Daß der gute Mann zu den begnadesten aller Gitarrenvirtuosen zählt, steht außer Frage. An seiner Spieltechnik hat sich schon so mancher Nachwuchssaitendehner die Zähne ausgebissen und die Finger nicht nur sprichwörtlich wundgespielt.
Ebenso aber sorgt der gebürtige Schwede seit Jahrzehnten für geteilte Meinungen, was sein Gehabe und sein Ego betrifft. Sein Selbstbewußtsein hat er aber auch nach den letzten, verhältnismäßig ruhigen und wenig aufsehenerregenden Jahren nicht eingebüßt. Nachzuvollziehen allein durch das gemalte Portrait seines Konterfeit, das sein aktuelles Album ziert.
Zwar ist die musikalische Darbietung auf seinem inzwischen 21. Studiowerk nun doch nicht ganz so farbenprächtig, wie das an sich ursprünglich für einen karitativen Zweck angefertigte Gemälde, als überaus abwechslungs- und stilistisch facettenreich erweist sich aber auch diese.
Schon der Einsteig ins Geschehen mit ›Wolves At The Door‹ läßt uns unmißverständlich wissen, wer hier zu hören ist, einmal mehr aber wird auch der Nichtmusiker unter den Musikkonsumenten auf eine harte Probe gestellt. Instrumentalmusik kommt schließlich immer noch dann am besten zur Geltung, wenn der Künstler es schafft, seine Kompositionen entsprechend emotional rüberzubringen.
Und das ist etwas, worauf Yngwie immer noch bedeutend weniger Wert zu legen scheint als andere. Beim ihm steht nach wie vor die Technik eindeutig im Vordergrund. Da er zudem Pandemie-bedingt nicht auf Tour gehen konnte, und sich mehr Zeit denn je für die Studioaufnahmen nehmen konnte, sollte es nicht weiter verwundern, daß man beim Zuhören eher den Eindruck hat, als völlig Ahnungsloser einem Gitarren-Workshop beizuwohnen, als dem Werk eines Rockmusikers zu lauschen. Wohl auch, weil sein Spiel dieses Mal (wie etwa in ›Presto Vivace in C# Minor‹ oder ›Toccata‹) wieder deutlich mehr von klassischer Musik beinhaltet als vom harten Rock.
Daher wird »Parabellum« als Gesamtkunstwerk auch eher der Technikabteilung munden, schließlich gibt es für diese wieder einmal unzählige Passagen zum Tüfteln, Ausprobieren und Analysieren. Für diesbezüglich weniger affine Zeitgenossen hat Yngwie dieses Mal leider nur wenig im Talon. Das ist insofern schade, da Mr. Malmsteen das Rocken definitiv nicht verlernt hat, und etliche Gitarrenläufe den Nacken und den Körper nach wie vor in Bewegung versetzen, auch wenn das Luftgitarrenspiel dazu für Außenstehende wohl etwas schräg anmuten mag.
Für das nächste Mal wünsche ich mir jedenfalls wieder mehr melodische Metal-Tracks wie ›Relentless Fury‹, das Yngwie mit feinen Hooks und einem markanten Refrain ausgestattet und persönlich - und das sogar überraschend gut! - eingesungen hat. Oder auch etwas in der Art des vergleichsweise ruhigen ›Eternal Bliss‹, auch wenn sich seine Stimme dabei eher als Manko erweist. Vielleicht läßt sich für derlei Songs beim nächsten Mal ja doch wieder der eine oder andere begnadete Vokalist ins Studio holen...
https://www.yngwiemalmsteen.com/
Gemälde: David Banegas