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  UE-Home → History → Online Empire 86 → Interview-Übersicht → TRANSATLANTIC-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

TRANSATLANTIC-Logo

Auch wenn man nun wahrlich nicht behaupten kann, daß die Mitglieder dieser Formation zur Untätigkeit neigen würden, sind dennoch knappe sechs Jahre ins Land gezogen, seit wir unter dem Titel »Kaleidoscope« zuletzt frischen Studiostoff kredenzt bekommen haben. Doch das Warten hat demnächst ein Ende. Am 5. Februar, um genau zu sein, dann nämlich wird uns »The Absolute Universe« serviert. Dabei handelt es sich zwar eigentlich erst um das fünfte Studioalbum des Prog-Allstar-Teams, hält man sich jedoch vor Augen, daß auch schon mehrere Live-Alben und Compilations veröffentlicht wurden, darf man durchaus von einer umfangreichen Diskographie sprechen, auf die das Quartett mit Stolz blicken kann.
Da es TRANSATLANTIC zudem in regelmäßigen Abständen auf die Straßen zieht, um den ausgewogenen ProgRock-Mix mit Hingabe und Finesse von einer Bühne aus vorstellig zu machen, ist der Output um so bemerkenswerter, schließlich sind bei diesem Unternehmen die notorischen Workaholics Neal Morse, Mike Portnoy, Pete Trewavas und Roine Stolt gemeinsam am Werk.
Der Schwede, der vor wenigen Wochen erst mit den von ihm angeführten THE FLOWER KINGS den Doppel-Whopper »Islands« eingespielt hat, war so frei, uns das Neueste aus dem Camp des momentan wahrscheinlich arbeitseifrigsten Line-up im gesamten Rock-Business zu erzählen.

TRANSATLANTIC-Bandphoto 1

Roine, kannst Du uns bitte erklären, weshalb »The Absolute Universe« nicht - so wie unzählige andere Veröffentlichungen auch - zunächst einmal als simple, einfache CD auf den Markt kommt. Es ist zwar löblich, daß ihr zwei "aufgepeppte" Varianten davon zeitgleich anbietet und nicht erst einige Monate später, verwirrt werde aber wohl nicht nur ich sein, oder?

Kein Problem, das läßt sich alles ganz einfach erklären. Den Grund, weshalb zwischen unserem Label und uns vereinbart wurde, alle drei Varianten zugleich aufzulegen, hast Du auf jeden Fall erkannt. Es macht doch immer einen sehr eigenartigen Eindruck, wenn ein Album erscheint, drei Monate danach eine "Extended Version" in die Läden kommt und vielleicht ein halbes Jahr später dann noch ein "Director's Cut" davon oder dergleichen. Genau das wollten wir vermeiden! Warum es so gekommen ist, liegt daran, daß es bei uns eigentlich völlig konträr zur Sache gegangen ist. Die von uns vier Musikern als ursprüngliches Werk fertigstellte Variante war nämlich »The Absolute Universe: Forevermore«, also die Doppel-CD, die jetzt als "Extended Version" veröffentlicht wird.

TRANSATLANTIC-Headline

Was hat zur Entscheidung geführt, es nicht einfach dabei zu lassen?

Das war ganz allein eine Bandangelegenheit. Als wir uns im Herbst 2019 in Schweden im Studio getroffen haben, um an neuem TRANSATLANTIC-Material zu arbeiten, quollen die Aufnahmebänder förmlich über, da wir dermaßen inspiriert und voller Ideen loslegten. Jeder von uns hatte Songs, oder zumindest Teile davon parat, die wir in gemeinsamen Jams zu aufnahmefertigen Songs ausgearbeitet hatten. Da sich unsere Wege bald darauf arbeitstechnisch jedoch trennten und jeder im Prinzip einer seiner anderen Unternehmungen voranzutreiben hatte, blieb die interne Kommunikation leider ein wenig auf der Strecke. Alles kein Problem, zumal wir diese Art zu arbeiten ja gewohnt sind und es nicht zum ersten Mal der Fall war, daß wir unsere Aktivitäten quer über den Erdball verstreut durchführen. Außerdem war das TRANSATLATIC-Material ja im Prinzip für den Mix fertig. Dachten wir zumindest, doch dann kam alles ganz anders.

Weil?

Weil wir festgestellt hatten, daß wir mehr als 100 Minuten Musik hatten und diese Menge unmöglich auf einer CD unterzubringen ist. Dadurch kam es zu den ersten Diskussionen, und bald darauf entstanden zwei Fraktionen innerhalb der Band. Während Pete und Neal dafür waren, die Aufnahmen zu straffen, oder gegebenenfalls den einen oder andere Song wegzulassen, vertraten Mike und ich die Meinung, daß alles so bleiben sollte, wie es war. Zum Glück sind wir alle vier einigermaßen kompromißbereite Individuen, denn schlußendlich einigten wir uns darauf, zweigleisig zu fahren. Dazu wurden die Aufnahmen jedoch nicht bloß reduziert, sondern jene Nummern, die wir dann auch für die Einzel-CD vorgesehen hatten, neu arrangiert. Dadurch ist "The Breath Of Life", wie die Einzel-CD-Ausgabe von »The Absolute Universe« genannt wurde, auch keineswegs nur als Auszug zu betrachten, sondern als in sich schlüssiges Album. Interessant ist vor allem die Tatsache, daß einige der Tracks, die auf beiden CDs enthalten sind, auf "The Breath Of Life" durch die überarbeiteten Arrangements sogar länger sind als in der ursprünglichen Version. Diese Idee kam auch bei unserem Label ganz gut an. Ich denke, die Jungs wissen, daß wir keine halben Sachen machen. [lacht]

TRANSATLANTIC-Bandphoto 2

Da kannst Du sicher sein. Ohne der Zustimmung der Plattenfirma hätte es vor allem die "All-Inclusive-Box" mit dem perfekt ausgewählten Titel "The Ultimate Edition" nicht gegeben.

Ganz sicher nicht! Das Box-Set wird zwar nur in einer limitierten Auflage zu erhalten sein, die Zuständigen beim Label haben uns aber zu wissen gegeben, unsere Fans würden für so etwas dankbar sein und verlieren deshalb wohl auch keine Gedanken darüber, auf den Boxen sitzenbleiben zu müssen.

Diese Gefahr besteht nun wahrlich nicht. Schließlich wird auch Eure Klientel eine treue und eingeschworene sein und zudem eine, die sich aus der Anhängerschaft Eurer zig anderen Formationen zusammensetzt. Apropos: Könnt Ihr eigentlich unterschieden, für welches Unternehmen ihr einen Song komponiert? Wie kann man sich die Herangehensweise generell vorstellen?

Ich kann da zwar nur für mich sprechen, aber ich persönlich mach' da keinen Unterschied. Das heißt, wenn mir etwas einfällt, dann versuche ich, die ersten Ideen festzuhalten und bearbeite diese dann in meinem Homestudio weiter. Wenn da ein Song herauskommt, ist das gut, wenn nicht, archiviere ich das entstandene Fragment vorübergehend. Für welche Band auch immer der jeweilige Track dann tatsächlich verwendet wird, läßt sich im Vorfeld nicht abschätzen. Das ist vielleicht nicht die übliche Arbeitsweise, ich habe bislang aber nur gute Erfahrung damit gemacht und komme gut damit zurecht.

Allerdings könnten dadurch auch kritische Stimme laut werden, die sagen, daß Deine Songs mehr nach THE FLOWER KINGS klingen als nach TRANSATLANTIC. Wie gehst Du damit um?

Ja, das kann schon sein. Aber das stört mich nicht. Zum einen, weil ja beide Formationen von meinen Kompositionen geprägt sind. Dazu kann ich stehen, damit habe ich kein Problem. Es wird immer so sein, daß meine TRANSATLANTIC-Beiträge auch zu THE FLOWER KINGS passen würden und umgekehrt. Noch dazu, da wir uns ja bei TRANSATLANTIC auch intern darauf geeinigt haben, daß derjenige, der für einen Song hauptverantwortlich ist, diesen auch singt. Das muß zwar nicht zwingend die Musik sein, auf jeden Fall aber der Text. Auch in diesem Punkt machen wir keine halben Sachen. Nur wer den Text geschrieben hat, weiß auch die entsprechenden Emotionen wiederzugeben. Ein Glück für eine Band, die mehrere Vokalisten im Line-up hat.

Nicht ganz so einfach stelle ich mir bei TRANSATLANTIC den organisatorischen Teil vor.

Ich versteh', was Du meinst, aber ein gemeinsames Zeitkonzept haben wir trotzdem nicht. Da wir vier Individualisten sind, die jeder für sich nahezu permanent beschäftigt sind, ist ein solches schlicht und ergreifend nicht zu erstellen. Das wissen wir, und deshalb haben wir uns auch schon vor Jahren darauf geeinigt, TRANSATLANTIC diesbezüglich eher dem Zufall zu überlassen. Das bezieht sich aber wirklich nur auf den Faktor Zeit, mit der Kreativität hat das nichts zu tun. Wenn jemand das Bedürfnis hat, seine Ideen den Kollegen mitzuteilen, dann tut er das ganz einfach. Danach entscheiden wir dann im Kollektiv, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um mit dem Schreiben und Aufnehmen neuer Songs zu starten. Es kann also durchaus sein, daß wir schon bald wieder mit neuem Material aufkreuzen. Oder aber fünf, oder sogar mehr Jahre dafür brauchen.

http://www.transatlanticweb.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

Photos: Tobias Andersson

TRANSATLANTIC im Überblick:
TRANSATLANTIC – Kaleidoscope (Rundling-Review von 2014 aus Online Empire 58)
TRANSATLANTIC – Live In Europe (Rundling-Review von 2003 aus Online Empire 17)
TRANSATLANTIC – Live In Europe (Rundling-Review von 2003 aus Y-Files)
TRANSATLANTIC – SMPTe (Rundling-Review von 2000 aus Online Empire 3)
TRANSATLANTIC – The Whirlwind (Rundling-Review von 2009 aus Online Empire 41)
TRANSATLANTIC – Heavy, oder was!? 61-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2002)
TRANSATLANTIC – Heavy 121-"Bildnews"-Artikel (aus dem Jahr 2009)
TRANSATLANTIC – Online Empire 86-Interview (aus dem Jahr 2021)
TRANSATLANTIC – News vom 16.04.2009
Soundcheck: TRANSATLANTIC-Album »Bridge Across Forever« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 60" auf Platz 26
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