UNDERGROUND EMPIRE 1-Datasheet |
Contents: REALM (US, WI)-Interview |
Date: 1988/'89 (created), 12.07.1999 (revisited), 22.01.2022 (updated) |
Origin: UNDERGROUND EMPIRE 1 |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Availability: original printed issue sold out! Several later issues still available; find details here! |
Comment: Ganz fromm beteten wir um die Ankunft des Realms von REALM; doch wir wurden nur teilweise erhört: Die Tour, die Takis Kinis ankündigte, fand nie statt und nach zwei erstklassigen Alben war die Uhr für REALM abgeaufen. Zwar versuchte man sich in den Neunzigern nochmals mittels eines Demos aufzubäumen, was aber nicht von Erfolg gesegnet war. |
Supervisor: Stefan Glas |
In letzter Zeit gibt es immer mehr Bands, die sich um Originalität ihrer Lieder bemühen. REALM waren zusammen mit Bands wie WATCHTOWER, HADES oder SIEGES EVEN wohl die ersten, die dies in ihrer Musik umsetzten, denn mit »Final Solution« veröffentlichten sie schon 1987 ein erstaunlich progressives Werk, das mich auch heute noch fasziniert. Inzwischen liegt die erste LP vor und REALM scheinen auf dem Weg zum etablierten Act zu sein, was auch das folgende Interview bestätigt.
Als ich Euch um dieses Interview gebeten hatte war ich davon überzeugt, daß Ihr eine noch total unbekannte Untergrundband seid. In der Zwischenzeit erhielt ich dann den Brief, in dem Ihr Eueren Plattenvertrag mit ROADRACER (dieamerikanische Abteilung von ROADRUNNER - Red.) verkündeten. Warum ist das alles so schnell gegangen?
Nun, in Wirklichkeit ging das eigentlich gar nicht so schnell. Etwa neun Monate nachdem wir unser »Perceptive Incentive«-Demo (das aus dem Jahre 1985 stammt- Red.) veröffentlicht hatten, rief uns Kees Wessels vom holländischen ROADRUNNER-Büro an und sagte uns, daß ihm das Tape gefiel und er wolle mehr Material hören. Wir schickten ihm einige "Kellertapes" und er mochte die Musik und haßte die Stimme. Auch auf »Final Solution« (erschien 1987 - Red.) mochte er die Stimme nicht. Daher tauschten wir unseren Sänger Doug Parker gegen Mark Antoni aus und das half uns den, Vertrag zu bekommen. Du siehst also es hat zwei bis drei Jahre gedauert, bis wir unterschreiben konnten. In dieser Zeit haben wir uns natürlich auch verbessert, was auch ein Grund für den Vertrag sein dürfte.
Lüftet doch mal die Nebel, die auf Euerer Vergangenheit ruhen.
Wir wurden im Sommer 1985 gegründet. Als Mark Antoni unsere erste Band verließ, starteten wir REALM. Unser Ziel war gleichzeitig so heavy und progressiv wie möglich zu sein. Unser erstes Demo veröffentlichten wir schon einen Monat nach der Gründung. Wir spielten dann mit jeder größeren Band, die in der Stadt auftrat, zum Beispiel WENDY O'WILLIAMS, MEGADETH, etc. Wir bereiteten uns ziemlich lange und intensiv auf unser zweites Demo vor, welches wir in einem sehr guten Studio aufnahmen. Dadurch wurde es auch viel besser als das erste. Mike Olson und Steve Post ersetzten Mike Stix und Roger Godfre, die uns sechs Monate nach der Gründung verließen, weil sie unser neues Material nicht auf die Reihe kriegen konnten.
War »Final Solution« eigentlich nur ein Demo für Euch oder war es schon eher ein LP-Tape?
Wie schon gesagt, haben wir uns viel Zeit mit »Final Solution« gelassen. Wir nahmen nur zwei bis drei Tage auf, aber diese waren über mehrere Monate verteilt, weil das Studio nur wenige Tage frei war. Unser Freund Jim Bartz, der dann auch »Endless War« produzierte, arbeitet in einem Topstudio, das wir nie hätten bezahlen können, aber er hat es so gedreht, daß wir dort umsonst mixen konnten. Daher klingt die Aufnahme so gut. Wir sind sehr glücklich damit und es wurden bisher auch etwa 4000 Stück verkauft.
Ich finde, daß »Endless War« schneller und mehr thrashorientiert ist als »Final Solution«. Stimmst Du dem zu und wie wird sich Euer Stil weiterentwickeln?
Das ist eine gute Frage. Weißt Du, wir planen nicht, wie wir Songs schreiben sollen. Stimmt, auf »Endless War« sind einige sehr schnelle Songs, wobei sie aber immer ziemlich musikalisch bleiben. Wir haben gerade einige langsamere Songs geschrieben, aber haben auch noch einige Ideen für schnellere. Wir setzen uns eben nicht hin und sagen: "OK, let's write fast or let's write slow". »Endless War« war unser erstes Album, so daß wir ziemlich nervös waren und dadurch vielleicht etwas schneller gespielt haben. Wie sich unser Stil entwickeln wird, kann ich Dir nicht sagen. Das muß man abwarten. Wir haben aber zum Beispiel einen neuen Song ›Suicide‹, der vielleicht auch das Titelstück des neuen Albums wird, und der ist sehr progressiv.
Erläutere Eueren Sängerwechsel bitte nochmal etwas genauer!
Es gab mehrere Gründe für die Trennung von Doug. Zunächst einmal haßten viele Leute seinen Gesang. Ehrlich gesagt, hatten wir auch persönlich ziemlich Probleme mit ihm. Er nahm Kokain, erschien oft nicht zu den Proben und hatte eine sehr pessimistische Einstellung zum Leben. Es war sehr schwer mit ihm zusammenzuarbeiten. Mark spielte zusammen mit Paul und mir in einer Band vor REALM. Er erhielt dann ein Angebot von einer Band die einen Plattenvertrag hatte, aber das ist dann irgendwie im Sande verlaufen und auch bei seiner nächsten Band FIRING SQUAD klappte es nicht so sehr. Das war zu der Zeit als wir gerade so ziemlich die Nase von Doug voll hatten. Also gingen wir zu ihm und fragten: "Hey, wanna jam with us?" und er sagte: "OK".
Stichwort: ›Eleanor Rigby‹. Erstens, warum habt Ihr überhaupt ein Cover aufgenommen, wo das heute fast jede Band macht? Zweitens, warum einen Song von den BEATLES? Drittens, warum ausgerechnet ›Eleanor Rigby‹, denn den hatten SACRED RITE schon gecovert? (Immer diese provokativen Fragen; wirklich schlimm! - Red.)
Wir haben dieses Cover nicht aufgenommen, weil jeder so etwas tut, sondern weil wir das Lied schon seit unserer Gründung spielen. Ich war schon immer ein großer BEATLES-Fan (der Mann hat Geschmack - Red.) und ich halte besonders ›Eleanor Rigby‹ für geeignet, um es zu einem Thrashsong zu machen, weil es musikalisch und textlich sehr stark ist. Ich wußte gar nicht, daß eine andere Band ›Eleanor Rigby‹ auch gecovert hat, aber ich bin mir sicher, daß wir es anders gemacht haben, als sie.
»Endless War« ist auf den ersten Blick ein ziemlich militanter Titel. Warum habt Ihr einen so mißverständlichen Albumtitel gewählt?
Das Konzept von »Endless War« bezieht sich mehr auf Tod, Zerstörung, Morden, Hunger und auf all die Sachen, die einfach keinen Sinn ergeben. Warum sind einige Leute so widerlich reich, während andere auf der Straße verhungern, Warum müssen Leute sinnlos sterben. Der Titel ist absolut nicht militant gemeint. Bei »Final Solution« hatten auch einige Leute gemeint, es beziehe sich auf die "Endlösung" der Nazis, was aber auch nicht stimmte.
Bleiben wir bei »Endless War«. Wieviel Platten habt Ihr bisher verkauft?
Ich kann Dir keine genaue Zahl nennen, aber sie liegt etwa bei 13.000 bis 14.000. (Die Zahl bezieht sich auf März 1989. - Red.)
Wie klappt die Zusammenarbeit mit ROADRACER? Hattet Ihr keine Bedenken angesichts der vielen unter Vertrag stehenden Bands?
Zuerst war ich auch skeptisch. Aber es kommt nicht auf das Label an, sondern auf die Band selbst. Wir investieren sehr viel Zeit, um uns selbst zu promoten, wir schreiben jedem von dem wir einen Brief erhalten, wir haben schon viele Interviews gegeben, die die Plattenfirma nicht vereinbart hat, etc. Bis jetzt können wir uns nicht beklagen und sind zufrieden mit ihnen.
Eigentlich wäre es für Euch jetzt wichtig, auf Tour zu gehen!
Es ist jetzt Montagabend 9.00 Uhr und am Mittwochmorgen gegen 4.00 Uhr oder 5.00 Uhr brechen wir auf zu unseren ersten großen Tour, auf der wir zuerst ganz Amerika und Kanada erfassen werden, dann etwa im Mai werden wir 20 oder 25 Tage in Europa spielen und anschließend besteht die Möglichkeit nach Japan zu gehen. Wir werden auf jeden Fall nach Deutschland kommen, weil wir sehr gute Reaktionen von dort bekommen.
Ihr stammt ebenso wie TYRANT'S REIGN aus Wisconsin. Habt Ihr Kontakt zu ihnen?
Oh ja, TYRANT'S REIGN sind sehr gute Freunde von uns. Sie haben erst vor einigen Tagen hier gespielt, und ich habe bei der Opening Fun Band mitgespielt, bei der noch der Drummer von TYRANT'S REIGN, der Bassist der GRUESOMES und unser Fahrer und unser T-Shirt-Verkäufer auf der Tour mitgespielt haben. Wir haben sie mal in Chicago getroffen und seither haben wir immer mal wieder Gigs zusammen gespielt.
Euere Einflüsse außer dem Mund?
Meine frühen Einflüsse sind die BEATLES, LED ZEPPELIN oder PINK FLOYD. In den späten Siebzigern habe ich angefangen Metal zu hören und stand da auf MERCYFUL FATE, MOTÖRHEAD, VENOM, und später auch SLAYER und METALLICA als sie anfingen. Aber je stärker ich von REALM in Beschlag genommen wurde, um so weniger kümmerte ich mich um andere Bands. Steve mag besonders BAD BRAINS, SEX PISTOLS oder auch KING DIAMOND. Paul steht auf progressive Musik. Er ist ein großer Fan von RUSH oder auch KANSAS. Er mag besonders progressiven Rock aus den Siebzigern. Ich gebe jetzt weiter an Mark und Mike.
Mark Antoni: Meine Einflüsse sind Steven Tyler von AEROSMITH, Robert Plant von LED ZEPPELIN und Geoff Tate von QUEENSRYCHE.
Mike Olson: Meine Favorites sind MERCYFUL FATE, KING DIAMOND, METALLICA und WILD DOGS.
Arbeitet Ihr noch oder könnt Ihr von REALM leben?
Bis zum letzten Wochenende hatten wir alle Jobs, die wir jetzt wegen der Tour gekündigt haben. Nach der Tour werden wir wieder ins Studio gehen, um unsere zweite Platte »Suicide« einzuspielen und dann werden wir wieder auf Tour gehen. Es sieht ganz so aus als würde REALM jetzt ein Full-Time-Job werden.
Was denkt Ihr über diese Clonebands?
Es ist traurig zu sehen, daß wir fast schon die Neunziger erreicht haben und es immer noch Leute gibt, die es nötig haben, bei Bands aus den Siebzigern abzuschauen. Wir halten es für gut sich von solchen Bands beeinflussen zu lassen, aber wir wollen nicht so klingen. Wir richten unseren Blick da mehr auf die Zukunft. Wir wollten niemals so wie GUNS'N'ROSES klingen und sehen Gott sei Dank auch nicht so aus.
Das Finale gehört Euch!
Wenn wir bei Euch in der Nähe spielen, dann kommt und schaut es Euch an, denn wenn Ihr unsere Platte mögt, werdet Ihr uns live noch mehr lieben. Für die Zukunft wollen wir besser werden, um von unserer Musik unseren Lebensunterhalt bestreiten zu können, denn wir glauben wirklich an das, was wir tun.
Wenn wirklich alles so eintritt, wie es REALM gesagt haben, dürfte es recht gut in Zukunft für die Band aussehen. Ich wünsche ihnen auf jeden Fall viel Erfolg, den sie redlich verdienen. Zum Abschluß noch meinen Dank an meinen Interviewpartner Takis Kinis und sein geniales Lachen, der sich wirklich sehr Mühe gegeben hat. Ich hoffe, daß ich REALM auf der live erleben darf.