerfall von Liebesbeziehungen zu erzählen. Der Künstler entwarf anhand der Texte das Cover. In seinem Kunstwerk, das er "The Maze Of Life" nannte, kann man gut das Konzept verfolgen. Wir wollten etwas sehr komplexes und abstraktes, mit vielen Symbolen, das total in Harmonie mit den Texten steht. Wir arbeiten sehr an unseren Texten, und sie sind ein wichtiger Teil unserer Musik, auch wenn wir sehr lange Instrumentalparts haben. Unsere Texte sollen eine Abfolge von Bildern darstellen.

Was mir sehr gut gefallen hat, war diese Mädchenstimme, die am Ende des Demos den Satz "Give me a kiss!" sagt. Eine positive Message zum Schluß?

Es war einfach eine Idee von uns, und so ließen wir eine gute Bekannte diesen Satz sprechen. Wir setzen diesen Satz ans Ende des Demos, um es mit einem positiven Feeling zu beenden. Wir arbeiteten eine Woche am Demo, und wir probierten viele verschiedene Arrangements mit Geräuschen aus.

Wie waren bislang die Reaktionen auf Eure Musik, die doch recht außergewöhnlich ist!

Es ist seltsam in Frankreich: Die Magazine verstehen einfach nicht, was wir tun - wir sind zu heavy, um progressiv zu sein und zu progressiv, um heavy zu sein. Die Fanzines und das Radio unterstützen uns sehr, weil wir anders klingen als andere Bands. Wir haben bisher etwa 600 Demos verkauft. Wir sind erfreut über das Entgegenkommen, das wir auf der ganzen Welt, aber besonders in Deutschland erhalten. Es war super, wenn auch nicht genug, um einen Vertrag zu bekommen. Ich bin mir aber sicher, daß THE FREAKS das schaffen werden!

Ihr spielt eine Musik, in der viele verschiedene Einflüsse festzustellen sind. Bitte schlüssele das doch mal auf!

Als PYROMANIA spielten wir Progressive Metal. Jetzt als THE FREAKS durchlaufen wir eine natürliche Evolution in Richtung Rock und Progressiv-Pop. Wir versuchen die gleichen Metal-Riffs und Breaks zu spielen, aber unsere Musik ist nun ausgefeilter und melodischer. Ich denke, daß die Band besser ist als je zuvor. Wir haben einen originellen Sound, der nur schwer zu beschreiben ist. Wir spielen eine freie und offene Musik. Das bedeutet, daß viele verschiedene Einflüsse wie Blues, Jazz Rock, Reggae, etc. verarbeitet werden, und wir versuchen, daraus unseren eigenen Sound zu basteln. Wir wollen nicht wie RUSH oder YES aussehen oder klingen. Dies sind großartige Musiker, die besten vielleicht. Warum sollten wir also versuchen, das gleiche zu machen, was sie schon mal taten, wo sie doch weitaus bessere Musiker als wir sind. Das wichtigste für eine Band ist es, originell zu sein, und wir arbeiten an unserer eigenen Musik und unserem eigenen Sound.

Wie entstehen Eure Songs?

Ich schreibe alle Texte und bringe die Basics der Lieder. Jeder in der Band trägt dann etwas dazu bei, um den Song aufzubauen. Wir arbeiten jetzt schneller, da wir weitaus spontaner an die Sache gehen und nicht mehr krampfhaft versuchen, Metal-Breaks wie zu PYROMANIA-Zeiten einzubauen. Wir spielen aber immer noch powervolle Rockmusik. Wir improvisieren viel in den Proben, und so entstehen oft Ideen für Songs. Wir suchen nicht ewig nach etwas, sondern die Musik kommt spontan aus uns herausgeflossen. Das ist ein wichtiger Unterschied zwischen PYROMANIA und THE FREAKS!

Glaubst Du nicht, daß es schwer ist, mit einer solchen Musik Leute anzusprechen?

Ich stimme Dir zu, daß das mit unserer Musik nicht leicht ist, da viele Leute nicht genau zuhören und nicht versuchen, Musik zu verstehen. Wir hatten viele Probleme als PYROMANIA, denn die Musik war einigen zu technisch oder nicht powervoll genug. Als THE FREAKS können wir ein größeres Publikum ansprechen, das sowohl Pop-, Rock- als auch Metalfans umschließt. Ich denke, daß die Leute genug von künstlicher Musik haben und zurück zur wahren Musik wie dem Pop der Siebziger oder dem Blues wollen. Wir werden Erfolg haben als THE FREAKS, denn unsere Songs sind besser als je zuvor. Sie sind leichter anzuhören und prägen sich besser ein. Es ist origineller progressiver Rock. Alle die PYROMANIA mochten, werden sicher auch THE FREAKS mögen.

Habt Ihr je darüber nachgedacht, einen zweiten Gitarristen in die Band zu nehmen?

Wir sind ein Trio, und es läßt sich sehr gut in dieser Besetzung arbeiten! Ich spiele alle Gitarrenparts und Chris spielt Baß und das Keyboard. Ich glaube nicht, daß eine zweite Gitarre gut für unseren Sound wäre, da sie die Baßparts von Chris verschlucken würde. Eventuell würden wir einen festen Keyboarder engagieren, aber wir haben Angst, daß wir dann mit Keyboardsounds überflutet würden. Sollten wir eine Sängerin wie Kate Bush finden, warum nicht?!? Solange werden wir als Trio weiterarbeiten, da es das beste für THE FREAKS ist.

Wie sieht's mit Plattenfirmen aus?

Als wir »The Awakening« veröffentlichten, war es unser Wunsch, damit einen Plattenvertrag zu bekommen, um unser Debut zu veröffentlichen. Wir standen sechs monatelang in Kontakt mit BLACK DRAGON, die aber momentan Angst haben, uns zu signen, und so haben sie ihr Versprechen vergessen. Wir haben andere Angebote, aber keines ist im Moment sicher. Wir arbeiten momentan sechs Stunden am Tag an unserer Musik, spielen relativ wenige Konzerte, rechnen aber jeden Tag damit, daß wir die Zusage erhalten, mit TOTO, BARCLAY JAMES HARVEST oder THE MISSION spielen zu können. Das wichtigste ist uns zur Zeit, an den neuen Stücken zu arbeiten, ein Demo zu veröffentlichen und einen Deal zu finden - warum eigentlich nicht in Deutschland? Wir sind bereit!

Erzähle uns doch bitte etwas über die bisherige Karriere der Band.

THE FREAKS ist eine neue Band, die nichts mit PYROMANIA zu tun hat. Die Band wurde 1990 geboren und besteht aus Olivier Eck (g, v), Chris Stern (b, k) und Hakim Bongluara (d).
PYROMANIA wurde 1983 von mir und meinem Bruder gegründet. Wir waren eine Heavy/Power-Band, die schon damals recht originell klang und beispielsweise von MERCYFUL FATE, MANOWAR, JUDAS PRIEST oder SAXON beeinflußt war. Wir waren damals 15 Jahre alt. 1987 schloß sich uns Chris an und brachte progressive Einflüsse in die Band, was sich dann im 88er Demo "The Awakening" zeigte.

Ja, auch an Dich jene Schlußfrage!

Wir machen Musik, da sie unser Leben ist. Es ist die einzige Sache, die wir tun können. Wir haben unsere Arbeit aufgegeben, um unsere Musik spielen zu können. Wir drei leben zusammen, und wir tun nichts außer schlafen oder musikmachen. Wir werden Erfolg haben, denn wir glauben an das, was wir tun. Wir leben für unsere Musik und hoffen, daß dies eines Tages anerkannt wird!

Enthusiastisch bis zum letzten, wie's scheint. Ich hoffe, daß die Jungs ihren wohlverdienten Erfolg haben werden. Gemessen am neuen Promodemo und den anderen neuen Stücken, die mir Olivier aufgenommen hat, sollte es eigentlich klappen. Wäre da nur nicht dieses ganze Drumherum der Szene... Ich drücke sämtliche Daumen und wünsche der Band alles Gute!
Momentan ist von der Band nur das fantastische »The Awakening«-Demo für 10,- DM erhältlich, aber die Band will gegen Ende 1990 erneut ins Studio gehen.

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

THE FREAKS im Überblick: THE FREAKS – Underground Empire 3-Interview (aus dem Jahr 1990) THE FREAKS – Underground Empire 4-"Known'n'new"-Artikel (aus dem Jahr 1991) THE FREAKS – News vom 26.07.1990 unter dem ehemaligen Bandnamen PYROMANIA (F): PYROMANIA (F) – The Awakening (Demo-Review von 1990 aus Underground Empire 2) PYROMANIA (F) – News vom 26.07.1990

© 1989-2024 Underground Empire