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”UNDERGROUND EMPIRE 3”-Datasheet

Contents:  DOOMSDAY (D, Kirchlinteln)-Interview

Date:  1990 (created), 24.11.2009 (revisited), 22.01.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 3

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue sold out! Several later issues still available; find details here!

Comment:

Es ist unschwer zu erkennen, daß DOOMSDAY damals noch in der Findungsphase steckten: Nicht nur das handgezeichnete Logo, das wir hier mittels Effekten ein wenig aufgefettet haben, machte nicht gerade einen professionellen Eindruck, sondern kurze Zeit später sollte auch noch Drummer Michael Kruse gegen Justus Ettemeyer ausgetauscht werden, doch dieses Line-up hatte dann bis zum Ende der Karriere von DOOMSDAY Bestand. Dies ermöglichte dann, daß DOOMSDAY, die zweifelsohne schon in diesem frühen Stadium enormes musikalisches Potential offenbarten, mit ihrem '91er Demo »Vanitas« erst recht Fahrt aufnehmen konnten.

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

DOOMSDAY (D, Kirchlinteln)-Logo

In UNDERGROUND EMPIRE 2 gab es genau drei Vinylwerke, die eine Bewertung oberhalb der "Super-Grenze" verbuchen konnten. Das war zum einen das Advance Tape zur GYPSY KYSS-Debut-LP (Ich hoffe, daß jeder von Euch inzwischen das Teil in seinem Platten- bzw. CD-Schrank stehen hat!), dann erwartungsgemäß das Debut von TITAN FORCE (anhand des Demos zur neuen LP wird diese noch eine Etage genialer!) und schließlich eben jene DOOMSDAY, von denen ich zuvor noch nicht mal den Namen gehört hatte. Was wäre also logischer gewesen, als in UNDERGROUND EMPIRE 3 ein Interview nachzuschieben? Gitarrist und Sänger Björn Detjen half bei der konsequenten Schlußfolgerung.

DOOMSDAY [D, Kirchlinteln]-Bandphoto 1, noch mit dem kurze Zeit später ausgestiegenen Till Lienhoop

Warum habt Ihr eigentlich statt eines Demos mit mehreren Stücken die Single mit ›Steve‹ und ›Forgotten By The World‹ aufgenommen? Außerdem habt Ihr mir mal geschrieben, daß vor der Single schon ein Demo existierte - also nenn' uns doch einfach mal einige Details über die Band.

DOOMSDAY wurden 1986 gegründet, und nach mehreren Besetzungswechseln fand sich das Line-up zusammen, das auch die Single eingespielt hat - das wären also Michael Kruse (Schlagzeug), Till Lienhoop (Baß), Jacek Becker (Keyboards) und ich selbst eben. In dieser Besetzung spielten wir 1988 ein Demo ein, auf dem ›Steve‹ und ›Forgotten By The World‹ allerdings nicht zu finden sind. Wir machten dann auch einige wenige Auftritte im Raum Verden. Irgendwie kam dann die Idee der Singleproduktion auf, die sich über ein halbes Jahr hin entwickelte. Zur Verwirklichung dieser Idee kam es letztendlich, weil wir uns an etwas anderem als einem Demo versuchen wollten, und um neue Erfahrungen zu sammeln. Eigentlich wissen wir selber nicht, was der tiefere Grund dieses Übels gewesen ist! Nach einem halben Jahr trennten wir uns im gegenseitigen Einverständnis von Michael, da das Unternehmen DOOMSDAY zu aufwendig für ihn geworden war. Kurz danach fanden wir in Wojtek Krugs einen neuen Drummer, der auch neue Einflüsse in die Band brachte. (Kurz nach dem Interview schrieb mir Björn, daß sich die Band in beiderseitigem Einverständnis von ihrem Basser Till getrennt hat. Ein Nachfolger ist bereits gefunden. Sein Name ist Olaf Konrad. - Red.)

Wie Ihr mir ebenfalls geschrieben habt, ist dies Euer erstes Interview. Warum ist das der Fall? Habt Ihr schon Fanzines bemustert, und wie waren die Reaktionen darauf?

Die Reaktionen auf unsere Musik waren überwiegend positiv. Wir haben in vielen Zeitschriften positive Kritiken bekommen, aber Ihr wart die ersten, die ein Interview machen wollten. Viele Leute hatten Schwierigkeiten, unsere Musik einem bestimmten Stil zuzuordnen. Doch den meisten gefiel gerade diese Eigenartigkeit. Man schreibt uns Einflüsse von den verschiedensten Bands zu, wie beispielsweise: RAINBOW, BLACK SABBATH, die alten GENESIS, THE DOORS, METALLICA und sogar von Dvorak, einem Klassikkomponisten. Viele denken wegen unserer Musik, daß wir Drogen nehmen, aber das Komische ist, daß wir gerade gegen Alkohol- und Drogenkonsum sind!

Ich kenne lediglich die Stücke der Single, daher würde mich interessieren, was Ihr zu Eurem neuen Material sagen könnt.

Wir haben viel neues Material, an dem wir ständig arbeiten. Wir versuchen unseren Stil zu festigen und andere Komponenten zu verarbeiten, wie beispielsweise Blueseinflüße oder den Einsatz einer Blockflöte. Wir haben nun ein Angebot, eine Mini-LP zu produzieren. Sollte daraus nichts werden, dann wollen wir auf eigene Kosten ein neues Demo machen.

Ihr werdet anhand meiner Kritik im zweiten UNDERGROUND EMPIRE gemerkt haben, daß ich leichte Probleme hatte, Eure Musik zu beschreiben. Ähnlich lief es auch beispielsweise beim ROCK HARD. Was würdet Ihr selbst als die wichtigsten Komponenten Eurer Musik bezeichnen?

Bei der Gründung der Band prallten zwei verschiedene Musikrichtungen aufeinander. Von meiner Seite kam der Heavy Metal und von Jaceks Seite GENESIS-artiger Progressive Rock der Siebziger. Später kamen von beiden Seiten auch Klassik, normale Rockmusik und andere Einflüsse hinzu. Wir selbst haben auch das Problem, daß wir unsere Musik nicht genau definieren können. Wir können daher auch keinen Namen dafür nennen, sondern nur unsere Einflüsse aufführen.

DOOMSDAY [D, Kirchlinteln]-Einzelshot: Olaf Konrad, Nachfolger von Till Lienhoop

Ihr habt gerade bestätigt, daß Ihr ziemlich ungewöhnliche Musik macht. Daher dürfte es recht schwer sein, eine Plattenfirma davon zu überzeugen, daß Ihr eine signenswerte Band seid. Inwiefern wäret Ihr zu Zugeständnissen bereit?

Solange solche Zugeständnisse unsere Musik nicht zu sehr beeinflussen, wären sie möglich. Würde eine Plattenfirma allerdings versuchen, unseren Stil zu ändern, würden wir nicht darauf eingehen. Uns wurden einige Angebote gemacht, wie beispielsweise für einige Samplerbeiträge, die wir alle ausschlugen, weil die Verträge unmöglich waren. Das interessanteste Angebot bislang ist diese Produktion der Mini-LP.

Das Keyboard spielt eine recht große Rolle bei Eurer Musik. Welchen Raum räumt Ihr ihm ein?

Das Keyboard ist gleichberechtigt mit der Gitarre, denn beides sind Lead- und Rhythmusinstrumente. Es wäre erfreulich, wenn wir durch unsere Musik die Vorurteile gegen das Keyboard in der härteren Musik beseitigen könnten, denn Keyboard heißt nicht gleich PET SHOP BOYS oder BON CHAUVI! Man kann damit durchaus auch Musik machen.

In der Singlekritik habe ich einen dummen Witz bezüglich des Textes von ›Steve‹ fallen lassen. Stattdessen könntet Ihr jetzt mal erläutern, welche Themen Ihr bevorzugt behandelt!

Die Texte von ›Steve‹ und ›Forgotten By The World‹ stammen aus einem Konzept, das wir inzwischen wieder fallengelassen haben. Allerdings haben die Texte auch einzeln betrachtet eine Aussage. Unsere Texte insgesamt setzen sich mit Sachen auseinander, mit denen wir uns täglich beschäftigen. Sie beinhalten eine Kritik am Menschen und seinem Verhalten in der Gemeinschaft und an der Gesellschaft. Manche Texte richten sich gegen Apartheid, Faschismus, Diktatur, etc. Auch beschäftigen sich einige Texte mit dem Sinn des Lebens oder der Gefühlswelt.

Auf dem Photo, das Ihr mir geschickt habt, seht Ihr recht jung aus. Wie ist es möglich in einem solchen Alter schon einen so eigenständigen Stil entwickelt zu haben?

Da Jacek und ich schon seit über vier Jahren zusammen Musik machen und wir beide von verschiedener Musik beeinflußt waren, war die Voraussetzung für die Entwicklung unseres Stils vorhanden, trotz des jungen Alters. Die Lieder schreiben Jacek und ich zusammen oder jeder einzelne allein. Dabei berücksichtigen wir den Geschmack der anderen Bandmitglieder. Durch die eigene Art, zu spielen, fließt von jedem Mitglied noch etwas hinzu.

Auf besagtem Photo (Achtung, es ist nicht das in dieser Story abgebildete Photo gemeint! - Red.) seht Ihr aus, als ob Ihr Baghwanis oder Alt-Hippies wäret. Ist das Absicht, sprich Konzept, oder einfach ein Gag?

Bei dem Photo haben wir uns nichts besonderes gedacht. Wir wollten lediglich keine coolen Poserphotos machen. Abgesehen davon laufen unsere Photosessions immer etwas chaotisch und planlos ab. Baghwanis sind wir auf jeden Fall nicht! Alt-Hippies sind wir auch nicht, obwohl wir von dieser Zeit beeinflußt sind. Aber wir sind genauso von anderen Zeitepochen beeinflußt.

DOOMSDAY [D, Kirchlinteln]-Bandphoto 2, noch mit dem kurze Zeit später ausgestiegenen Till Lienhoop

Welche Tätigkeiten übt Ihr neben der Musik aus?

Wir gehen alle noch zur Schule und beschäftigen uns intensiv mit Musik in jeder Form. Da bleibt eigentlich nicht viel Zeit für anderes.

Spooky von TRANSILIENCE, der neun Jahre in Deutschland lebte, hat im Interview in UNDERGROUND EMPIRE 1 erwähnt, daß er eine deutsche Band namens DOOMSDAY kennt. Wart Ihr damit gemeint?

Ja, da sind wir gemeint. Spooky hat in Verden gelebt. Ich habe auch von 1984 bis Anfang 1986 mit Spooky in einer Band gespielt. Ich habe auch heute noch Kontakt mit ihm.

Was ist Eure Meinung zur aktuellen Musikszene? Was müßte sich ändern?

Die heutige Musikszene ist eigentlich eine völlige Katastrophe! In der Metalszene beispielsweise spielen die Bands entweder langweilige Posermucke - also jede Band spielt das gleiche - oder sie versuchen, besonders hart zu sein. In beiden Richtungen wird zuviel Musik produziert, es gibt zu wenige Bands mit eigenem Stil. Die Musikszene allgemein ist eigentlich zu einer reinen Geschäftswelt geworden. Es wird nicht um der Musik willen, sondern um des Geldes willen produziert. Außerdem wird viel zu viel computerisiert. Die meiste Musik, die sich heute gut verkauft, wird immer leerer, klischeehafter und gefühlloser. Durch das Schubladendenken und die dadurch entstehenden Vorurteile wird die Musik einfallsloser. Die Leute schränken sich selbst ein, indem sie nur einen Stil hören oder spielen, diesen als die gesamte Musik ansehen und dabei vergessen, daß es in fast jeder Musikrichtung etwas Gutes gibt. Es ist schade, daß Musiker und Bands mit ehrlicher Musik kaum eine Chance haben, hochzukommen.

Zum Schluß bekommt auch Ihr die goldene Frage gestellt, die da bekanntermaßen lautet: Warum macht Ihr Musik und welche Rolle spielt sie in Eurem Leben?

Wir machen Musik, weil sie uns hilft, Probleme zu verarbeiten und wir uns durch sie mit Dingen, die uns beschäftigen, auseinandersetzen können. Wir wollen, daß unsere Probleme die Leute erreichen und daß sie sich auch mit ihnen auseinandersetzen. Wenn sie ähnliche Probleme haben, sollen sie sich mit diesen nicht alleine fühlen. Außerdem macht es uns natürlich Spaß, Musik zu machen. Wir streben auch an, irgendwann von unserer Musik zu leben!

Nachdem ich mir nun die anderen Songs angehört habe, die mir die Jungs aufgenommen habe, muß ich sagen, dieses Warmanziehen, das ich in der Singlebesprechung erwähnte, sollte man besser schon mal vorbereiten. Außerdem könnt Ihr noch einen Zehner in einen Briefumschlag packen und die Single bestellen. Wenn Ihr all das getan habt, kann die nächste Eiszeit ruhig kommen!

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Stefan Glas

DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) im Überblick:
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – Doomsday (Rundling-Review von 1993 aus Metal Hammer 09/93)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – Doomsday (Rundling-Review von 1994 aus Underground Empire 7)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – Steve/Forgotten..... (Do It Yourself-Review von 1990 aus Metal Hammer 11-12/90)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – Steve/Forgotten..... (Rundling-Review von 1990 aus Underground Empire 2)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – The Daily Junkfood (Rundling-Review von 1994 aus Metal Hammer 01/95)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – Vanitas (Demo-Review von 1991 aus Metal Hammer 08/91)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – Vanitas (Demo-Review von 1991 aus Underground Empire 5)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – Underground Empire 3-Interview (aus dem Jahr 1990)
DOOMSDAY (D, Kirchlinteln) – News vom 19.11.1991
Playlist: DOOMSDAY (D, Kirchlinteln)-7'' »Steve/Forgotten.....« in "Playlist Metal Hammer/Crash 9/90" auf Platz 4 von Stefan Glas
Playlist: DOOMSDAY (D, Kirchlinteln)-Album »Doomsday« in "Playlist Heavy, oder was!? 57" auf Platz 4 von Stefan Glas
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