IRON MAIDEN (GB, London)
beim
"Rock am Ring"-Festival 2003
Nürburgring, "Centerstage"
06.06.2003
Es ist erstaunlich, wie flexibel der Nürburgring ist: Wo wenige Wochen zuvor Ferrari & Co. ihre Runden gezogen hatten, waren nun 75.000 Menschen anwesend, um sich Rockmusik einzuverleiben; die Boxen, in denen die Flitzer gestanden hatten, waren nun zu Durchgängen zur Hauptbühne oder als lauschiges Plätzchen für Freßbuden umfunktioniert worden; und dort wo die Trucks der Formel 1-Teams geparkt hatten, befand sich nun die Centerstage, für die sich am ersten "Rock am Ring"-Tag die altehrwürdigen Eisernen Jungfrauen als Headliner angekündigt hatten.
Und die huldigten seltsamerweise erst mal ihren Kollegen von UFO, indem man deren ›Doctor, Doctor‹ als Intro abspielte. Schon während dieses Auftakts konnte man Eddy im Überfluß begutachten, da das Bandmaskottchen sowohl vor den Verstärkern zu erspähen war und zusätzlich sein Konterfei sogar dreimal unter der Bühnendecke zu sehen war. Doch dabei gab man sich nicht mit einen normalen Eddy zufrieden, sondern er blickte uns in allen nur erdenklichen Mutationsstadien entgegen, die er während der bisherigen MAIDEN-Zeitalter auf den Plattencovern angenommen hatte.
Doch dann stürmten die Helden selbst die Bühne und boten eine unterhaltsame Show, bei der man sich hauptsächlich auf die Klassiker konzentrierte: ›The Trooper‹, ›Die With Your Boots On‹, ›Fear Of The Dark‹, ›22 Acacia Avenue ‹, ›Revelation‹ oder ›Hallowed Be Thy Name‹ waren nur einige der Highlights, die die IRONs abspulten. In Form von ›Wildest Dreams‹ stellte man gar einen Track vom kommenden Album »Dance Of Death« vor, der allerdings einen nur mäßigen Eindruck hinterließ.
Zunächst stand jedoch der Oldtimer ›Number Of The Beast‹ auf der Tagesordnung - die ideale Nummer, um zur Eröffnung die Muskulatur der Fans zu lockern. Untermalt wurde dies von drei überdimensionalen Leuchtziffern im Bühnenhintergrund, die den Gegenstand des Songs unmißverständlich in die Netzhaut aller Zuschauer stanzte: "666"! Als weiteres Gimmick kam bei ›The Clairvoyant‹ ein königlicher Eddy auf die Bühne gewackelt: Zusätzlich zu seinen gedruckten Kollegen rundum hielt der ständige Wegbegleiter von IRON MAIDEN nun dreidimensional Audienz - dem Anlaß entsprechend mit Perücke bekleidet und in eine scharlachrote Robe gehüllt; so wie man Eddy schon auf dem Cover der »Edward The Great«-Compilation bestaunen durfte. Bei ›Heaven Can Wait‹ durfte sich schließlich - wie das mittlerweile schon fast Tradition ist - eine Schar handverlesener Fans zu den Hauptdarstellern auf die Bretter gesellen.
Neben der aufwendigen Bühnenproduktion konnten die Briten mit einer äußerst effektiv eingesetzten Lichtshow glänzen, so daß dem perfekten Metal-Entertainment nichts im Wege stand. Einzig ein kleiner Wermutstropfen mußte geschluckt werden: So mußte Sänger Bruce Dickinson am Ring zu oft in "zweiter Reihe parken" und tanzte bei mehr als der Hälfte der Songs in der zweiten Bühnenetage auf den Amps herum. Doch leider kann selbst einer der charismatischsten Frontmänner, den der Metal in seinem reichen Fundus hat, seine vollständige Wirkung nur dann entfalten, wenn er permanent im "face-to-face-Clinch" mit dem Publikum steht. Doch aufgrund dieser "Fernsteuerung" kam leider nie das Feuer auf, das Bruce noch in der letzten Open Air-Saison bei seinen Soloshows versprüht hatte.
Nichtsdestotrotz war es beindruckend zu beobachten, daß vor der Bühne auf der Länge von drei oder vier Fußballfeldern Menschen dicht an dicht standen, um gebannt MAIDEN zu verfolgen. Zwar war der Prozentsatz der "echten" Metaller eher gering und viele beobachteten aus sicherer Entfernung interessiert das Schauspiel, so daß folgerichtig Action nur in den vorderen Bereichen aufkam. Dennoch war das "Rock am Ring"-Open Air ein würdiger Rahmen für eines der ersten Konzerte der vermutlich letzten IRON MAIDEN-World Tour.
Photos: Stefan Glas
|
||||||||
© 1989-2024 Underground Empire |