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Es ist wahrlich keine einfache Aufgabe für eine Band, ein mehr als nur ge­feier­tes Debut zu übertreffen, oder zumindest eine ebenbürtige Nach­fol­ge­scheibe zu ver­öffent­lichen. Auch das norwegische Trio COMMUNIC, das mit »Conspiracy In Mind« quasi aus dem Nichts mit einem Überflieger von Debut in der Szene landete, hatte es mit eben jener schwierigen Aufgabe zu tun. Doch zur allgemeinen Überraschungen schafften es Tor Atle Andresen (d), Erik Mortensen (b) und Mastermind Oddleif Stensland, der sowohl für die Gitarre als auch für den Gesang zuständig ist, problemlos an besagtes Debut anzuschließen. Viel mehr noch, denn ihr seit kurzer Zeit erhältliches Nachfolgewerk »Waves Of Visual Decay« wirkt noch ein wenig kompakter als besagter Erstling. Die von den Fans sehr gut angenommene Mischung aus Progressive Metal und Power Metal mit jeder Menge Melodien und der ein wenig an Warrel Dane erinnernden Stimme von Oddleif ist auch auf »Waves Of Visual Decay« vorhanden und läßt besagtes Werk abermals zu einem sehr gelungenen Album werden. Wie es der Truppe so problemlos gelingen konnte an die Großtat des Debuts anzuknüpfen und dieses Werk mit dem neuen Album sogar zu toppen, versuchte ich, von Oddleif in Erfahrung zu bringen.

Hattet Ihr es denn auch nur gewagt von einem derartigen Erfolg zu träumen, als »Conspiracy Of Mind« veröffentlicht wurde?

Nein, absolut nicht. Allerdings muß ich zugeben, daß wir ohnehin nie besonders darüber nachgedacht haben, wie erfolgreich dieses Album werden würde. Es war uns im Grund genommen relativ egal, ob das Album abgefeiert werden würde. Erst als die ersten Presseresonanzen zu uns durchgedrungen sind, haben wir uns zum ersten Mal Gedanken darüber gemacht. Es schien wahrlich überall genau den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Schließlich waren sich nahezu sämtliche einschlägige Gazetten darüber einig, es mit einem hochklassigen Album zu tun zu haben. Dabei war allerdings auffällig, daß man uns immer wieder unterschiedliche Attribute verpaßte, weshalb das Album so gelungen sei. Es gab Reviews, in denen man vor allem die abgefahrenen Passagen abfeierte, andere wiederum sprachen von den Melodien innerhalb der komplexen Strukturen, die es ihnen angetan hatten. Kurz, es war wohl tatsächlich für jeden Kritiker das richtige vorhanden.

Lastete dadurch ein gewisser Druck auf Euren Schultern als es an der Zeit war, Songs für ein Nachfolgealbum einzuspielen?

Ja, in gewisser Weise schon. Wir haben mit der Intention begonnen, ein Album aufzunehmen, das schlicht und ergreifend besser sein sollte als »Conspiracy In Mind«. Und zwar besser insofern, in dem es in erster Linie unseren Anforderungen hinsichtlich eines "besseren" Albums entspricht. Wir wußten zum Zeitpunkt der Aufnahmen von »Conspiracy Of Mind« ja noch nicht, was man von uns erwarten würde, aber nun hatte sich diese Tatsache geändert. Ganz leicht haben wir es uns aber dennoch nicht gemacht, denn als Fortsetzung unseres Debuts kann man »Waves Of Visual Decay« auch nicht betrachten. Mit dem neuen Album ist es uns aber durchaus gelungen, die Erwartungen an uns selbst zu erfüllen, und offenbar scheint es abermals gut anzukommen.

Eine Aussage, die ein wenig untertrieben wirkt, denn derart abgefeiert wurde schon lange kein Werk mehr. Vor allem die Einigkeit innerhalb der Szene ist verblüffend, denn egal welchem Lager der jeweilige Fan oder Schreiberling auch zugehörig scheint, in Sachen COMMUNIC ist Einigkeit angesagt wie schon lange nicht mehr. Ebenso einig sind die Meinungen auch hinsichtlich der nunmehr offenbar weniger progressiven, dafür aber aggressiveren Songs Eures aktuellen Silberlings.

Da muß ich beipflichten. Beim Songwriting ist uns eben diese Tatsache selbst bewußt geworden und spätestens bei den von unserer Plattenfirma anberaumten Listening-Sessions und genau dieser Aussage von einigen Pressevertretern war uns klar, daß wir unsere "Mission", ein "besseres", aber keinesfalls zu weit vom Debut entferntes und klar als COMMUNIC zu identifizierendes Werk geschrieben zu haben, erfüllt haben. Daß wir dabei etwas heftiger und weniger abgefahren zu Werke gegangen sind, hat sich im Laufe der Zeit beim Schreiben der Songs ergeben. Als Stilbruch wird diese Tatsache ja ohnehin nicht verurteilt werden, zumal unsere Eigenheiten und unser typischer Sound erhaltengeblieben ist.

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Gleichgeblieben ist auch die Anzahl an Songs. Auch »Waves Of Visual Decay« enthält sieben Nummern, die es in sich haben. Aberglaube, oder doch nur Zufall?

Auch das hat sich so ergeben. Wir hatten überhaupt nicht daran gedacht, wie viele Songs es werden sollten, waren uns aber von Anfang an einig, daß ein Album nicht viel mehr als 60 Minuten Spielzeit aufweisen sollte, damit es nicht allzu schwierig wird, dieses auch in entsprechender Form genießen zu können. Wenn die Spielzeit eine Stunde übersteigt, wird es meistens ein wenig mühsam, ein Album so richtig zu verinnerlichen. Da wir auch schon bei unserem Debut eine ähnliche Vorgehensweise hatten, kann man wohl auch die Anzahl an Songs erklären. Abergläubisch sind wir aber keineswegs.

Wenn man erfolgreich mit seiner Scheine ist, bedarf es auch keiner Veränderung. Das scheinen sich COMMUNIC auch gedacht zu haben, als es um die Auswahl des Produzenten gegangen ist.

Richtig! Es bestand kein Grund für eventuelle Änderungen. Never change a winning team! Wir haben mit Jacob Hansen positive Erfahrungen machen können, waren mit seiner Arbeit mehr als zufrieden und das Umfeld im Studio in Dänemark war ebenfalls bestens. Kurz gesagt, die Aufnahmen zu unserem Debut sind völlig problemlos abgelaufen, weshalb hätten wir uns denn auf Experimente einlassen sollen?

Verständlich. Zu "never change a winning team" fällt mir auch ein, daß COMMUNIC noch immer als Trio agieren. Hattet Ihr denn nicht vor, einen zweiten Gitarristen zu verpflichten?

Wenn, dann ohnehin lediglich als Gastmusiker für eine Tournee, aber wir haben festgestellt, daß eine zweite Gitarre unseren Sound doch einigermaßen verfälscht und die anderen Instrumente dadurch etwas von ihrer ursprünglichen Ausdruckskraft verlieren. Nach einigen Proben mit einem zweiten Gitarristen sind wir zum Entschluß gekommen, doch lieber als Trio weiterzumachen.

Werden wir denn nach der Veröffentlichung von »Waves Of Visual Decay« in den Genuß einer Tournee kommen?

Mit Sicherheit nicht vor dem Herbst. Denn es macht wohl nicht gerade Sinn, im Frühsommer eine Tour zu buchen, wo es doch schon demnächst mit den Festivals losgeht. Eventuell ergibt sich ab September die Möglichkeit, aber großartige Pläne diesbezüglich haben wir nicht. Wir wollen unsere Musik zwar den Fans nicht vorenthalten, das ist klar, aber eine Tournee muß erst auch einmal finanziert werden. Somit belassen wir es vorerst dabei, auf einigen Sommerfestivals aufzutreten. Fix gebucht sind wir bereits für das "Earthshaker"-Festival und das "Queens Of Metal"-Festival in Deutschland. Desweiteren kann man uns auch in Norwegen sehen, denn beim "Ragnarock" werden wir ein Heimspiel haben und außerdem sind wir als Co-Headliner für die diesjährige Ausgabe des europäischen "ProgPower"-Festivals verpflichtet worden.

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Stichwort Norwegen. COMMUNIC sind ja wohl nicht unbedingt repräsentativ für die Metal-Szene dort, oder doch?

Diese Frage wird mir immer wieder gestellt. [lacht] Es scheint wohl tatsächlich Gerüchte zu geben, die besagen, daß norwegische Musiker ständig mit Corpsepaint herumlaufen und in irgendwelchen obskuren Black Metal-Bands spielen. Ganz so krass ist es aber auch wieder nicht. [lacht] Zu Eurer Beruhigung kann ich aber verraten, daß unser Drummer in früheren Jahren auch ein Black Metaller war.

Ganz so krass sehen wir das ja auch nicht, schließlich gab (oder gibt?) es bei Euch ja auch noch andere Formationen wie CONCEPTION oder SPIRAL ARCHITECT, deren Alben aber leider nie wirklich die nötige Anerkennung erhalten haben.

CONCEPTION waren immer meine Lieblingsband aus Norwegen. Ich bin gespannt, ob an den Gerüchten hinsichtlich einer Reunion etwas dran ist. Es würde mich sehr freuen, wenn das klappen könnte. Ansonsten bin ich mit eher gemäßigteren Klängen aufgewachsen. TNT waren hier der große Renner als ich jung war und zusammen mit meinen Kumpels habe ich mir deren erste Alben geradezu rund um die Uhr abgehört.

TNT waren damals überall auf der Welt groß im Geschäft. Wie sieht es denn bei COMMUNIC aus?

Unser wichtigster Markt ist mit Sicherheit Europa und ehrlich gesagt weiß ich gar nicht Bescheid, wie sich unser Debut in den Staaten oder in Asien verkauft hat. Zudem ist »Conspiracy In Mind« außerhalb von Europa ja erst gut ein halbes Jahr später veröffentlicht worden, weshalb es auch noch recht früh ist, über einen "Markt" zu sprechen. Aber vielleicht kommt auch der Rest der Welt auf den Geschmack. [lacht]

Bleibt zum Abschluß noch die Frage nach den ungewöhnlich langen Songtiteln und den ebenso nicht gerade alltäglichen Texten.

Songtitel, die nur aus einem Wort bestehen, finde ich langweilig. Deshalb habe ich auch versucht, möglichst originelle und unkonventionelle Songtitel zu kreieren, was mir hoffentlich auch gelungen ist. Was die Texte betrifft, habe ich den Titel der Scheibe »Waves Of Visual Decay« im Prinzip in mehreren Songs versucht abzuarbeiten. Die Kernaussage ist die, daß sich die Gesellschaft vom Fernsehen oder besser gesagt von den Medien generell, eine irreale Wahrheit vorsetzen läßt. Wir glauben nur das, was wir zu sehen oder zu hören bekommen, aber ist das denn auch die Wahrheit? Genau mit jener "Wahrheit" setzen wir uns kritisch auseinander, denn egal wo auf der Welt du auch den Fernseher aufdrehst, damit wirst du fast überall konfrontiert. Warum der Großteil der Menschheit diese Tatsache nicht verstehen will, verstehe ich nicht, aber noch scheint es so zu sein.

Nach diesem fast schon nachdenklich philosophischen Schlußwort bleibt nur noch darauf hinzuweisen, daß »Waves Of Visual Decay« sehr wohl Realität ist. Auch wenn es vielleicht nicht gerade einleuchtend ist, wie es einer noch recht jungen Formation wie COMMUNIC gelingen kann, derart eingängig, zugleich aber abgefahren oder einfach nur genial zu klingen, so sind die Norweger mit Sicherheit auch 2006 wieder ein heißer Tip für das Album des Jahres.

http://www.communic.org/

communic@communic.org

Vorbereitung, Interview & Bearbeitung:
Walter Scheurer

COMMUNIC im Überblick:
COMMUNIC – Conspiracy In Mind (Do It Yourself-Review von 2004 aus Online Empire 19)
COMMUNIC – Conspiracy In Mind (Rundling-Review von 2005 aus Online Empire 22)
COMMUNIC – The Bottom Deep (Rundling-Review von 2011 aus Online Empire 47)
COMMUNIC – Heavy, oder was!? 76-Special (aus dem Jahr 2004)
COMMUNIC – Online Empire 16-"Rising United"-Artikel (aus dem Jahr 2003)
COMMUNIC – Online Empire 23-Interview (aus dem Jahr 2005)
COMMUNIC – Online Empire 24-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2005)
COMMUNIC – Online Empire 27-Interview (aus dem Jahr 2006)
COMMUNIC – Online Empire 28-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2006)
COMMUNIC – Online Empire 48-"Living Underground"-Artikel (aus dem Jahr 2011)
COMMUNIC – Online Empire 48-Interview (aus dem Jahr 2011)
COMMUNIC – Online Empire 85-Interview (aus dem Jahr 2020)
COMMUNIC – News vom 16.08.2011
Soundcheck: COMMUNIC-Album »Conspiracy In Mind« im "Soundcheck Heavy, oder was!? 80" auf Platz 1
Soundcheck: COMMUNIC-Album »Payment Of Existence« im "Soundcheck Heavy 112" auf Platz 2
Soundcheck: COMMUNIC-Album »The Bottom Deep« im "Soundcheck Heavy 135" auf Platz 5
Soundcheck: COMMUNIC-Album »Waves Of Visual Decay« im "Soundcheck Heavy 92" auf Platz 1
Playlist: COMMUNIC-Album »Conspiracy In Mind« in "Jahrescharts 2005" auf Platz 3 von Stefan Glas
Playlist: COMMUNIC-Album »Conspiracy In Mind« in "Jahrescharts 2005" auf Platz 7 von Walter Scheurer
Playlist: COMMUNIC-Album »Conspiracy In Mind« in "Playlist Heavy, oder was!? 80" auf Platz 1 von Stefan Glas
Playlist: COMMUNIC-Album »The Bottom Deep« in "Jahrescharts 2011" auf Platz 7 von Walter Scheurer
Playlist: COMMUNIC-Album »Waves Of Visual Decay« in "Jahrescharts 2006" auf Platz 10 von Walter Scheurer
Playlist: COMMUNIC-Demo-CD »Conspiracy In Mind« in "Playlist Heavy, oder was!? 75" auf Platz 4 von Stefan Glas
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