INSANIA STOCKHOLM – Agony - Gift Of Life
BLACK LODGE/ROUGH TRADE
Trotz zahlreicher guter Kritiken für ihr letztes Album »Fantasy (A New Dimension)« im Jahre 2003 hat es die schwedische Band INSANIA nicht geschafft, daraus resultierende achtbare Erfolge einzuheimsen. Im Gegenteil, die Band stand knapp vor dem Aus, denn die beiden Gitarristen und auch der Keyboarder warfen nahezu zeitgleich das Handtuch. Aber der Kern der Truppe, Sänger Ola Halen, Bassist Tomas Stolt und Drummer Mikko Korsbäck gaben nicht auf, sondern rekrutierten mit Dimitri Keiksi einen neuen Tastenzauberer und sind mit Peter Östros nur noch mit einem Gitarristen am Start. Stilistisch haben sich INSANIA nicht wirklich verändert, melodiöser Metal in unterschiedlichen Tempovariationen ist noch immer das Metier dieser Formation, wenngleich das Keyboard nun wesentlich mehr in den Vordergrund gerückt wurde und zudem offenbar mehr Einflüsse aus dem Hard Rock aber auch aus dem Neoklassizismus Einzug in das Gesamtklangbild dieser Truppe gehalten haben. Neben jenen Einflüssen, die offenbar dieselben geblieben sind, wie schon in den Anfangsjahren, müssen nun auch Namen wie Yngwie Malmsteen oder auch RAINBOW späteren Datums genannt werden, weshalb sich auch die Zielgruppe nicht mehr nur aus Anhängern von älteren HELLOWEEN und STRATOVARIUS und adäquaten Bands, derer es neben INSANIA wohl reichlich rund um den Erdball verteilt geben dürfte, zusammensetzen wird. Aber wie auch schon in der Vergangenheit, schaffen es INSANIA auch mit ihrem aktuellen Silberling nicht wirklich, mich zu überzeugen. Wo die Originale eben wissen (oder zumindest wußten), worauf es ankommt, regiert hier Pathos und Bombast ohne Ende, während Hooks leider Mangelware sind. Im Vergleich zur Vergangenheit muß man INSANIA aber bescheinigen, daß ihre Kompositionen nunmehr einen deutlichen Schub an Progressivität erhalten haben. Vor allem das Spiel von Dimitri, das schwer von Größen wie Vitalij Kuprij beeinflußt klingt, läßt niemals Langeweile aufkommen und obendrein haben INSANIA nunmehr mit Peter Östros scheinbar ein wahren Fiedler vor dem Herrn in ihren Reihen, der auch den Großmeistern an der Klampfe nicht viel nachsteht. Manche Kompositionen haben auch einen eher dezenten Melodic Metal-Anstrich im Stile der PRETTY MAIDS erhalten, weshalb einige Tracks von »Agony - Gift Of Life« wohl auch Fans dieser Dänen schmecken sollten. Vor allem in jenen rockigen Passagen haben die Tracks auch Wiedererkennungswert erhalten und gedeihen so zu den Highlights des bisherigen Schaffens von INSANIA.
Allerdings ist aber auch noch anzumerken, daß Ola zwar bei Gott kein schlechter Sänger, aber auch noch lange kein begnadeter Stimmbandakrobat ist, weil vor allem in den, immer wieder von ihm angestrebten Höhenbereichen, keineswegs das Niveau seiner Mitstreiter halten kann und mit seiner in diesem Bereich doch sehr dünnen Stimme keineswegs zu überzeugen weiß. Besonders auffällig ist dieses Manko in den langsameren und balladesken Momenten, wo ich persönlich schlicht und ergreifend darauf warte, daß mich die Band so rasch als nur möglich davon wieder erlöst. Paradebeispiel sei hier die vor Kitsch nur so triefende Nummer ›One Day‹ erwähnt, nach deren Konsum ich händeringend nach Kinderlieder-CDs suche, damit ich wieder einmal Songs mit Schmackes zu Gehör bekommen kann. Wenn es dagegen zur Sache geht, wie in ›Hope‹ oder dem Quasi-Titelsong, haben INSANIA sehr wohl ihre starken Momente, obwohl auch hier anfügen muß, daß es die Originale, aber auch den Großteil der Kopisten noch immer gibt. Aber nichtsdestotrotz ist »Agony - Gift Of Life« die bislang stärkste, weil abwechslungsreichste Veröffentlichung von INSANIA geworden.
ordentlich | 9 |