UNDERGROUND EMPIRE the ONLINE EMPIRE-Titel
  UE-Home → History → Online Empire 17 → Interview-Übersicht → TOMORROW'S EVE-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

TOMORROW'S EVE-Logo

TOMORROW'S EVE-Headline

Vor etwa fünf Jahren wurde TOMORROW'S EVE aus verschiedenen lokalen Bands zusammengewürfelt und können schon auf zwei CDs verweisen, wobei der Neuling »Mirror Of Creation« sowohl mit ausgefeiltem Konzept wie auch Musik glänzen kann. Über die Jahre haben sich Gitarrist Rainer Grund und Tastenmann Oliver Schwickert als das Rückgrat der Band herauskristallisiert, während der Rest der Besetzung sich permanent geändert hat. Allerdings hat man mittlerweile in Rouven M. Bitz einen festen Sänger gefunden. Es gab also genug Gesprächsstoff als Rainer Grund eines brüllend-heißen Montagabends durch­klingel­te.

Die Vorläuferbands von TOMORROW'S EVE waren kaum progressiv ausgerichtet. Warum habt Ihr Euch auf diesen Stil spezialisiert.

Ich spielte vor vielen Jahren bei CAT SCRATCH FEVER und habe danach etliche Prog-Projekte gehabt, so daß ich eine Band suchte, die anspruchsvollere Musik macht. Irgendwann stieß ich zu der Band SCAMP, die der Vorläufer von TOMORROW'S EVE waren und zu diesem Zeitpunkt eine Menge DREAM THEATER-Coverversionen im Programm hatten. Da uns progressive Musik Spaß gemacht hat und der Stil von Anfang an für uns funktioniert hat, sind wir dabei geblieben. Es fällt uns eigentlich leichter, lange Songs anstelle von 3-Minuten-Nummern zu schreiben. Diese Zeit reicht uns nie, um alle Ideen auszuleben. Wir unterliegen also keinen Zwängen, so daß wir uns bei unserem Stil äußerst wohlfühlen.

Folglich ist das Traumtheater der wichtigste Einfluß für Euch?

Ich persönlich mag auch FATES WARNING, WATCHTOWER oder VICIOUS RUMORS sehr. Andererseits gefallen mit auch modernere Gruppen wie PANTERA oder KORN; also solche, bei denen ein echtes Gitarrenbrett aufgefahren wird. Bei Oliver kommen noch Bands wie PORCUPINE TREE oder SIEGES EVEN dazu.

Die Besetzung von »Mirror Of Creation« ist schon wieder Vergangenheit. Seid Ihr so unerträgliche Menschen, daß es niemand lange mit Euch aushält?

Rolf Gottlieb, der auf unserem Erstling »The Unexpected World« Schlagzeug gespielt hatte, lebt von der Musik; er spielt mittlerweile bei TELL YOUR MOTHER, gibt zusätzlich Unterricht und hält Drum-Clinics ab. Eine Band wie TOMORROW'S EVE gab ihm natürlich nicht genügend Möglichkeiten, um seinen Lebensunterhaltes zu verdienen. Sascha Hilles, der damalige Basser, mußte eine Umschulung machen, so daß ihm die Zeit ausgegangen ist. Unser Ex-Sänger Peter Wiebel sah, laut seiner eigenen Aussage, in der Band keine Zukunft mehr.
Die Rhythmusgruppe, René Müller (b) und Oliver Jungmann (d), die »Mirror Of Creation« eingespielt hatten, konnten ihr Studium und die Band nicht mehr unter einen Hut kriegen. Glücklicherweise ist Rouven, der ebenfalls bei WARCHILD singt, fest bei uns geblieben und er kniet sich voll für die Band rein. Mittlerweile haben wir im ehemaligen THE EXPERIENCE-Trommler Thomas Diener wieder einen Drummer gefunden, der zunächst nur sessionmäßig bei uns einspringen wollte; allerdings wachsen wir momentan sehr gut zusammen, so daß wir hoffen, daß er fest bei uns bleiben wird. Beim Basser wollen wir ähnlich vorgehen und zunächst mit Aushilfsmusikern arbeiten, in der Hoffnung, daß sich ein Kandidat als fester Bassist empfiehlt. Wir können es uns nicht mehr leisten, daß wir die Band noch ein paarmal umbauen müssen.

TOMORROW'S EVE-Bandphoto 1

Jede Band weiß, wie schwer es ist, einen guten Sänger zu finden. Ihr habt in Rouven nun schon den zweiten gefunden.

Wir wußten, daß Peter über kurz oder lang die Flinte ins Korn werfen würde, so daß wir uns schon frühzeitig Gedanken machten, wer als Nachfolger in Frage käme. Im November 2002 standen wir dann ohne Sänger da, hatten aber schon Termine für Januar 2003 ausgemacht. Also brauchten wir einen Sänger, der so ungebunden und fit war, um sich binnen weniger Wochen das komplette Programm anzueignen. So kamen wir auf Rouven, der schon für die erste Platte bei uns vorgesungen hatte. Wir riefen ihn an und er sagte sofort zu.

Gab es für ihn schon irgendwelche Konflikte durch die Doppelbelastung bei WARCHILD und TOMORROW'S EVE? Sei es in terminlicher Hinsicht oder auch aufgrund der Tatsache, daß WARCHILD eher traditionellen Heavy Metal spielen, er bei Euch aber in anderer Weise gefordert wird.

Wir haben mit WARCHILD die Vereinbarung, daß die Band, die einen Termin als erstes anmeldet, auch den Zuschlag erhält.
Die unterschiedlichen Gesangsanforderungen kriegt Rouven sehr gut in Griff, weil er nebenbei auch Theater spielt. Daher ist er offen für verschiedene Stilrichtungen und hat stets das richtige Gespür für die Bedürfnisse des betreffenden Songs. Es war phantastisch mitanzusehen, wie er sich so schnell in die Texte und die Melodien eingearbeitet hat und sie auf seine Art umgesetzt hat, so daß es hundertprozentig gepaßt hat. Es hat zwischen uns so schnell so gut funktioniert, daß ich mir nur schwer vorstellen könnte, ohne ihn Songs zu komponieren.

Folglich wird die nächste Platte ein wenig anders klingen, da Rouven sich dann intensiver einbringen kann.

Es war schon immer unser Wunsch, daß jede Platte ein wenig anders klingt, wir aber unsere traditionellen Erkennungsmerkmalen beibehalten. Deswegen ist es sehr begrüßenswert, daß Rouven dank seiner Vielfältigkeit neue Einflüsse einbringen. Ich denke, daß die nächste Platte vom Gesang her vielschichtiger ausfallen wird. Die bislang komponierten Songs stellen einen großen Fortschritt dar. Auf jeden Fall sind wir fürs Frühjahr 2004 wieder bei unserem Haus- und Hofproduzenten Markus Teske im BAZEMENT-Studio angemeldet.

Wie kommt es, daß Ihr Eure Songs so schnell komponieren könnt, obgleich sie sehr komplex sind und daher eigentlich sehr arbeitsintensiv sein müßten?

Der Großteil der Kompositionen stammen von Oliver und mir. Wir haben uns über die Jahren natürlich gut aufeinander eingearbeitet. Wir treffen uns zudem außerhalb der regulären Proben zu Hause, um neue Songs vorzubereiten. Bei den Proben spielen wir meist nur ein oder zwei Songs von den Platten, um warmzuwerden und dann konzentrieren wir uns auf die neuen Stücke. Wenn allerdings Gigs anstehen, spielen wir in den Wochen zuvor jeden Tag das komplette Liveprogramm durch. Diese Arbeitsweise hat sich für uns bewährt.

Ich mußte etwas überrascht feststellen, daß meine Version von »The Unexpected World« ein anderes Cover hat als die Version, die man auf Eurer Homepage sehen kann.

Das läßt sich dadurch erklären, daß wir »The Unexpected World« zunächst als Eigenpressung veröffentlicht hatten und uns mit dieser Version auch bei der Presse und den Labels vorgestellt hatten. Unsere damalige Plattenfirma B-MIND mochte unseren Coverentwurf nicht im geringsten, so daß sie das neue Design anleierten.

Auf Eurer Homepage hattet Ihr »Mirror Of Creation« erstmals schon für Mitte 2002 angekündigt. Wodurch kam die Verzögerung von fast einem Jahr zustande?

Unsere Plattenfirma B-MIND machte Ende 2002 ihre Pforten dicht, so daß wir uns nach einem neuen Label umsehen mußten. Daher beschlossen wir, die Produktion ein wenig aufzuschieben, um noch mehr daran feilen zu können. So nutzten wir beispielsweise die Chance und haben »Mirror Of Creation« mehrmals gemastert, bis uns das Resultat hundertprozentig zusagte. Wir konnten zwar in Form von SOURCE OF DELUGE RECORDS recht schnell eine neue Firma finden, aber die geplante Mehrzeit gestanden wir uns einfach zu. Außerdem war der Sängerwechsel ein Grund dafür, daß unsere neue Platte ein wenig auf sich warten ließ.

Hinter »Mirror Of Creation« steckt ein aufwendiges Konzept, das Du uns bitte ein wenig erläutern könntest.

Grob gesprochen geht es um Genmanipulation am Menschen. Dabei will der Schöpfer Menschen erschaffen, die genau seinen Vorstellungen und seinen Anforderung entsprechen. Konkret könnte das heißen, daß jemand beispielsweise den perfekten Soldaten kreieren will. In unserer Geschichte geht es um einen solchen Jungen, der genetisch verändert im Reagenzglas gezüchtet wurde. Er wächst völlig abgeschieden von der Außenwelt in einer Anstalt auf. Irgendwann beginnt er, Fragen zu stellen: So stellt er beispielsweise fest, daß sich die Gleichaltrigen in dieser Anstalt anders entwickeln als er oder aber er möchte wissen, was jenseits der vier Mauern ist, hinter denen er festgehalten wird. Auf der CD wird seine Entwicklung von Geburt bis zum zwanzigsten Lebensjahr beschrieben.

Weshalb habt Ihr Euch auf dieses Thema gestürzt?

Zum einen sind Oliver und ich komplette Science Fiction-Freaks und wollen eigentlich keine Alltagsprobleme in unseren Texten behandeln. Wir wollen unseren Hörern einen Film in Musikform bieten. Ich hatte früher schon probiert, das Thema in einem Text abzuhandeln, der allerdings im Handumdrehen auf vier Seiten anwuchs. Es war also unmöglich, diesen Text in nur einem Song unterzubringen. Daher entschieden wir uns, diesen Text zum Konzept für die komplette Platte auszuweiten. Wir entwickelten erst ein Storyboard und haben die Geschichte bis ins Detail ausgearbeitet.

Das Thema hat allerdings sehr wohl mit unserem Alltag zu tun. Das Thema "Genmanipulation" ist leider aktueller denn je!

Die Realität hat uns leider eingeholt. Als wir 2001 begannen, das Konzept zu stricken, schien alles noch in weiter Ferne zu sein. Doch etwa parallel zur Veröffentlichung von »Mirror Of Creation« machte die Nachricht die Runde, daß das erste genmanipulierte Baby geboren worden sei.

Die Texte an sich schreibt allerdings Stefanie Lenz!

Sie ist die Freundin von Oliver und sie hat von Anfang an, unsere Texte geschrieben. Die Texte, die wir früher geschrieben hatten, waren immer eine echte Katastrophe. Stefanie ist im Englischen sehr fit und spricht aus beruflichen Gründen mehrere Sprachen fließend. Da war es naheliegend, daß sie unsere Stories zu singbaren Texten umgeformt hat.

TOMORROW'S EVE-Bandphoto 2

Auf dem Cover von »Mirror Of Creation« sieht man ein Auge. Mußtet Ihr Euch deswegen noch keine Beschwerden anhören? Schließlich hatten Eure Nachbarn von SUPERIOR auf ihrem aktuellen Album »Ultima Ratio« auch ein - wenn auch digital verfremdetes - Auge als Covermotiv.

Bislang noch nicht. Allerdings hat mich Leif Jensen, der Sänger von DEW-SCENTED, angesprochen, daß wir das gleiche Cover hätten wie sie bei ihrer »Inwards«-Platte. Wir haben uns allerdings keineswegs bei irgendwelchen Kollegen ungesehen, sondern wollten einfach ein Motiv, das paßt und wirkt. Es soll das Auge unseres Hauptdarstellers sein, in dem man Leiterbahnen erkennt, was darauf hindeuten soll, daß er nicht nur gentechnisch verändert wurde, sondern daß auch mit Bionik gearbeitet wurde. Wir fanden das Cover stimmig und zudem sticht das grüne Auge sehr gut hervor, so daß es einen hohen Wiedererkennungswert hat.

In Eurer Musikrichtung ist sicherlich QUEENSRYCHEs »Operation: Mindcrime« in Sachen Konzeptalben das Referenzwerk schlechthin. Wurdet Ihr davon beeinflußt?

Ich finde DREAM THEATERs »Metropolis Part 2 (Scenes From A Memory)« ebenso gigantisch. Es versteht sich von selbst, daß man, wenn man ein Konzeptalbum macht, mit solchen Highlights verglichen wird. Natürlich können wir einen gewissen Einfluß nicht abstreiten, aber wir wollten sicherlich diese Vorlagen nicht kopieren! Es war uns bewußt, daß wir eventuell Prügel beziehen würden, weil derzeit viele Konzeptalben auf den Markt kommen. Aber wir wollten unbedingt eine Konzeptstory, in der wir uns richtig austoben konnten.

Steckt hinter dem Bandnamen TOMORROW'S EVE eine bestimmte Bedeutung?

Wie schon erwähnt, hieß die Band früher mal SCAMP. Doch als sich viele Umbesetzungen ereignet hatten, wollten wir einen neuen Namen suchen. Also haben wir Vorschläge gesammelt und einer lautete "TOMORROW'S EVE". Wir waren äußerst davon angetan, daß jeder von uns eine andere Interpretation für den Namen fand. Seither heißen wir TOMORROW'S EVE und überlassen es bis zum heutigen Tag jedem, für den Namen seine eigene Übersetzung zu suchen.

Eure CD präsentiert sich sehr ausgetüftelt: Ihr arbeitet mit vielen Effekten und habt oft Überleitungen zwischen den Songs. Könnt Ihr das alles auch live umsetzen?

Da möchte ich niemand etwas vormachen: Alles was nicht mit zwei Händen zu bewältigen ist, kommt live gezwungenermaßen vom Band. Es war uns schon bei der Produktion der Platte bewußt, daß einige Parts davon in unserem Stadium live nicht zu reproduzieren wären. Doch es war uns wichtig, ein möglichst ausgefeiltes Album abzuliefern, selbst wenn wir dann gezwungen sind, bei den Konzerten auf die Möglichkeiten der Technik zurückzugreifen. Wir würden gerne auch mit Videoeinspielungen arbeiten, was derzeit aber noch nicht finanzierbar ist. Wir sehen es als wichtig an, live etwas für Auge und Ohr zu bieten. Deshalb legen wir bei unseren Konzerten meistens drauf, weil wir für Licht und Sound mehr als nur den Standard bieten wollen. Da die Veranstalter in Deutschland an allen Ecken und Enden sparen, sieht es derzeit für uns auf dem Livesektor in Holland oder Belgien besser aus.

Ihr wart auf der letzten Kurztour von Paul Di'Anno und CHINCHILLA dabei. Habt Ihr musikalisch zu den anderen Bands gepaßt?

In Deutschland hat es kaum funktioniert, aber in Benelux wurden wir genauso wie die anderen beiden Bands akzeptiert und bejubelt. Als wir jedoch mit RAGE und GB ARTS in Frankfurt gespielt hatten, klappte es besser für uns, wo wir ebenfalls sehr gute Resonanzen erhielten. Allerdings muß man sich als deutsche Prog-Band damit abfinden, daß man es in Deutschland wesentlich schwerer hat als im Ausland.

http://www.tomorrows-eve.de/

tomorrows-eve@tomorrows-eve.de

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

TOMORROW'S EVE im Überblick:
TOMORROW'S EVE – Mirror Of Creation (Rundling-Review von 2003 aus Online Empire 16)
TOMORROW'S EVE – Mirror Of Creation 2 - Genesis II (Rundling-Review von 2008 aus Online Empire 37)
TOMORROW'S EVE – The Tower (Rundling-Review von 2007 aus Online Empire 32)
TOMORROW'S EVE – The Tower (Rundling-Review von 2008 aus Y-Files)
TOMORROW'S EVE – Heavy, oder was!? 71-Interview (aus dem Jahr 2003)
TOMORROW'S EVE – Online Empire 17-Interview (aus dem Jahr 2003)
TOMORROW'S EVE – News vom 22.10.2015
TOMORROW'S EVE – News vom 22.12.2015
Soundcheck: TOMORROW'S EVE-Album »Mirror Of Creation« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 70" auf Platz 27
© 1989-2024 Underground Empire


Stop This War! Support The Victims.
Button: here