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  UE-Home → History → Online Empire 49 → Rubriken-Überblick → ''Metal Paper''-Artikel-Überblick → Dario Cizic – »Gino - Heavy Metal in Einzelteilen«-Review last update: 27.03.2024, 15:23:21  

Dario Cizic
Gino - Heavy Metal in Einzelteilen
( EDITION WINTERWORK, ISBN: 978-3-942693-26-4 )

Jahrelang durfte ich den Horror..., äh ich meine natürlich die wonnigen Freuden des schwäbischen Dialekts hautnah erfahren, und jetzt haben mir die lieben HEAVY-Redaktionskollegen dieses Buch zukommen lassen, so daß ich nicht völlig aus der Übung komme... Scherz beiseite, denn die Tatsache, daß Autor Dario Cizic seine Geschichte nicht nur im Stuttgarter Raum spielen, sondern seine Figuren auch ganz authentisch "Schwäbisch schwätza" läßt, könnte für manchen eine Klippe sein, die er nur schwer bis unmöglich umschiffen kann oder will.

"Gino - Heavy Metal in Einzelteilen" begleitet einen Metalfreak mit italienischstämmigen Eltern einige Monate in seinem Leben. Konzertbesuche, Stippvisiten beim Vater, Partys mit Freunden, die Aufbauarbeit für die gemeinsame Band mit seiner Kumpanin Maddy (bei der es sich wohl um das puppengesichtige Mädchen auf dem Cover handeln soll) und so weiter - es wird eigentlich das ganz stinknormale Leben von Gino portraitiert. Doch genau dies war laut eines Nachwortes von Autor Dario auch beabsichtigt, so daß man eine spannende Storyline oder eine ausgeklügelte Dramaturgie also nicht erwarten darf, weshalb sich im Umkehrschluß die fast 450 Seiten des Buchs auch mal ganz schön "ziehen" können.

Bei seiner Geschichte erlaubt sich Dario allerdings doch einige künstlerische Freiheiten: So läßt er Gino im Verlauf des Buches nämlich ein uns allen bekanntes süddeutsches Festival namens "Bang Your Head!!!" besuchen, dessen Billing er nicht nur aus mehreren Jahren zusammengewürfelt hat, sondern bei dem er auch einige Bands auftreten läßt, die noch nie in Balingen zu Gast waren wie beispielsweise DREAM THEATER oder MUNICIPAL WASTE.

In dieses Konzept paßt allerdings eine Abteilung des Buches ganz und gar nicht rein, wobei ich hier nicht auf die Tatsache abziele, daß Gino in Sachen Engstirnigkeit..., äh ich meine natürlich "Reinheit und Wahrhaftigkeit des unverfälschten Metalgeschmacks" der HEAVY-True-Fraktion um Ritter Arno of Steel und seinem Knappen Martin von Brandtingen noch einiges vormachen könnte... Nein, es dreht sich vielmehr um jenen Teil des Buches, in dem Dario Cizic auf ein paar Dutzend (aber gefühlten mehreren Hundert!) Seiten seine Hauptfigur in einem inneren Monolog seine religiöse Überzeugung gespickt mit etwas Verschwörungsschmonzes vor dem Leser ausbreiten läßt: Hier kann man in der Tat nur hoffen, daß die Hauptfigur nicht das Alter Ego des Autors darstellen soll! Nun ja, 9-11-Verschwörungstheorien sind immer noch sehr populär, und über dieses Themenfeld darf sich jeder gerne eine eigene Meinung bilden, aber Dario tappt leider in eine viel ältere Falle: Im Laufe der Adoleszenz stolpert wohl jeder mal über Jan Udo Holey alias "Jan van Helsing" und sein Machwerk "Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert" - der Verbot eines solchen Buches (Indizierung und Beschlagnahme erfolgten 1996) führt einfach zwangsläufig genau dazu... - doch irgendwann sollte man fähig sein, zwischen all dem Unfug und den Hirngespinsten, die da ausgebreitet werden, die deutlichen rechtsradikalen und antisemitischen Aussagen zu erkennen und somit die wahren Absichten von Herrn "van Helsing" zu entlarven. Das resultiert allerdings auch in der Verantwortung für einen Autor, daß er die Behauptungen einer solchen verkappten Hetzschrift nicht ungefiltert verbreitet und als Quellenverweis angibt.

Sieht man von diesem groben Patzer ab, ist "Gino - Heavy Metal in Einzelteilen" durchaus sympathisch in seiner Trivialität, auch wenn mir der Sinn des Untertitels leider dauerhaft verschlossen geblieben ist. Das Buch mutet nämlich ein wenig wie das MAGGIE'S MADNESS-Album »Wild Cat« von 1983 an: Obgleich man bei den ultrasimpel gestrickten und quasi völlig aggressionsfreien Songs schon nach wenigen Sekunden weiß, wie sie enden werden und garantiert keine Überraschungen erlebt, so strahlen sie doch eine gewisse anheimelnde Wärme aus, in die man sich gerne immer mal wieder reinkuschelt, obwohl es garantiert nichts mehr Neues zu entdecken gibt.

Wer also mit den erwähnten "Problemzonen" von "Gino - Heavy Metal in Einzelteilen" klarkommt, kann das Buch unter anderem via Amazon, den Buchhandel oder per E-Mail vom Autor direkt beziehen:

dctextil@gmx.de


Stefan Glas

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