"Keep It True IX"-Festival
Dittigheim, Sporthalle
04.11.2007
Ein ausverkauftes "Keep It True" ist nicht unbedingt ungewöhnlich, doch für das zweite "kleine" KIT waren die Tickets innerhalb eines Wimpernschlages ratzkahl weg. Falls das Schild "Wir müssen leider draußenbleiben!" Euch getroffen hat, könnt Ihr Euch jetzt ja mit unserem Review trösten.
Wie gewohnt machen zwei "kleine" Bands den Anfang, doch heuer auf enormem Qualitätslevel, so daß beide fast mehr Publikumsfeedback einfahren können als die nachfolgenden US-Metal-Heroen STEEL ASSASSIN, über die Gerald Euch berichten wird: Die Schweden ENFORCER haben mit ihrem schnörkellosen, unverkrampften und klischeefreien Old School-Hard Rock/Metal den euphorischen Empfang allemals verdient. Wie kennzeichnet Gerald die Band doch so treffend? "Klingt wie eine schnellere Version der alten TOKYO BLADE!" Einziger Kritikpunkt ist der verdammt dünne Klampfensound, der von dem machtvollen pumpenden Baß völlig übermannt wird. Eine zweite Klampfe würde den Jungs live also gewiß guttun. Doch die Performance von Frontmann Olof "Enforcer" Wikstrand kann bestens davon ablenken, da er verdammt oft an einen Biff Byford in den Achtzigern erinnerte - und zwar inklusive aller - ja aller! - schlechten Klischees; bis hin zur Spendexhose, zu der man anmerken kann, daß es auch hier angesichts der Dimensionen des "Bewohners" ratsam gewesen wäre, zur bewährten Hasenpfote- oder Tennissockenmethode zu greifen... Ansonsten: Weitermachen!
PORTRAIT sind kultig und obskur zugleich. Ihr fast schon kindlich verbissener Wille, MERCYFUL FATE so nahe wie möglich zu kommen, hat schon etwas herzerwärmendes an sich. Ansonsten erhalten sie für ihren Entschluß, statt unschuldigen CD-Rohlingen mit dem Laser auf die Pelle zu rücken, ihre Demosongs lieber gaaanz old-schoolig auf Kassetten zu kopieren (die übrigens beim KIT ratzfatz ausverkauft sind), tonnenweise Sympathiebonuspunkte. Bleibt nur noch, daß sich die Musiker dringend besser aufeinander einspielen müssen, denn beim KIT kommt alles etwas untight und drucklos rüber. Wenn dann vielleicht noch ein Funken Originalität Einzug in die Musik erhalten würde, wäre wirklich alles bestens, und PORTRAIT wären wahrlich ein Bild von einer Band... (sg)
STEEL ASSASSIN - live over Europe at the "Keep It True IX", ein Traum wird wahr. Im Vorfeld des Gigs, gibt es jedoch nicht wenige kritische Stimmen im Publikum, welche ihren Unmut gegenüber dem neuen Sänger John Falzone (vormals TRIPHAMMER) kundtun. Nun deren Meinung teile ich nicht, da ich mir die neue Trumpfkarte »War Of The Eight Saints« zuvor ohne Mißbilligung bereits mehrfach reingezogen hatte. Und so soll es auch sein, sämtliche Kritik scheinen mir ungerechtfertigt. Sicher Doni Escolas, der mit seiner höheren Stimmlage das Debut »From The Vaults" veredelt hatte, war schon eine Klasse für sich gewesen, aber das erneuerte Line-up glänzt meines Erachtens mindestens genauso tough. So überzeugen im Set Kracher wie ›Hawkwood‹, ›Metalfire‹ und insbesondere der absolute Livebringer ›Hill Of Crosses‹. Dabei beeindrucken mich neben dem Kultbasser Phil Grasso vor allem die genialen Soli von Mike Mooney, der zudem wahre Riffgewitter zum Publikum schickt. Die Jungs wissen ihren Set zu nutzen und zelebrieren ohne große Unterbrechungen oder Ansagen eine Vielzahl von Stücken der beiden Alben. Gegen Ende des Sets mehren sich dann verstärkt die Rufe nach ›The Executioner‹, welche dann auch gebührend mit einer harten Version des Kultstücks belohnt werden. Bleibt zu hoffen, daß dies nicht das einzige Gastspiel STEEL ASSASSINs in Europa gewesen sein soll. Diese Performance bedeutet schließlich einmal mehr eine Lehrstunde hochklassischen, zeitlosen US-Metals. (gm)
Willkommen auf der Schizophreniestation des neunten KIT! Bei keiner anderen Band ist so wenig vor der Bühne los, keinen anderen Auftritt nutzen so viele Besucher zum Frischluftschnappen. Doch diejenigen, die vor der Bühne sind, schweben kollektiv mit PAGAN ALTAR weg und kehren erst dann wieder auf die Erde zurück als sie im weiteren Verlauf des Abends die Möglichkeit haben, sich in Demutshaltung vor dem durch die Halle schreitenden Sänger Terry Jones in den Dreck zu werfen. Kurzum: PAGAN ALTAR sind für die einen der Kultact schlechthin, während die anderen voller Unverständnis den Kopf schütteln. Als eher neutraler Beobachter muß ich meinerseits der Band, bei der derzeit in Gestalt von Rich Walker (g) und Diccon Harper (b) zwei SOLSTICE-Mucker mitwirken, bescheinigen, daß sie mit ihrer Doom/NWoBHM-Mischung eine ganz außergewöhnliche Aura kreieren und definitiv eine Bereicherung des Billings darstellen. Obgleich man in musikalischer Hinsicht immer wieder Rückgriffe auf Bands wie JETHRO TULL oder URIAH HEEP identifizieren kann, fällt dies kaum ins Gewicht, denn der obskure Gesamteindruck wird hauptsächlich von eben jenem Terry Jones (Nein! Natürlich nicht der Monty Python-Knabe!) geprägt: Mit gesegneten 62 Jahren älter als Ozzy Osbourne, klingt er streckenweise fast schon erschreckend stark nach Sharons Pantoffelhelden und singt gelegentlich sogar fast genauso schräg wie dieser... Ergo: Ein Erlebnis sind PAGAN ALTAR allemal - auch wenn es viele KITlinge komplett verpassen. Wie schätzungsweise auch Gerald, zu dem wir jetzt zurückschalten. (sg)
Es ist immer wieder erstaunlich, wenn Bands über Jahre aus der Szene verschwunden sind und plötzlich wieder aus der Versenkung auftauchen. So auch die kultigen SACRED OATH: Als vor ein paar Jahren deren kultiges »A Cristal Vision«-Album von SENTINEL STEEL RECORDS nochmals auf CD wiederveröffentlicht wurde, dachte ich eigentlich, daß es sich damit hätte. Doch weit gefehlt: Nach einer Demo-CD und dem jüngst veröffentlichten Reunionsalbum »Darkness Visible« will es das Quartett aus Connecticut wohl noch einmal wissen. Dementsprechend gespannt erwarte ich dann auch den Auftritt am frühen Abend. Die beiden ersten Songs kommen dann aus meiner Sicht noch etwas holprig rüber. Aber schon mit dem folgenden ›Queen Of The Night‹, von Rob Thorne als seinen persönlichen Favoriten vom neuen Album angekündigt, springt der Funken buchstäblich auf das Publikum über. Bei der Band mit den beiden Neuzugängen Glen Curciani an der Rhythmusgitarre und Lou Liotta am Baß weicht die anfängliche Anspannung. Vor allem Rob, der mit seiner offenen und freundlichen Art entscheidend zum Wohlwollen aller beiträgt, gehört meine Anerkennung. Beachtlich, wenn man bedenkt, daß er dabei die Gesangsparts, als auch die recht anspruchsvollen Gitarrenleads zugleich verbindet. Überhaupt weiß er sich, live gut zu verkaufen. Cool auch der Drummer Kenny Evans, welcher einen grundsoliden Teppich unterlegt. Im Verlauf harmoniert dann auch zunehmend das Zusammenspiel (wobei der Basser noch ein paar Prozent mehr hätte geben können), so daß es Laune macht, Stücken wie ›The Golden Dawn‹ oder diverse andere Klassiker vom Debut zu frönen. Zum Glück dankt das Publikum dies auch gebührend, so daß der gute Rob überwältigt von den Reaktionen erwiderte: "Am liebsten würde ich jeden Tag hier einen Gig zum besten geben!" Also einmal mehr eine der US-Metalbands mit dem gewissen Etwas, welche doch noch zu späten ehren kommt. (gm)
Im Vorfeld nüchtern betrachtet, war es sicherlich nicht nur für meinereinen, glasigen Welchen eine riesige Enttäuschung, daß HIRAX beim KIT spielen würden. Denn: Ursprünglich sollten die überragenden Technik-Speedies TOXIK diese Position ausfüllen, doch selbige sollten quasi scheibchenweise ihre Zusage zurückziehen: Zunächst verabschiedete sich Basser Brian Bonini Anfang August aus der Band und schließlich sprang die Band mit der Begründung, daß sie keinen neuen Tieftöner gefunden hätten, ab. Doch die KIT-Macher sollten in Gestalt der Dänen EVIL umgehend einen perfekten Ersatz finden - allerdings wollte es das Schicksal anders, denn EVIL-Drummer Freddie Wolf verletzte sich am Handgelenk und erneut war die Co-Headliner-Position beim KIT IX offen; zum Glück werden EVIL ihren Auftritt im November nächsten Jahres beim elften KIT nachholen. Auf den letzten Drücker konnten die Veranstalter HIRAX als Ersatz für den Ersatz an Land ziehen - eine Band, die sicherlich bei weitem nicht so kultig und ausgefallen ist die ersten beiden Kandidaten.
Aaaaber: Letztendlich ist es super, daß Katon & Co. in Klein-KITenhausen, will heißen Dittigheim, aufrocken, denn die Truppe ist live immer stark und Katon hat das Frontmanncharisma bekanntlich mit extragroßen Löffeln gefressen. Besonders wertvoll (neben seinem wie immer leicht irren Blick und den strahlendweißen, gebleckten Zähnen) sind seine Spielchen mit dem divewilligen Publikum: So hilft er immer wieder, Diver auf die Bühne zu ziehen, wofür diese sich bedanken, indem sie Katon von der Bühne runterziehen und zu einer kleinen, sicherlich nicht ganz freiwilligen Crowdsurfsession einladen. Überhaupt zeigt die vorgetragene Divetechnik an diesem Abend eine enorme Dynamik. Zumeist soll Altherrendiving angesagt sein: Vorsichtig an den Bühnenrand gehen, sich nach vorne bücken und sich dann gemütlich auf die Menge drauflegen; ganz anders ein deutlich athletischerer Zeitgenosse, der die Monitorboxen als Absprungrampe nutzt und mit einem Salto ins Publikum eintaucht. Und so sollen HIRAX spielend den ungeschlagenen Stimmungshöhepunkt des Abend bilden! Außerdem ist ihre schnurgerade Thrashmucke mit leichter Hardcoreneigung genau jene Stilistik, die im 9er-KIT-Farbfächer noch gefehlt hat. Fazit: Allen Vorausberechnungen zum Trotz sollen HIRAX die eindeutigen Gewinner des neunten "Keep It True" werden!
Und das liegt vor allem daran, daß LEATHERWOLF ein wenig schwächeln. Zwar kann man nichts von den Problemen merken, die einige Tage später zum Rauswurf von Gitarrist Geoff Gayer führen sollen, doch der magische Funke will einfach nicht überspringen. Dabei sind die Voraussetzungen eigentlich gegeben: Die Band ist endlich wieder mit ihrem einzig wahren Sänger vereint - welchen Unterschied die Vocals machen, ist deutlich auf »New World Asylum« zu hören, dem letzten Studioalbum der Band, das Michael Olivieri nochmal neu eingesungen hatte, und das beim KIT am Merchandisestand verkauft werden soll. Überhaupt ist Michael - obgleich er an sein Mikro gefesselt ist - eindeutig der Aktivposten der Wölfe, denn er singt exzellent und legt sich auch posingtechnisch voll ins Zeug, während bei den anderen Musikern eher "Dienst nach Vorschrift" angesagt ist, was vielleicht in den bandinternen Problemen begründet ist. Schade: Die Show hätte können die Krönung des Abends werden, doch so steht unterm Strich nur ein "ganz nett" als Résumeé.
Mehr als "ganz nett" wird es indes beim zehnten "Keep It True" zugehen, für das die Veranstalter das ultimative Underground-Billing zusammenkarren werden. Interessenten sollten sich blitzschnell Tickets sichern, denn die Jubiläumsveranstaltung wird mit Sicherheit genauso schnell ausverkauft sein wie das neunte KIT! (sg)
Photos: Stefan Glas
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