UNDERGROUND EMPIRE the ONLINE EMPIRE-Titel
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”Y-Files”-Datasheet

Contents:  SPASTIC INK-Interview

Date:  14.01.1996 (created), 11.06.2022 (revisited), 11.06.2022 (updated)

Origin:  post-UNDERGROUND EMPIRE 7

Status:  unreleased

Reason:  medium missing

Task:  revitalize

Comment:

Mittlerweile ist UNDERGROUND EMPIRE 7 komplett online, so daß wir uns nun den Beiträgen zuwenden, die bereits für die Nachfolgeausgabe entstanden waren. Da diese nie erscheinen sollte, blieben diese Texte bislang unveröffentlicht; lediglich einige wurden für die frühen Online-Ausgaben verwendet. Daß aber wir auch nach UNDERGROUND EMPIRE 7 fleißig waren, zeigen diese Artikel, die nun auf diesem Weg veröffentlicht werden; darunter befinden sich allerdings auch einige Fragmente, die in ihrem unvollständigen Zustand wiederbelebt werden, um einen möglichst genauen Eindruck davon zu vermitteln, wie UNDERGROUND EMPIRE 8 hätte aussehen sollen.

 


 

Es war ein ausgiebiges Interview, das Holger mit Ron Jarzombek geführt hat, was natürlich zum guten Ton gehörte, denn schließlich waren WATCHTOWER schon seit der ersten Ausgabe bei uns.

Ob Holger das in der Einleitung erwähnte Review zur RETARTED ELF-Platte jemals verfaßt hatte, weiß ich nicht. Auf alle Fälle habe ich nun immerhin die Übersichtbox der Band verlinkt.

 

P.S.: Das Bandphoto wirkt in der heutigen Situation wie ein böser Scherz...

Supervisor:  i.V. Stefan Glas

 
 

SPASTIC INK-Logo

Dieser Bandname paßt ja wohl wie die berühmte Faust auf's Auge! "Von Krämpfen geschüttelte Tinte" - oder so ähnlich - könnte die Übersetzung lauten. Auch wenn ich im Zeitalter des konjunktivisch herbeizitierten Geflügels, des Komm!-Puters, gänzlich ohne besagte Flüssigkeit auskomme, fühle ich mich doch durchaus repräsentiert durch diese herrliche Umschreibung. Aber das nur am Rande. Wesentlich interessanter ist natürlich das musikalische Schaffen dieses in Texas beheimateten Dreiers. Texas??? Ja, ganz richtig gelesen! Aus dem Staat, der uns vor noch gar nicht allzu langer Zeit mit grandiosen Bands beglückte, die leider nahezu alle das Schicksal der Erfolglosigkeit zu teilen hatten. Eine Auflistung der Truppen will ich uns hier wirklich ersparen, da sonst wieder irgendwelche Urwälder der Verarbeitung zu Einwegtaschentüchern zum Opfer fallen würden. Eines der Flagschiffe nicht nur dieser Szene, sondern einer kompletten Bewegung komplexer werdender Musik waren sicher WATCHTOWER. Müßig, über ihr Schaffenswerk zu sinnieren, deren einzige Zeugen die Klassiker »Energetic Disassembly« und »Control & Resistance« heißen. Ohne sich jemals wirklich aufgelöst zu haben, wiegten sie eine nicht unerhebliche Schar anbetender Verrückter in der Hoffnung auf ein weiteres Zeichen. Und dies seit etwa sechs Jahren! Immer noch ist das Interesse - gemessen an dem Zeitraum des Nichtveröffentlichens - sehr groß, aber nichts geschieht. Außer eines Exkurses des Herrn Keysers bei den verkrüppelten Elfen, mit denen er jetzt ja sogar ein Album veröffentlicht hat (Japan only, siehe Reviews - Holger). Was dem einen sein Krüppel, ist dem andern sein Spastiker (ooops, das war jetzt hart, sorry - Holger). Das dachte sich wohl der andere Saitenakrobat - und jetzt sitzt er in der Tinte. Ron Jarzombek, der ja bereits vom Wachturm aus mit solistischen Verwirrtheiten erfreuen konnte, packte sich sein Brüderchen Bobby, sowie den erfahrenen Pete Perez, der uns schon bei RIOT positiv aufgefallen sein dürfte, und frizzelt fröhlich drauflos. Mein erster Höreindruck des offiziellen 5-Zylinder-Tracker war umwerfend. Hier zündet jede Idee sofort, wird jedes Break sofort packend in die Struktur eingebaut. Schlicht und einfach gesagt: Es rockt! Aber irgendetwas war da anders. Da mich das Tape wirklich überall hin verfolgte, stellte ich nach einiger Zeit fest, was denn da so gar nicht ins Rockklischee passen wollte. SPASTIC INK kommen nämlich komplett ohne Sänger aus ... und keiner hat's gemerkt! Nein, jetzt mal ernsthaft, die Nummern sind tatsächlich so fesselnd, daß man eine Stimme gar nicht vermißt. Gut, gut, es bedarf schon einiger Spins, um überhaupt mit dem Material, das im übrigen extrem spaßig verpackt ist, warmzuwerden. Aber eigentlich ist man bereits beim ersten Turn dermaßen schockiert über das, was man da geboten bekommt, daß man sowieso automatisch immer wieder 'reinhören muß. Ich stehe sonst instrumentalen Geschichten auch eher sehr skeptisch gegenüber, aber SPASTIK INK sind keine Instrumentalband, die keinen Sänger gefunden hat, sondern arbeiten nach einem von Beginn an so ausgelegten Prinzip, das eine Vocalline völlig überflüssig macht. Die Songs erzählen auch so kleine Anekdoten. Und Langeweile kommt bei diesen Musikern natürlich erst gar nicht auf. Ganz klar, daß ich bei so einem Überflieger mit dem Initiator in Kontakt treten mußte. Hatte ich Mister Jarzombek aus WATCHTOWER-Tagen eher als zurückhaltend in Erinnerung, so spiegelt sein erstes Fax genau den Humor wieder, den ich auch schon in seinen Kompositionen so schätze. Trotz aller vermeintlicher Kopflastigkeit, die ja auch schon WATCHTOWER vorgeworfen wurde (Ignoranten, womit denkt Ihr denn??? - Holger), bleibt der Spaß nicht auf der Strecke, sondern wird zu einem recht wichtigen Bestandteil der Musik. Aber enough of my silly talking, let's jump from the Tower and into the Inkpot...

SPASTIC INK-Headline

Ron, entschuldige, daß ich jetzt erstmal nicht über SPASTIK INK rede, aber es gibt da so etwas wie die Mutter aller Fragen, die ich jetzt erstmal loswerden muß: Haben sich WATCHTOWER aufgelöst, oder sind sie momentan nur auf Eis gelegt?

Laß' es mich so sagen, es ist ein ganzes Jahr her, seit ich das letzte Mal in Austin war (Ron wohnt in San Antonio - Holger). Wir haben niemals offiziell die Band aufgelöst, aber irgendwie haben wir alle die Motivation verloren weiterzumachen. Wahrscheinlich ist es sogar indirekt meine Schuld. Als wir 1990 von der Europatour kamen - damn, that was a long time ago - begannen die Probleme mit meiner linken Hand. Äh, falsch, eigentlich fing es schon während der Aufnahmen zu »Control & Resistance«. (Wie hätte es denn bitte mit gesunden Fingern klingen sollen??? - Holger). Wir begannen, neues Material zu schreiben und hatten bald einige coole Songs fertig, und ein tolles Konzept für das dritte Album stand ebenfalls. Alan (Tecchio, jetzt wieder mit HADES aktiv - Holger) war zwar etwas irritiert über das neue Zeug, aber es schien, als wolle er weitermachen. Er tat es nicht. So entschied ich mich zu einer Operation meiner Hand. Der Arzt machte ein boo-boo (sorry, aber ich hab' keine Ahnung, was das sein könnte - Holger) und danach begann der Alptraum. Drei weitere Operationen, fünfzehn Spezialisten und Dutzende von Therapeuten. Und neben den immensen Summen, die die Flüge zu Mister King Daddy Hand Specialist in San Francisco verschlungen haben, kamen natürlich auch Depressionen. Ich denke Rick (Colaluca, Drummer, jetzt auch bei RETARTED ELF - Holger) und Doug wollten keinen neuen Gitarristen und warteten auf mich. Ich hab' dann zwar mit der kaputten Hand mit den Jungs geprobt, aber insgesamt hat es sich drei lange Jahre hingezogen, bis ich wieder komplett einsatzfähig war. In der Zwischenzeit war Doug bereits mit RETARTED ELF glücklich, und Rick spielte in verschiedenen Rockbands. Ich hatte verrücktes Zeug geschrieben und war bereit, mir den Arsch für TOWER abzuspielen. Aber bereits bei der ersten Probe mußte ich feststellen, daß mein Gefrickel kaum mehr zu dem anderen Material paßte, welches mehr für ein breiteres Publikum gedacht war.

Wie Du ja auch schon erwähnt hast, spielen Rick und Doug bei RETARTED ELF. By the way, how big are the really?

Doug ist etwas größer als ich und Rick ein wenig kleiner. Das meintest Du wohl nicht, oder? (Gut erraten, Mister Jarzombek - Holger) RETARTED ELF spielen sehr häufig in Texas. Es gab da wohl auch mal Interesse seitens einiger Label, aber das ist vorbei. Ich weiß nicht, ob die Jungs wirklich an die Band glauben oder sich damit nur so die Zeit vertreiben. Ich rede nicht viel mit ihnen. Sie wohnen in Austin, ich in San Antonio. Ich treffe sie, wenn sie in meiner Nähe auftreten und dann reden wir eigentlich nur über Computerkram.

Nach dieser schon etwas bedenklichen Antwort, hätte ich mir die nächste Frage eigentlich schenken können. Aber hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Auch wenn die Antworten einiger Interviewpartner da mal wieder die rühmliche Ausnahme zu sein scheinen. Ich wollte nun wissen, ob Ron jemals mit dem Gedanken gespielt hat, ebenfalls bei RETARTED ELF einzusteigen.

Hell no. I think rap is a disgrace. I denke, Rap ist einer der Hauptgründe, warum Musik heutzutage schlecht ist. So mies wie das jetzt auch klingen mag, muß ich doch sagen, daß sie zumindest eine gute Liveband sind.

Hast Du SPASTIK INK sofort mit Bobby und Pete gestartet, oder war das erst mal wieder als Soloprojekt gedacht?

Einige Parts habe ich allein geschrieben, aber zu SPASTIK INK gehörte von Beginn an mein Bruder Bobby. Den Großteil der Musik haben wir erst mal schriftlich festgehalten, bevor wir ihn dann überhaupt gespielt haben. Das war cool, sehr organisiert. Wir haben immer mit Tapes gearbeitet, die zwischen uns hin und her gependelt sind. Jeder hat seine Ideen denen des anderen hinzugefügt und umgekehrt. So entstand dann unser erster Song ›Mosquito Brain Surgery‹. Der ist etwas über acht Minuten lang und hat alles, was einen guten Song auszeichnet: gute Melodien, Arrangements, Themen, Entwicklungen und Strukturen. Natürlich ist es nicht auf dem Tape, das wir verschicken, da es wohl doch etwas too far out ist. Zu dieser Zeit habe ich immer noch mit TOWER geprobt, merkte aber sehr bald den Unterschied. Während ich mit Bobby niemals über die Richtung eines Songs diskutieren mußte und wir uns musikalisch glänzend verstanden, gab es mit Doug und Rick endlose Debatten über jeden einzelnen Part. Es lief etwa so ab, daß einer von uns einen kompletten Song mit zur Probe brachte und dieser dann von der Band quasi seziert wurde. Dabei ging häufig die ursprüngliche Songidee verloren - und wurde selten wiedergefunden. Teile, die gepaßt hätten, wurden entfernt und Passagen, die nicht gut klangen, wurden eingefügt. Es war furchtbar, gute Songs zu haben, die plötzlich schlecht 'rüberkamen, nur weil irgendwer eine Stelle ändern mußte, nur um etwas zu verändern. Mit Bobby gab es kein monatelanges Arbeiten an einem einzigen Song.

Hast Du eigentlich jemals mit dem Gedanken gespielt, ein reines Soloalbum aufzunehmen?

Sure, it would be cool. Aber, um ehrlich zu sein, ich wüßte nicht, wer das kaufen soll (ich natürlich - Holger). Ich befürchte auch, daß ich das alte Zeug nicht wieder ausgraben werde ... cause it's old. Unser neues Material ist so viel besser! Sagt das nicht jeder Musiker? Es wäre aber auch komisch, wenn man sagen würde, daß die neuen Songs nicht so gut wären wie die alten, oder? Außerdem weiß ich gar nicht mehr, was ich da genau gespielt habe. Ich würde das gesamte Material überarbeiten und komplett neu einspielen, da ja auch der Sound mit meinem 4-Spur-Recorder sehr dürftig war.

Hattest Du zwischendurch Angebote anderer Bands?

No. Ich bin zu lange aus der Szene 'raus gewesen. Ich denke kaum, daß sich irgendjemand an mich erinnert kann beziehungsweise weiß, daß ich überhaupt jemals irgendwo gespielt habe.

Nun mal nicht so bescheiden. Anders herum gefragt, gibt es denn eine Band, bei der Du sofort einsteigen würdest?

Da hab' ich mir überhaupt keine Gedanken 'drüber gemacht. Well, ich weiß nur, daß ich definitiv nicht bei Snoop Doggy Dog oder wie immer die auch heißen mögen einsteigen würde. Aber ich kann da eigentlich keine vernünftige Antwort geben, da ich kaum aktuelle CDs kaufe. Aber das, was ich so höre, finde ich eigentlich durchgehend schlecht. Thank God for DREAM THEATER. Es ist eine Schande, daß es keinen Unterschied macht, ob Du ein talentierter Spieler bist oder nicht. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, daß es heute "in" ist, nicht spielen zu können.

Recht erstaunliche und vor allem frustriert klingende Ansichten, die wir da zu hören bekommen. Bevor es jetzt zu depressiv wird, laß' uns das Thema wechseln. Warum ist Bobby eigentlich bei RIOT ausgestiegen? Lag es eventuell am Qualitätsabfall? Nach dem genialen »Privilege Of Power«, auf der man meisterlich den alten rauhen Sound mit neuen Ideen verbunden hatte, kam mit »Nightbreaker« ein doch eher dürftiger Nachfolger, sowie das Chaos mit den geplatzten Tourneen in Deutschland. Weißt Du was da genau vorgefallen war?

Nun, ich kenne nicht die ganze Geschichte. Aber Bobby ist nicht wegen des »Nightbreaker«-Albums ausgestiegen. By the way, Pete ist immer noch bei RIOT! Ich denke, der Grund für Bobbys' Weggang liegt darin, daß RIOT als Band eigentlich nur etwa zwei Monate im Jahr existieren. In der Zwischenzeit spielt mein Bruder in verschiedenen lokalen Bands, hat Auftritte, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Immer wenn es mit RIOT weiterging, mußte er all das für zwei Monate aufgeben, die anderen Bands mußten einen kurzfristigen Ersatzmann finden, der dann nach kurzer Zeit auch jeweils wieder gefeuert werden mußte. Sehr unschön also. Irgendwann riefen RIOT bei Bobby an, um ihm von der geplanten Tour zu berichten. Er begann das Material zu proben und flog dann mit Pete nach New York, von wo aus es 'rübergehen sollte. Aber da ist dann wohl einiges falsch gelaufen, denn nach ein paar Tagen waren beide wieder hier in Texas. Was da konkret abgelaufen ist, kann ich Dir nicht sagen. Danach hat sich Bobby nicht mehr mit den Jungs von RIOT getroffen.

Klingt ja eher nach einer Firma beziehungsweise Interessengemeinschaft als nach einer Band. Schwenken wir aber zurück zu SPASTIC INK. Habt Ihr jemals mit einem Sänger gearbeitet? Ihr habt ja in der Vergangenheit mit genügend talentierten Shoutern zusammengespielt. Ich denke da an Jason McMaster (WATCHTOWER, DANGEROUS TOYS), Mike Grotheus (WINTERKAT, singt auch auf Rons' »Happy Kitties«-Tape) oder Steve Cooper (JUGGERNAUT, SA SLAYER).

Nein. SPASTIC INK war von Anfang an als Instrumentalband gedacht. Wenn wir mit einem Sänger arbeiten wollten, müßten wir komplett neue Songs schreiben. Außerdem ist Jason immer noch bei DANGEROUS TOYS, und Steve ist völlig 'raus aus der Musikszene. Mike hätte schon Interesse mit uns zu spielen, aber dann wäre es halt nicht mehr SPASTIC INK.

Das Sängerproblem verfolgt Dich ja schon seit längerer Zeit. Ich denke, es hat bis heute kein Außenstehender nachvollziehen können, weshalb es WATCHTOWER nicht möglich war, über so einen langen Zeitraum keinen Nachfolger für Alan Tecchio zu finden. Es gab unendlich viele Gerüchte über John Arch, dann hieß es, der Sänger von TOXIK, Charles Sabin, wäre es geworden. Und die letzten News besagten, daß der Frontmann von INNER STRENGTH und LAST VISION BLACK (will heißen: Scott Oliva - Stefan) mit WATCHTOWER geprobt hätte.

Ehrlich gesagt, hab' ich das auch nicht verstanden. Wir haben sehr viele Tapes bekommen, mit einigen auch geprobt, aber es hat nie "geklickt". Aber wir haben niemals aufgehört, neue Songs zu schreiben, so daß wir insgesamt etwa eine Stunde Material fertig hatten. Die meisten Sänger hatten Schwierigkeiten mit unserem Songwriting und fanden keinen Zugang zu den Songs. Ich hab' dem TOXIK-Sänger ein Tape geschickt, aber er fühlte sich wohl, mit einem Gitarristen über den Strand zu ziehen und den Hut aufzuhalten. Ich hoffe aber, er ist glücklich mit dem, was er heute tut. Daß John Arch überhaupt noch singt, höre ich jetzt zum ersten Mal. Er war immer einer meiner Favoriten. Ich denke, der Hauptgrund warum wir keinen Sänger finden konnten, ist ganz einfach, daß wir uns niemals intensiv genug darum gekümmert haben.

Als INSTITUTE OF ARTS »Energetic Disassembly« als CD veröffentlichten, hatte ich gehofft, daß Interesse an TOWER würde wieder etwas ansteigen. Aber bis auf wenige Ausnahmen, geschah da herzlich wenig. Habt Ihr Euch da mehr von versprochen?

Ich hab' mit dem Album gar nichts zu tun, aber ich denke, INSTITUTE OF ARTS haben tolle Arbeit geleistet. Es gibt zwar ein paar Fehler im Booklet, aber das Teil sieht klasse aus mit all' den Photos. Man hätte es vielleicht remixen und remastern sollen, da der Sound eine absolute Katastrophe ist. Die Musik ist natürlich einzigartig.

Wenn Du so von der Arbeit des Labels angetan bist, wären die dann nicht auch interessant für SPASTIC INK? Oder würdest Du, wie TOWER, ein Album in Eigenregie veröffentlichen?

Right now anything is possible for a label, any suggestions? An eine Eigenpressung habe ich noch gar nicht gedacht, da mir hierzu auch jegliche Kontakte fehlen.

Bevor wir jetzt endgültig in die Gegenwart zurückbeamen, laß' mich doch kurz wissen, was Billy White so treibt. Seit dem Ausstieg bei DOKKEN hat man von ihm ja nichts mehr gehört.

Er hat eine Band namens BILLY WHITE TRIO, in der er singt und natürlich Gitarre spielt. Billy is great, nice guy, smokin' guitarist. Für mich klingt es wie LED ZEPPELIN meets Lenny Kravitz (Ich hab' das Mini-Album gehört, recht funkiges, relaxtes Album - Holger).

SPASTIC INK-Bandphoto 1

Als ich die SPASTIC INK-Bio las, durfte ich verwundert feststellen, daß ihr bereits ein Tape mit ›The Thumper Impersonation‹ und dem bereits erwähnten ›Mosquito Brain Surgery‹ eingespielt habt. Warum habt Ihr dafür niemals Presse erhalten? Ist das Teil überhaupt noch erhältlich?

Wir haben das Ding überhaupt nicht verkauft. Die ersten Songs, die wir jemals aufgenommen haben, waren ›That 178 Thing‹, ›Suspended On All Fours‹, ›Thumper‹ und ›Mosquito‹. Ein Tape ist wohl nach Europa gelangt, worauf wir ein Angebot bekamen. Wir haben das Demo nicht verkauft, da es so einen schlechten Sound hat. Das haben wir halt auf meiner 4-Spur-Maschine aufgenommen. Wir wollten nicht das irgendjemand denkt, daß dies die endgültige Version wäre. Außerdem war ich auf zwei Spuren limitiert, so daß ganze Parts fehlen. Das Tape, das Du hast, ist eine Art "Best Of"-Demo. Wir haben das Material etwas vereinfacht, damit man es leichter nachvollziehen kann. Einige der besten Songs wie ›Mosquito‹ konnten wir aus verschiedenen Gründen nicht aufnehmen. Das ›Thumper‹-Teil ist sehr kreativ, aber wahrscheinlich viel zu abgedreht, wie auch ›A Morning With Squeakie‹.

Da Du mir die ganze Zeit schon die Ohren vollschwärmst von den Songs, die nicht auf dem »Ink Complete«-Tape stehen, wäre es ganz nett, wenn Du diese mal etwas näher beschreiben würdest. Gibt es zu diesen Songs auch schon Illustrationen wie zu denen auf dem Demo?

Insgesamt stehen elf Songs komplett mit Zeichnungen und allem. Da hätten wir ›Harm And Half Time Baking Shuffle‹. Das ist so ein Drumfeature von Bobby, das etwas nach ›Didacts And Narpets‹ von RUSH klingt (ist ein Teil von ›Fountain Of Lamneth‹ - Holger). Dann gibt es zwei Action-feature Songs. In ›Thumper‹ haben wir das komplette Bambi-Thema verarbeitet. Ich habe jedes Wort, jeden Seufzer von Thumper auf Gitarre übertragen und in das Grundthema der Bambimusik verpflanzt. Pete und ich spielen all den Violinen-, Cello- und Klarinettenkram auf Gitarre und Baß nach, und Bobby spielt heftigen Fusionbeat. Wenn Ihr "Bambi" nicht gesehen habt, werdet ihr überhaupt nichts mitbekommen. Und selbst wenn Ihr den Film kennen solltet, dürftet Ihr arge Probleme bekommen. [lacht] ›A Morning With Squeakie‹ handelt von einem Eichhörnchen namens Squeakie, welches von einem riesigen Hund verfolgt wird. Squeakie flüchtet auf einen Baum und bewirft den Köter mit Nüssen. Yeah, I know, why don't you write something normal, you weirdo?

Nun ja, als ob der gute Ron Gedanken lesen könnte. Seine letzte Bemerkung gibt meine Überlegungen schon sehr treffend wieder. Vor allem, wenn man bedenkt, daß natürlich auch dieser Titel ein Instrumental ist. Da es ja schon zu TOWER-Zeiten einiges Material gab, erlaube die Frage, ob Du das auch bei INK weiterverwendest?

Ich hatte fünf Songs auf dem ›PHHHP!‹-Tape sowie ›Oh No Mr. Kitty‹, ›Kill The White Noise‹ und ›Zits In 3-D‹ als wir nach Berlin flogen, um »Control And Resistance« einzuspielen. Ursprünglich wollte ich danach die Aufnahmen beenden, was aber aufgrund meiner Hand nicht möglich war. Nach meiner Genesung steckte ich bereits mitten in dieser INK-Sache. Anfangs haben wir zwar mal ›Kill The White Noise‹ getestet, aber das klang extrem merkwürdig. Außerdem schreibe ich viel zu gern neue Songs, als daß ich immer wieder das alte Zeugs aufgreife.

Seid Ihr eigentlich als SPASTIC INK schon live aufgetreten?

Nein, aber ich stelle es mir interessant vor, zu sehen, ob und wie wir das reproduzieren können. Ein Heavy Konzert ohne Sänger, ohne Frontmann... Ich habe mir immer vorgestellt ›Thumper‹ live mit einer gigantischen Leinwandshow im Hintergrund aufzuführen. So wie RUSH oder QUEENSRŸCHE das gern tun. Die Band synchronisiert dabei quasi die Animation. Ich denke, Disney würde uns verklagen, wenn wir das jemals durchführen würden. Ich glaube auch ›Squeakie‹ würde so viel Spaß machen. Bill Reed, der für die Illustrationen zuständig ist, arbeitet in einem Videostudio. Er könnte das für uns auf Leinwand bannen. It would be the new thing. Ich würde endlich ein reicher Rockstar, könnte Golf mit Bill Gates spielen, würde Cindy Crawford heiraten und werde nach meinem Tod eine von Santas Elfen. Mir fallen auch schon lustige Ansagen zu den Songs ein. So wie "Im nächsten Song beschreibe ich, wie ich morgens aufwache und mich auf ein Duschbad mit meiner Gummiente freue" - und dann spielen wir ›Squeakie‹.

Heaven help, der Typ ist ja noch verrückter als ich dachte!!! Neben all dem Spaß, den Ihr sicherlich dabei hättet, stellt sich aber doch wohl auch die Frage, ob Ihr das überhaupt so reproduzieren könnt. Im Studio hast Du ja mehrere Spuren für Deine Gitarren, auf der Bühne kannst Du aber nur eine nachspielen.

Und beim INK-Tape hatte ich, wie schon gesagt, nur zwei Spuren zur Verfügung, so daß da sogar einiges fehlt. Bei »Control & Resistance« hatte ich vergleichsweise fünf Spuren. Zwei für Rhythmus, drei für die Leads und Fills. Und das hat ja auch funktioniert. Live verwende ich einen Harmonizer, auf dem ich per Fußpedale die anderen Parts abrufen kann. So war ich bei ›Mayday In Kiev‹ beispielsweise an diese dämliche Pedale gekettet, da ich während des Soloparts etwa 15 Mal die Tonart und Harmonieintervalle wechseln mußte. Aber es geht auf jeden Fall.

Da einige Passagen des Tapes frei improvisiert klingen, würde es mich interessieren, ob Ihr einen Song, nachdem Ihr ihn einmal auf Band gepreßt habt, weiter verändert.

Da die INK-Songs allesamt auf dem Papier entstehen, ändern sie sich auch kaum. Es passiert natürlich, daß wir beim Arrangieren spüren, daß eine Passage nicht richtig funktioniert. Aber grundsätzlich stehen die Songs schon, bevor wir sie spielen. Klar, wenn ich mir das Tape heute anhöre - es ist immerhin ein Jahr alt! - finde ich immer wieder Stellen, die ich heute anders spielen würde oder wo ich gerne etwas mehr gemacht hätte. Aber bei vier Spuren war nicht mehr möglich.

Das klingt ja schon nach Klassik, also ernster Musik. Paßt also absolut nicht zu den "textlichen" Ideen. Würde es Dich nicht reizen, mit völlig artfremden Instrumenten wie Streichern, Synthies oder Bläsern zu arbeiten und so etwas wie eine spastische Oper zu komponieren?

Ich bin kein großer Fan von Bläsern. Wir haben aber eine Nummer namens ›To Counter And Groove In E Minor‹, in welchem wir klassische Melodien mit einem funky Dance-Groove verbinden. Es war eigentlich gedacht, daß wir hier Cello und Violine verwenden wollten, aber mit vier Spuren - ja, ja, ja, ja... Seit einiger Zeit besitze ich aber einen Computer mit Samples, so daß wir theoretisch jedes Instrument aufnehmen können.

Wenn ich mir die Songs so anhöre, bekomme ich den Eindruck, daß Dein Songwriting sehr stimmungsabhängig ist. Kannst Du mir sagen, in welcher Stimmung Du am besten schreiben kannst - Ärger, Depression, Freude?

Am effektivsten arbeite ich, wenn überhaupt kein Instrument griffbereit ist. Beim Autofahren oder unter der Dusche, bei den ganz alltäglichen Dingen halt, die Du ohne nachzudenken anstellst. Wenn mir unter der Dusche zum Beispiel das Shampoo ausgeht, werde ich sauer und kann nicht kreativ denken, was uns zu deinem ersten Punkt bringt. Wenn ich ärgerlich bin, mach' ich meist Crap. Wenn ich niedergeschlagen bin, beginne ich, mein Leben zu analysieren. Wenn mich irgendwas erfreut oder motiviert, kann ich sehr gut schreiben. Ein guter Film, ein Sieg der Dallas Cowboys über die San Fancisco 49er im American Football oder eine Schüssel voller "Capt'n Crunch"-Erdnussbutterflocken. Aber auch solch mathematisches Zeugs wie Zahlen, geometrische Muster bringt mich auf dumme Ideen für Songs. Ich denke, die Illustrationen im Booklet sagen einiges über die Entstehung der Songs aus.

Im Gegensatz zu den doch oft recht hektischen WATCHTOWER-Songs, deckt Ihr mit SPASTIK INK das gesamte Spektrum ab. Eine düster-doomige Nummer wie ›See, And It's Sharp‹ dürfte doch wohl mit TOWER nicht möglich sein, oder?

Yeah, anfänglich entstand das TOWER-Material aus diesem coolen, mathematischen Konzept. Hauptsache schwer zu spielen, was mich natürlich sehr stark motivierte. Die ersten Songs, die wir während der Euro-Tour geschrieben haben, besaßen auch wieder diese Hektik. ›Education Inaction‹ war sehr chaotisch. Es ist schon ironisch. Als ich nicht spielen konnte, hatten wir dieses ganze schnelle, verrückte Zeug in Arbeit. Als meine Hand wieder okay war, hatten sie die verdrehten Parts über Bord geworfen und leichter konsumierbares Material erarbeitet. ›See, And It's Sharp‹ soll ein unheimliches Feeling erzeugen. Übrigens spielen wir da nur C und C Sharp. Und das über vier lange Minuten hinweg. Es war eine Herausforderung mit nur zwei Noten einen kompletten Song zu schreiben, und ich hätte nicht gedacht, daß es funktionieren würde. Wir versuchten, das tiefste Gefühl zu erzeugen, was zu finden möglich war.

›The Mad Data Race‹ hat ein sehr steriles und hartes Feeling, so daß ich überlege, ob man dort nicht elektronische Effekte à la NINE INCH NAILS oder MINISTRY verwenden könnte, um diesen Effekt zu unterstreichen? Was hältst Du überhaupt von der Verwendung der heutigen Technologie in der Musik?

Dieser Song klingt sehr unberechenbar und ist trotzdem extrem präzise gespielt. Also sehr kontrovers. Ich bewundere Menschen wie Trent Reznor (von NINE INCH NAILS - Holger), die sich diese Technologie zu Nutzen machen.

Schon mal darüber nachgedacht, eine Art interaktiven Comic und den dazugehörigen Soundtrack zu verfassen?

That sounds good to me. That's mostly what I listen to - movie scores and cartoons!

Wenn Du so sehr auf Cartoons abfährst, würdest Du gern mal für einen Cartoon komponieren?

›Squeakie‹ ist ja quasi so etwas. Auch für ›Mr. Kitty‹ gibt es eine komplette, selbsterdachte Story. Das Problem, einen Score für einen Cartoon zu schreiben, den man sich erst selbst ausdenken muß, ist ganz einfach, daß man erstmal überhaupt keinen Anfang hat. Du mußt Dir erstmal 'ne Story ausdenken, die Du jemandem erzählst, nur um zu hören, daß Du ein Verrückter bist. Momentan arbeite ich am Computer an einer Mischung aus Bugs Bunny, Horrorfilm und INK und vollem Orchester mit Streichern und allem. Aber, wenn wir schon mit SPASTIC INK keinen Deal bekommen, wer soll dann bitte Interesse an einem bekloppten Cartoonschreiber haben???

Ich denke eigentlich je verrückter eine Idee ist, desto eher wirst Du jemanden finden, der sie unterstützt. Man muß die Leute bloß von seinen Ideen überzeugen. Laß' uns doch abschließend mal einen Blick in die Zukunft wagen. Was erwartest respektive erhoffst Du Dir denn?

Ich weiß nur, daß es schlimmer nicht mehr werden kann. Die Sache mit meiner Hand möchte ich nicht noch einmal durchmachen müssen. Wenn irgendwas mit meinem Computerzeugs passiert - great. Sollte sich etwas für SPASTIC INK ergeben - great. Und sollten WATCHTOWER plötzlich wieder im Gespräch sein - great. Whatever... I'll take it.

Abschließend bat mich Ron noch, nach einem begabten Cartoonisten Ausschau zu halten. Also, wenn sich irgendein Leser berufen fühlt, möge er sich bitte mit Ron in Verbindung setzen. Irgendwelche Schlußkommentare kann ich mir bei der Ausführlichkeit des Interviews wohl ersparen, obwohl es da ja einiges zu bemerken gäbe. Ich denke da natürlich in Richtung WATCHTOWER...

http://www.facebook.com/spasticinkofficial

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Holger Andrae

SPASTIC INK im Überblick:
SPASTIC INK – Ink Compatible (Rundling-Review von 2004 aus Online Empire 21)
SPASTIC INK – Ink Compatible (Rundling-Review von 2004 aus Y-Files)
SPASTIC INK – Y-Files-Interview (aus dem Jahr 1996)
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