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MAS OPTICA-Logo

MAS OPTICA - schon der Bandname stiftete bei mir Verwirrung. Selbst die Zuhilfenahme eines Dictionaries brachte diesbezüglich keinerlei Aufklärung. Vollends gen Wahnsinn driftete ich dann beim ersten Genuß des transzendentalen Debüts eben jenes Quartettes aus Milwaukee. Selten hatten meine, auf extremste Hörerlebnisse geschulte, Lauschmuscheln derart exzessive Klanggebilde geboten bekommen. Weit ab jeglicher endlos ausgetretener Metalpfade schlängeln sich die psychedelischen Songstrukturen in das innerste Innere des Hörers, hypnotisiert diesen und versetzt ihn in einen fast schon tranceartigen Zustand. So trifft der Titel der Debütveröffentlichung mit »Choose To See More« auch genau ins Schwarze! Die aus den Brüdern Rick (Baß, Altsaxophon) und Randy Diderrich (Gesang, Gitarre, Piano), Paul Finley (Gitarre, arabische Tabla) und Drummer A. Brad Hazelton bestehende Combo geht mit weit geöffneten Augen durch diese (Musik-) Welt und versucht, den interessierten Hörer zu ähnlich offener Sichtweise zu inspirieren. Daß so eine Einstellung natürlich mit einem Interview in unseren heiligen Seiten belohnt werden muß, steht wohl damit außer Frage. Da ich nicht völlig dumm sterben wollte, lag meine Eingangsfrage an Randy bezüglich der Bedeutung des Bandnamens glasklar auf der Hand.

MAS OPTICA ist spanisch und bedeutet eigentlich genau das gleiche, wie der Albumtitel. Geht mit offenen Augen durch die Welt, achtet auf das, was um euch herum vorgeht. Don’t be a zombie!

Ah ja, somit wäre das erstmal geklärt. Völlig schleierhaft ist es mir allerdings, wieso ich von MAS OPTICA bislang noch nichts vernommen habe. Ihr seid sozusagen aus dem Nichts aufgetaucht. Also wäre etwas Ahnenforschung angesagt.

Wir vier schlossen uns 1985 unter dem Namen RENEGADE zusammen. Zuerst klangen wir wie eine melodische Progressivmetalband mit Einflüssen von IRON MAIDEN bis RUSH. Im Jahr 1987 veröffentlichten wir dann mit »Social Pressure« unser erstes Demo, welches sich hier im Umkreis auch beachtlich gut verkaufte. Damit bekamen wir auch erstmalig Reaktionen in der ausländischen Undergroundpresse. Etwa zwei Jahre später entdeckten wir dann die Akkustikgitarre für unseren Sound und veröffentlichten ein zweites Demo, mit welchem wir dann auch bei diversen Labels anklopften. So bekamen wir den Deal mit RED DECIBEL. Etwas später änderten wir, aufgrund unserer musikalischen Veränderungen, auch unseren Namen in MAS OPTICA und veröffentlichten im Februar 1993 unser Debüt »Choose To See More« in den Staaten.

Du sagtest, daß Ihr die Akkustikgitarre erst "entdecken" mußtet. Wie darf man das bitte auffassen?

Da unsere ersten Einflüsse die typischen Metalacts, wie halt MAIDEN waren, beschränkten wir uns anfänglich auf mehrstimmige Gitarrenmelodien und dachten, wir wären progressiv. Mit der Zeit hat sich unser persönliches Interesse an Musik im allgemeinen aber verstärkt, so daß natürlich auch andere Einflüsse Einzug in unser Songwriting genommen haben. Heutzutage hören wir alles, was zwischen den BEATLES und SLAYER angesiedelt ist. Man muß aber dazu sagen, daß wir von Anfang an offen für diese fremden Einflüsse waren, sonst hätten wir diese wahrscheinlich gar nicht wahrgenommen.

MAS OPTICA-Bandphoto 1

Da sprichst Du ein wahres Wort gelassen aus. Hat man bei einigen Musikern beinahe den Eindruck, sie würden mit ihrem angeblich open-minded Geschmack lediglich ein interessantes Image aufbauen, so kann man bei MAS OPTICA die gelisteten Faves in individueller Form beim Hören der Eigenkompositionen wiederentdecken. Etwas verwundert war ich dann allerdings, als Randy mir verklickert, daß er PSYCHOTIC WALTZ noch nie in seinem Leben gehört haben will. Ist doch gerade diese Band die einzige vergleichbare Erscheinung in dieser tristen Emotionswüste. Aber auch bei der Auswahl der Instrumente schielt man im Lager der Weitsichtigen nicht nur auf gängige Klangkörper. Stellt sich die Frage, was bitte ist eine arabische Tabla?

Das ist eine Tontrommel aus dem Mittleren Osten, die Paul von einem Iraker bekommen hat, während er am "Wisconsin Conservatory Of Music" Gitarrenunterricht gegeben hat. Dieses orientalische Percussion-Instrument kommt während des Songs ›T.B.A.‹ zum Einsatz. Außerdem spielt Rick schon seit der Highschool Saxophon, so daß wir einfach ausprobierten, ob und wie wir das Ding in unsere Songs einbauen können. Wir denken, daß es gut klingt und somit werden wir auf unserer nächsten CD auch noch verstärkt einsetzen. Da werden auch noch weitere Instrumente in unseren Sound einfließen. Laßt Euch überraschen!

Da ich vor allem das Saxophon bisher eher als typisches Jazzinstrument betrachtet habe, vermute ich mal, daß Ihr auch dort einige Wurzeln habt.

Eigentlich nicht. Klar, es gibt sehr interessante Jazzstücke, aber wir hören recht wenig davon. Wir mögen einfach den warmen Sound des Altsaxophons. Mehr nicht.

Wo wir schon beim Sound sind, wie würdest Du denn Euren Sound charakterisieren?

Oh Gott, das fragen wir uns auch die ganze Zeit schon. Ich denke wir sind einfach eine emotional veranlagte Rockband. Wir hassen es, in irgendwelche Kategorien gepreßt zu werden, nenn unseren Stil einfach Violentacoustichappyfolkmetalforthemasses. (Jetzt sind wir alle schlauer - Holger)

Denkt Ihr nicht, daß es schwierig für RISING SUN wird, euch vernünftig zu promoten, da ihr wirklich zu kantig und schräg seid, um in eine einzige Schublade zu passen? Befürchtet Ihr nicht, daß Ihr begründet in der Tatsache, daß vorwiegend im metallernen Blätterwald für Euch geworben wird, ein beachtliches Käuferpotential an Euch vorüberflattert?

Nein, denn RISING SUN scheinen ziemlich genau zu wissen, wie und wo sie uns pushen können. Wir hoffen natürlich nicht zuviele engstirnige Kritiken zu bekommen, da unsere Musik zugegebenermaßen eine gewisse Eingewöhnungsphase benötigt. Ich glaube allerdings, daß unsere Songs mit der Zeit immer mehr wachsen und dem Hörer einiges zu bieten haben.

Dem kann ich nur zustimmen. Da wir bislang ausschließlich über die musikalischen Ergüsse der Band diskutiert haben, laß’ uns doch mal die Lyrics näher betrachten, die Euch ja wohl sehr wichtig zu sein scheinen.

Natürlich. Nichts ist schlimmer als sinnlose Texte über irgendwelche Love Affairs. Das ist nicht unser Ding. Wir versuchen immer, den Leser zum Denken zu bewegen, egal ob es sich um eine konkrete Sache dreht oder um ein allgemeineres Thema. Hauptsache der Hörer bekommt etwas Nervennahrung geboten.

Würde es Dich enttäuschen, wenn die Leute nur auf die Musik achten würden und den Texten keine Beachtung schenken würden?"

Ich wäre schon begeistert, wenn sie die Lyrics überhaupt lesen könnten. [lacht] Mal ernsthaft, ich kann es niemandem übelnehmen, wenn er sich keine Lupe holt, um unser Textblatt zu entziffern! Nächstes Mal haben wir hoffentlich ein höheres Budget, so daß das Sheet größer ausfallen wird. Ich versuche aber, bewußt deutlich zu singen, so daß man mich wenigstens verstehen kann. Was Deine Frage angeht, bin ich froh, wenn man unsere Songs als Gesamtwerk betrachten würde, ohne Text und Musik separat zu sehen.

Da verwundert es mich ein wenig, daß Ihr gerne auf Metaphern zurückgreift, die teils nicht ganz leicht zu interpretieren sind. Vor allem "Wasser" scheint es Euch ja mächtig angetan zu haben. Denkst Du, daß die Menschheit in unserem blauen Planeten ertrinken wird?

Ja. Obwohl erst die Zeit zeigen wird, ob wir weiter schwimmen oder untergehen werden. Aber ich denke, daß wir zu viel Gewalt, Egoismus und Unehrlichkeit in uns haben und viel zu sehr um unseren persönlichen Erfolg bemüht sind, als uns um andere zu kümmern. Anyway, "Wasser" ist ein plastischer Ausdruck für so viele Dinge, frei interpretierbar, den wir einfach gern verwenden. Er läßt viel Freiraum für eigenen Gedanken.

Das klingt ja eher deprimierend. Wenn ich mir dann noch den Text zu ›Trust‹ ansehe, erlaube mir die Frage, ob Du überhaupt jemandem trauen/glauben (auch im religiösen Sinn) kannst?

Es ist extrem schwierig, heutzutage jemandem zu vertrauen. Vor allem im Musikbusiness ist dies fast unmöglich. Glauben und Vertrauen kann man finden, aber man muß schon lange und aufmerksam danach suchen. Menschen mit religiösem Glauben sind wahrscheinlich glücklich damit, aber im alltäglichen Leben ist es sicher schwierig.

MAS OPTICA-Headline

Da hat Randy wohl nicht ganz unrecht. Beim weiteren Durchforsten der Lyrics scheint mir auch die Erklärung für diese düstere Grundeinstellung entgegenzukommen. ›Dying Season‹ läßt nämlich vermuten, daß Euch das Wetter aufs Gemüt geschlagen ist.

Da hast Du allerdings recht. Daher rührt auch die Nummerierung im Text. "Four" steht für die vierte Jahreszeit, den Winter. "Three" ist die ›Dying Season‹, der Herbst. Hier bei uns haben die vier Jahreszeiten einen immensen Einfluß auf unseren Lebensablauf.

Erlaube mir dann aber nach dem Sinn der Verwendung von "zwei" im Song ›Hawk‹, der ja wohl nichts damit zu tun haben dürfte?

Ja, das ist eigentlich ein Joke. In dem Fall bezieht sich "zwei" auf den zweiten Vers und hat eigentlich überhaupt keinen tieferen Sinn.

Hast Du das in ›The Feeling‹ beschriebene Gefühl schon einmal selbst erlebt?

Ja, sehr häufig sogar. Weißt Du, daß eine extrem gefährliche oder angsteinflößende Situation auch gleichzeitig sehr aufregend und aufbauend sein kann. Solche Momente formen Deinen Charakter und sind somit immens wichtig zur Bildung einer Persönlichkeit.

Wenn wir weiter bei den Texten bleiben, so scheint das bereits erwähnte ›Hawk‹ von persönlicher Freiheit zu handeln. Denkst Du, Ihr habt einen Teil Eurer Freiheit mit der Unterzeichnung der Plattenvertrages verloren?

Nein, absolut nicht. Bislang haben uns RED DECIBEL und RISING SUN RECORDS sehr gut unterstützt.

Wie seid ihr überhaupt an RISING SUN geraten?

Paul kennt viele Leute in Europa, und als RED DECIBEL Vertriebsschwierigkeiten in Übersee bekamen, fragte er bei einigen Bekannten nach interessierten Labeln. Didier De Mann, der Manager von CHANNEL ZERO, empfahl uns RISING SUN. Der Rest war reine Verhandlungssache.

Laß’ uns doch bitte mal auf das Cover zu sprechen kommen, auf dem in warmen Rot- und Grüntönen eine Frau eine Gitarre umarmt. Das Ganze wirkt sehr "spacy", wie eine Statue, die ins Universum oder in den Himmel geschossen wird. Ihr Gesicht ist dabei aber eher verstört, weil sie ihren Bestimmungsort nicht zu kennen scheint. Als ich Randy mit meiner, zugegebenermaßen etwas diffusen Interpretation konfrontiere, bekomme ich den Humor des Mannes zu spüren.

Jaaa, äh, fast richtig. Wir haben eines nachts ein Teleskop gen Himmel gerichtet und davon ein Photo gemacht. Nein, stimmt natürlich nicht. Wir haben unser aller Blut gemischt und es durch ein Mikroskop photographiert. [lacht]

In Wahrheit ist das Kunstwerk von Randy, der in einer Kunsthandlung arbeitet, selbst gemacht worden. Bei so viel Kreativität drängt sich quasi die Frage nach bewußtseinserweiternden Mittelchen und deren Legalisierung auf.

Ich denke, eine Legalisierung von sogenannten Soft Drugs wird natürlich erstmal etwas chaotisch ablaufen. Allerdings bin ich der Ansicht, daß durch die Legalisierung die Beschaffungskriminalität beispielsweise wegfallen wird.

Durchaus plausible Ansicht, die wie hier zu hören bekommen. Bei so viel Rückblick auf das immerhin schon beinahe zwei Jahre alte Materials des Debuts, würde ich nun mal gerne wissen, wie denn die Zukunftsplanung so aussieht.

Wir haben gehört, daß die europäischen Fans wesentlich offener für neue Bands sind. Deshalb wollen wir unbedingt bei Euch spielen. Das hängt aber von den Verkäufen ab. Wenn Ihr uns also sehen wollt, kauft unser Album! Außerdem laufen die Vorbereitungen für unser zweites Album auch schon an. Wir haben massig Material fertig, werden jetzt aber erstmal jede Möglichkeit zu touren ausnutzen.

Da kann man den Jungs nur kräftig beide Daumen drücken. Da sie ja jetzt einen etwas finanzkräftigeren Background vorweisen können, gehe ich mal stark davon aus, daß man auf dem nächsten Album auch einen etwas besseren Sound hinbekommen wird. Bis dahin liegt es aber an Euch, diese großartige Band zu unterstützen, indem Ihr erstmal »Choose To See More« für Euch entdeckt. Wie gesagt, sind MAS OPTICA kaum mit anderen Bands vergleichbar, dürften aber allen Fans von abgefahreneren Klängen gefallen. Ich denke, wir werden von den Jungs noch einige Überraschungen serviert bekommen. Und wer läßt sich nicht gerne überraschen???

http://www.paulfinleymusic.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Holger Andrae

MAS OPTICA im Überblick:
MAS OPTICA – Choose To See More (Rundling-Review von 1994 aus Underground Empire 7)
MAS OPTICA – Demobillia (Demo-Review von 1993 aus Y-Files)
MAS OPTICA – Y-Files-Interview (aus dem Jahr )
MAS OPTICA – News vom 07.05.2009
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