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  UE-Home → History → Underground Empire 4 → Interview-Übersicht → SAMSON (GB)-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

”UNDERGROUND EMPIRE 4”-Datasheet

Contents:  SAMSON (GB)-Interview

Date:  15.02.1991 (created), 19.04.2010 (revisited), 22.01.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 4

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue still available, order here!

Comment:

Es liegen etliche Stories und Reviews schon seit Jahren unveröffentlicht auf Halde, weil eigentlich der damalige Autor noch ein "Extra-Info" hätte verfassen sollen. Doch diese Idee soll nun in die Tonne gekloppt werden, weil auf diese Weise diese alten Artikel vielleicht nie online gehen. Daher wird meine Wenigkeit - sofern möglich - ein "Ersatz-'Extra-Info'"verfassen. Sollte der damalige Autor doch noch Lust verspüren, etwas zu diesem Kasten beizusteuern, so werde ich das dann eben hinzufügen.


Es war eine der kultigsten Band in dieser Ausgabe, für die Gerald mittels seines Interviews mit der NWoBHM-Legende Paul Samson gesorgt hatte. Was damals niemand ahnen konnte: »Refugee« sollte Pauls vorletztes Album werden, da Paul viel zu jung im Jahr 2002 im Alter von 49 Jahren an Krebs verstarb. Auch sein langjähriger Kompagnon am Baß, Chris Aylmer, der 1993 das letzte unbetitelte SAMSON-Album an Pauls Seite einspielte, ist bereits tot: Er starb 2007 ebenfalls an Krebs und wurde 57 Jahre alt.

Supervisor:  i.V. Stefan Glas

 
 

SAMSON (GB)-Logo

SAMSON (GB)-Bandphoto 1

Eigentlich bräuchte man als Einleitung zu dem folgenden Gespräch mit SAMSON nicht mehr viel zu berichten, denn die Band ist längst zu einer lebenden Legende geworden. Einst, Anfang der 80er, galt SAMSON auch als ein Synonym für die NWoBHM. Alben wie »Head On« oder »Shock Tactics« sorgten mit Recht dafür, daß man die Band zu dieser Zeit in einem Atemzug mit ANGEL WITCH, TYGERS OF PAN TANG, SAXON oder eben IRON MAIDEN nannte. Viele ist der Name SAMSON allerdings lediglich in Verbindung mit Bruce Dickinson geläufig. Schade, denn SAMSON zählen nicht unmaßgeblich zu den Wegbereitern für die heutige Metal-Szene, und als 1986 nach einer Ära von acht Jahren das vorläufige Aus für diese Band kam, war ich fast ein wenig traurig. Ein hervorragendes Livealbum zeugt von dem Wirken während dieser Ära. In der Folgezeit konnte sich Paul Samson einen Namen als Produzent erwerben, indem er unter anderem das Debut der Engländer EGYPT und eine LP der Legende ANGEL WITCH produzierte. Das Folgeprojekt Paul Samson's EMPIRE bescherte dem guten Paul Achtungserfolge, aber auch nicht mehr. Erst 1988 konnten die mittlerweile reformierten SAMSON mit der Mini-LP »...And There It Is...« - diesmal mit größerem Erfolg - wieder auf sich aufmerksam machen. Ende des letzten Jahres ist nun auf der Insel bereits das neue Album »Refugee« erschienen, so daß man 1991 wieder verstärkt mit den Herren Charlie Mack, Toby Sadler, Peter Scallan und Paul Samson rechnen sollte.

Okay Paul, laß uns dieses Interview doch einmal damit beginnen, indem Du eine kurze Retrospektive über das Schaffen von SAMSON in den letzten zwei Jahren gibst!

Letztes Jahr haben wir die Arbeiten zu unserem neuen Album »Refugee« beendet. Wir haben in dieser Zeit mit wirklich sehr vielen Musikern gearbeitet. Als ich in Amerika war, plante ich dies bereits, aber dann hat es doch noch eine ganze Weile gedauert, bis ich fähige Musiker finden konnte, um dieses Album fertigzustellen. »Refugee« ist übrigens in England schon einige Zeit im Handel.

Vor einigen Wochen habe ich mir mit großem Aufwand Eure noch vor der »Refugee«-LP veröffentlichte Mini-LP »...And There It Is...« beschafft. Zu meinem Erstaunen mußte ich feststellen, daß drei der Songs auch wieder auf »Refugee« erscheinen.

Yeah! Die wurden bereits 1988 veröffentlicht, und die Aufnahmen für die Mini-LP waren Demos. Zu dieser Zeit hatten wir einen anderen Manager, der diese Demos an die einzelnen Plattenfirmen versandte. Daraufhin spielten wir einen Showcase, worauf METAL MASTERS diese Demosongs kurzerhand auf Vinyl preßte. Wir meinten, daß diese Songs recht gut sind, vor allem ›Good To See You‹, so daß wir sie auf dem »Refugee«-Album nochmals in verbesserter und überarbeiteter Form veröffentlicht haben. Als diese erste Veröffentlichung damals geschah, war ich ziemlich sauer, denn die Songs waren einfach noch nicht fertig, kein richtiger Mix, und ich hatte die Kontrolle über das, was mit SAMSON geschah, verloren. Deshalb war ich auch verwundert, daß sich »...And There It Is...« dann doch relativ gut in England verkaufte. Ein weiterer Grund für die Wiederveröffentlichung war auch die Tatsache, daß es die Mini-LP nur in England gab.

Du sprachst am Anfang unseres Gesprächs bereits über einige bzw. eine Unmenge von Line-up-Wechseln bei SAMSON. Worin liegt Deiner Meinung nach der Ursprung für all diese Veränderungen?

Äh, vielleicht liegt es ganz einfach daran, daß ich einige Zeit in Deutschland, Amerika, dann wieder in England und später lange Zeit in Japan war. Ich bin einfach ständig unterwegs, so daß ich zwangsläufig mit verschiedenen Musikern gearbeitet habe. Darüber bin ich nicht immer glücklich, denn daraus ergeben sich viele Probleme. Ein konstantes Line-up läßt sich dann nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufbauen. Aber mittlerweile scheint das Line-up beständig zu sein, und wir haben mit Peter Scallan wieder einen sehr guten Sänger.

Daß Du so oft zwischen der alten Welt, Amerika und vor allem Japan hin- und herpendelst liegt mit Sicherheit daran, daß in Nippon das zehnjährige Jubiläum der NWoBHM mit Glanz und Gloria begangen wird, denn schließlich bist Du ferner auch bei dem ALL STARS PROJECT als auch auf dem Solowerk des Japaners Kaizoku maßgeblich beteiligt. Desweiteren habe ich Dich auch dabei ertappt, wie Du bei dem kürzlich ebenfalls nur in Japan veröffentlichten Soloalbum »Trapped« von Lea Heart (ex-FASTWAY) ebenfalls als Gastmusiker fungiertest...

Oh, Kaizoku... [lacht] Ich hätte nicht gedacht, daß in Deutschland irgendjemand dieses Album kennt. Yeah, Lea Heart, der übrigens ein guter Freund von mir ist, hat mit diesem Kaizoku-Projekt begonnen. Vor einiger Zeit begann er auch ähnlich wie ich, sich mehr außerhalb Londons bzw. in der letzten Zeit in Japan aufzuhalten. Zu diesem Zeitpunkt haben sich auch FASTWAY aufgelöst. Er hatte dann endlich Zeit, sich neuen Aufgaben zu widmen. Währenddessen befand sich eine japanische Band in England, um ein Album aufzunehmen und daraus hat sich dann schön langsam ergeben, dieses Projekt mit der All-Star-Besetzung einzuspielen. Unter anderen haben auf der Kaizoku-LP Leute wie Scott Gorham, Paul Dianno, Nigel Glocker und Biff Byford mitgewirkt. Diese Idee stieß in Japan auf sehr positive Resonanz, so daß später noch ein zweites rein britisches ALL STARS PROJECT mit zahlreichen Musikern aus der Zeit des NWoBHM ins Leben gerufen wurde. In Japan ist das wirklich ein Hit, es wurden davon in einer Woche über 20.000 Einheiten verkauft. Das ALL STARS PROJECT wurde übrigens komplett in London eingespielt, veröffentlicht wurde aber dieses Projekt, genau wie das Kaizoku-Album nur in Japan. Mittlerweile ist auch noch eine weitere sehr gute Live-CD in Japan erschienen, auf der man Paul Di'Anno und PRAYING MANTIS hören kann. Lea Hearts Album »Trapped« ist an sich nur ein Nebenprojekt zu der ALL STARS-Veröffentlichung.

Hast Du eigentlich keine Probleme, angesichts all dieser Projekte noch die Übersicht zu behalten und dabei vor allem produktiv zu arbeiten?

[lacht] Es ist wundervoll, man macht jeden Tag etwas anderes, Du machst soviel verschiedenes. Du spielst fünf Shows in Germany, bist dann wieder für kurze Zeit in England, um dann wieder für ein paar Gigs in Holland zu sein. Zur Zeit planen wir auch, innerhalb der nächsten drei Monate für ein paar Shows nach Deutschland zu kommen. Wir werden dann einen Querschnitt aus all unseren Alben live präsentieren. Die Kontakte für diese Tour wurden unter anderem während meines Aufenthaltes im Schwarzwald hergestellt. Ich habe da in einem Studio in Emmendingen mit einer Band zusammengearbeitet, die sich THRON nennt. Du wirst Dich jetzt vielleicht wundern, denn es ist keine Heavy Metal-Band. Der Sänger ist ein guter Freund von mir, und wir haben ein Cover eines alten ULTRAVOX-Songs eingespielt. Es ist sehr ungewöhnlich geworden und war auch für mich eine neue Erfahrung. Der Heavy Rock-Einfluß von mir und die elektronischen Pop-Einflüsse von ihm machen zusammen vielleicht einen Hit aus diesem Song... [lacht] Es wird dazu auch ein Video geben.

Ich könnte natürlich jetzt bösartig sein und behaupten, daß der gute Paul nach dem Ausbleiben des großen Erfolgs mit SAMSON vielleicht sein Glück auf anderer musikalischer Ebene versuchen möchte. Aber objektiv gesehen, woran, glaubst Du, liegt es, daß SAMSON mehr oder weniger immer eine Insiderband war und ist?

Ja, in Bezug auf SAMSON hast Du sicher recht, aber ich versuche, das Beste daraus zu machen. Man kann den großen Erfolg nicht einfach erzwingen, wenn er sich nicht gleich einstellt, vielleicht passiert es dann beim zweiten Mal. Aber insgesamt gesehen möchte ich SAMSON doch als erfolgreiche Band betrachten, denn unsere Alben werden immerhin in zwölf oder vierzehn Ländern gut verkauft. Alles, was wir tun können, ist, kontinuierlich an diesem Konzept weiterzuarbeiten.

Wie denkst Du über die Wiederveröffentlichung Eurer alten Alben (»Shock Tactics«, »Survivors« und »Head On«) durch REPERTOIRE RECORDS?

Oh, ich denke, daß dies eine großartige Idee ist. So haben die neueren Fans auch die Chance, unser älteres Material kennenzulernen.

Ich meine, vor allem »Shock Tactics« war ein Album, das viele andere Bands in ihrer Entwicklung beeinflußt hat.

Sicher! Es war ein witziges Album, weil es zu der Zeit, im Sommer '81, als es veröffentlicht wurde, seiner Zeit etwas voraus war. Damals war die Mehrheit der Leute etwas reserviert gegenüber diesem Album. Diese LP hat sich anfangs gar nicht mal so gut verkauft, wie viele vielleicht meinen. Erst nachdem Bruce das Interesse an SAMSON verlor und bei IRON MAIDEN einstieg, errang »Shock Tactics« ein wenig mehr an Bedeutung. Dann viel später, so um 1983/'84, als wir bereits in einer anderen Besetzung tourten, behaupteten viele Leute im Nachhinein, daß wohl »Shock Tactics« eines der besten SAMSON-Alben sei.

Aber ich bin auch der Ansicht, daß die Folgealben »Before The Storm« und »Don't Get Mad, Get Even« ebenfalls sehr gute Songs boten.

Ja, in dieser Besetzung mit Nicky Moore hat es Spaß gemacht. Nur kam Nicky mit seiner bluesigen Stimme und seinem Aussehen beim Publikum einfach nicht so an. Irgendwie war das Bruce-Line-up populärer, aber das auch erst, als Bruce mit IRON MAIDEN erfolgreich wurde. Das eigenartige daran ist nur, als wir noch mit Bruce zusammen waren, spielten wir meist vor nicht mehr als 200 oder 300 Leuten, wogegen wir mit Nicky vor Publikum mit mehr als 3.000 Leuten spielten.

An dieser Stelle fragt Paul mich überraschenderweise, wie ich mir denn eigentlich das nächste SAMSON-Album - bei einem Rückblick auf alle bis dato veröffentlichten SAMSON-Werke - vorstelle. Meine Antwort darauf: eine Mixtur aus »Shock Tactics«, mit der Intensität eines Albums wie »Before The Storm«, exakt auf dem spieltechnischen Standard von »Refugee« abgestimmt, müßte das optimale SAMSON-Werk sein. Dies überrascht Paul Samson nicht im geringsten, vielmehr erhalte ich als Bestätigung folgende Antwort:

Das ist genau die Richtung, die ich gerne einschlagen möchte. Es wird auf jeden Fall mehr direkte, straighte, gitarrenorientierte Songs enthalten. Nicht mehr so viele Keyboardparts.

Nach diesem sehr aufschlußreichen Gespräch, wollte ich zum Schluß noch von Paul, der für mich immer ein Ausnahmegitarrist war, wissen, was er denn von den zahlreichen instrumentalen Saitenzauberern aus der ganzen Welt hält.

So viele von ihnen klingen so ähnlich, man kann sie oftmals kaum unterscheiden. Meistens kommen sie von Universitäten, wo sie sich jahrelang an verschiedenen Stilen versucht haben, aber wirklich gut gefällt mir eigentlich nur Joe Satriani, der einzigartig Feeling und Power kombinieren kann. All diese vielen Yngwies und andere sind technisch brillant, aber hören sich für mich alle so gleich an. Meine Alben sind mehr oder weniger Soloalben, denn ich habe alle Songs selbst geschrieben und produziert. Deshalb würde ich auch kein rein instrumentales Album veröffentlichen. Aber ich habe mit ›Room 109‹ ein Instrumental auf der neuen LP, das im allgemeinen auch gut bei den Leuten ankommt.

Zu diesem Zeitpunkt dauerte unser Gespräch schon etwas mehr als 40 Minuten, in denen wir uns auch noch über die derzeitige Situation in der englischen Metalszene unterhielten, aber um dies genauer zu dokumentieren, fehlt leider der Platz, so daß mir zum Schluß eigentlich nur noch der Rat an Euch bleibt, SAMSON nicht einfach so zu übergehen und vielleicht einmal etwas intensiver in die neue LP »Refugee« hineinzuhören.

http://www.paulsamson.co.uk/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Gerald Mittinger

SAMSON (GB) im Überblick:
SAMSON (GB) – Head On (Re-Release-Review von 2003 aus Online Empire 14)
SAMSON (GB) – Live At Reading '81 (Re-Release-Review von 2017 aus Online Empire 71)
SAMSON (GB) – Refugee (Rundling-Review von 1990 aus Underground Empire 3)
SAMSON (GB) – Shock Tactics (Re-Release-Review von 2003 aus Online Empire 14)
SAMSON (GB) – Survivors (Re-Release-Review von 2003 aus Online Empire 14)
SAMSON (GB) – The BBC Sessions (Rundling-Review von 2000 aus Online Empire 2)
SAMSON (GB) – Underground Empire 4-Interview (aus dem Jahr 1991)
SAMSON (GB) – Online Empire 4-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2000)
SAMSON (GB) – News vom 02.02.2007
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