UNDERGROUND EMPIRE the ONLINE EMPIRE-Titel
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”UNDERGROUND EMPIRE 2”-Datasheet

Contents:  ADRAMELCH-Special

Date:  1989/'90 (created), 07.09.2009 (revisited), 22.01.2022 (updated)

Origin:  UNDERGROUND EMPIRE 2

Status:  published

Task:  from paper to screen

Availability:  original printed issue sold out! Several later issues still available; find details here!

Comment:

Klare Sache: Es war für mich ein Stück Trauerarbeit, nach dem Review in UNDERGROUND EMPIRE diese etwas ausufernde erneute Betrachtung von »Irae Melanox« zu verfassen. Glücklicherweise hat sich die Band mittlerweile reformiert und uns auf ihrer zweiten Platte »Broken History« alle damals entstandenen, aber nicht mehr aufgenommenen Songs geschenkt. Mittlerweile arbeitet die Truppe an einem ganz neuen Album, so daß ADRAMELCH eine jener wenigen Bands sind, die es nach ihrer Reunion wirklich geschafft haben, wieder fest im Sattel zu sitzen.

In der HTML-Umsetzung dieser Story haben wir versucht, das ursprüngliche Layout ein wenig nachzuempfinden, denn auch damals hatten wir mit einem Logo und dem invertierten Pendant gearbeitet, die allerdings links oben rechts unten schräg eingebaut waren. Der Albumtitel von »Irae Melanox« war ebenso in schwarzen Hintergrund eingebettet wie eine Banderole quer durch die Mitte der Seite verlaufen.

Supervisor:  Stefan Glas

 
 

ADRAMELCH-Logo

Wir hatten für diese Ausgabe eigentlich geplant, ADRAMELCH mit einem riesigen Interview als Titelstory zu bringen. Die Kontaktaufnahme mit der Band gestaltete sich dann als größere Aktion, und schien gar zu scheitern, als von einer der beiden Kontaktadressen der Brief zurückkam, mit dem Verweis der italienischen Post, daß der Empfänger verzogen sei, und als ich von der anderen Kontaktadresse nach einem halben Jahr immer noch keine Antwort erhalten hatte. Ich wollte schon aufgeben, als ich zufällig die Adresse und Telefonnummer des Ansprechpartners bei der Plattenfirma von ADRAMELCH, dem italienischen Label METAL MASTER, erhielt. Also schrieb ich zunächst einen Brief, der aber auch unerhört zu blieben schien. Ich hatte mich schon entschlossen, den letzten Schritt zu tun und bei METAL MASTER anzurufen, als plötzlich doch noch ein Brief eintrudelte, in dem mir in einigen kurzen Sätzen mitgeteilt wurde, daß ADRAMELCH sich aufgelöst hätten.

Es ist traurig, aber leider in gleichem Maße wahr, und wer die Band kannte, wird wissen, welchen Verlust dies für die Heavy Metal-Szene bedeutet. Mit ADRAMELCH hat der Metal eine seiner besten, originellsten und kreativsten Bands verloren. Der kritische Leser wird sich fragen, weshalb er hier einen ADRAMELCH-Artikel lesen kann, obwohl die Band überhaupt nicht mehr existiert.

ADRAMELCH waren in jeder Beziehung eine einmalige Band, die es einfach wert ist, daß man ihre Qualitäten nochmals genau nennt und daran erinnert. Die Musik von ADRAMELCH ist eigentlich fast nicht mit Worten zu beschreiben, man MUSS sie hören, dennoch will ich den Versuch einer Analyse wagen.

Der Sound von ADRAMELCH ist keineswegs das Ergebnis irgendwelcher Egotrips eines oder einiger Musiker. Dieser absolut unverwechselbare Sound entsteht durch die perfekte Synthese der verschiedenen total unterschiedlichen, und doch sich so gut gegenseitig ergänzenden Stile und Klangfarben der einzelnen Musiker. Keiner der fünf Musiker versucht, sich in den Vordergrund zu mogeln, sondern sie arbeiten zusammen, wie das Uhrwerk einer Schweizer Uhr. Jedes Instrument ist gleichberechtigt und hat volle Entwicklungsmöglichkeiten ohne dabei allerdings auszuufern. Ich glaube dieses perfekte Arrangement erst ermöglich es jedem der Fünf seinen individuellen Stil voll auszuleben und doch absolut banddienlich zu spielen, so daß sich das Talent jedes einzelnen frei entfalten kann. Vittorio Ballerio hat eine unwahrscheinlich wandlungsfähige Stimme, die größtenteils einen melancholischen und weinerlichen Klang hat. Er versteht es jedoch blitzschnell von langgezogenen emotionalen, fast traurig klingenden Parts sofort auf einen aggressiven, spröden Tonfall umzuschwenken, um dann zu einem bombastischen Chorgesang überzuleiten, dem sich sogleich ein Übergang in einen beruhigenden, besänftigenden Klangmodus anschließt. Sein Gesang behält dabei aber immer einen gewissen Grundklangcharakter von hypnotischer Macht bei. Genauso verhält es sich um die Gitarren, die sich ein ebensolches Klanggefühl zu Eigen gemacht haben. Trotz der vielen verschiedenen Sounds zwischen denen Gianluca Corona und Sandro Fremiot variieren und diese jeweils den Songbedürfnissen anpassen, um das Gesamtgefühl des jeweiligen Parts zu transportieren, bleibt ein Flair erhalten, der einem in Trance versetzen kann. Sie rochieren scheinbar wahllos zwischen sehr rhythmusbetonten Stücken, Akustikparts, stark verzerrten Momenten, Leadeinsätzen und zweistimmigen Soli. Wenn man sich jedoch etwas in die Songstrukturen eingelebt hat, wird man bald erkennen, daß diese Variationen sehr wohl klar durchdacht und makellos arrangiert sind. Das stabile Gerüst auf dem sie klettern können, errichten Bassist Franco Avalli und Drummer Luca Moretti, die Hand in Hand arbeiten. Ihr feingewobener und abwechslungsreich verzierter Rhythmusteppich, ermöglicht erst, daß das volle Spektrum von ADRAMELCHs Musik zur Geltung kommt. Obwohl beide ständig Ausflüge ins Reich der Improvisationen unternehmen, verlieren sie nie den Draht zueinander, sondern bleiben stets tight und doch so abwechslungsreich.

ADRAMELCH - »Irae Melanox«-Design

All dies ergibt eine herrliche Kombination, die fähig ist, Songs zu kreieren, die ihresgleichen in der Rockgeschichte suchen. Überragende Songteile mit impressivem Gesang genährt von ausgedehnten Instrumentalexpeditionen zeichnen ADRAMELCHs Material aus. Daß trotz der teils immensen Länge nie ein Moment der Unachtsamkeit entsteht, ist der unwahrscheinlichen Abwechslung zuzuschreiben, die einem stets gebannt auf die Weiterentwicklung des Geschehens blicken läßt. Jeder einzelne Song hat einen anderen Grundrhythmus und andere Strukturen, die oft abenteuerlich verändert und variiert werden, aber nie die Erinnerung an ihren Ursprung missen lassen und immer wieder dorthin zurückkehren. Ebenso ergeht es dem Spieltempo, das in allen Schattierungen stets miteinander verknüpft wird. Kein Sprung ist zu groß und keine Geschwindigkeitsänderung zu gewagt, als daß sie nichtunternommen würde. Allerdings spielen ADRAMELCH nicht wahllos mit Bremse und Gaspedal herum, sondern verstehen es sehr wohl, alle Übergänge fließend erscheinen zu lassen. Dadurch entsteht gleichzeitig ein Gefühl der Konstanz und der Dynamik, der Einheit und der Differenziertheit, der Kraft und der Filigranität.

Alle diese Eigenschaften kombiniert ergeben eine Musik, die für mich zum besten gehört, das je kreiert wurde. Überzeugend ist genauso das Drumherum, die Aufmachung. Die komplette Platte ist in schwarz-weiß gehalten, was dem Werk einen geheimnisvollen Touch gibt. Unterstützt wird dieser Eindruck von Gianlucas Cover, das sehr mysteriös aussieht, unzählige Interpretationen zuläßt und daher immer wieder die Blicke anzieht.

Die glücklicherweise abgedruckten hochintelligenten und sprachlich sehr interessanten Texte handeln von höchst ungewöhnlichen Themen, wie beispielsweise von den Erlebnissen eines Minnesängers auf der Wanderschaft, von der Knechtung der Bauern durch die absolutistischen Herrscher oder von der Inquisition und passen somit genau in das Bild, das die Musik erzeugt.

Daß die ADRAMELCH-Musiker sind auch privat sehr für die Kultur interessieren, zeigen Namen, die sie im Innencover anpreisen: Vivaldi, Bach, Wagner, Mozart, Walther von der Vogelweide, Leonardo da Vinci, Rembrandt, Shakespeare oder Dante, um nur einige zu nennen.

Es gibt mir den Anschein, daß ADRAMELCH und ihre Musik ein Projektion der Persönlichkeit und Lebenseinstellung der fünf Musiker ist und gerade deshalb wirkt die Musik so überzeugend und lebendig. ADRAMELCH haben ganz zweifelsohne ihren unbestreitbaren Platz in der Musikgeschichte, auch wenn sie nie wirklich bekannt werden konnten. ADRAMELCH haben mit einer Platte etwas erreicht, wonach sich andere jahrelang strecken und es doch nie erreichen werden - die Unvergänglichkeit!


Stefan Glas

ADRAMELCH-Logo

ADRAMELCH im Überblick:
ADRAMELCH – Broken History (Rundling-Review von 2005 aus Online Empire 25)
ADRAMELCH – Irae Melanox (Rundling-Review von 1989 aus Underground Empire 1)
ADRAMELCH – Irae Melanox (Deluxe Edition) (Re-Release-Review von 2011 aus Online Empire 46)
ADRAMELCH – Underground Empire 2-Special (aus dem Jahr 1990)
ADRAMELCH – Underground Empire 3-Special (aus dem Jahr 1990)
ADRAMELCH – Heavy, oder was!? 76-Interview (aus dem Jahr 2004)
ADRAMELCH – Heavy 89-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
ADRAMELCH – Heavy 141-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2012)
ADRAMELCH – ''Y-Files »div«''-Special (aus dem Jahr 0000)
ADRAMELCH – ''Y-Files »div«''-Special (aus dem Jahr 0000)
ADRAMELCH – Online Empire 4-"Cult Complete"-Artikel (aus dem Jahr 2000)
ADRAMELCH – Online Empire 19-Interview (aus dem Jahr 2004)
ADRAMELCH – Online Empire 20-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2004)
ADRAMELCH – Online Empire 23-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2005)
ADRAMELCH – Online Empire 26-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
ADRAMELCH – Online Empire 32-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2007)
ADRAMELCH – News vom 21.01.2004
ADRAMELCH – News vom 12.10.2004
ADRAMELCH – News vom 01.10.2011
ADRAMELCH – News vom 31.12.2011
ADRAMELCH – News vom 30.06.2014
Soundcheck: ADRAMELCH-Album »Lights From Oblivion« im "Soundcheck Heavy 140" auf Platz 5
Playlist: ADRAMELCH-Advance Tape »Broken History« in "Playlist Heavy 83" auf Platz 2 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Album »Broken History« in "Jahrescharts 2005" auf Platz 4 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Album »Demo 2007« in der Kategorie "aktuelle Faves" auf Platz 2 von Holger Andrae
Playlist: ADRAMELCH-Album »Dreams Of A Jester« in "Playboylist Underground Empire 7" auf Platz 5 von Heinz-Günter Weber
Playlist: ADRAMELCH-Album »Irae Melanox« in "Playboylist Underground Empire 5" auf Platz 2 von Heinz-Günter Weber
Playlist: ADRAMELCH-Album »Irae Melanox« in "Playlist Metal Hammer/Crash 9/90" auf Platz 1 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Album »Irae Melanox« in "Playlist Heavy, oder was!? 74" auf Platz 1 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Album »Lights From Oblivion« in "Jahrescharts 2012" auf Platz 2 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Album »Opus« in "Jahrescharts 2015" auf Platz 1 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Album »Opus« in "Jahrescharts 2015" auf Platz 10 von Walter Scheurer
Playlist: ADRAMELCH-Album »live @ Keep It True« in "Playlist Heavy 141" auf Platz 2 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Album »live in Kaiserslautern 14.01.2006« in "Playlist Heavy 89" auf Platz 1 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Liveshow Brande-Hörnerkirchen, "Headbangers Open Air" 10.07.2004 in "Jahrescharts 2004" auf Platz 3 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Liveshow Lauda-Königshofen, "Keep It True"-Festival 27.04.2012 in "Jahrescharts 2012" auf Platz 3 von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Song »Adramelch « in "Cavelist Metal Hammer 02/92" auf Platz C von Stefan Glas
Playlist: ADRAMELCH-Song »Tides Of My Soul« in "Playlist Heavy 109" auf Platz 1 von Stefan Glas
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