UNDERGROUND EMPIRE 2-Datasheet |
Contents: FATES WARNING-Interview |
Date: Dezember 1989 (created), 24.03.2009 (revisited), 27.10.2024 (updated) |
Origin: UNDERGROUND EMPIRE 2 |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Availability: original printed issue sold out! Several later issues still available; find details here! |
Comment: Sicherlich hatte ich ganz andere Erwartungen an das Interview gehabt, was zu den etwas ungewöhnlichen Schlußwort des Interviews geführt hatte. So hätte ich gerne mit Jim intensiv über die Texte gesprochen, worauf ich leider verzichten mußte. Aber immerhin bekamen wir auf diesem Weg eine Info über SYRUS, die ansonsten der Welt verborgen geblieben worden wäre. Das Interview war seinerzeit hübsch achsensymmetrisch konstruiert, was allerdings auch dazu führte, daß insgesamt fünf, teils relativ mäßige Livephotos verwendet werden mußten. Stattdessen haben wir nun ein offizielles Promophoto nebst zwei, na ja..., erträgliche Liveshots verwendet.
P.S.: Am interessantesten finde ich aus heutiger Sicht allerdings schon meine Beschreibung von MANOWAR in der Einleitung. Allerdings sollte man hinzufügen, daß die Band seinerzeit noch erstklassige Musik machte, während sie sich heute nur noch krampfhaft an ihr Image klammert, um nicht unterzugehen, da sie mit ihrer Musik wahrlich keinen Staat mehr machen können... Schade. Sehr schade! |
Supervisor: Stefan Glas |
Die "Christmas Metal Meetings" waren echt nicht öbel! Der "Master Of Mähne", BORDENs ihr LIZZY, die "Traum Waver" vom SABBAT, die SAXONischen "Rock'n'Roll Gipsfigürchen" und die "Kings Of Image" perfekt gespielt von KLEINKINDOSANDKASTENSPIELCHEN waren ja alle ganz nett, aber keiner von ihnen konnte dem fünften und heimlichen Topact auch nur ansatzweise das Wasser reichen. Der Stern von FATES WARNING überstrahlte alle anderen in noch nie dagewesenem Glanz.
Wieviele US-Geheimtips haben immer davon erzählt und auch darauf gehofft, der alten Welt einen Besuch abstatten zu können, haben es jedoch nie geschafft. Bestes Beispiel in diesem Zusammenhang sind wohl OMEN, oder auch JAG PANZER, HALLOWS EVE und wie sie alle heißen. Es nahm mit der Zeit immer mehr den Anschein, als würde dieses Schicksal auch FATES WARNING widerfahren, denn eine geplante Tour nach der anderen wurde abgesagt. Bei den Christmas Metal Meetings sollte es dann aber doch wahr werden: FATES WARNING live in Europa! Dabei trafen sie es dann noch besser als andere Kollegen, wie zum Beispiel ARMORED SAINT, bei denen es bislang nur für einen Festivalauftritt beim "Dynamo" gereicht hat oder gar HADES, die in Deutschland ihre letzten Atemzüge taten, und konnten immerhin mehr oder minder ganz Deutschland bespielen.
Dieser Tag konnte nicht nur den Vorzug eines einmaligen Konzerts, sondern auch die Begegnung mit erfreulichen Zeitgenossen - hallo Karl! - bieten. Daß ich bei solch einem glorreichen Ereignis, der Deutschland-Debut-Tour von FATES WARNING, überhaupt nicht umhin kam, ein Interview zu führen, brauche ich wohl nicht zu betonen, oder?
Allerdings flüchtete die Band in ihren Nightliner und wollte sich vor mir verstecken. Mann, Jungs, ich war zwar unrasiert, aber bissig bin ich trotzdem nicht (im Zweifel wäre ich auch gegen Tollwut geimpft - Red.). Abgesehen davon habt Ihr Euch doch nicht meiner Präsenz entziehen können. Als ich es dann geschafft hatte, bis in das letzte Refugium der Band vorzudringen, war Sänger Ray Alder am dransten.
Auf »Perfect Symmetry« war ein recht starker Stilwechsel zu verzeichnen. Soll diese LP ein Wendepunkt Eurer Karriere zu neuen Stilrichtungen werden?
Wenn Du alle Platten von FATES WARNING kennst, dann wirst Du sicher schon festgestellt haben, daß sie sich sehr stark voneinander unterscheiden. Bei »Perfect Symmetry« war es eigentlich genau die gleiche Veränderung, weil wir einfach nie ähnlich klingen wollen. »No Exit« war wahrscheinlich unser heaviestes Album, und wir wollten nicht in die selbe Richtung weitergehen. Die nächste LP wird wieder total anders klingen.
Was mir bei »Perfect Symmetry« besonders aufgefallen ist, war der verstärkte Gebrauch von Akusikgitarren!
Ja, Akusitikgitarren werden immer einen Teil der FATES WARNING-Musik ausmachen, weil man mit ihnen sehr gut Stimmungen ausdrücken kann.
Hattet Ihr keine Bedenken, nach Euerem härtesten Album, »No Exit«, Euer softestes, »Perfect Symmetry«, zu veröffentlichen? Hattet Ihr keine Angst, die Fans vor den Kopf zu stoßen und einige sogar zu verlieren?
Als wir »Perfect Symmetry« schrieben, wurde uns bewußt, daß wir wohl einige Fans verlieren würden, aber wir wußten auch, daß wir viele "die-hard"-Fans haben, die Veränderungen akzeptieren. Man kann nicht immer gleich klingen, weil man dann stagniert. Sicher, »Perfect Symmetry« war eine sehr drastische Veränderung, aber man muß sich wandeln!
Andererseits werdet Ihr aber auch neue Anhänger dazugewinnen, da »Perfect Symmetry« einen sehr differenzierten Stil aufweist.
Ja, »Perfect Symmetry« ist jetzt schon unser bestverkauftes Album. Es sind nach drei bis vier Monaten schon mehr Einheiten verkauft, als von »No Exit«. Wir haben also auch einige Fans hinzugewonnen.
Die ersten Cover waren sehr Fanasty-mäßig, was sich bei den beiden letzten grundlegend geändert hat. Was waren die Gründe dafür?
Irgendwie ist es genauso wie bei der Musik: Wir wollten uns verändern. Das neue Cover wurde von Hugh Syme geschaffen, der schon Cover von RUSH oder WHITESNAKE gemacht hat. Wir spielten ihm einige Songs vor, zeigten ihm die alten Cover und ließen ihm freie Hand.
Leider sind auf dem Album keine Texte abgedruckt. Jeden einzelnen zu besprechen, wäre zuviel oder würde zu oberflächlich werden. Wähle Dir daher bitte einen aus und erläutere ihn ganz genau.
Nehmen wir ›Through Different Eyes‹: Wenn Du ein Kind bist, dann gewöhnst Du Dich sehr an den Platz, an dem Du aufwächst und kennst jede kleine Kleinigkeit. Mit der Zeit wird man erwachsen und muß wegziehen. Wenn man dann nach Jahren wieder zurückkommt, scheint es, als sähe alles total anders aus. In Wirklichkeit hat sich nicht dieser Ort verändert, sondern der Mensch. Der Song handelt also vom Zurückschauen in die eigene Vergangenheit. Wenn Du das Video siehst, das wir gedreht haben, wirst Du den Song noch etwas besser verstehen.
Jetzt kommt eine sehr schwere Frage für Dich! Bitte versuche, Dich selbst und Deinen Gesang objektiv mit dem ehemaligen Sänger John Arch und seinem Gesang zu vergleichen!
Oh Mann, das ist schwer. John Arch ist nachwievor einer meiner Lieblingssänger, genauso, wie FATES WARNING schon meine Lieblingsband war, bevor ich bei ihnen eingestiegen bin. John Arch hatte vielmehr Harmonien in seinen Gesangslinien. Meine Gesangslinien sind mehr "straight forward" und vielleicht etwas packender.
›Through Different Eyes‹ ist zweifelsohne ein sehr komplizierter Song. Dennoch geht er gut ins Ohr und hat fast einen Easy-Listening-Charakter. Wie würdest Du das erklären?
Richtig, wenn man sich den Song genau anhört, wird man feststellen, daß jeder von uns etwas anderes spielt. Der Song ist sehr kompliziert und schwer zu spielen. Die meisten Leute jedoch denken, es sei ein straighter Song.
Für Eure Fans seid Ihr oftmals ein starker Einfluß und manchmal auch so etwas wie ein Idol. Welches Gefühl hast Du dabei, wenn Du darüber nachdenkst?
Darüber habe ich mir noch nie so richtig Gedanken gemacht! Eine schwere Frage! Irgendwie ist es ein seltsames, fast beunruhigendes Gefühl, andererseits ist es aber auch ein riesiges Kompliment.
Erzähl' Du doch bitte, wer Dich beeinflußt hat!
Ich wurde sehr von Rob Halford, Steve Perry, Geoff Tate und auch John Arch beeinflußt. (Ich wollte diese beiden Fragen zwar nicht nur auf die musikalische Seite beschränken, aber Ray bezog sich eben ausschließlich darauf. - Red.)
Für mich sind FATES WARNING die wichtigste Band beim "Christmas Metal Meeting". Was denkst Du, wieviele Leute nur wegen Euch zu den Festivals gekommen sind?
Nicht so viele! [lacht] Einige sind extra wegen uns gekommen, und sie haben uns gesagt, daß sie es sehr aufregend gefunden hätten. Ich glaube auch, daß wir einige neue Fans hinzugewonnen haben.
Eine aktuelle Frage zur Weihnachtszeit: Was hälst Du von dem ganzen Weihnachtsrummel inklusive der Geschenke, etc.?
Ich komme eigentlich nie so sehr in diesen Trubel hinein, da ich keine Geschenke kaufe - ich kriege nur welche. [lacht]
Welchen Stellenwert hat die Musik in Deinem Leben?
Ich höre mir eigentlich gar nicht soviel Musik an. Ich habe auch nur eine Handvoll Kassetten, aber ich liebe es zu singen. Auf jeden Fall beansprucht FATES WARNING all meine Zeit.
Wie steht es um Deine ehemalige Band SYRUS, die sich vor einiger Zeit reformiert haben?
Sie bekamen einen Vertrag von AAARRG RECORDS angeboten, aber kurze Zeit bevor sie nach Deutschland kommen wollten, um die LP aufzunehmen, hatte der Gitarrist einen Unfall, so daß die Sache flachfallen mußte.
Um zum Schluß zu kommen, will ich auch Dich nach Deiner Meinung über die Vorgänge im Ostblock fragen!
Nein, keine Politik bitte! Ich beschäftige mich nicht mit Politik und kenne mich nicht damit aus. Klar, ich finde es super, was da zur Zeit passiert. Ich habe sogar ein Stück von der Berliner Mauer bei mir, aber für Politik interessiere ich mich überhaupt nicht!
Über die Vor- und Nachteile, ein Interview mit einem Musiker zu führen, der dies normalerweise nie tut:
Die Rolle des Bandsprechers und somit auch des regulären Interviewpartners hat bei FATES WARNING bekanntlicherweise Jim Matheos. Dadurch, daß ich die Band suchen mußte und daß Ray der erste war, der mir über den Weg lief und sich spontan bereiterklärte, mit mir zu sprechen, sollte es fürs UNDERGROUND EMPIRE eben ein anderer Musiker sein. Das Interview würde sicher total anders aussehen, hätte ich mit Jim und nicht mit Ray gesprochen. Darüber zu spekulieren, ob Jim mehr zu sagen gehabt hätte, oder ob er gehaltvollere Antworten gegeben hätte, ist so sinnlos wie müßig. Es war für Ray auf jeden Fall etwas besonderes ein Interview zu geben, vielmehr als für Jim, der daran gewöhnt ist. Wobei ich hiermit keineswegs sagen will, daß es für ihn eine langweilige Routine sei. Jedoch ist die Gefahr, sich im Grundtenor ähnelnder Antworten bei Jim doch größer, als sie dies bei Ray überhaupt sein kann. Andererseits kann Ray nicht über die Gewandtheit im Umgang mit Fragen verfügen, wie sie Jim sich über die Jahre hinweg angeeignet hat.
Wie alles hat auch diese Angelegenheit ihre zwei Seiten, die jeder nach eigenem Ermessen bewerten kann. Auf jeden Fall war dies irgendwie "das andere FATES WARNING-Interview" und hat allein schon unter diesem Gesichtspunkt seine unschlagbaren Reize.
Photos: Mark Weiss [Photo 1], Stefan Glas [Photo 2-3]