UNDERGROUND EMPIRE 2-Datasheet |
Contents: SAXON-Interview |
Date: Dezember 1989 (created), 14.07.2009 (revisited), 22.01.2022 (updated) |
Origin: UNDERGROUND EMPIRE 2 |
Status: published |
Task: from paper to screen |
Availability: original printed issue sold out! Several later issues still available; find details here! |
Comment: Ein bemerkenswerter Moment in der Geschichte von SAXON wird in diesem Interview festgehalten: Die Band hatte endlich erkannt, wo ihre Stärken liegen, und machte sich nach den Jahren der Irrungen und Wirrungen wieder auf den Weg zurück in ihre Vergangenheit - ein Schritt, der es der Band ermöglicht hat, bis heute erfolgreich unterwegs zu sein und von den Fans immer noch - vor allem live! - vergöttert zu werden. Und in der Tat: Einige Zeit später veröffentlichten SAXON »Solid Ball Of Rock«, jene Platte, die für SAXON quasi eine Comebackfunktion haben sollte. |
Supervisor: Stefan Glas |
Also irgendwie muß ich abstoßend auf die Menschheit wirken. Erst waren FATES WARNING vor mir getürmt, und als ich mir anschließend SAXON vorknöpfen wollte, waren auch diese spurlos verschwunden. Jedoch hat es ihnen genauso wenig genutzt wie FATES WARNING. Als ich die Empfangshalle des Europahotels in Trier durchquerte, um zu gleichnamiger Halle zurückzukehren und mir die Sachsen an den Hut zu stecken, öffnete sich plötzlich eine Fahrstuhltür und ein gewisser Biff B. erschien, den ich sodann sanft an der Schulter antippte. Als er sich von seinem ersten Schock erholt und sich wieder etwas gefaßt hatte, war seine Galgenfrist beendet - ich startete das Interview, dessen Fragen komplett von Holger S. und Heiko S. stammen und bei dem ich, Stefan G., nur die Rolle des Exekutivorgans übernahm.
SAXON sind schon sehr lange im Geschäft, haben im Gegensatz zu JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN nie den richtig großen Durchbruch geschafft. Was sind die Gründe dafür?
[überlegt] Ich weiß nicht! [lacht] Unsere Platten aus der Anfangszeit »Wheels Of Steel«, »Strong Arm Of The Law« oder »Power & The Glory« waren mindestens so gut wie die von MAIDEN oder PRIEST. Es lag vielleicht sehr stark am Management oder an der Plattenfirma. Aber ich glaube, wir sind jetzt auf dem Weg dorthin zurück, wo wir mal waren - vom Songmaterial her gesehen. Wir haben jetzt ein neues Livealbum draußen und ich glaube, wir sind jetzt dazu bereit, andere Sachen zu machen und uns ein neues Management oder eine neue Plattenfirma zu suchen. Ich denke, daß die Zukunft sehr gut für uns werden wird.
Gab es in Eurer doch ziemlich langen Karriere mal einen Punkt, an dem ihr mit dem Gedanken gespielt habt, aufzuhören?
Nein, wir werden niemals verschwinden, weil die Fans uns mögen! Viele Bands erleben Höhen und Tiefen - MAIDEN sind momentan nicht so beliebt, wie sie es einmal waren, AEROSMITH waren mal total von der Bildfläche verschwunden und haben nun ein Comeback. Ich glaube eine Band wird nie verschwinden, solange die Leute die Musik mögen.
SAXON gehören zu den wenigen Überlebenden der NWoBHM. Wenn Du heute zurückschaust, an was mußt dann denken?
Es war ziemlich hektisch für uns in diesen Tagen. Ich kann mich eigentlich an gar nicht mehr so viel erinnern, weil wir sehr hart gearbeitet hatten. Es sind außer uns eigentlich nur drei Bands durchgekommen, DEF LEPPARD, PRIEST und MAIDEN (und was bitte ist mit DEMON??? - Red.) Es war aber eine tolle Zeit damals.
»Wheels Of Steel« oder »Strong Arm Of The Law« sind Klassiker. Warum hatten Nachfolger wie »Innocence Is No Excuse« oder »Rock The Nation« keine solche Qualitäten?
Ich weiß nicht - vielleicht waren einfach die Songs oder die Produktion nicht gut genug! Vielleicht wäre es für uns damals auch angebracht gewesen, eine Ruhepause einzulegen oder einfach mehr zu touren anstatt Platten aufzunehmen.
»Destiny« ist inzwischen schon fast zwei Jahre alt, wann können wir einen Nachfolger erwarten?
Wir haben bislang fünf Songs geschrieben. Beim nächsten Album werden die Gitarren, Baß, Schlagzeug und Vocals sehr powervoll sein - powervolle Rockmusik ohne Keyboards. Ich selbst werde die nächste Platte produzieren, und es wird kein Amerikaner dabei sein, der uns eben auch amerikanisch klingen lassen will, denn ich denke, das ist falsch. Wir sollten einfach eine britische Rockband sein!
In der Vergangenheit gab es oft Beschwerden von SAXON-Supportacts, weil sie nach ihren Angaben unfair von Euch behandelt wurden. Was kannst du im Rückblick dazu sagen?
Einige Bands taten das, aber ich glaube, sie wollten nur Presse bekommen. Wir waren niemals schlecht zu unseren Supportacts, sondern wir gaben ihnen immer genügend Licht und Sound.
Worin besteht der Unterschied zwischen Eueren beiden Live-LPs »The Eagle Has Landed« und »Rock'n'Roll Gypsies«?
Es gibt keinen Unterschied! Beide sind SAXON live! Die Power ist da, die Songs sind gut und das Publikum war super! Wir haben natürlich keine Songs genommen, die schon auf »The Eagle Has Landed« waren, denn das wäre ja blöd gewesen! Natürlich klingt »Rock'n'Roll Gypsies« besser, da die Technik sich weiterentwickelt hat, aber ansonsten ist alles gleich!
Warum habt Ihr ›Ride Like The Wind‹ von Christopher Cross gecovert?
Es ist zwar kein Heavy-Song, aber beispielsweise ›Diamonds And Rust‹ war auch keiner. ›Ride Like The Wind‹ ist ein guter Song und wir haben ihn sehr heavy und powervoll gemacht.
Wenn Du heute mit SAXON aufhören würdest, was würdest Du dann machen?
Nun, ich würde wohl andere Bands produzieren oder vielleicht auch ein Soloalbum machen. Auf jeden Fall würde ich bei der Musik bleiben.
"SAXON - eine Legende", was denkst Du darüber?
Viele Leute denken, daß IRON MAIDEN oder AC/DC oder auch SAXON eine Legende seien. Aber das kommt daher, weil sie die Bands mögen. Ich glaube, es ist gut, eine Legende zu sein!
Biff, dies ist die letzte Frage meiner beiden "Kollegen" - bitte halte Dich fest. Ein Freund (aus Gründen der Pietät verschweigen wir den Namen - Red.) hat mal gesagt, er würde Dir gerne die Füße küssen, aber er will vorher wissen, wie oft Du Dir die Füße wäschst.
Jeden Tag - aber ehrlich gesagt, wäre es mir lieber, wenn mir ein "Fräulein" die Füße küssen würde. Deinem Freund kann ich aber eine Socke zum Küssen schicken.
Okay, ich gebe Dir seine Adresse!
Nachdem Stefan G. alle Fragen von Heiko S. und Holger S. gestellt hatte konnte er es sich aber doch nicht verkneifen, einige eigene Fragen hinzuzufügen.
Bei RUSH bedeutet ein Livealbum immer das Ende einer Ära der Bandgeschichte, und es folgt dann immer ein neuer Abschnitt. Verhält es sich bei SAXON ähnlich?
Ja, ich glaube, bei SAXON ist das auch so. Wir wollen jetzt besonders versuchen, die Livepower auf Platte zu bringen. Weißt Du, ich liebe die alten PRIEST und die neuen Sachen wie »Turbo« gefallen mir nicht. Als Fan möchte ich, daß sie wieder so spielen wie früher. Genauso ist es bei uns: jeder will, daß wir so spielen, wie wir das früher taten, also - fuck it - dann werden wir das eben tun!
Man kann also sagen, daß Ihr das spielen werdet, was man von Euch erwartet.
Ja, ich glaube, wir sollten mehr auf das hören, was die Fans wollen. Verstehst Du, wenn ich mir AC/DC anschaue, will ich, daß sie ›Whole Lotta Rosie‹ oder ›Problem Child‹ spielen. Jede Band macht eine Zeit durch, in der die Lieder nicht so gut zu sein scheinen. In Wirklichkeit sind die Songs zwar gut, aber sie packen das Publikum einfach nicht so wie die alten Songs. Genauso ist es bei uns, aber wir können ja nicht ewig ›Princess Of The Night‹ spielen, sondern müssen neue Songs schreiben...
...und daher wollt Ihr zu Eurem alten Stil zurückkehren, ihm aber ein neues Gewand verpassen.
Ja, wir wollen wieder zurück zur Power, weil es das ist, was SAXON ausmacht. Wir wollen wieder simple, einfache Sachen machen. Es spielt keine so große Rolle, denn wir waren oben und waren unten, und wir wissen, daß die Fans uns mögen.
Ihr habt heute Abend von jeder Eurer LPs einen Song gespielt...
...und jeder Song war gut! Das zeigt, daß auch die neuen Songs gut sind. Es wäre allerdings nicht fair, nur neue Songs zu spielen. Wir wollen Spaß haben.
Okay, Biff, bitte teile uns zum Abschluß noch Deine Gedanken bezüglich der Umwälzungen im Ostblock mit!
Ich denke, es ist fantastisch. Ich habe alles im Fernsehen verfolgt. Einige meiner Freunde sind sogar ganz spontan nach Berlin gefahren, nur um dabei zu sein. Ich denke, es ist toll für die Musik, denn die Kids von drüben, können jetzt hierher kommen, um Shows zu sehen, und wir können in die DDR um zu spielen.
Photos: Stefan Glas