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  UE-Home → History → Online Empire 49 → Interview-Übersicht → MACHINE HEAD (US)-Interview last update: 27.03.2024, 15:23:21  

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Getreu dem Motto "Gut Ding braucht Weile" scheint man auch im Lager der Oakland-Boys von MACHINE HEAD zu arbeiten, sind doch gut vier Jahre ins Land gezogen, ehe die Band nun endlich wieder eine neue Abrißbirne vorlegt, um für kollektives Auszucken zu sorgen. Davon ist auch ein überaus entspannter Robb Flynn überzeugt, der sich anläßlich der Promotion für das neue Album im deutschen Büro seiner Plattenfirma in Köln aufhält. Doch trotz Interviewmarathons und des Umstandes, nur wenige Stunden nach diesem Gespräch wieder gen US of A jetten zu müssen, läßt Robb aber weder Streß, noch Ungeduld ob der an diesem Tag wohl sehr häufig ähnlich gearteten Fragen erkennen und gibt zufrieden und bereitwillig Auskunft zum aktuellen Silberling.

MACHINE HEAD (US)-Bandphoto 1

Gab es eine bestimmte Intention »Unto The Locust« deutlich unterschiedlicher klingen zu lassen als sämtliche Vorgängerwerke, oder hat sich die stilistische Veränderung erst während der langen Vorlaufzeit ergeben?

Eine Vorgabe an sich hatten wir nicht, allerdings trifft meiner Meinung nach beides irgendwie zu. Ich hoffe jedoch, daß nicht nur wir von der Klasse unseres neuen Albums überzeugt sein werden.

Keine Bange, das Gerät knallt mächtig, auch wenn man sich an einige Neuerungen erst einmal gewöhnen muß und der eine oder andere "Zusatzdurchlauf" erforderlich sein wird. Dennoch ist Eure Handschrift ganz klar zu erkennen, und vor allem die Gitarrenarbeit von Phil Demmel und Dir ist geradezu außerirdisch ausgefallen und mehr als nur gelungen. Mitunter klingt die Chose fast wie eine zeitgemäße Brachialausgabe von Tipton/Downing. Das hat aber schon etwas mit der langjährigen Zusammenarbeit zu tun, oder?

Danke für die lobenden Worte. Ja, das Verhältnis zwischen Phil und mir ist schon seit langer Zeit wieder perfekt, mitunter ist es bei uns fast wie in einer Ehe. [lacht] Wenn man das so betrachtet, kann man wohl sagen, daß unsere Beziehung momentan eine verdammt intensive und gute ist, denn wir verstehen einander schlichtweg blind und haben großes Vertrauen zueinander. Einige Songs sind speziell durch dieses Verständnis im Laufe der Zeit zu echten Brechern herangewachsen, denn auch wenn nicht immer sofort alles im Lot gewesen ist, dauerte es nie besonders lange, ehe sich allgemeine Zufriedenheit, nicht nur zwischen uns beiden, sondern darüber hinaus auch innerhalb der ganzen Band einstellte.

MACHINE HEAD (US)-Headline

Geht das Komponieren eigentlich ausschließlich auf die Kappe des "Dream-Teams" Demmel/Flynn?

Nein, überhaupt nicht, denn vor allem unser Drummer Dave McClain hat sich mehr denn je in den Songwriting-Prozeß eingebracht. Wir haben zwar schon länger gewußt, daß Dave ein überaus kompetenter Songschreiber ist, doch dermaßen ambitioniert ist der Kerl noch nie ans Werk gegangen. Zu unserer Überraschung hatte Dave immer wieder gelungene Riffs und Gitarrenmelodien am Start, und wir wären blöd gewesen, hätten wir darauf verzichtet.

Also noch ein Grund für die dezenten stilistischen Wandlungen?

Mag sein, allerdings fällt das von Dave komponierte Material zumeist sehr heftig und auch geradlinig aus, während Phil und ich unseren Gitarren quasi freien Lauf gewährt haben. Gerade daraus hat sich aber jener fulminante Mix ergeben, der dieses Werk unserer Meinung nach prägt. Es mag zwar durchaus sein, daß uns einige Fans nicht ganz so einfach folgen werden können, doch das sollte auf lange Sicht kein Problem darstellen. Daß die Chose irgendwie anders klingen wird, war uns ziemlich schnell klar, schließlich haben wir uns als Band mit »Through The Ashes Of Empires« quasi neu definiert. Allerdings haben wir weder versucht, dieses Album, noch unser letztes Werk »The Blackening« in irgendeiner Form zu kopieren.

MACHINE HEAD (US)-Bandphoto 2

Nachvollziehbar, denn »Unto The Locust« klingt zwar durchaus von diesen beiden Hämmern inspiriert, allerdings kommen die neuen Tracks nicht mehr ganz so brachial wie auf »Through The Ashes Of Empires« aus den Boxen geballert, auf der anderen Seite wirkt die Chose aber auch nicht ganz so technikverliebt wie es auf »The Blackening« der Fall war. Unverändert dagegen bleiben die Songlängen. Schafft Ihr es denn nicht mehr, alle Eure Ideen in weniger als acht Minuten unterzubringen?

Das könnte man durchaus annehmen. [lacht] Dabei haben wir keineswegs den Fokus darauf gelegt, die Nummern möglichst episch zu gestalten. Im Laufe der Zeit hat sich allerdings herauskristallisiert, daß die immense Anzahl von Riffs nur dann in einen brauchbaren Kontext gebracht werden kann, wenn die strukturelle Gestaltung der jeweiligen Kompositionen es auch zuläßt. Riffs und Ideen zu haben war bei uns nicht das Thema. Diese jedoch so umzusetzen, daß man auf der einen Seite die ursprüngliche Atmosphäre der jeweiligen Nummer beibehält und der Zuhörer das Stück auch noch einigermaßen nachvollziehen kann, ist dagegen nicht ganz so einfach. Es bedarf schon reichlich Erfahrung und wohl auch einer intakten und homogenen Besetzung, um als Band diesbezüglich alles richtig zu machen.

Womit wir wieder beim Thema "Beziehung" angelangt wären. Hat sich jene Arbeitsweise erst im Laufe der Studiozeit als ideal erwiesen, oder habt Ihr Euch diese schon länger angeeignet?

Schwer zu kommentieren, denn ich weiß es nicht mehr ganz genau. Fakt ist jedoch, daß Phil und ich immer wieder an den Strukturen gebrütet haben und immense Zeit für die Gitarrenparts draufgegangen ist. Zunächst waren wir zwar ehrlich gesagt ein wenig skeptisch, im Endeffekt haben wir uns aber selbst beeindruckt. Vor allem ›This Is The End‹, der erste Track, den wir fertiggestellt hatten, hat uns regelrecht umgehauen. Ab diesem Zeitpunkt waren wir uns sicher, alles richtig gemacht zu haben und haben diese Arbeitsweise logischerweise beibehalten.
Aber auch die eher experimentelleren Geschichten, wie das Integrieren der Streicher, oder der Versuch mit unseren Kids als Chor in der Einleitung von ›Who We Are‹ hätten wir uns wohl nicht getraut, wenn wir uns nicht vorher darüber unterhalten und darauf geeinigt hätten, in welche Richtung ein Song im Endeffekt gehen würde. So kommt es, daß wir erneut technisch überaus anspruchsvolle Passagen integrieren konnten, aber auch jede Menge, rohen, alten Thrash Metal und räudigen Punk auf einem Album unterbringen konnten. Manche Nummern beinhalten quasi das gesamte Programm, sind aber - so hoffen wir zumindest - dennoch nachvollziehbar geblieben.

Experiment gelungen, kann man da nur sagen, auch wenn dermaßen intensive und lange Tracks dem Zuhörer einiges abverlangen. Befürchtet Ihr denn nicht, daß es bei Konzerten damit ein wenig mühsamer sein wird, die Fans zum Mitmachen zu animieren?

Nein, denn schon auf unseren vorherigen Werken gab es einige Songs, die deutlich über der Durchschnittsspieldauer gelegen haben und die dennoch keinerlei Stimmungseinbußen mit sich gebracht haben. Von daher sind wir schon richtig gespannt, wie sich die neuen Nummern inmitten der Klassiker machen werden.

Apropos: Ihr werdet das Album schon sehr bald vorstellen. Was darf sich der Fan denn von der für den Spätherbst anberaumten Europatournee erwarten?

Energiegeladene, schweißtreibende Abende mit MACHINE HEAD! Wir haben uns zwar noch keinerlei Gedanken über die Setlist gemacht, aber auf eine Art "Best Of"-Programm, in das einige neue Tracks eingeflochten sind, kann und darf man sich schon einmal vorbereiten.

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Nicht nur Metal-Europa dürfte schon richtig heiß darauf sein, auch überall anders auf dieser Erdkugel dürften die Fans schon mit den Hufen scharren.

Na ja, ganz so ist das nicht, denn MACHINE HEAD sind bisher außerhalb der USA und Europa noch nicht wirklich zu einem "großes Ding" herangewachsen. Du kannst mir aber glauben, daß wir regelrecht darauf brennen, demnächst zum ersten Mal in unserer Geschichte eine Tournee in Südamerika spielen zu können.

Das überrascht mich sehr, da ich angenommen hatte, Ihr würdet weltweit erfolgreich sein?

Noch nicht. Momentan ist unser Publikum vorwiegend in unserer Heimat und in Europa zu finden, ich bin mir aber sicher, daß sich demnächst auch unsere Fanscharen in Brasilien vervielfachen werden können. Nicht zuletzt deshalb, weil wir dort zusammen mit SEPULTURA unterwegs sind. Danach setzen wir zu Euch über, um von Anfang November bis Mitte Dezember in Nord- und Mitteleuropa sowie in Großbritannien zu spielen.

Besteht denn auch schon eine detaillierte Planung für die weiteren Monate?

Für nächstes Jahr steht zunächst eine Tour in der Heimat auf dem Programm, aber unsere Fans in Europa werden wohl nur bis Mitte des nächsten Jahres warten müssen, denn zur Festivalsaison 2012 werden wir wohl abermals bei Euch am Start sein! Was danach noch zu machen ist, wird sich erst weisen.

Das alles ist aber nur dann durchführbar, wenn der Gesundheitszustand aller Bandmitglieder mitspielt. Speziell Deine, ähem, "bessere Hälfte" Phil hatte in den letzten Jahren ja mit diversen Problemen zu kämpfen, scheint sich aber momentan zum Glück wieder bester Gesundheit zu erfreuen, oder gibt es doch noch etwaige Wehwehchen?

Phil ist in blendender Verfassung! Und damit nicht irgendwelche Gerüchte in die Welt gesetzt werden, sei hinzugefügt, daß der Kerl sowohl psychisch, wie auch physisch kerngesund ist und zudem spieltechnisch momentan wohl in der Form seine Lebens agiert.

Klingt bestens, und da auch Deine Wenigkeit vor Enthusiasmus nur so sprudelt und nicht gerade den Eindruck erweckt, genug zu haben, muß ich gleich nachhaken, ob da nicht auch ein abermaliger Abstecher in die gemeinsame Vergangenheit eine nette Idee wäre?

Sorry, da muß ich dich jetzt leider enttäuschen, denn das Kapitel VIO-LENCE haben Phil und ich definitiv ad acta gelegt! Wir haben mit MACHINE HEAD genug um die Ohren und möchten uns dabei auch nicht einschränken. Klar wäre es eine coole Sache für die Fans, allerdings sehe im Moment weder Bedarf, noch Sinn in einer weiteren Reunion.

Schade zwar, aber durchaus nachvollziehbar, schließlich steht für euch die Eroberung weiterer Territorien auf dem Programm, und das verlangt einem Musiker körperlich alles ab, von etwaigen Terminkoordinationsproblemen ganz zu schweigen. Habt Ihr Euch denn überhaupt jemals Gedanken darüber gemacht, was mit dieser Band alles zu erreichen sein könnte, oder wie groß MACHINE HEAD werden können?

Nein, denn in erster Linie machen wir Musik immer noch für uns selbst, und daran wird sich auch nichts ändern, auch wenn sich das vielleicht ein wenig überheblich anhört. Aber natürlich ist es ein verdammt geiles Gefühl zu wissen, daß da draußen jede Menge Fans geradezu danach lechzen, ein neues Album von uns präsentiert zu bekommen und uns auf der Bühne sehen zu können. Gerade deshalb ist es auch unsere Pflicht, den Fans das bestmögliche Ergebnis abzuliefern. Von daher ist es auch absolut notwendig, daß wir als Band von einem neuen Album in seiner Gesamtheit überzeugt sind! Alles andere wäre eine halbherzige und unbefriedigende Angelegenheit, und zwar für alle!

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Damit sprichst Du - wenn auch nur indirekt - erneut die offenbar wiedererstarkte interne Verbindung der einzelnen Mitglieder zueinander an. Darf man diese von nun an als Geheimnis Eures Erfolges betrachten?

Kann gut sein, zumindest war das Gefühl von Einigkeit und Verbundenheit nie zuvor dermaßen intensiv zu verspüren wie im Moment. Dieses Gefühl hat sich fraglos auch auf die Songs ausgewirkt. Allerdings braucht sich auch niemand darüber Gedanken zu machen, daß wir nun eventuell in sanfterer Manier loslegen würden. Im Gegenteil, ich denke, daß »Unto The Locust« als Gesamtpaket zum Allerheftigsten gehört, das wir je aufgenommen haben!

Wo er recht hat, hat er recht, der Rob.

http://www.machinehead1.com/

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

MACHINE HEAD (US) im Überblick:
MACHINE HEAD (US) – Demo 1993 (Demo-Review von 1994 aus Underground Empire 7)
MACHINE HEAD (US) – Hellalive (Rundling-Review von 2003 aus Online Empire 16)
MACHINE HEAD (US) – The Blackening (Rundling-Review von 2007 aus Online Empire 31)
MACHINE HEAD (US) – Heavy, oder was!? 65-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2002)
MACHINE HEAD (US) – Online Empire 20-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2004)
MACHINE HEAD (US) – Online Empire 49-Interview (aus dem Jahr 2011)
MACHINE HEAD (US) – News vom 20.06.1994
MACHINE HEAD (US) – News vom 18.05.2002
MACHINE HEAD (US) – News vom 12.04.2003
MACHINE HEAD (US) – News vom 11.02.2008
MACHINE HEAD (US) – News vom 23.02.2013
MACHINE HEAD (US) – News vom 25.06.2013
MACHINE HEAD (US) – News vom 01.10.2018
MACHINE HEAD (US) – News vom 25.03.2019
MACHINE HEAD (US) – News vom 01.10.2019
Soundcheck: MACHINE HEAD (US)-Album »The Blackening« im "Soundcheck Heavy 100" auf Platz 1
Soundcheck: MACHINE HEAD (US)-Album »Unto The Locust« im "Soundcheck Heavy 137" auf Platz 1
siehe auch: MACHINE HEAD-Biographie angekündigt
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