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Jon Lord & THE GEMINI ORCHESTRA

Saalbau, St. Wendel

29.09.2004

Zuerst ein paar Bemerkungen über den Ort des Geschehens und die Veranstaltung selbst, die von der HK AUDIO-Website stammen: "Jon Lord Rehearsals bei HK AUDIO: Jon Lord, Ex-DEEP PURPLE und langjähriger Freund von HK AUDIO stellt diesen September sein neues Album »Beyond The Notes« in Deutschland vor. Die Proben für die Tour wird Jon Lord mit seinem 25-köpfigen "Gemini Orchester" in der HK AUDIO-Demohalle am Firmensitz in St. Wendel abhalten. Tourstart ist dann am Mittwoch, 29.09.2004, im Saalbau St. Wendel."
Das Konzert im Saalbau (der nicht zu HK AUDIO gehört, sondern ein Veranstaltungsort in St. Wendel ist) war nicht nur die erste Show, sondern wurde außerdem für die Präsentation eines neuen Soundsystems von HK AUDIO genutzt. Das Konzert wurde auch nicht von einem Veranstalter deutschlandweit beworben, sondern eben von HK AUDIO in der Region bekanntgemacht. So bestand das Publikum aus drei etwa gleich großen Teilen (von jeweils 200 bis 300 Leuten): Gäste und Partner von HK AUDIO, Leute aus der Gegend, die gerade nichts besseres vor hatten, und ein paar Fans, die von dem Ganzen Wind bekommen hatten und sich trauten, ins Saarland zu reisen.

Bevor die zahlenden Gäste in den Konzertraum gelassen wurden, gab es eine kleine Vorstellung des Systems - das Beste daran war für mich, zu hören, wer für den Sound zuständig sein würde: Rob Hodgkinson (früher ebenfalls mal lange Jahre bei DEEP PURPLE beschäftigt). Die Türen gingen ziemlich bald danach auf, so daß alle etwa die gleichen Chancen auf die besten Plätze hatten (es gab keine Platzkarten). Die den Türen entgegengesetzte Seite des Raums war mit einem Vorhang verhängt. Kurz vor Beginn des Konzertes wurden auch die an der anderen Seite zugezogen, was ein wenig Gelächter hervorrief, aber sehr gut für die Soundqualität war, die wirklich sehr gut war! Die Vorhänge waren übrigens ausgerechnet lila. ;-)

Die Einführung (von Christian Stumpp von HK AUDIO) war recht nett: kurz aber nicht zu kurz, auf den Punkt kommend und klarstellend, daß Jon Lord in seinem Leben schon mehr gemacht hat, als Mitglied einer gewissen Rockband zu sein. Mit dem "Concerto" wurde er schließlich schon vor 35 Jahren zum "godfather of crossover" - offensichtlich der Titel, unter dem seine Solo-Aktivitäten ab sofort laufen sollen.

Jon Lord-Liveshot

Zuerst kamen die Trondheim Soloists auf die Bühne, empfangen von einem Riesenapplaus. Als Jon schließlich die Bühne betrat, war der Applaus ohrenbetäubend. Jon verbrachte die meiste Zeit am Flügel und benutzte das dort angebrachte Mikrofon. Aber bei etwa jeder zweiten Ansage ging er zur Mitte der Bühne und benutzte das dortige Gesangsmikro - was zur Folge hatte, daß Sam Brown es jedes Mal wieder neu in der Höhe einstellen mußte... ;-)

Schon das allererste Stück machte klar, daß eine Menge neuer Arrangements für ein größeres Orchester (bei der "Pictured Within"-Tour 1999 war nur ein Streichquartett dabei) und eine andere Band geschrieben worden waren. Jon nannte "Sarabande" immer "ein Album, das ich vor 30 Jahren aufgenommen habe" - offensichtlich hat er auch einige "Korrekturen" (wie er es auch für das "Concerto" im Jahr 1999 gemacht hatte) eingefügt. Die meisten Stücke schienen länger zu sein. Da Orchester und Band auf der Bühne ziemlich identisch (mit Ausnahme von Pete York/Bert Smaak am Schlagzeug) mit der Mannschaft waren, die das Album aufgenommen hat, sind die Arrangements für die Stücke von »Beyond The Notes« nicht so unterschiedlich im Vergleich zur Studioversion. Bei der Setlist des heutigen Abends kamen nacheinander folgende Nummern zum Zuge:

›Sarabande‹ (»Sarabande«, 1976): klang ziemlich "frisch" und wurde von Jon hinterher treffenderweise als das Titelstück vom Album "Sarabande" mit dem Namen "Sarabande" vorgestellt. Einige Musiker schienen am Anfang recht nervös zu sein. Aber nachdem alles gut gelaufen war, und es von Anfang an viel Applaus gab, legt sich die Nervosität. Einige Musiker hatten danach sogar manchmal gelächelt. ;-)

›I'll Send You A Postcard‹ (»Beyond The Notes«, 2004): Dieser Song war Tony Ashton gewidmet, "einem der besten Boogie-Spieler, die es jemals gab, aber das hier ist kein Boogie, sondern meine Gefühle für ihn". (Anmerkung: Tony Ashton verstarb 2001 und war ein enger Freund von Jon Lord. In den 70er Jahren haben die beiden einige Platten zusammen aufgenommen).

›Before I Forget‹ (»Before I Forget«, 1982): Fast die selben Witze über "als ich damals in den Ferien bei WHITESNAKE war" und "ich machte ein Album, um herauszufinden, wer ich war und das war eines der bestgehütetsten Geheimnisse des Musikgeschäftes" wie schon 1999. Die Titelzeile - zu mehr Text hat es der Song nicht gebracht - wurde von Sabine van Baaren (bekannt beispielsweise durch die VOCALEROS und neben Co-VOCALERO Mario Argandona die einzige, die auch bei »Pictured Within«-Album und -Tour dabei war) und Miller Anderson. Die beiden schienen eine kleine Diskussion zu haben, was sie nun eigentlich wann und wie genau singen sollten. Das Original wurde von der damals noch sehr jungen Sam und ihrer Mutter Vicki Brown gesungen. Da ich weiß, daß auch Vicki verstorben ist (1991), konnte ich nicht anders, als an die ganze Reihe von Leuten zu denken, die nicht mehr unter uns sind und doch irgendwie bei diesem Konzert dabei sind. Trotzdem wurde es niemals zu traurig - zum größten Teil war es sogar sehr spaßig!

›Wait A While‹ (»Pictured Within«, 1998): Der erste Song mit Gesang an diesem Abend: "Eine der besten Stimmen der letzten fünf [dramatische Pause] Millionen Jahre: Sam Brown!" Was soll ich sonst noch sagen? Aber ihr Kleid werde ich niemals mögen! Dennoch: Sams Bühnenpräsenz ist einfach umwerfend und der Song macht immer noch Gänsehaut.

Jon Lord-Liveshot

›Cologne Again‹ (»Beyond The Notes«, 2004): Jon versuchte tapfer, den Witz des Songtitels zu erklären ("Cologne again" wie in "Alone again" - um 3 Uhr nachts, als ich das Stück schrieb, schien das furchtbar witzig zu sein!"). Nicht gerade eines meiner Lieblingsstücke, also fällt mir dazu ansonsten wenig ein. ;-)

›Pavane‹ (»Sarabande«, 1976): Offensichtlich kam dieses Stück nur deshalb auf der Liste, weil Gitarrist Paul Shigihara deutlich mehr als einmal nach den Noten gefragt hat; es wurde noch nie live aufgeführt. Großartige Chance für Paul zu zeigen, was er drauf hat. Hier habe ich zum ersten Mal erkannt, wie einfach es Jon fällt, einfach mal zur Seite zu gehen und die ganze Aufmerksamkeit den jeweilige Soloisten zu überlassen. Hinterher bemerkte Jon: "Ihr müßt wissen, daß der Typ, der das ursprünglich eingespielt hat, kurz danach furchtbar berühmt wurde. Er gründete eine Band namens THE ARMY oder so ähnlich." Nur ein Teil des Publikums hat den Witz verstanden - und falls Du auch dazu gehörst: Es handelte sich dabei um Andy Summers, der zusammen mit einem singenden Bassisten mit Künstlernamen Sting THE POLICE gründete.

›Gigue‹ (»Sarabande«, 1976): Angesagt als letztem Song vor der "Pause" (in deutscher Aussprache). Ich hatte ja auf mehr Brocken Deutsch gehofft, wie Jon sie bei diversen Auftritten im deutschen Fernsehen schon zum Besten gegeben hat - aber es gab leider nur zwei Worte. ›Gigue‹ gab es in einer verlängerten Version mit einem fantastischen Rhythmus-Zweikampf im Mittelteil zwischen Bert am Schlagzeug und Mario an der Percussion. Der einzige Szenenapplaus, an den ich mich erinnern kann. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, das war der erste von zwei Songs, bei dem Jon auch ein wenig Hammond B3 gespielt hat. Von meinem Platz aus konnte ich das Ganze von schräg hinten beobachten. Mir war nie klar, wie ungemütlich es sein muß, die Pedale im Stehen zu bedienen...

Die Pause dauerte ungefähr 20 Minuten. Mehrfach war etwas zu hören wie "Ich glaube, die habe die Heizung hochgefahren, um mehr Getränke zu verkaufen". Dummerweise war vorher nicht angesagt worden, wie lange die Pause dauern sollte. Auch gab es kein Zeichen, daß das Konzert gleich wieder beginnt, sondern es wurden einfach die Türen geschlossen. Deshalb kamen viele Leute noch hinein, als der erste Song schon wieder lief, besonders lästig, da es ein sehr leiser Song war. Ich selbst war allerdings auch nur rein zufällig rechtzeitig auf meinem Platz!

Jon Lord-Liveshot

›Pictured Within‹ (»Pictured Within«, 1998): Ein Traum wurde wahr. Ich habe nun fünf Jahre gewartet, um diesen Song live (gesungen von Miller - bei einer Jon Lord-Show) zu hören. Ich bin nicht in der Lage, einen einigermaßen "objektiven" Kommentar zu leisten. Die meisten von uns haben doch einen speziellen Song, der das Leben verändert hat - und das ist meiner...

›A Smile When I Shook His Hand‹ (»Beyond The Notes«, 2004) inclusive ›Here Comes The Sun‹: Als Einleitung erzählte uns Jon, wie er mit George Harrison nicht lange vor dessen Tod einen Spaziergang unternommen hatte. Diese Version enthielt dessen wohl bekanntesten Song, gesungen von Sabine und Miller. Den Witz über verstorbene Weltklassemusiker, die im Himmel jede Menge Spaß und nur ein kleines Problem haben, werde ich jetzt nicht verraten... ;-) Er sei nur erwähnt, um deutlich zu machen, daß es sich absolut nicht um einen traurigen Abend handelte.

›Evening Song‹ (»Pictured Within«, 1998): Der zweite Song, der von Sam Brown gesungen wurde. Sie sagte ihn selbst an und Jon gab ihr Recht, daß er ihn nicht hätte besser ansagen können. Kein Zweifel, die beiden verstehen sich blendend - sie kennen sich ja nun auch schon mehr als 20 Jahre.

›Unsquare Dance‹ (von Dave Brubeck, 1961): Wer auf der "Pictured Within"-Tour war, wußte was kommen würde, als das komplette Orchester anfing, einen bestimmten Rhythmus zu klatschen. ;-) Jons Bemerkung über den Songtitel "kein Square Dance, also heißt er ›Un-Square Dance‹".

›November Calls‹ (»Beyond The Notes«, 2004): Miller trug mittlerweile keine Jacke mehr - wußte aber immer noch nicht, wohin mit seinen Händen. Alle unsere Fotos zeigen ihn, wie er seine Hände gefaltet hat... Fantastische Stimme - oder in Jons Worten: "Dieser Mann singt meine Songs, wie ich sie singe würde, wenn ich singen könnte." Millers Kommentar, daß Jon sehr wohl singen könne, wurde von diesem nicht bestätigt.

Jon Lord-Liveshot

›The Telemann Experiment‹ (»Beyond The Notes«, 2004): Die ZDF-Show "Sunday Night Classics", scheint Eindruck hinterlassen zu haben; jedenfalls sagte Jon, daß er nun hier versuchen würden, genauso viel Spaß mit dem Stück zu haben, wie sie es dort hatten. Das Stück sei eine Mischung aus: "Barock, Verrücktheit, schwedischer Volksmusik, [jeder Menge anderer Musikstile] und fish & chips." Jawoll, ist es - es ist klasse!

›De Profundis‹ (»Beyond The Notes«, 2004): Das Stück über den Fortgang von DEEP PURPLE. Jon benutzte das deutsche Wort "Tondichtung" für die Ansage. Es war keine leichte Entscheidung, aber nun sei er sehr glücklich darüber: "Deshalb bin ich nun nicht in der Äußeren Mongolei auf Tour!"

Danach verließen Jon und alle Band-Mitglieder die Bühne. Der Applaus brachte die Halle zum Beben. Es gab zwar keine "Zugabe"-Rufe, aber diese wurde klar verlangt.

›Music For Miriam‹ (»Beyond The Notes«, 2004): Jon kam zurück auf die Bühne und erklärte, daß er das Stück umgeschrieben habe und daß es nun von den Trondheim Soloists für uns gespielt würde. Tatsächlich verließ er die Bühne während des Stücks gleich wieder.

›Little Girl Lost‹ (ein unveröffentlichtes Sam Brown-Solostück): 1999 hatte Sam einen Solo-Song allein am Piano gespielt. In diesem Jahr gab es Sam solo mit einer Ukulele, die einmal George Harrison gehört hat. Es handelt sich dabei um einen sehr traurigen Song über eine Frau, die einen großen Verlust erleidet und verrückt wird...

›Bouree‹ (»Sarabande«, 1976): Das dritte Stück von "Sarabande", das auch auf der "Pictured Within"-Tour gespielt wurde (die allesamt sogar in der selben Reihenfolge kamen); wieder als letztes Stück. Ich habe den Eindruck, daß es auf jeder Tour "heavier" wird. Das Streichorchester ist eindeutig kraftvoller als es das Streichquartett war. Und die Band spielte auch recht "heavy".

Jon Lord-Liveshot

Der Schlußapplaus "rockte das Haus". Als Jon endlich herauskam, um uns zu sagen, daß es keine Zugabe geben würde, weil sie nicht mehr Titel einstudiert hätten, rief jemand nach DEEP PURPLE. Seine Reaktion: "Die Band gibt es noch, sie spielen noch. Geht dorthin, wenn ihr DEEP PURPLE-Songs hören wollt!"

Die Musiker des heutigen Abends waren wie schon am 9. September in Hell in Norwegen: Jon Lord (Flügel, Hammond B3), Sam Brown (Gesang), Miller Anderson (Gesang), Paul Shigihara (Gitarre), Urs Fuchs (Baß), Matthias Krauss (Keyboards), Mario Argandona (Percussion), Bert Smaak (Schlagzeug), Trondheim Soloists (16 Streicher mit unaussprechbaren Namen) plus Sabine van Baaren (Backing Vocals, ein bißchen Percussion) und eine junge Dame mit Flöte.


Catrin Thul

Photos: Andreas Thul

Jon Lord im Überblick:
Jon Lord – Beyond The Notes (Rundling-Review von 2005 aus Online Empire 22)
Jon Lord – Concerto For Group And Orchestra (Rundling-Review von 2012 aus Online Empire 52)
Jon Lord – Gemini Suite (Re-Release-Review von 2017 aus Online Empire 70)
Jon Lord – Online Empire 21-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2004)
Jon Lord – Online Empire 23-"Eye 2 I"-Artikel: »Beyond The Notes - Live« (aus dem Jahr 2005)
Jon Lord – Online Empire 41-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2009)
Jon Lord – News vom 03.07.2007
Jon Lord – News vom 22.11.2010
Jon Lord – News vom 23.05.2011
Playlist: Jon Lord-Album »Concerto For Group And Orchestra« in "Jahrescharts 2012" auf Platz 3 von Stefan Glas
Playlist: Jon Lord-Album »Pictured Within« in der Kategorie "aktuelle Faves" auf Platz 2 von Thomas Heyer
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