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RETURN TO THE SABBAT-Bandphoto 1

Vor wenigen Wochen gab Martin Walkyier seinen Ausstieg bei SKYCLAD bekannt, um aber im gleichen Atemzug zu erklären, daß er seine alte SABBAT-Truppe wieder zusammengetrommelt hätte. Da besagte RETURN TO THE SABBAT im Rahmen des "Bang Your Head!!!"-Festival ihren ersten Auftritt in Deutschland absolvierten, wollten wir Martin und Bassist Frazer Creske mehr Details entlocken.

Die Geschichte begann damit, daß du SKYCLAD verlassen hast.

Über diese Möglichkeit habe ich mit Frazer schon seit langer Zeit gesprochen, da ich bei SKYCLAD nicht mehr sonderlich glücklich war. Aber ich blieb bei der Band so lange ich davon überzeugt war, daß wir weiterhin würden gute Platten machen können. Als wir die letzte SKYCLAD-Scheibe »Folkemon« veröffentlichten, wurde mir schlagartig klar, daß die Band in dieser Besetzung niemals »Folkemon« übertreffen könne. Die Band hatte ihren Höhepunkt erreicht und hätte sich nur weiter steigern können, wenn einige Musiker ihre Einstellung zur Band geändert hätten, wozu sie aber nicht bereit waren. Ich möchte im Nachhinein nichts Schlechtes über Menschen sagen, mit denen ich zehn Jahre zusammen Musik gemacht habe. Aber es war offensichtlich, daß nicht mehr jeder bereit war, sich hundertprozentig für die Band einzusetzen. Es war aber stets mein Maxim gewesen, mein Bestes zu geben und ich war nicht bereit, mein Leben damit zu verschwenden, etwas zu tun, das zwangsläufig hinter dem alten Material zurückstehen muß.

Du hast auch finanzielle Gründe angeführt, die dich zu diesem Schritt veranlaßt haben.

Es gab viele Gründe, die zusammenkamen und Geld gehörte auch dazu. Eines Tages, wenn ich genug Abstand gewonnen habe, werde ich ein Buch darüber schrieben, in dem ich auf alles detailliert eingehen werde. Momentan ist alles noch zu frisch. Ich kann nur sagen, daß es mich eine Menge Überwindung gekostet hat, eine Band zu verlassen, die auf meiner Idee basiert hatte und mit der ich zehn Jahre lang Musik gemacht hatte.

Dennoch ist RETURN TO THE SABBAT nicht der Beginn einer neuen Geschichte, sondern wie der Name andeutet machst du dort weiter, wo du damals mit SABBAT aufgehört hattest.

Bei SABBAT ist alles viel zu schnell gegangen. Wir haben damals vieles ruiniert, weil wir zu jung waren. Heute kann ich alles wertschätzen, was das Leben mir schenkt. Ich liebe es, daß die Musik mir ermöglicht hat, hierher zu kommen, in der Sonne sitzen zu können und mit netten Menschen über Musik zu sprechen.
Nach meinem Ausstieg bei SKYCLAD gab es für mich die Alternative, ein völlig neue Band auf die Beine zu stellen und mich ein Jahr lang im Proberaum einzuschließen, um Songs zu schreiben. Anschließend hätte ich vielleicht on tour festgestellt, daß ich Musiker um mich herum habe, die meinen Glauben an die Band nicht wirklich teilen. Oder aber ich konnte SABBAT wieder zum Leben erwecken: Immerhin haben mich während der letzten zwölf Jahre die Fans pausenlos angefleht, die alten SABBAT-Songs zu spielen. Die Entscheidung war einfach, zumal ich wußte, daß ich für RETURN TO THE SABBAT ein perfektes Team zusammenstellen konnte: ein perfektes Management und eine perfekte Roadcrew, unsere eigene Plattenfirma und eigenes Merchandising und vor allem Musiker, die ich seit Jugendtagen kenne und von denen ich weiß, daß sie sich genauso für die Band aufopfern wie ich. Mit Frazer hatte ich beispielsweise schon vor SABBAT, in Alter von 14 Jahren, in Bands gespielt und wem bitte sollte ich mehr vertrauen können?

Was ist eigentlich mit dir, Frazer? Was hast du während der letzten Jahre getrieben?

Ich hatte nach wie vor Kontakt zu Martin, aber ich hatte die Musik komplett aufgegeben. Im letzten Jahr sprachen wir über die Möglichkeit, SABBAT wiederauferstehen zu lassen und beschlossen, es zu tun, weil das Gefühl einfach stimmte. Also kramte ich meinen Baß unter dem Bett hervor und wir haben begonnen zu proben. Es war verrückt: Wir haben zwölf Jahre nicht mehr zusammengespielt und ich hatte während dieser Zeit nicht mal mein Instrument in Händen gehalten, aber wir spielten sofort zwei Songs am Stück durch - selbstverständlich nicht fehlerfrei, aber vom Feeling her perfekt.

Und es stand nie zur Debatte, daß auch Andy Sneap wieder mit von der Partie sein würde?

Wir haben mit Andy gesprochen, aber er ist ein vielbeschäftigter Mann: Er hat gerade die neue KREATOR-Platte produziert und hätte nie genügend Zeit für RETURN TO THE SABBAT aufbringen können.

Wie kam es damals zustande, daß SABBAT mit U.D.O. auf der »Animal House«-Tour gespielt haben? Eigentlich haben die beiden Bands nicht zusammengepaßt.

Deswegen wurden wir auch nach der zweiten Show von der Tour gekickt. Wir hatten in Mannheim und Düsseldorf gespielt und erfuhren anschließend, daß ab sofort an unserer Stelle eine andere Band, an deren Namen ich mich nicht erinnern kann, spielen würde.

RETURN TO THE SABBAT-Bandphoto 2

Ich habe mehr als einmal die Frage gehört "Wer braucht RETURN TO THE SABBAT, und was will Martin mit dieser Band erreichen?"

Es ist mir vollkommen egal, was andere über uns denken und es interessiert mich auch nicht, ob ich mit RETURN TO THE SABBAT meine finanziellen Schwierigkeiten bereinigen kann. Und wenn ich am Ende des Tages keinen roten Heller in der Tasche habe, gehe ich dennoch in dem Bewußtsein ins Bett, daß ich eine Band habe, die nichts erschüttern kann, und ein Team, das bombenfest zusammensteht, so daß wir alles unter eigener Kontrolle haben. Dieses Gefühl ist unbezahlbar!
Im Grunde ist RETURN TO THE SABBAT ein Witz. Wir sind eine Tribute-Band für die Band, die wir vor zwölf Jahren waren. Im Moment tun wir nichts anderes als den Leuten jene Songs zu geben, um die sie uns jahrelang gebeten haben. Wenn wir wollten, könnten wir uns damit eine Zeitlang über Wasser halten. Aber das ist nicht unser Ziel, ganz gleich, ob die Band einen Monat, sechs Monate oder sechs Jahre existieren wird - wer weiß das schon so genau? Aber wenn alles so läuft, wie wir es uns vorstellen, werden wir etwas völlig Neues erfinden. Als wir mit SABBAT und unseren Pagan-Ideen starteten hielten uns die meisten Leute für verrückt. Aber wir haben damit zweifelsohne viele Bands bis hin zu CRADLE OF FILTH beeinflußt. Auch SKYCLAD wurden am Anfang ausgelacht: ein Mädel mit einer Geige in einer Heavy Metal-Band - lächerlich! Und wie viele Folk-Metal-Bands gibt es heute, die genau das gleiche tun? Wir wissen noch nicht genau, was wir tun werden, denn dazu sind unsere Visionen noch zu frisch, aber ich kann mit Sicherheit sagen, daß es nicht dem altbekannten Bandprinzip folgen wird. Und ich kann versprechen, daß es von Herzen kommen wird. Ich fühle, daß es wieder Zeit ist, etwas Neues zu erfinden! Und ich bin mir sicher, daß wir wieder ausgelacht werden. Aber in fünf Jahren werden wir weiterreden...

Ist es nicht ärgerlich, wenn man irgendwelchen Trends auf den Weg hilft, aber andere letzten Endes den Erfolg absahnen?

Im Gegenteil! Es ist das größte Kompliment, das man im Leben bekommen kann. Damit kann ich zwar meine Rechnungen nicht bezahlen, aber das ist mir einerlei. Über meinem Bett habe ich ein Bild von 1920 mit einen deutschen Sinnspruch hängen, den ich von der Großmutter eines deutschen Freundes bekommen habe: "Der hat sein Leben am besten verbracht, der die meisten Menschen hat glücklich gemacht." Das ist zu meinem Lebensmotto geworden. Ich habe noch nie etwas besessen und ich habe nie mehr als zehn Mark in der Tasche, aber es würde reichen, um Dich zu einem Bier einzuladen. Sei nett zu anderen Menschen und dann sind sie nett zu dir - nach dieser Philosophie lebe ich! Andere Menschen gehen jeden Tag zur Arbeit, um Geld zu verdienen, aber sie können niemals tun, was sie wollen. Ich mache das ganze Jahr, was ich will, habe aber kein Geld, so daß das Leben manchmal sehr hart ist. Aber das ist der Preis, den ich bezahlen muß.

Kritiker werfen dir jedoch vor, daß hinter RETURN TO THE SABBAT nur ein kluger Business-Schachzug steckt, mit dessen Hilfe du dir ein Stück vom Black Metal-Kuchen einheimsen willst.

Ja und nein. Einerseits bin ich kein Geschäftsmann, denn sonst wäre ich schon längst Multimillionär, wäre mit meinem Hubschrauber zu diesem Interview geflogen, 18 blonde Mädchen hätten mich mit meiner Sänfte zu meinem Wasserbett getragen, auf dem ich nun liegen würde während ich mit Dir spreche. Aber ich bin zu dumm! Ich kann einfach nicht wie ein Geschäftsmann denken. Und wenn irgend jemand glaubt, ich wäre ein Sell-out, dann ist er auf dem Holzweg. Andererseits wäre es schön, wenn wir mit unserer Musik ein wenig Geld verdienen könnten. Aber wenn das nicht passiert, wird es mich nicht aufhalten, denn ich habe noch nie Geld besessen.

Für mich schien es so, daß Dir Deine Texte immer sehr wichtig waren, die oftmals wie Gedichte anmuteten. Solche Texte waren bei SKYCLAD einfach unterzubringen, aber wie soll das bei RETURN TO THE SABBAT funktionieren?

Ich habe zehn Jahre lang versucht, die Wale oder den Planeten zu retten und es war schön zu sehen, daß es einige wenige Leute gab, die die Texte wertschätzten. Ich war der nette Kerl, aber ich habe mich gefühlt wie ein Künstler, der immer wieder das gleiche Bild malt. Mittlerweile bin ich leider zu der Überzeugung gekommen, daß die Welt völlig abgefuckt ist und in 50 oder 60 Jahren in einem großen Pool aus Schleim untergehen wird. Ich kann nicht mehr dagegen ansingen; das sollen die LEVELLERS, NEW MODEL ARMY oder U2 tun, ich kann es nicht mehr. Wenn der Weltuntergang kommen wird werde ich ihm ins Angesicht lachen!

http://www.martinwalkyier.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

Photos: Stefan Glas

RETURN TO THE SABBAT im Überblick:
RETURN TO THE SABBAT – Rock Station 7-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2001)
RETURN TO THE SABBAT – Online Empire 8-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2001)
RETURN TO THE SABBAT – Online Empire 9-Interview (aus dem Jahr 2001)
RETURN TO THE SABBAT – News vom 11.04.2001
RETURN TO THE SABBAT – News vom 25.01.2002
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