RUSH
Mannheim, SAP-Arena
21.10.2007
Sie haben ihr Wort gehalten! Diesmal mußten wir nicht zwölf lange Jahre warten, um RUSH auch in Europa wieder livehaftig erleben zu können: Nach der "R30"-Jubiläumstour sollten RUSH auch mit der "regulären" Tour zur neuen Platte »Snakes & Arrows« auf dieser Seite des Ozeans Station machen. Diese Platte war zwar bei einigen Kollegen nicht so toll angekommen, doch meines Erachtens ist sie sogar einer der prächtigsten Juwelen im RUSH-Collier und live fügten sich die insgesamt neun neuen Stücke (›The Main Monkey Business‹, ›The Larger Bowl‹, ›Far Cry‹, ›Workin' Them Angels‹, ›Armor And Sword‹, ›Spindrift‹, ›The Way The Wind Blows‹, ›Malignant Narcissism‹ und ›Hope‹ - somit fehlten nur vier Nummern der Platte!) harmonisch zwischen die Klassiker.
Natürlich hätte auch meinereiner gerne wieder ›Red Sector "A"‹, ›Animate‹ oder ›2112‹ gehört, aber es war dennoch begrüßenswert, daß die drei Kanadier sich um eine deutlich andere Setlist bemüht hatten. Schließlich ist RUSH eine Band mit einem derart großen, vielschichtigen und in allen Belangen großartigen Repertoire, daß man dieses in möglichst umfangreichem Maße über die Jahre auch live zum Zug kommen lassen sollte. Außerdem sollte man nicht vergessen, daß eine Jubiläumstour, bei der sich eine Band um ein reinrassiges "Best Of"-Programm bemüht, nun mal eine einmalige Angelegenheit ist! Wer wirklich von der Songauswahl enttäuscht gewesen sein sollte, hat ja die Möglichkeit, die brillante zugehörige »R30«-DVD anzuschauen, und außerdem: Die nächste RUSH-Tour kommt bestimmt! Auch in Europa.
So wurden 2007 lediglich neun Songs gegenüber der "R30"-Tour wiederholt [›The Spirit Of Radio‹ von »Permanent Waves« ('80), ›Limelight‹, ›Tom Sawyer‹ und ›YYZ‹ von »Moving Pictures« ('81), ›Subdivisions‹ von »Signals« ('82), ›Between The Wheels‹ von »Grace Under Pressure« ('84), ›Dreamline‹ von ›Roll The Bones‹ ('91) sowie ›One Little Victory‹ und ›Secret Touch‹ von »Vapor Trails« (2002)] und stattdessen genauso viele neue, alte Nummern bemüht [›A Passage To Bangkok‹ von »2112« ('76), ›Circumstances‹ von »Hemispheres« ('78), ›Natural Science‹, ›Entre Nous‹ und ›Freewill‹ von »Permanent Waves«, ›Witch Hunt‹ von »Moving Pictures«, ›Digital Man‹ von »Signals«, ›Distant Early Warning‹ von »Grace Under Pressure« sowie ›Mission‹ von »Hold Your Fire« ('87)]. Wie man sieht, wurde die Setlist nach der Formel "9 + 9 + 9 + Drumsolo" zusammengestellt... ;-)
Auf jeden Fall sollte einem gelungenen Abend nichts im Weg stehen und RUSH blieben ihrem Ruf als exzellente Liveband nichts schuldig! Doch zunächst mußte man feststellen, daß Geddy mit seinen Baßamps seit der "R30"-Tour das Gewerbe gewechselt hat: Dort wo beim letzten Mal noch Waschmaschinen ihren Dienst versahen, sollte diesmal eine Hähnchenbraterei zu sehen sein. Doch gottlob wurde nicht analog zur letzten Tour, wo die Shirts in den Waschtrommeln am Konzertende an das Publikum verschenkt wurden, totes gebratenes Federvieh in die Menge geworfen... Genauso obskur war die Barbiepuppenarmada die Alex vor seinen Effektpedalen aufgestellt hatte; auch so manche Videoeinspielungen wie das Introvideo bewiesen, daß RUSH nicht alles bierernst - was man sich als Weltklassemusiker ja auch locker gestatten kann... - sondern sich lieber auch mal selbst auf die Schippe nehmen. Ein weiteres Beispiel dafür war die Episode, bei der die "South Park"-Lümmel den Versuch unternahmen, ›Tom Sawyer‹ zu spielen, bevor die Band dann diesen Job übernahm. Ergo: Musikalische Ausnahmeleistung und leichtfüßiges Entertainment hielten sich die Waage, was den Abend noch denkwürdiger machte.
Der Publikumszuspruch in Mannheim war angesichts der Tatsache, daß nur zwei Livetermine in Deutschland angesetzt worden waren, zwar nicht überwältigend, aber es war durchaus eine ordentliche Kulisse, vor der RUSH auftreten durften. Sicherlich waren die Tickets mit Preisen zwischen 50 und 70 Euro keine Schnäppchen, aber immerhin bekommt man bei RUSH wesentlich mehr geboten als bei anderen Konzerten. Auch die auf zwei Sets verteilte Spielzeit von fast drei Stunden ist mindestens genauso viel wie man sonst von einem Headliner und Supportact bekommt - allerdings kann man sich hier während der gesamte Zeit an besten Licht- und Soundbedingungen ergötzen und muß nicht einen Opener ertragen, der mieses Licht und grottigen Sound hindrückt bekommen hat - hallo, Traumtheater...
Als Neuerung in Sachen RUSH-Showeffekte kamen heuer Pyros hinzu, die sehr witzig eingesetzt wurden, denn man ließ den altbekannten Drachen über die Leinwände flattern und Feuer spucken, so daß seine Feuerbälle dann also gewissermaßen leibhaftig auf der Bühne einschlugen. Die brillante Lichtshow mit den RUSH-typischen Lasershow in Kombination mit der traumhaften Musik sorgte dafür, daß es ein ganz besonderer Genuß war, in der sehr weitläufigen SAP-Arena am anderen Ende, weit entfernt von der Bühne, direkt unter dem Dach sitzend RUSHs gottgleiches Inferno aus Farben und Klängen auf sich wirken zu lassen.
Ein Konzert, das noch lange in der Erinnerung nachschwingen wird! Danke, Männer!
Photos: Stefan Glas