UNDERGROUND EMPIRE the ONLINE EMPIRE-Titel
  UE-Home → History → Heavy, oder was!? 58 → Rubriken-Übersicht → "Off The Board"-Artikel-Übersicht → EDGUY-"Off The Board"-Artikel last update: 27.03.2024, 15:23:21  

”Y-Files”-Datasheet

Contents:  EDGUY-"Off The Board"-Artikel

Date:  25.05.2001 (created), 26.07.2022 (revisited), 01.03.2024 (updated)

Origin:  HEAVY, ODER WAS!?

Status:  published

Task:  from paper to screen

Comment:

Beim HEAVY, ODER WAS!? hieß diese Kategorie "Behind The Curtain", die zudem mit dem Motto "Geheimer Studio Report [sic!]" untertitelt war. Allerdings wollte ich den Bereich für Studioreporte beim UNDERGROUND EMPIRE schon immer "Off The Board" nennen - obgleich mir bewußt war, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß es solche Stories jemals geben wird. Andererseits: Von kleineren Bands wurde ich desöfteren ins Studio eingeladen, um dort ihre Aufnahmen vorab anzuhören, wozu mir aber immer die Zeit fehlte oder die Entfernung zu groß war. Aber letzten Endes war unsere WARDANCE-Titelstory in UNDERGROUND EMPIRE 2 nicht anderes als ein Studioreport - und somit quasi unser erster "Off The Board"-Artikel.

 


 

Es war mein erster Studioreport und zugleich mein erster Flug, was natürlich den entsprechenden Teil in der Einleitung erklärt. Noch cooler war das Erlebnis meines ersten Helikopterfluges, der während des "Bang Your Head!!!"-Auftritts von URIAH HEEP stattfand - auch wenn ich das Fluggerät fast zum Absturz gebracht hätte. Aber das ist eine andere Geschichte...

 


 

Da bei den bereits im UNDERGROUND EMPIRE online veröffentlichten Artikeln bei der Portierung der HEAVY, ODER WAS!?-Seiten nur ein kleines Thumbnail der HOW-Story zu sehen ist, von dem aus man zu der bereits veröffentlichten, meist umfangreicheren Version gelangt, soll diese kleine Graphik im Falle einer noch nicht online zu findenden Story nun hier auftauchen:

EDGUY-Story

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

EDGUY

Da hatte es die Sonne bei uns gerade so geschafft und uns die ersten warmen Tage beschert, da verschlägt es mich nach Helsinki, wo es Mitte Mai immer noch affenkalt ist. Warum nur um alles in Welt? Was ist an Helsinki so besonders?

Daß die Thermik rund um die Stadt so hübsch ist, daß ein Flugzeug beim Landeanflug wie ein Schiff auf und ab schaukelt? Nein, das ist es nicht. Daß hier die Ampeln nie richtig grün sind, dafür aber permanent wie wild gelb blinken? Nein, das ist es auch nicht. Daß hier alle Geldautomaten Otto heißen? Nein, das ist es erst recht nicht! Daß es an Erotik fast nicht zu übertreffen ist, wenn eine hübsche Finnin mit dem entsprechenden Augenaufschlag das "r" rollt? Das könnte es zwar sehr wohl sein, aber war es in diesem speziellen Fall dennoch nicht...

EDGUY-Studiophoto

Was ist also der Grund, der mich freiwillig diese relative Annäherung an den Polarkreis wagen ließ? Natürlich! EDGUY. Neue Platte. "Finnvox". Die Formation aus Fulda weilt nämlich gerade in den heiligen Hallen des "Finnvox"-Studios, um ihr kommendes Album »Mandrake« zu mischen und zu mastern. Aber warum zur Hölle hat es die Band nach Helsiniki verschlagen, wo es auch vor der Haustür gute Studios gibt? "Im Grunde hat es damit begonnen, daß Timo Tolkki von STRATOVARIUS uns bei »Vain Glory Opera« unter die Arme gegriffen hatte und das Album im für ihn heimatnahen "Finnvox"-Studio gemischt hatte," erklärt EDGUY-Gitarrist Jens. "Anschließend wurde die Platte auch im "Finnvox" gemastert, und diese Vorgehensweise haben wir beibehalten. Daher haben wir auch »Mandrake« in einem kleinen Studio in der Nähe von Fulda aufgenommen und die Bänder anschließend hier her geschleppt."

Derweil sitzt das erlesene Grüppchen der geladenen Gäste im Aufenthaltsraum des "Finnvox": Die deutschen Abgesandten denken gemeinsam mit EDGUY-Sänger Tobias Sammet drüber nach, welchen neuen Song man wohl als Single auskoppeln könne. "Keinen!" - so lautet Tobis schelmischer Schluß - "sind alle zu lang..." Die finnischen Kollegen beobachten gleichzeitig mittels Glotze, wie die Eishockey-Nationalmannschaften ihrer Nachbarn Schweden und der Tschechei sich auf dem Eis duellieren. Die französische Delegation (die erfreulich weiblich ausgefallen ist...) läßt sich von den Musikern von MOONSPELL auf den neusten Stand bringen, da die Portugiesen just zu diesem Zeitpunkt im "Finnvox" ihr neues Album aufnehmen.

Doch dann sollte es endlich ernst werden: Von Tobi und Jens angeführt seilt sich die Schar der Neugierigen in die Katakomben des Studios ab, wo die Listening-Session alsbald ihren Lauf nehmen sollte. Nach einigen warmen Worten schiebt Master-Meister Mika Jussila die Regler hoch und ein kurzes mystisches Intro strömt auf uns zu, das den Weg für den Quasi-Titeltrack ›Tears Of A Mandrake‹ bereitet. Dieser Opener wird garantiert keinem EDGUY-Fan einen Grund geben, Tränen zu vergießen. Im Gegenteil: Mit satten Gitarren und großen Chören versehen entwickelt die Nummer sofort einen unnachahmlichen Ohrwurmcharakter. Nach dem Solo setzt man geschickt eine Kirchorgel für einen Zwischenpart ein, der die Nummer noch mehr faszinierender macht, so daß ich selbst nach nur einmaligem Hören die These aufstellen möchte, daß wir es hier mit dem bislang besten EDGUY-Songs zu tun haben.

Mit ›Fallen Angels‹ folgt ein härteres und schnelleres Stück, das sehr gitarrenbetont ist. Doch beim Refrain blüht der Song zu seiner ganzen Größe auf. Der Nachfolger ›All The Clowns‹ glänzt mit einem geilen Riff, das den Track nach vorne peitscht bis beim hymnenhaften Refrain der Gipfel der Nummer erklommen ist. Als Kontrapunkt zu der kraftvollen Doublebass-Arbeit lädt ein kurzer Zwischenpart zum Verschnaufen ein.

Tobias Exxels Baß stößt die Tore zum nächsten Lied ›Jerusalem‹ auf. Unser Trip durch die Stadt entwickelt sich äußerst abwechslungsreich: Im Midtempo beginnend und schön stampfend vorschreitend steigern wir uns bis zu einer flotten Pace. Im Mittelpart erwartet uns eine Einlage mit Dudelsack, die vom Gitarrensolo abgelöst wird. Fraglos die richtige Musik für den erschöpften Kreuzfahrer, der sich am Abend in seinem Zelt von den Strapazen des langes Tagesmarsches erholen möchte.

Nach dieser Reise folgt eine gute Gelegenheit zum ausruhen: Mit Streichern und Chören im Hintergrund ist ›Wash Away The Poison‹ eine Ballade, die nie schmalzig oder aufdringlich klingt. Trotzdem (oder gerade darum?) führt sie mich Versuchung, mit der Französin neben mir zu kuscheln... Verdammt! Warum habe ich mich nur zurückgehalten? Auf jeden Fall reißt mich Tobi nach dem herrlichen harmonischen Gitarrensolo aus diesen Überlegungen, indem er beweist, daß er den Refrain auch noch eine Oktave höher durch seine Stimmbänder drücken kann. Die Nummer wird vor allem diejenigen begeistern, denen ›The Scarlet Rose‹ zu schwülstig war. Ein Klavierfinale macht uns allen klar, was jetzt folgen würde: ›Golden Dawn‹ geht riffig und schnell zur Sache und schenkt uns einen Pre-Chorus, den man live mit Sicherheit voller Hingabe in Richtung Bühne plärren kann. Nach dem hübsch getappten Solo sorgt ein getragener Instrumentalpart dafür, daß die Dynamik in der güldenen Morgendämmerung nicht flötengeht.

Auf zum nächsten Auslandstrip: Ab nach Ägypten! Da steppt die Mumie und ›The Pharao‹ macht einen Hofknicks. Eine schwere Gitarre leitet das Zehnminutenstück ein, das randvoll mit verschiedenen Parts gepackt ist: So folgt schon nach dem ersten Refrain ein Gitarrensolo während nach dem zweiten Chorus der erste von zwei Akustikparts folgt. Tut-Ench-Tobi erinnert hier stellenweise ein wenig an Bruce Dickinson, was aber auch an der naheliegenden Assoziation mit MAIDENs ›Powerslave‹ liegen kann. Der EDGUY-Spaßvogel nimmt uns derweil die Bewertung des eben gehörten Stück ab, indem er die gebannte Stille mit einem jubelnden "What a great song - amazing!" durchbricht.

›Painting On The Wall‹ ist hingegen ein schlichter Stampfer, der aufgrund seines keyboardunterlegten Refrains zu einer Livehymne werden könnte. Allmählich wird es Zeit, sich auf den Abgang vorzubereiten: Eine Cleangitarre nebst Akustikpart eröffnet ›Nailed To The Wheel‹ bevor dann erwartungsgemäß das Feuer eröffnet wird. Als echter Uptempo-Banger mit rhythmusbetontem Mitshout-Chorus ist ›Nailed To The Wheel‹ eines der härtesten, wenn nicht gar das härteste EDGUY-Piece.

Nun übernimmt Tobi erneut die Regie und erläutert, daß der nächste Song dem "seltsamsten Drummer der Welt" gewidmet sei - dessen Identität er jedoch auf keinen Fall preisgeben möchte... Derzeit ist noch nicht entschieden, ob die Mär vom "Atomic Hyperspeed Bunny From Space" auf der Platte landen wird oder nur als Bonustrack für Fernost fungieren wird. Es wäre jedoch sehr zu begrüßen, wenn ›Save Us Now‹ - so nämlich der Titel des Stücks - jedermann zugänglich gemacht würde: Als vehementer Flitzer mit HELLOWEEN-angehauchtem Gesang und mit den eingestreuten Drum-Kapriolen sorgt die Nummer nämlich echt für Laune.

Zum Abschluß gibt es einen "echten" Bonustrack zu hören, der nur in Frankreich erscheinen wird: EDGUY haben die Titelmelodie der Louis de Funes-"Gendarm von St. Tropez"-Filme zu einem Lachmuskel-Trainingcamp umfunktioniert. Purer Kult! Es wird uns also zwangsläufig nichts anderes übrigbleiben, als zu gegebener Zeit den Froschimport an Land zu saugen.

Während sich die Listening Copy aus dem Player herauszappt, weicht das allgegenwärtige Grinsen auf den Gesichter langsam aber sicher einem anerkennenden Gesichtsausdruck: Wie unschwer zu beobachten, haben EDGUY mit »Mandrake« ein Album fertiggestellt, das härter und zugleich variabler als der Vorgänger »Theater Of Salvation« ausgefallen ist und darüber hinaus mit ›Tears Of A Mandrake‹ einen absoluten Überflieger zu bieten hat. Es steht außer Frage, daß die chaotisch-sympathische Truppe an ihrer Erfolgsstory weiterschreiben kann, wenn »Mandrake« nach dem sogenannten Sommerloch auf den Markt kommen wird.

Nun sollte für Jens und Tobi die Arbeit erst richtig losgehen: Photosession jagte Photosession, und Interview folgte auf Interview. Doch gegen Abend hatte jeder sein Fett weg, und die Letzten der Mohikaner (in diesem Fall ausnahmslos deutscher Abstammung) wurden nach getaner Arbeit von Mika Jussila in seinen Van gepfercht und wieder gen Innenstadt verfrachtet.


Stefan Glas

Photos: Stefan Glas

EDGUY im Überblick:
EDGUY – Burning Down The Opera (Rundling-Review von 2003 aus Online Empire 15)
EDGUY – Kingdom Of Madness (Rundling-Review von 1997 aus Feedback 34)
EDGUY – Space Police - Defenders Of The Crown (Rundling-Review von 2014 aus Online Empire 58)
EDGUY – Tinnitus Sanctus (Rundling-Review von 2008 aus Online Empire 37)
EDGUY – Heavy, oder was!? 58-"Off The Board"-Artikel (aus dem Jahr 2001)
EDGUY – Heavy, oder was!? 61-"Tourtagebuch"-Artikel (aus dem Jahr 2002)
EDGUY – Heavy 100-Interview (aus dem Jahr 2007)
EDGUY – Heavy 101-Interview (aus dem Jahr 2007)
EDGUY – Online Empire 10-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2002)
EDGUY – Online Empire 12-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2002)
EDGUY – Online Empire 28-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
EDGUY – Online Empire 28-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
EDGUY – Online Empire 32-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2007)
EDGUY – Online Empire 52-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2012)
EDGUY – Online Empire 52-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2012)
EDGUY – News vom 07.06.2008
EDGUY – News vom 25.07.2011
EDGUY – News vom 25.08.2011
Soundcheck: EDGUY-Album »Age Of The Joker« im "Soundcheck Heavy 136" auf Platz 3
Soundcheck: EDGUY-Album »Mandrake« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 59" auf Platz 2
Soundcheck: EDGUY-Album »Rocket Ride« im "Soundcheck Heavy 88" auf Platz 2
Soundcheck: EDGUY-Album »Tinnitus Sanctus« im "Soundcheck Heavy 116" auf Platz 2
Playlist: EDGUY-Album »Mandrake« in "Jahrescharts 2001" auf Platz 3 von Stefan Glas
Playlist: EDGUY-Album »Vain Glory Opera« in "Jahrescharts 1998" auf Platz 7 von Stefan Glas
Playlist: EDGUY-Liveshow Straßburg, La Laiterie 12.12.2001 in "Jahrescharts 2001" auf Platz 5 von Stefan Glas
Playlist: EDGUY-Song »Tears Of A Mandrake« in "Playlist Heavy, oder was!? 58" auf Platz 1 von Stefan Glas
© 1989-2024 Underground Empire


Stop This War! Support The Victims.
Button: here