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”UNDERGROUND EMPIRE 4”-Datasheet

Contents:  ENDER (D)-Interview

Date:  13.12.1990 (created), 03.03.2010 (revisited), 22.01.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 4

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue still available, order here!

Comment:

Ich kann mich noch gut erinnern, daß mir die Band diverse ihrer Namensalternativen ausgiebig erläutert hatte, was aus Platzgründen aber nicht im Heft landen sollte. Besonders obskur: EUTHERSCHLEUTHER... Wer sich unter diesem Begriff nichts vorstellen kann, dem sei folgende Zusatzinformation mit auf den Weg gegeben: Thomas erzählte mir von einer ehemaligen Mitschülerin, die diesen Spitznamen trug; sie war nicht sonderlich beliebt gewesen, so daß sie diesen Namen aufgrund ihres monströsen Vorbaus erhalten hatte...

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

ENDER (D)-Logo

ENDER (D)-Bandphoto

Demos bekomme ich inzwischen zu Tausenden. Aber dennoch verstehen es immer wieder einige aufzufallen - sei es durch die Musik, ihre Aufmachung oder was auch immer. Ein Tape, das eigentlich in jeder Hinsicht auffiel, war das »H«-Demo von ENDER. Auch wenn mir Markus da vielleicht nicht so ganz zustimmen wird, so finde ich die Musik sehr gut. Aber auch die Machart des Demos ist höchst aufwendig und der Sound sehr gut. Eine hoffnungsvolle neue deutsche Band also? Dieser Frage wollte ich auf den Grund gehen und führte daher ein Interview mit der Band, als sie am 1. Dezember 1990 im "Rock Cafe" in Birkenfeld spielten.

ENDER-Shot: Dan ''Crazy'' Framby, Tanja Ender, Thomas Blang

Bei ENDER haben sich so einige Umbesetzungen ereignet, seit »H« erschienen ist. Schildere uns die Vorgänge doch bitte mal etwas genauer!

Thomas: Es gab eine Verabschiedung und einen Besetzungswechsel. Mit Thommy sind wir menschlich nicht mehr klargekommen. Unsere Ansichten waren zu verschieden, und sie sind zu hart aufeinander geprallt, um es mal vorsichtig zu sagen. Jochen hat es aus finanziellen Gründen nicht mehr durchziehen können, da wir in letzter Zeit Gigs gespielt haben, von denen etliche ziemlich weit weg waren, so daß man auch mal unbezahlten Urlaub nehmen mußte. Dann haben wir ein paar Leute angetestet und haben so Jens kennengelernt.

Jens: Ich war zuvor bei der Band PILGRIM. Wir wollten eigentlich Konzerte mit ENDER ausmachen. Da haben mich ENDER gefragt, ob ich aushilfsweise mitspielen würde. Da mir die Sache echt Spaß gemacht hat und bei meiner alten Band nicht so ernsthaft gearbeitet wurde, wechselte ich zu ENDER.

Thomas: Wir haben bei Jens schnell gemerkt, daß er die Sache sowohl menschlich als auch musikalisch bringt. Nach drei Wochen mit sechs Proben pro Woche hatten wir dann die ersten Auftrittstermine. Jens hatte nach dieser Zeit das Set schon so gut drauf, daß Jochen hätte können nicht mehr mithalten.

Euer Demo ist rundum ziemlich provokant aufgezogen, besonders wenn ich da ans Cover und den Titel denke. Was waren da Eure Hintergedanken?

Thomas: Wir sind keine Band, die über Sex, Drugs und Rock'n'Roll singt. Jeder von uns hat Probleme, und so möchten wir diese auch in die Musik miteinfließen lassen. Ich war damals sehr beeindruckt von dem Film und dem Buch "Christiane F.", so daß ich den Song ›H‹ schrieb. Die Sache ist provokativ, aber es gibt da seit einiger Zeit Platten, auf deren Rückseite winzig eine Spritze und das Wort "STOP" abgebildet sind - wo, glaubst Du, werden die Leute mehr nachdenken - dabei oder bei unserem Demo?

Das mag richtig sein, aber wenn ich mir dann das Covermotiv anschaue, dann kann ich Euch vorwerfen, daß Ihr eher Effekthascherei im Sinn hattet.

Thomas: Diese Christiane F. war in diesem Milieu drin, und man hat im Film gesehen, daß sie das Heroin gereizt hat, wie zum Beispiel auch Sex einen jungen Menschen reizt. Das war die eine Seite. Andererseits war Christiane F. Prostituierte und hat mit ihrem Körper das Rauschgift organisiert. Diese ganzen Zusammenhänge wollten wir in diesem Foto ausdrücken.

Tanja: Es gab lange Diskussionen, wie das Bild ausschauen sollte. Wir hatten auch überlegt, die Strapsen und Strümpfe zerrissen und mit Laufmaschen abzubilden, aber wir wollten doch, daß die Sache etwas edel aussieht.

Thomas: Bei den ersten Konzerten haben wir das etwas sehr ausgekostet, denn damals hat diese Frau, die übrigens die Freundin unseres ehemaligen Gitarrist ist, beim Intro live in gleicher Weise mit einer Spritze auf der Bühne gestanden. Okay, das war Effekthascherei, aber die eigentliche Idee nicht!

ENDER-Shot: Tanja Ender

Abgesehen davon war Euer Demo auch sehr aufwendig gemacht. Ich würde vermuten, daß Ihr da Absichten in Richtung Plattenvertrag im Hinterkopf hattet.

Thomas: Wir sind keine Band, die als Hobby Musik macht, weil sie nicht weiß, wo sie ihr Geld hinbringen soll und es daher in die Musik investiert. Wir wollen im Endergebnis hauptberuflich Musik machen.

Dan: Wir mecherten so gern a Profiband werrn!

Thomas: Abgesehen davon, geben die Leute Geld für unser Demo aus, und daher wollen wir schon, daß derjenige etwas Anständiges in der Hand hat. Zudem war noch ein kleiner Hintergedanke dabei: wenn wir mal einen Plattenvertrag haben, kann ich mir nicht vorstellen, daß eine Plattenfirma zuläßt, daß die Platte schlechter aufgemacht wird als das Demo. Wir wollten außerdem nicht am falschen Punkt sparen.

Da stellt sich natürlich die Frage, inwiefern sich das für Euch gelohnt hat.

Thomas: Überhaupt nicht! Wir haben einen Berg Schulden und würden gerne ein neues Demo machen, was wir aber nicht können, da wir keine Kohle mehr haben.

ENDER-Shot: Tanja Ender, Thomas Blang

Eure Texte sind durchaus ein paar Worte wert. Euer Englisch weist teilweise doch recht katastrophale Fehler auf.

Thomas: Ich hatte zwar mal in Englisch eine Eins gehabt, aber das ist inzwischen zehn Jahre her. Okay, das Englisch ist scheiße, das wissen wir. Wir hatten allerdings, bevor wir die Texte abdruckten, selbige zu einem Übersetzungsbüro gebracht und waren dann richtig stolz, daß wir so ein gutes Englisch haben. Wir lernten dann einen Ami kennen, dem wir die Texte zeigten und der sich beim Durchlesen fast totgelacht hat. Wir werden das aber für die Zukunft ändern. Tanjas Aussprache ist ein anderer Punkt, zu dem wir auch stehen - sie hat eben einen deutschen Akzent.

Tanja: Ich versuche schon, den Gesang "hinzubiegen", daß er gut klingt, aber warum sollte ich meine deutsche Herkunft verleugnen?

Warum habt Ihr die Band eigentlich nach Tanja benannt?

Thomas: Wir waren in einer Kneipe - leicht alkoholisiert - hatten einen großen Zettel mit Vorschlägen, die uns aber doch alle nicht so besonders gefielen. Irgendwann haben wir uns aus Bequemlichkeit nach Tanja benannt.

Tanja: Ich war total dagegen, daß man meinen Namen nimmt, aber ich wurde überstimmt. Irgendwann habe ich dann gemerkt, daß es doch paßt - ENDER ist kurz und schmerzlos.

Ihr wurdet schon öfter mit WARLOCK verglichen, zumal Tanja von der Optik her doch an Madam Doro erinnert.

Thomas: Das einzige Heft, das eigentlich diesen Vergleich angestellt hat, ist dasjenige mit dem Du fusioniert hast (Markus, Du bist gemeint - Red.).

Tanja: Meine Stimme klingt weiß Gott nicht so wie die von Doro. Außerdem ist mein Stageacting total anders.

Darauf wollte ich ohnehin noch zu sprechen kommen. Deine Bewegungen auf der Bühne wirken fast wie eine Kombination aus Tanz und Akrobatik.

Tanja: Ich mache das, weil ich will, daß die Leute, die zu unseren Konzerten kommen, etwas zu sehen bekommen. Die Leute sollen sehen, daß ich das saugern mache und daß es mein Leben ist. Ich persönlich stehe auch etwas mehr auf eine theatralische, mystische Show, wie beispielsweise die von KING DIAMOND.

ENDER-Shot: Dan ''Crazy'' Framby, Tanja Ender, Jens Köhn

Ich habe über verschlungene Pfade eine Version Eures Demos erhalten, die nicht so toll war. Genau gesagt war der Sound unter aller Sau. Dein Kommentar?

Thomas: Wir waren damals in einem Studio, das ich nicht näher nennen will, und haben das Tape aufgenommen. Das Studio war nicht so besonders, und die Leute, die dort gearbeitet haben, hatten nicht die große Ahnung. Im Studio selbst hat es noch nicht mal so schlecht geklungen, aber als wir uns das Tape zu Hause anhörten, waren wir echt schockiert. Wir hatten damals aber ein Konzert und daher haben wir einige Kopien ziehen lassen. Hinterher gingen wir dann zu Dieter Roth, der schon bei PARADOX gespielt hat, ins Studio, um das Demo nochmal neu abzumischen. Da stellte sich dann raus, daß schon die Masterbänder nicht zu gebrauchen waren, und wir mußten also alles nochmal neu aufnehmen. Das Endergebnis, war dann das Demo, das wir offiziell verkauften.

Wenn die Qualität dieser ersten Version so mies war, warum habt Ihr dann überhaupt Kopien ziehen lassen und sie verkauft?

Thomas: Wir brauchten nur einige Exemplare für dieses Konzert. Hinterher gaben wir eine Anzeige auf und starteten wir allerdings eine Umtauschaktion, wo jeder die schlechte Version gegen die neue eintauschen konnte.

Kritik wurde von meiner Seite aus zur Genüge laut und die Band stellte sich ihr, ohne sich auf den Schlips getreten zu fühlen. Im Gegenteil - sie gaben sogar mal eigene Fehler zu. Eine lobenswerte selbstkritische Einstellung! Bleibt noch zu sagen, daß natürlich das »H«-Demo immer noch für 12,- DM verkauft wird, daß die Band aber auch plant, demnächst eine Single aufzunehmen, sobald dies realisierbar ist. Zwecks Kontaktaufnahme wendet euch an:

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

Photo: Stefan Glas [Photo 2-5]

ENDER (D) im Überblick:
ENDER (D) – H (Demo-Review von 1990 aus Metal Hammer/Crash 10/90)
ENDER (D) – H (Demo-Review von 1990 aus Underground Empire 3)
ENDER (D) – Underground Empire 2-Special (aus dem Jahr 1990)
ENDER (D) – Underground Empire 4-Interview (aus dem Jahr 1991)
ENDER (D) – News vom 11.09.1990
ENDER (D) – News vom 19.07.1991
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