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''US-Szene-Report: Bay Area''-Titel

Fast 25 Jahre sind vergangen, daß Oliver Jung, seinerzeit Betreiber des DEMOLITION-Tapelabels, für uns seinen Blick in der Bay Area schweifen ließ. Zwar hat Oliver sich schon längst aus der Szene verabschiedet, doch unlängst besuchte er diese Region nochmal zusammen mit seinem Kumpel Thomas Pieper. Dieser betrieb früher den "Cult Circle" und ist heute der Kopf der vielversprechenden Doomkapelle IS LOVE ALIVE?. Er war es auch, der uns anbot, einen Bericht über die Lage in der Bay Area zu schreiben. Das konnten wir unmöglich ablehnen.


Stefan Glas

Was ist nur aus unserer guten, alten Bay Area geworden? Eine Frage, die ich in den letzten Jahren desöfteren von gestandenen Headbangern vernehmen mußte. Mit Sicherheit auch nicht unberechtigt. War doch der kalifornische Landstrich rund um San Francisco in den 80er und 90er Jahren ein Garant für hochklassigen Thrash Metal der gemeinsten Sorte. Bands wie EXODUS, HEATHEN, MEGADETH, TESTAMENT, MACHINE HEAD, DEATH ANGEL, FORBIDDEN und allen voran natürlich METALLICA mit ihren ersten drei Alben schossen wie Pilze aus dem Boden. In Clubs wie dem "Stone", "Old Waldorf", "Ruthie's Inn", "Mabuhay Gardens", "Fillmore" (später "I-Beam") und "Terminator" war an jedem Wochenende die Hölle los, Metal wurde regelrecht zelebriert. Zahlreiche Demos und Liveaufnahmen fanden den Weg über den großen Teich, Fans und Plattenfirmen stürzten sich auf die aufkeimende Szene. Einige der Bands starteten eine Weltkarriere, andere sind immer noch auf kleinerem Niveau unterwegs, manche verschwanden irgendwann von der Bildfläche, das mediale Interesse ließ merklich nach.

Danny Shipman [''Reality Check TV''], Sven Soderlund [ex-MORDRED/ex-MERCENARY], Thomas Pieper, Oliver Jung

Im Mai 2014 wollten mein langjähriger Buddy und Sidekick Oliver Jung und ich der Sache auf den Grund gehen und flogen kurzerhand in die Hippie-Metropole. Hatten wir in den 90ern eigentlich regelmäßig unseren verdienten Jahresurlaub in der Bay Area verbracht, verloren auch wir aufgrund der obengenannten Tatsachen irgendwann das Interesse. Jetzt war es mal wieder an der Zeit.

Danny Shipman @ ''Reality Check TV''

WREKKING MACHINE, die Band um den späteren LÅÅZ ROCKIT-Gitarristen Scott Sergeant, bei denen wir damals regelmäßig nächtigten, existieren leider nicht mehr. Danny Shipman, damaliger Manager der Band und heute Mitarbeiter bei "Reality Check TV", einem Kulturkabelsender aus San Francisco, war daher unser Kontaktmann. Danny ist ein Metaller durch und durch. Er hat die "Glory Days" mitgemacht, sah METALLICA noch mit Dave Mustaine, und ist ein Urgestein der Szene. Er kennt jeden, und jeder kennt ihn. Also der ideale Mann für unsere Mission. Da traf es sich auch gut, daß Danny mit Sven Soderlund (ex-MORDRED/ex-MERCENARY) und Ian Larkin, dem Basser von Andy Galeons (ex-DEATH ANGEL) neuer Band THE NERV, zusammenwohnt. In den nächsten Tagen sprachen wir dann auch noch mit Harald Oimoen, legendärer Szenefotograf und Herausgeber des "Murder In The Front Row"-Bildbandes, der die Anfänge der Bay Area-Szene beleuchtet, Phil Demmel (ex-VIO-LENCE, heute MACHINE HEAD-Gitarrist), SKINLAB-Drummer Paul Hopkins, Mike Wells (ex-WREKKING MACHINE) und vielen anderen. Natürlich lernten wir auch einige neue Bands kennen, zu denen ich später noch komme.

''DNA Lounge''

Bei diesen Recherchen kam heraus, daß es um die Szene in San Francisco wirklich nicht gut bestellt ist. Das liegt zu einem großen Teil auch daran, daß sämtliche Proberäume, die vorher von der Stadt San Francisco subventioniert wurden, nicht mehr für Bands zugänglich sind. Diese Räumlichkeiten wurden an Firmen wie Microsoft und Google vermietet, die sich in San Francisco angesiedelt haben. Klar, die zahlen ja auch ein Vielfaches an Miete. Nun sitzen also anstelle von langhaarigen Metal-Freaks, die an neuen Songs schrauben, bebrillte Nerds dort an ihren Laptops und schreiben Programme. Daher sind viele Bands auf umliegende Städte wie Oakland oder Berkeley ausgewichen, oder sind gleich nach Los Angeles gezogen. Schade, aber so spielt das Leben. An angesagten Clubs gibt es nur noch das "Slims" und die "DNA-Lounge". Dort sahen wir während unseres Aufenthalts SKID ROW, PRIMAL FEAR, die BLACK STAR RIDERS (ex-THIN LIZZY) und einige Newcomer an. Also hatten wir in Sachen Konzerte dieses Mal kein großes Glück. SAINT VITUS, die für mich ein Highlight gewesen wären, spielten leider erst nach unsere Abreise, und auch in Los Angeles haben wir sie leider verpaßt. THIN LIZZY genießen unter den Bay Area-Musikern immer noch hohes Ansehen, so war die "DNA-Lounge" gut gefüllt, und man sah das ein oder andere bekannte Gesicht. Hier trafen wir auch den zuvor erwähnten Harald Oimoen, der sich uns gegenüber anfangs sehr reserviert und zugeknöpft gab, nach einem kurzen Aufenthalt auf der Toilette, aber nicht wiederzuerkennen war. Mit glasigen Augen und fahrigen Bewegungen schoß er einen Redeschwall nach dem anderen ab, meistens über die guten, alten Zeiten. Ich sag's ja immer: Ein entspannter Schiß macht einen ganz anderen Menschen aus dir.

Harald Oimoen, Scott Gorham [BLACK STAR RIDERS]

Okay, kommen wir nun zu den Hoffnungsträgern der Szene. Ehrlich gesagt, umgeblasen hat uns keine der neuen Bands, erwähnenswert sind aber allemal.

HELL FIRE [US]-Bandphoto

Die Band der Stunde sind HELL FIRE aus San Francisco, die stets die besten Opening Slots bekommen. Kein typischer Bay Area-Thrash, sondern eine Mischung aus Power Metal und NWoBHM. So befindet sich auch auf ihrer bisher einzigen Veröffentlichung, einer Promo-EP, neben einer Eigenkomposition ein JAGUAR-Cover. Die Band nimmt zur Zeit ein Album auf. Die Spikes & Leather-Fraktion sollte HELL FIRE im Auge behalten. (http://www.hellfirerocks.com/)

HYSTERIA [US]-Bandphoto

Die Burschen von HYSTERIA aus Oakland sind bereits seit 2005 unterwegs und können drei Alben vorweisen, die sie in Eigenregie veröffentlicht haben. Gitarrist Jake Nunn drückte mir ein brandneues Demo in die Hand, welches Lust auf mehr macht. Ihren Stil würde ich als Power Metal mit Speedeinflüssen bezeichnen. Gefällt! (http://www.facebook.com/pages/hysteria/125952494085031)

SKINNER-Bandphoto

Die Formation SKINNER aus San Jose existiert seit 2010. Namensgeber und Sänger Norman Skinner (ex-IMAGIKA) bezeichnet den Sound seiner Combo als eine Mischung aus FORBIDDEN (in musikalischer Hinsicht) und ICED EARTH (Gesang). Ich denke, der ICED EARTH-Vergleich kommt hin, die musikalische Klasse von FORBIDDEN wird aber nicht erreicht. Trotzdem ist »Sleepwalkers«, das aktuelle Album, ein Gourmethappen für Genrefreunde. (http://www.facebook.com/skinnermetal)

THE NERV-Bandphoto

Bei THE NERV aus San Francisco handelt es sich wie schon erwähnt um die neue Band von Andy Galeon. DEATH ANGEL-Fans sind ja in der Regel ein bißchen offener als der gemeine Metalfan, und das muß man bei dieser Band auch sein. Deren Sound muß ich eher dem Punk-Rock zuordnen, also nix mit geilen Breaks und pfeilschnellen Soli, eher 3-Akkord-Geschrubbe. Das ist aber nicht negativ gemeint. Gefrontet von einer netten, jungen Dame hat auch diese Band live ihre Reize, auf Konserve würde ich sie mir allerdings nicht anhören, zumal ich persönlich auch mit weiblichem Gesang wenig anfangen kann. (http://www.thenerv.net/)

ZOMBIE HOLOCAUST [US]-Bandphoto

Auch ZOMBIE HOLOCAUST aus Oakland sind nichts für Metal-Puristen. Sie bieten auf ihrem aktuellen Album »Entitled to Enlightenment« (eine EP aus 2007 und ein Album aus 2009 sind ebenfalls erhältlich) zwar typische Bay Area-Thrash-Gitarren, Tempowechsel und geniales Drumming, der Gesang allerdings hat einen eindeutigen D.R.I.-Einschlag, was das Ganze natürlich eher punkig klingen läßt. Mir gefällt's! (http://www.facebook.com/zhrocks)

Phil Demmel [MACHINE HEAD], Thomas Pieper

Right, das war's auch schon mit der musikalischen Ausbeute. Ihr seht, musikalisch hat die Bay Area nicht mehr so viel zu bieten, trotzdem ist San Francisco natürlich immer eine Reise wert. Allein schon wegen des Mexican Food. Unsere Empfehlung: "Zona Rosa" auf der Haight Street, oder eine der zahlreichen Filialen von "Del Taco" oder "Taco Bell". Sämtliche genannte Bands sind über die angegebenen Links natürlich im Netz zu erreichen, und auch die zahlreichen Clips von "Reality Check TV" bei YouTube unter https://www.youtube.com/user/realitycheckstudio sind amüsant anzuschauen. Check it out!


Thomas Pieper

Photos: Thomas Pieper, cdgImagery [HELL FIRE], Russell Allen Image [THE NERV]


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