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Vor etwas mehr als einem Jahr erlag Gitarrist Denis "Piggy" D'Amour seinem Krebsleiden. Sein Tod war ein herber Verlust, nicht nur für seine Angehörigen, sondern auch für seine Bandkollegen Denis "Snake" Belanger (v), Michael "Away" Langevin (d) und Jason "Jasonic" Newsted und ihre Fans. VOIVOD stehen seit den Anfangstagen für außergewöhnliche Klänge. Ihre mittlerweile als Klassiker des Thrash Metal zu betrachtenden Werke »War And Pain« oder »Dimension Hatröss« werden wohl auf alle Zeit unerreicht bleiben.
Doch trotz des tragischen Todesfalles stehen VOIVOD nach wie vor für anspruchsvolle Klänge und so paßt die aktuelle Veröffentlichung namens »Katorz« stilistisch gesehen perfekt zu den Vorgängeralben und darf getrost als logischer Nachfolger von »Voivod« betrachtet werden. Vielleicht haben manche Fans nach Piggys Ableben nicht mehr mit einem weiteren Album von VOIVOD gerechnet, aber es war wohl nicht nur im Sinne des verblichenen Gitarristen die Band weiterhin am Leben zu erhalten, sondern im Prinzip von ihm persönlich vorgegeben, daß dieses Unternehmen auch weiterhin existieren mußte.

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Trotz der nicht gerade einfachen Umstände nach der Veröffentlichung von »Katorz« zeigte sich Snake anläßlich eines Interviewtermins durchaus positiv gestimmt, was die Gegenwart und auch die Zukunft der Band betrifft:

Zunächst einmal bitte ich um einen kurzen Hintergrundbericht, wie »Katorz« überhaupt entstanden ist.

»Katorz« ist, wie ihr vielleicht erkennen könnt, unsere Schreibweise von "quatorze" und ist französisch für "viuerzehn". Da wir mittlerweile unser vierzehntes Album veröffentlichen, war die Titelwahl fast vorgegeben. Als wir erkennen mußten, daß Piggy sein schweres Leiden wohl nicht überleben wird, hatten wir keinen Augenblick gezögert, dieses Album ausschließlich ihm zu widmen. Er hatte sämtliche Songideen und Riffs auf seinem Laptop gespeichert und wir beendeten sein Werk, indem wir daraus die Songs für »Katorz« machten. Auch der Titel entsprang seinem Gehirn in eben jener Schreibweise. Wir haben uns nicht zuletzt deshalb entscheiden, diesen Titel zu wählen, weil Piggy ihn auf eine CD geschrieben hat, auf der er einige seiner Ideen verewigt hatte. Es war unsere Intention, ihm das Album zu widmen, dabei aber nicht nur dem Menschen Denis Tribut zu zollen, sondern auch um mitzuteilen, daß durch sein Werk und seine musikalischen Vorgaben beim Hören der Platte Piggy allgegenwärtig wird und genau das ist uns mit »Katorz« gelungen.

Den Abgesang von VOIVOD wird »Katorz« trotz dieser Umstände aber nicht darstellen, oder?

Nein, keineswegs. Uns ist zwar bewußt, daß es wohl kaum möglich sein wird, mit einem anderen Musiker zusammen unter dem Namen VOIVOD zu spielen und dabei annähernd die Intensität und Genialität, die von Piggy ausgegangen ist, zu erreichen, aber zumindest für ein weiteres Studioalbum haben wir noch 13 - von Piggy ebenfalls mehr oder weniger fertiggestellte - Songs, die ebenso auf seinem Laptop gespeichert waren, in der Hinterhand. Dieses Album soll 2007 auf den Markt kommen. Zumindest bis dahin wird es VOIVOD in der derzeitigen Besetzung geben.

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Das heißt, daß keinerlei Touraktivitäten für »Katorz« geplant sind?

Stimmt. Für »Katorz« wird es mit Sicherheit zu keinen Gastspielreisen kommen. Es sind generell keine Konzerte geplant, außer einem Gig in Montreal, den wir zu Ehren von Piggy absolvieren werden und bei dem uns wohl einige Gastgitarristen unterstützen werden.

Wird denn dieser Gig eventuell Aufschluß geben, mit welchem dieser Herrn an der Gitarre VOIVOD in Zukunft zu hören und zu sehen sein könnten?

Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich denke, es ist schlicht und einfach noch zu früh, über derlei Angelegenheiten zu sprechen. Vielleicht ist der Spirit von Piggy so lange präsent, daß wir uns nach der Veröffentlichung vom kommenden Album zurückziehen und etwas völlig Neues starten, weil VOIVOD ohne Piggy zumindest für mich ohnehin unvorstellbar ist. Allerdings bin ich auch davon überzeugt, daß es in seinem Sinne sein muß, die Band am Leben zu erhalten. Wir haben lange Jahre zusammen dafür gekämpft und gearbeitet, so daß er es mit Sicherheit nicht haben wollte, daß wir anderen Jungs die Sache einfach so beenden. Warten wir einfach ab, was die nächsten Monate bringen und laßt Euch dann überraschen, was da auf Euch zukommen wird.

Ein entscheidender Schritt für die Zukunft wird dann wohl dieser anberaumte Gig in eurer Heimat werden. Gibt es denn schon konkrete Anfragen von Gitarristen, die gerne dabei sein möchten, oder habt Ihr schon Eure Fühler ausgestreckt?

Ja, aber einige Musiker wollen noch nicht genannt werden, da so etwas immer zu unangenehmen Spekulationen führt. Dave Grohl hat mir seine Mitarbeit schon zugesagt und neulich hat mich ein völlig euphorischer Andreas Kisser (SEPULTURA) angerufen, um mir mitzuteilen, daß es ihm eine Ehre wäre, an unserer Seite aufzuspielen, da er Piggy sowohl als Mensch, als auch als Musiker sehr zu schätzen gelernt hätte. Klar haben wir zugesagt, schließlich ist Andreas ja auch nicht gerade ein Anfänger an der Gitarre und zumindest von der technischen Versiertheit her sollte es mit diesen beiden Herrschaften klappen, unsere Songs perfekt zu intonieren. Was danach kommt, steht noch in die Sternen!

Da kann man sich in der Tat nur überraschen lassen. Jetzt aber einmal etwas anderes: Ebenso wie die Musik waren auch die Texte bei VOIVOD immer ein sehr interessantes Thema. Gibt es denn auch diesbezüglich etwas besonderes zu »Katorz« zu vermelden?

Im Gegensatz zu älteren Alben bin ich diesmal ein wenig direkter vorgegangen und habe meine Texte schneller auf den Punkt gebracht. Dadurch ist der "Science Fiction"-Faktor nicht mehr ganz so hoch. Thematisch ist auf »Katorz« keinerlei Konzept vorhanden. Ich habe mir diesmal zu einzelnen Themen meine Gedanken gemacht und aus fiktiven Ansätzen und der Realität meine Geschichten zusammengereimt. Da im Moment auf dieser Erde dermaßen viele negative Aspekte zu finden sind, bestand für mich keinerlei Anlaß eine Geschichte zu erdichten, wo die Realität doch so viele, beinahe schon Horror-Film-mäßige, Aspekte zu bieten hat. Traurig ist für mich vor allem, daß ich schon vor 20 Jahren über derlei Themen gesungen habe und der Menschheit einen Spiegel vorhalten wollte, um diese Mißstände zu zeigen, sich aber nichts daran geändert hat.
Die Kernaussage des Albums, nicht zuletzt auch durch unsere persönliche Tragödie inspiriert, lautet, daß die Menschen nicht nur an sich denken sollten, sondern bewußter mit ihrer Umwelt und ihrem Umfeld umgehen sollten.

Auch hier fällt mir ein, daß VOIVOD ihr kreatives Schaffen immerzu wie einen roten Faden durch ihre Karriere ziehen haben lassen. Ist diese Kontinuität einen Art "Erfolgsgeheimnis"?

Es war zu keiner Zeit geplant, auf diese Art zu spielen oder die Alben so zu konzipieren. Aber auch hier war das musikalische Genie namens Piggy der Auslöser. Er hat unsere Musik kreiert und wenn nötig, hat er die Band und unseren Stil von Album zu Album neu erfunden. So gesehen hast Du durchaus recht mit dem Begriff "Kontinuität", denn Piggy hat immerzu Wert auf Originalität und Innovation gelegt und das seit unseren ersten Alben.

Mittlerweile scheint wieder ein wenig Hoffnung aufgekommen zu sein, um an eine weitere Existenz von VOIVOD zu glauben. War es denn in der Tat so, daß Ihr geplant hattet, das Thema VOIVOD endgültig zu beenden?

Unmittelbar nach dem Tod von unserem Freund und Gitarristen war es schon so, daß wir keine Ahnung hatten, ob überhaupt und wie es weitergehen sollte. Aber als wir im Studio mit seinen Gitarrenspuren experimentierten und begannen, daraus Songs zu kreieren, spürten wir seine Gegenwart geradezu. Es wäre eine Schande gewesen, diese genialen Ideen und Riffs nicht der Öffentlichkeit zu präsentieren, denn nur so werden unsere Fans den Geist von Piggy immerzu bei sich spüren können. Er ist in wahrhaftig auf dem Album zu hören, denn wir hätten es nicht gewagt, an seinem Gitarrenspiel herumzuhantieren, sondern haben uns bemüht, Songs drum herum zu komponieren, was uns gar nicht einmal schlecht gelungen ist.

VOIVOD-Bandphoto 2

Was man in der Tat nachvollziehen kann. Das für 2007 in Aussicht gestellte Album sollte dann zu einem weiteren Höhepunkt werden. Denn wie die Band selbst, werden auch die Fans Denis "Piggy" D'Amour als einen der kreativsten Gitarristen in diesem Business in Erinnerung behalten und es wäre tatsächlich sträflich, sein Werk unvollendet zu belassen.
Bis dahin darf sich der geneigte VOIVOD-iander an »Katorz« erfreuen und hoffen, daß sich für die Zukunft eine Lösung hinsichtlich des Weiterbestehens ergeben wird. Denn es wäre zu schade, diese Musiker in Zukunft in der Szene zu missen.

http://www.voivod.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

VOIVOD im Überblick:
VOIVOD – Katorz (Rundling-Review von 2006 aus Online Empire 28)
VOIVOD – Negatron (Rundling-Review von 1995 aus Y-Files)
VOIVOD – Post Society (Rundling-Review von 2016 aus Online Empire 66)
VOIVOD – Synchro Anarchy (Rundling-Review von 2022 aus Online Empire 90)
VOIVOD – Ultraman (Rundling-Review von 2022 aus Online Empire 93)
VOIVOD – Voivod (Rundling-Review von 2003 aus Online Empire 14)
VOIVOD – War And Pain (Re-Release-Review von 2004 aus Online Empire 20)
VOIVOD – Underground Empire 4-"Demoklassiker"-Artikel (aus dem Jahr 1991)
VOIVOD – Heavy, oder was!? 59-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2001)
VOIVOD – Online Empire 1-"Shirt Story"-Artikel (aus dem Jahr 1998)
VOIVOD – Online Empire 29-Interview (aus dem Jahr 2006)
VOIVOD – Online Empire 40-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2009)
VOIVOD – News vom 07.08.2001
VOIVOD – News vom 07.09.2001
VOIVOD – News vom 26.04.2003
VOIVOD – News vom 04.01.2009
VOIVOD – News vom 11.07.2014
VOIVOD – News vom 14.07.2014
Soundcheck: VOIVOD-Album »Infini« im "Soundcheck Heavy 122" auf Platz 16
siehe auch: Musik von VOIVOD im Film "Universal Soldier III"
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