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Zumindest schien es eine solche zu werden: Diese Band wurde 1980 gegründet, doch erst 19 Jahre und zwei Bandnamen später konnte man einen Platten­ver­trag abschließen. Doch das Warten hat sich gelohnt, denn in Form von »View From The Top« haben GRAND ILLUSION eines der besten Melodicalben des letzten Jahres veröffentlicht. Daher baten wir den größten der Illusionisten, Anders Rydholm, uns mehr über dieses schwedische Melodiephänomen zu verraten.

Es ist richtig, daß unser Sänger Per Svensson und ich schon seit 1980 zusammenspielen. Allerdings machten wir damals bei der Band MARK 5 noch ganz andere Musik: Es war eine achtköpfige Band, die mit Bläsern arbeitete, so daß die Geschichte von GRAND ILLUSION streng genommen erst 1986 beginnt. Damals stießen die beiden Sundell-Brüder Peter und Christian zu Per und mir und in dieser Besetzung spielen wir heute immer noch. Wir benannten uns in PROMOTION um und spielten in den Achtzigern viel live, doch wir nahmen nie etwas auf. Gleichzeitig gelang es uns nach und nach, gute Jobs zu bekommen. Eigentlich muß man sagen, daß wir die Bandarbeit erst ernsthafter betrieben, als ich 1995 mein eigenes Studio fertiggestellt hatte. Daher nahmen wir mit PROMOTION zwei CDs auf: 1997 »Not For Sale« und 1998 »Yeah Yeah«. Da beide CDs mittlerweile ausverkauft sind, haben wir sie 2001 unter dem Namen »In The Beginning« mit vier Bonussongs wiederveröffentlicht.

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Hattet Ihr in dieser Zeit keine Bestrebungen, professionell Musik zu machen?

Da ich als Musiklehrer arbeite, kann ich meinen Lebensunterhalt gewissermaßen auch von der Musik bestreiten. Die Chancen, Full-Time-Musiker zu werden, waren hingegen immer sehr gering, da man mit unserer Art von Musik quasi kein Geld verdienen kann. Ich muß Dir ehrlich sagen, daß ich lieber ein gutes Leben führe und nebenher Musik mache, als arm zu sein, aus dem Koffer zu leben und in abgefuckten Hotels absteigen zu müssen. Ich muß die Situation realistisch betrachten: Wir konnten unsere Alben nur in dieser Art und Weise aufnehmen, weil ich ein eigenes Studio habe. Doch für dieses Studio mußte ich jahrelang bezahlen und es kostet nach wie vor eine Menge Geld, es zu unterhalten. Wenn wir für »View From The Top« ein normales Studio hätten buchen müssen, hätten wir zwischen 50.000 und 70.000 Euro bezahlen müssen und es wäre unmöglich, diesen Betrag über die Verkäufe wieder reinzuholen. Das ist die nüchterne Wahrheit.

Ihr habt ein bemerkenswertes Line-up, in dem sich zwei Sänger, aber kein etatmäßiger Gitarrist befindet. Woher rührt das?

Gitarristen waren von Anfang an ein Problem für uns: Wir hatten viele Klampfer, aber entweder sie haben nicht richtig in die Band gepaßt oder wir konnten sie nicht halten. Irgendwann hatte ich die Nase voll von diesem Zirkus, so daß ich selbst begonnen habe, mehr Gitarre zu spielen. Die Rhythmusgitarre stellt für mich kein Problem dar, unser Texter Ola Karlsson spielt phantastisch Akustikgitarre und für die Leadparts laden wir uns Gastmusiker ins Studio ein. Das hat sich als die bequemste Vorgehensweise für uns herauskristallisiert.
Unsere beiden Sänger kommen hervorragend miteinander aus. Peter Sundell ist natürlich unser Hauptsänger, aber ich lasse gerne auch Per Svensson einige Parts übernehmen, wenn es zu dem Song paßt. Beide haben ganz unterschiedliche Stimmen, die aber hervorragend miteinander harmonieren und ich kombiniere beide sehr gern. Außerdem singen beide die Backings grundsätzlich gemeinsam.

Folglich ist es sowohl aus beruflichen Gründen als auch wegen des Line-ups momentan unmöglich für Euch zu touren. Wie sieht es mit Einzelauftritten bei Festivals aus?

Wir haben über solche Dinge gesprochen, aber im Moment sieht es nicht so aus, als könnten wir vernünftige Liveshows spielen. Was nützt es uns zu touren, wenn wir nicht genügend Platten verkaufen? Folglich kennen uns zu wenige Leute und wir würden nicht genügend Eintrittskarten verkaufen. Irgendwie muß man eine Tour finanzieren und wir sind zu alt für das "pay to play"-Spielchen.

Vermißt Ihr es, auf der Bühne zu stehen?

Drei von uns vermissen es sehr und zwei nicht so sehr. Ich gehöre zur letzten Gruppe, denn ich bin sehr viel mehr davon fasziniert, neue Songs zu schreiben und aufzunehmen. Das macht mir mehr Spaß, als alte Songs immer wieder zu spielen. Wenn wir das Angebot erhalten würden, mit TOTO auf Tour zu gehen, würde ich sicherlich nicht ablehnen, aber das ist natürlich nur ein Wunschgedanke.

Warum sind es immer schwedische oder amerikanische Bands, die es verstehen, melodische Musik so perfekt in Szene zu setzen?

Ich glaube, daß in Schweden schon immer sehr viel Wert auf Melodien gelegt wurde. Für mich ist es das A und O beim Songwriting. Wenn ein Song keine gute Melodie hat, dann taugt er nichts. Ich will Melodien schreiben, die man nach dem ersten oder zweiten Hören mitsummen kann. Der Song sollte eingängig sein, aber anspruchsvoll arrangiert sein.

Ihr hattet offensichtlich gewisse Probleme, einen Bandnamen zu finden. Zudem war Euer letzter Name PROMOTION nicht gerade der Weisheit letzter Schluß.

Ich habe keine Ahnung mehr, warum wir uns so genannt hatten. Ich kann mich nur noch erinnern, daß wir zu Anfang die Schreibweise "PRO MOTION" hatten. Nach der Veröffentlichung unseres ersten Albums hatten wir lange darüber diskutiert, ob wir uns umbenennen sollten. Aber wir kamen leider zu einer falschen Entscheidung und behielten den Namen bei. Nach der zweiten Platte war es dann höchste Zeit, den Namen zu ändern. Zum einen hatten wir unseren Musikstil leicht geändert, denn die ersten beiden Platten waren etwas Westcoast-lastiger ausgefallen und es tauchten noch Bläser auf. Außerdem hatten wir einen Plattenvertrag mit ESCAPE MUSIC abgeschlossen, die uns nahelegten, den Namen zu ändern.

Und Euer neuer Name rührt gewiß daher, daß STYX einen großen Einfluß für Euch darstellten.

Ich bin zwar ein großer STYX-Fan vor allem von den Alben »Pieces Of Eight« und »Cornerstone«, aber sie waren nicht der Grund für die Namenswahl. Wir hatten etwa einhundert mögliche Namen gesammelt und sie bis auf vier zusammengestrichen, doch wir konnten uns nicht auf einen dieser vier Namen einigen. Also schickten wir ESCAPE alle vier Vorschläge und ließen sie entscheiden.

Warum habt Ihr es nicht früher geschafft, einen Plattenvertrag abzuschließen? War Eure Promotion für PROMOTION nicht gut?

Ich muß zugeben, daß wir immer lausig waren, wenn wir uns selbst verkaufen sollten. Das ist eine echte Schande, besonders weil ich den Studiengang "Marketing" mit Erfolg abgeschlossen habe. Ich würde mir wünschen, wir wären früher aufgewacht, aber wir hatten uns nie genug auf die Band konzentriert. Andererseits sind wir in dieser Zeit als Menschen und als Musiker gereift und ein Album wie »View From The Top« hätten wir vor zehn Jahren garantiert nicht zustande gebracht.

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Du hast auch schon ein Musical geschrieben. Wovon handelt es?

Es ist ein Rockmusical, das von einem Händler der Ostindischen Kompanie handelt, der zwischen 743 und 745 mit einem Schiff von Göteborg nach China und zurück segelt. Das Musical handelt von den Menschen an Bord und den Begegnungen, die sie mit Menschen haben, während sie in Cadiz in Spanien und in Java an Land gehen. Das Musical hatte am 16. November 2002 Premiere. Ich habe 1995 mit Lasse Johanson begonnen, der für die Texte zuständig war, an dem Musical zu arbeiten, aber die Hauptarbeit haben wir in den letzten zwei Jahren erledigt. Ein Freund erzählte mir damals, daß man in Göteborg begonnen hatte, ein Schiff der Ostindischen Kompanie nachzubauen, das 2004 nach China lossegeln soll. Ich dachte, daß dies ein gutes Thema sei, um ein Musical darum zu stricken. Der Titel des Musicals lautet einfach "The Company".

Doch meines Wissens war das nicht Dein erstes Musical.

Richtig. Mein erstes Musical entstand 1993 und hieß "Dacke". Es handelt von dem Anführer eines schwedischen Aufstandes, der vor etwa 450 Jahren stattfand. Es war der größte Aufstand zum Sturz des Königs, der jemals in Schweden stattfand, und hatte einen gewissen Robin Hood-Flair.

Sind andere GRAND ILLUSION-Musiker an den Musicals beteiligt?

Ja, es wird eine Platte von "The Company" geben, auf der sowohl Peter als auch Per singen werden. Peter wird aus beruflichen Gründen aber nicht bei der Bühnenumsetzung mitwirken. Per wird allerdings auch auf der Bühne mitmischen und er hatte auch schon bei "Dagge" die Hauptrolle übernommen.

Du komponierst quasi das gesamte GRAND ILLUSION-Material. Haben die anderen Mitglieder kein Interesse, Songs beizusteuern oder bestehst Du darauf, daß Du alles allein machst?

Nein, sie sind einfach zu faul. Wenn ich nichts machen würde, dann würde bei GRAND ILLUSION überhaupt nichts passieren. Nur unser Texter Ola komponiert ebenfalls Songs, die aber einer ganz anderen Stilrichtung angehören: Er schreibt Countrystücke. 70 Prozent der Zeit bin ich allein im Studio; ich schreibe Songs und arrangiere sie, nehme Baß, Rhythmusgitarre und Keyboards auf. Die anderen sind ebenfalls sehr aktiv für GRAND ILLUSION, aber sie schreiben eben keine Songs.

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Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

Photos: Per Klasson

GRAND ILLUSION (S, Växjö) im Überblick:
GRAND ILLUSION (S, Växjö) – Prince Of Paupers (Rundling-Review von 2012 aus Online Empire 50)
GRAND ILLUSION (S, Växjö) – View From The Top (Rundling-Review von 2002 aus Online Empire 13)
GRAND ILLUSION (S, Växjö) – Heavy, oder was!? 66-Interview (aus dem Jahr 2002)
GRAND ILLUSION (S, Växjö) – Online Empire 14-Interview (aus dem Jahr 2003)
GRAND ILLUSION (S, Växjö) – News vom 15.03.2010
Soundcheck: GRAND ILLUSION (S, Växjö)-Album »Brand New World« im "Soundcheck Heavy 129" auf Platz 38
Soundcheck: GRAND ILLUSION (S, Växjö)-Album »Ordinary Just Won't Do« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 77" auf Platz 47
Soundcheck: GRAND ILLUSION (S, Växjö)-Album »Prince Of Paupers« im "Soundcheck Heavy 137" auf Platz 40
Soundcheck: GRAND ILLUSION (S, Växjö)-Album »View From The Top« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 65" auf Platz 45
Playlist: GRAND ILLUSION (S, Växjö)-Album »View From The Top« in "Jahrescharts 2002" auf Platz 10 von Stefan Glas
Playlist: GRAND ILLUSION (S, Växjö)-Album »View From The Top« in "Playlist Heavy, oder was!? 65" auf Platz 2 von Stefan Glas
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